Protokoll der Sitzung vom 25.04.2002

Sie schlagen darüber hinaus versorgungsspezifische Budgets für die Einrichtungen vor, obwohl Sie genau wissen, dass es diesen Begriff nur für Krankenhäuser, nicht aber für Rehabilitationskliniken gibt.

Sie wissen, dass es in meinem Haus eine ganze Reihe von Aktivitäten gerade in den letzten Wochen und Monaten gegeben hat, und tun dennoch so, als müssten Sie mich auffordern.

(Nils Albrecht, CDU: Es ist doch nur passiert, weil es in der Presse stand. – Torsten Koplin, PDS: Ach! Das ist doch gar nicht wahr. – Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Beweisen kann ich das, weil Sie sich in Ihrem Antrag nicht einmal die Mühe gemacht haben, diesen mit eigenen Worten zu untersetzen. Am 04.04. hat es in meinem Haus eine Beratung zur geriatrischen Versorgung gegeben,

(Harry Glawe, CDU: Ja, natürlich. Sehr schön.)

an der neben Planungsbeteiligten Vertreter der Konsilkrankenhäuser, der Reha-Kliniken sowie des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung teilgenommen haben.

(Harry Glawe, CDU: Sehr gut.)

Die von mir mitformulierte Zielsetzung dieses Kreises ist eine Überprüfung des Geriatriekonzepts, verbunden mit Adaption und Konkretisierung. Ich finde es schon phantasielos,

(Harry Glawe, CDU: Ja.)

wenn Sie zur Begründung Ihres Antrages genau diese Begrifflichkeiten übernehmen.

(Beifall und Heiterkeit bei einzelnen Abgeord- neten der PDS und Dr. Margret Seemann, SPD)

Und Sie haben nicht nur dieses Protokoll, also wissen Sie genau, was im Sozialministerium passiert. Sie brauchen mich nicht aufzufordern.

(Harry Glawe, CDU: Wir mussten Sie auf- fordern. Sonst hätten Sie nichts gemacht.)

Sie, sehr geehrter Herr Glawe, kennen genau die bundesgesetzlichen Vorgaben für die geriatrische Rehabilitation.

(Peter Ritter, PDS: Er hört die Ministerin so gern reden. Deswegen macht er solche Anträge. – Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Pflegesatzverhandlungen werden zwischen den Krankenkassen und den Klinikträgern ausgetragen. Die Zuweisung in geriatrische Rehabilitationskliniken ist einzelfallorientiert. Jeder Antrag auf geriatrische Rehabilitation wird durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung geprüft. Es gibt keine unmittelbare Einwirkungsmöglichkeit der Politik in diese Systematik. Wir sollten hier nicht alle den Eindruck erwecken, Dinge entscheiden zu können, für die wir in der Konsequenz überhaupt keine Zuständigkeit haben.

(Zurufe von Nils Albrecht, CDU, Harry Glawe, CDU, und Torsten Koplin, PDS)

Das ist eine Frage der Glaubwürdigkeit.

(Nils Albrecht, CDU: Unseriös!)

Und ich bin trotz meines Engagements nicht bereit, mir systembedingte Schwierigkeiten zuschreiben zu lassen, für die ich keine Verantwortung trage.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS – Nils Albrecht, CDU: Jaja.)

Natürlich kenne ich die Probleme. Es wurde im Frühjahr 1998 entschieden, zwischen geriatrischer Rehabilitation und Krankenhausleistungen einen Schnitt zu machen.

(Harry Glawe, CDU: Richtig.)

Die geriatrischen Reha-Kliniken sind nicht –

(Harry Glawe, CDU: Das wollte sogar die SPD mit der CDU zusammen. Das haben Sie wohl vergessen! – Angelika Gramkow, PDS: Hören Sie doch mal zu, Herr Glawe!)

auch nicht zum Teil – in den Krankenhausplan des Landes Mecklenburg-Vorpommern aufgenommen worden. Diese Schnittstelle beim Übergang von Akutversorgung in die Rehabilitation verursacht die meisten Probleme. Die Vorverweildauer der Patienten im Krankenhaus ist häufig zu lang.

(Beifall Nils Albrecht, CDU)

Es gibt keinerlei wirtschaftliche Anreize für die Krankenhäuser, Patienten frühzeitig in die geriatrische Rehabilitation zu entlassen. 20 Tage Aufenthalt in den Krankenhäusern und dann erst die Überweisung in eine Reha-Klinik ist keine Seltenheit.

(Harry Glawe, CDU: Ja, das ist auch unprak- tisch. Das ist doch Papierkrieg ohne Ende.)

Das Krankenhaus hält die Menschen, weil in einer Vielzahl der Fälle immer noch die so genannten Tagespflegesätze gezahlt werden. Je länger der Patient also liegt, desto mehr Geld bringt er dem Krankenhaus. Das Antragsverfahren für die geriatrische Reha ist aufwendig und macht Arbeit. Auch hier sind Schwellen zu überwinden, die angesichts der Arbeitsbelastung von Ärztinnen und Ärzten im Krankenhaus manchmal nur ungern angegangen werden.

Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung hat deshalb für den von mir berufenen Arbeitskreis Geriatrie einen Vorschlag erarbeitet, der eine frühzeitige Identifizierung von geriatrischen Patientinnen und Patienten mit Reha-Bedarf und geriatrischem Reha-Potential im Krankenhaus ermöglichen soll. Bei vier zentralen Diagnosen – dem Schlaganfall, dem Herzinfarkt, dem Schenkelhalsbruch sowie der Hüft- und Gelenkarthrose – soll das Verfahren stark vereinfacht

(Harry Glawe, CDU: Aha?!)

und sollen Leitkriterien erarbeitet werden. Der Vorschlag ist mit Skepsis, aber auch mit Interesse aufgenommen worden, natürlich entsprechend der Interessenlage, die ich eben dargestellt habe. Es gilt jetzt, ihn weiterzuführen. Nach meinen Vorstellungen wäre es ideal, wenn diese Arbeit bis Ende Mai fertig gestellt werden könnte.

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Das Geriatriekonzept wäre an einer der entscheidenden Schnittstellen konkretisiert und damit wären Vereinfachungen, das heißt Verbesserungen für die Lenkung der Patientenströme in die geriatrischen Rehas geschaffen.

Ein zweites Problem für die betroffenen Einrichtungen sehe ich im Fehlen tragfähiger betriebswirtschaftlicher Kalkulationsgrundlagen, die mit den Krankenkassen abgestimmt sind. Die Krankenkassen haben zu Recht auf das Problem der Begrenzung der Veränderungsrate

(Harry Glawe, CDU: Seit ’98 ist doch nichts mehr erhöht worden. Das ist doch derselbe Pflegesatz wie 1998.)

für das Reha-Budget nach Paragraph 23 Absatz 8 SGB V

hingewiesen. Ausgangspunkt für dieses Budget ist das Jahr 1999. Und wie eben dargestellt an unserer Entwick

lung, ist das ein atypisches Jahr für Mecklenburg-Vorpommern. Aber die Kassen handeln nach Recht und Gesetz. Ich sage deshalb hier – und das wissen auch die Kassen –, ich sage es ganz deutlich, dass ich keinen Anlass sehe, dazu aufsichtsrechtliche Maßnahmen anzustrengen, wenn es in diesem Bereich zu Überschreitungen kommt. Vielleicht übersetzen Sie sich mal in Ruhe diesen Satz, Herr Glawe!

(Heiterkeit bei Torsten Koplin, PDS)

Er ist nicht einfach, aber anders möchte ich ihn hier nicht formulieren, damit ich rechtlich keine Probleme bekomme.

Ich appelliere an die Vertreter der Krankenkassen an dieser Stelle ausdrücklich, verantwortungsbewusst gegenüber den Trägern der geriatrischen Rehabilitation in Meck l e nburg-Vorpommern zu handeln. Es sollte betriebswirtschaftliche Steuerungsziele für beide Seiten geben, die eine qualitativ hochwertige Versorgung geriatrischer Patienten ermöglichen, den Bestand von vorhandenen Einrichtungen sichern und gleichzeitig wirtschaftliches Verhandeln auf Seiten der Krankenkassen ermöglichen. Ich werde deshalb den Antrag ablehnen

(Harry Glawe, CDU: Was?)

und empfehle den Koalitionsfraktionen, dasselbe zu tun.

(Heiterkeit bei Harry Glawe, CDU)

Der Antrag der CDU geht in die verkehrte Richtung. Er kommt zu spät.

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Nils Albrecht, CDU: Wieso kommt er zu spät? – Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Wir sind bereits bei der Arbeit und

(Nils Albrecht, CDU: Kommt er erst dann richtig, wenn die Ersten von der Schippe gesprungen sind?)

brauchen dazu nicht eine nochmalige Aufforderung von Ihrer Seite. – Danke.