Protokoll der Sitzung vom 24.04.2002

Und schließlich, meine Damen und Herren, lassen Sie mich eine Aufforderung der vorliegenden Unterrichtung im Zusammenhang mit der auch von der PDS-Fraktion kritisierten Rasterfahndung zitieren, nämlich, Seite 28, letzter Absatz, „darauf zu achten, dass die nicht mehr benötigten Datenbestände frühzeitig gelöscht werden“. Über diese und weitere aufgeworfene Fragen sollten wir uns im Innenausschuss beziehungsweise zu den weiteren Fragen aller Ressorts in den Ausschüssen insgesamt verständigen.

Namens meiner Fraktion unterstütze ich daher die zügige Bearbeitung und Befassung der Unterrichtung in den Ausschüssen und denke, dass es gut wäre, wenn die Stellungnahme der Landesregierung und die Befassung dann noch bis zum Ende der Legislaturperiode dieses Haus passiert. – Ich danke Ihnen.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS)

Ich schließe die Aussprache.

Der Ältestenrat schlägt vor, die Unterrichtung durch den Landesbeauftragten für den Datenschutz auf Drucksache 3/2780 zur federführenden Beratung an den Petitionsausschuss und zur Mitberatung an den Innenausschuss, Rechtsausschuss, Finanzausschuss, Wirts c h a f t s a u s schuss, Landwirtschaftsausschuss, an den Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur sowie an den Sozialausschuss zu überweisen. Wer stimmt für diesen Überweisungsvorschlag? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist die Überweisung einstimmig beschlossen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 12: Beratung der Unterrichtung durch die Landesregierung – Landesseniorenprogramm „Älter werden in Mecklenburg-Vorpommern“, Drucksache 3/2357.

Unterrichtung durch die Landesregierung: Landesseniorenprogramm „Älter werden in Mecklenburg-Vorpommern“ – Drucksache 3/2357 –

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 30 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat die Abgeordnete Frau Seemann von der SPD-Fraktion. Bitte sehr, Frau Seemann.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Die Unterrichtung der Landesregierung „Landesseniorenprogramm ,Älter werden in Mecklenburg-Vorpommern‘“ basiert auf einem Antrag der PDS und SPD vom 1. September 1999, der die Landesregierung aufforderte, den Landesaltenplan „Älter werden in Mecklenburg-Vorpommern“, Drucksache 2/4073, fortzuschreiben und konkrete Schlussfolgerungen für die zukünftige Seniorenpolitik abzuleiten. Insbesondere soll dabei die offene Altenarbeit berücksichtigt werden. Diese Fortschreibung liegt uns nun vor.

Ziel des vorgelegten Programms soll sein, die Rahmenbedingungen für ein selbstbestimmtes, aktives und würdiges Älterwerden in unserem Bundesland zu verbessern. Angesichts der wachsenden älteren Bevölkerung ist dies meines Erachtens ein sehr dringliches Anliegen. Bald wird jede Person in Deutschland zu den über 60-Jährigen gehören, Tendenz steigend. Die Menschen werden künftig nicht nur länger leben, sondern immer mehr Lebenszeit gesund verbringen. 80 Prozent der Älteren erfreuen sich guter Gesundheit. Sie leben unabhängig von Hilfe und Pflege, sind aktiv und engagieren sich in ihrem familiären Umfeld, in der Nachbarschaft, in den Kommunen und Vereinen. Von zentraler Bedeutung für ältere Menschen sind Selbständigkeit, Lebenszufriedenheit, soziale Integration und materielle Sicherheit.

Schaut man in die Unterrichtung, zeigt das Selbstbild älterer Bürger eine überwiegend positive Lebensbilanz. Für 18 Prozent der Befragten im Alter ab 60 Jahren haben sich ihre Vorstellungen vom Alter voll und für 68 Prozent teilweise erfüllt. Nur für 6 Prozent sind ihre lebenslangen Vorstellungen nicht in Erfüllung gegangen. 87 Prozent der Befragten gaben an, dem Leben insgesamt positiv

gegenüberzustehen. Ich finde, das ist ein sehr positives Ergebnis.

(Vizepräsidentin Renate Holznagel übernimmt den Vorsitz.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, uneingeschränkt kann ich die Aussage unterstützen, ich zitiere aus der Einleitung: „Die Politik für und mit Seniorinnen und Senioren muss sich auf diesen Prozess einstellen und die gesellschaftlichen Bedingungen so gestalten, dass sich die Menschen auch im Alter wohlfühlen. Grundvoraussetzung dafür ist eine gesellschaftliche Neuorientierung, die alle Lebensalter umfasst.“ Dies wird nach meinem Dafürhalten eines der schwierigsten Vorhaben dieses Jahrzehnts werden. Insbesondere ist es dafür notwendig, und die Unterrichtung geht auch darauf ein, zu beachten, dass Seniorinnen und Senioren keine homogene Gruppe sind, sondern sich erheblich unterscheiden. Das Landesseniorenprogramm verfolgt deshalb das Ziel, diese unterschiedlichen Lebenswirklichkeiten zu verdeutlichen und einer breiten Öffentlichkeit Anstoß zu geben, neue Formen der Seniorenpolitik zu gestalten.

Sehr geehrte Damen und Herren, das Landesseniorenprogramm soll die Seniorinnen und Senioren nach Beendigung ihres Arbeitslebens bei der weiteren Integration in das gesellschaftliche Leben unterstützen. Ein Beispiel aus der Unterrichtung dazu ist, dass die Landesregierung mittelfristig Strategien zur stärkeren Mobilisierung von älteren Arbeitnehmern entwickeln wird, um einerseits dem Abwandern junger Fachkräfte und dem damit verbundenen Fachkräftemangel entgegenzuwirken sowie das Ausscheiden aus dem Arbeitsprozess mit Angeboten im Bereich des ehrenamtlichen Engagements zu verbinden.

Bezüglich der Interessenvertretung für Seniorinnen und Senioren möchte ich hier die gute Arbeit des Landesseniorenbeirates über die Jahre hinweg sowie auch die engagierte Tätigkeit des Altenparlaments erwähnen. Ich bin sicher, dass alle Fraktionen dieses Hohen Hauses mit der Landesregierung hier einer Meinung sind, dass wir auch zukünftig weiterhin konstruktiv mit diesen Repräsentanten zusammenarbeiten werden, um alle erdenklichen Wege und Möglichkeiten für zukunftsweisende Lösungen unserer Gesellschaftsentwicklung zu erschließen. Und ich danke ausdrücklich den Mitgliedern des Landesseniorenbeirates und auch der kommunalen Seniorenbeiräte für ihre engagierte Tätigkeit.

(Beifall Volker Schlotmann, SPD)

Ein für mich als sozialpolitische Sprecherin sehr wichtiger Bereich ist der der Alterssicherung. Wir werden uns morgen mit diesem Thema noch ausführlicher beschäftigen, doch kurz einige Worte dazu. Im Bereich des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes haben wir einige Verbesserungen erreicht, zum Beispiel bei der rentenrechtlichen Bewertung von Beschäftigungszeiten bei der Deutschen Reichsbahn und bei der Deutschen Post. Bezieher von Blinden- und Sonderpflegegeld oder Invalidenrente in der ehemaligen DDR werden auch bald bessere Bedingungen haben.

(Georg Nolte, CDU: Das Landesblin- dengeld, das eingefroren worden ist.)

Bei der Rentenberechnung sollen künftig auch die beitragsfreien Zeiten rentensteigernd anerkannt werden. Ein entsprechender Gesetzentwurf ist als übergreifende Frak

tionsinitiative im Deutschen Bundestag eingebracht worden. In der letzten Woche haben die Fachausschüsse des Bundestages dem Entwurf zugestimmt, so dass dem Beschluss der vorgesehenen Verbesserungen durch den Bundestag eigentlich nichts mehr im Wege stehen könnte. Vorgesehen ist hierfür der morgige 25. April.

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Die Verabschiedung durch den Bundesrat wird voraussichtlich am 31. Mai des Jahres erfolgen.

Ich sehe zudem noch weiteren Änderungsbedarf beim Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz. Ich möchte hier nur auf die Problematik der ehemaligen Balletttänzerin hinweisen. Hier muss auch aus meiner Sicht dringend eine Lösung gefunden werden.

Besonders freut es mich, dass die Landesregierung sich für ein Stufenprogramm einsetzen will, um die Angleichung der Ostrenten an das Westniveau zu erreichen. Doch auch dazu werden wir morgen noch mehr hören.

Auch auf den Bereich der geriatrischen Versorgung möchte ich heute nicht näher eingehen, denn auch dazu werden wir uns morgen austauschen. Sie sehen also, meine Damen und Herren, wir beschäftigen uns sehr intensiv mit den Problemen unserer älteren Generation.

Im Bereich der Altenhilfe konnte leider das Altenpflegegesetz nicht verabschiedet werden aufgrund der Klage Bayerns. Dadurch wurde der Altenpflegeausbildung in Mecklenburg-Vorpommern sehr geschadet.

(Beifall Torsten Koplin, PDS)

Somit haben wir den Bayern zu verdanken, dass eine Entscheidung nicht in den nächsten zwei Jahren getroffen werden wird und wichtige Zielstellungen des Bundesaltenpflegegesetzes für lange Zeit nicht realisiert werden können.

(Andreas Bluhm, PDS: Wieder die Bayern. – Peter Ritter, PDS: Das ist ja wohl der Gipfel.)

Deshalb muss die Altenpflegeausbildung über eine vorläufige Ordnung über die Ausbildung in der Altenpflege des Landes durchgeführt werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin der Meinung, dass sich jeder Politiker, jede Politikerin mit dieser Unterrichtung beschäftigen soll. Es geht auch um unsere, um Ihre Zukunft, meine sehr geehrten Damen und Herren. Und wir kommen schneller in das Alter, als wir denken.

(Andreas Bluhm, PDS: Ja.)

Die Landesregierung wird im Jahre 2005 einen Bericht zur Umsetzung des Landesseniorenprogramms vorlegen und in der nächsten Legislatur wird sicherlich vom Landesseniorenbeirat begleitet eine Fortschreibung des neuen Landesseniorenprogramms erfolgen.

In diesem Zusammenhang möchte ich insbesondere dem Landesseniorenbeirat für seine kompetente Mitarbeit am Landesseniorenprogramm danken. Dieser hat in seinem Beschluss vom 24. Oktober 2001 dargelegt, dass er den Entwurf des Landesseniorenprogramms ausführlich beraten hat, und kam zu der Aussage, dass er das Landesseniorenprogramm zur Grundlage seiner Arbeit machen werde und zu dessen Umsetzung beitragen wird.

Dies zeigt für mich die Akzeptanz der erarbeiteten Unterrichtung der Landesregierung. Für die zukünftige Seniorenpolitik in Mecklenburg-Vorpommern sollten wir insbesondere die Anregungen und Erwartungen des Landesseniorenbeirates zum Landesseniorenprogramm aufnehmen. Da diese nicht nur den Sozial- und Gesundheitsbereich, sondern fast alle Politikbereiche betreffen, und darauf möchte ich ausdrücklich hinweisen, bitte ich die Fachpolitiker darum, sich mit den Ausführungen des Landesseniorenbeirates zu beschäftigen.

Im Bereich der Kriminalprävention zum Bespiel werden Angebote von Signaleinrichtungen in Notsituationen angesprochen oder im Baubereich geht es um die Verbesserung des Wohnumfeldes, insbesondere auch um die Verbesserung der Versorgung durch die Ansiedlung von Dienstleistern.

Soweit Ihnen die Ausführungen nicht vorliegen, bin ich dann auch gerne bereit, Ihnen diese zur Verfügung zu stellen, damit Sie qualifiziert darüber diskutieren können. – Ich danke Ihnen.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS)

Danke schön, Frau Dr. Seemann.

Das Wort hat jetzt die Sozialministerin Frau Dr. Bunge.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Seit Beginn dieses Jahres ist das Landesseniorenprogramm „Älter werden in Mecklenburg-Vorpommern“ in Kraft. Es findet reges Interesse und wird von der älteren Generation gut angenommen. Das ist kein Zufall, meine ich. Allzu oft wird das Altern der Gesellschaft als Schreckgespenst an die Wand gemalt. Vom Altenberg, der Alterslast, von der grauen Revolution ist die Rede. Diese Landesregierung hat sich entschlossen, offensiv mit der älteren Generation umzugehen.

Zuerst stand deshalb die Frage: Gibt es denn die ältere Generation? Ich sage Nein. Heute umfasst die ältere Generation ein halbes Jahrhundert. Sicher ist es zu kritisieren, dass derzeit oftmals 50-Jährige keine Chance auf dem Arbeitsmarkt mehr haben. Aber wir haben uns in der Politik auch dieser Realität zu stellen, dass wir eine große Gruppe von jungen Alten haben.

Dann kommt die Gruppe der Rentnerinnen und Rentner. Und durch die Möglichkeiten des medizinischen Fortschritts wächst immer mehr die Gruppe der Hochbetagten. Die ältere Generation umfasst folglich 50- bis 100Jährige zu einem Drittel der Bevölkerung MecklenburgVorpommerns. Die heutige Generation der Älteren ist damit äußerst heterogen von ihren Lebensbedingungen, Qualifikationen und auch Lebenserfahrungen her. Genauso differenziert sind ihre Bedürfnisse, die Bedürfnisse an das Älterwerden hier in Mecklenburg-Vorpommern.

Von selbst verbietet sich da, Seniorenpolitik auf die berühmt-berüchtigten drei „S“ – still, satt und sauber – zu beschränken. Folglich umfasst das Landesseniorenprogramm neben den natürlich unerlässlichen Aussagen zur sozialen Sicherung eine Vielzahl von Maßnahmen und Projekten der offenen Seniorenarbeit. Das Programm ist bemüht, nicht nur, wie sein Vorläufer es tat, die Situation zu beschreiben, sondern im wahrsten Sinne des Wortes Programm zu sein. Mein politisches Kredo ist daher, nicht

Politik für, sondern Politik mit Seniorinnen und Senioren zu machen. So ist auch das vorliegende Landesseniorenprogramm in einem langen Diskussionsprozess mit Seniorenbeiräten, Vereinen und Verbänden entstanden. Anhörungsgremium für den Entwurf war das Landesaltenparlament.

Ich danke allen Beteiligten für ihr Engagement. Einer der Hauptmatadoren ist ja heute auch im Publikum dabei.

Nach Vorliegen des Programms initiierte das Sozialministerium Regionalkonferenzen zur Schaffung eines Netzwerkes der offenen Seniorenarbeit. Gerade heute wird die dritte Runde der Konferenzen, die in Schwerin, Neubrandenburg, Rostock und Stralsund stattfinden, abgeschlossen. Die Resonanz dieses Herangehens ist durchweg positiv. Ein zentraler Diskussionspunkt ist und bleibt dabei die Verankerung der Seniorenbeiräte in der Kommunalverfassung.

Lassen Sie mich einige wenige Bemerkungen zu den inhaltlichen Ausführungen des Programms machen. Ganz bewusst wurde mit der Alterssicherung begonnen. Auch im Alter ist Geld nicht alles. Aber der Grad der Teilhabemöglichkeit am gesellschaftlichen Leben hängt doch ganz wesentlich von der materiellen Sicherung ab.

(Torsten Koplin, PDS: So ist es. So ist es.)