Protokoll der Sitzung vom 25.04.2002

(Nils Albrecht, CDU: Jaja. – Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Zweitens. Ich habe ja gesagt, an zwei Punkten wollte ich das gern beweisen.

(Zuruf von Nils Albrecht, CDU)

Sie erklären wörtlich, dass die Überprüfung des Geriatriekonzeptes notwendig sei. Da kommt es auf die Worte an, die Überprüfung wäre notwendig. Und deswegen, Herr Albrecht, das hatte ich vorhin gesagt, haben Sie richtig im Landesseniorenprogramm nachgelesen. Dort steht drin, nicht nur die Überprüfung, sondern das Geriatriekonzept wird zu überarbeiten sein. Die Ministerin hat über den Arbeitsstand und den Arbeitsprozess hier gesprochen.

(Harry Glawe, CDU: Sie haben einen Termin genannt.)

Und weil Sie das gelesen haben, Sie haben es ja deutlich gemacht, ignorieren Sie letztendlich, dass die Landesregierung an einer Überarbeitung arbeitet.

(Nils Albrecht, CDU: Nein.)

An dieser Stelle muss ich Ihnen wirklich dann mangelnde Seriosität vorwerfen.

(Beifall Dr. Margret Seemann, SPD – Heiterkeit bei Nils Albrecht, CDU, und Harry Glawe, CDU – Zuruf von Nils Albrecht, CDU)

Sehr geehrte Damen und Herren, wir verschließen uns aber selbstverständlich nicht dem Problem. Das wäre ja auch fahrlässig und unverantwortlich. Drei Probleme müssen aus unserer Sicht betrachtet und sie müssen dringend und rasch gelöst werden:

a) die Frage der Budgetierung Da sind wir wieder beim Paragraphen 23.

(Harry Glawe, CDU: Ja.)

b) die Einweisungspraxis Das kann ich fachlich nicht besser darlegen als mein geschätzter Kollege Herr Dr. Rißmann.

c) die Verweildauer in der geriatrischen Rehabilitation

Zur Budgetierung. Die PDS – ich möchte Ihnen nämlich deutlich sagen, wofür wir stehen und wie wir damit umzugehen gedenken – spricht sich dafür aus, dass die geriatrische Rehabilitation im Prozess der Planung und Bereitstellung finanzieller Mittel durch die Kostenträger ein eige

nes Budget erhält, solange es noch Budgets gibt. Dazu muss das SGB V novelliert werden und die geriatrische Rehabilitation muss einen höheren Stellenwert erhalten.

(Zuruf von Nils Albrecht, CDU)

Zur Einweisungspraxis. Mit dem fortgeschriebenen Geriatriekonzept muss die Einweisungspraxis verändert werden. Es kann nicht sein – das ist hier deutlich gemacht worden –, dass der Hausarzt nicht verantwortungsvoll direkt zuweisen kann, denn wenn...

(Harry Glawe, CDU: Das machen sogar die Bayern, sogar die Bayern.)

Wegen der Bayern. Warum sollen wir nicht darauf verweisen, darauf Bezug nehmen?

(Harry Glawe, CDU: Aber der Minister- präsident hat doch was gegen Bayern.)

Die Idee haben wir nicht aus Bayern, die haben wir aus der Lebenssituation der Menschen hier vor Ort, dass sozusagen bei der Verschlechterung eines Gesundheitsstatusses eines Patienten der Hausarzt sagen kann, er kann nicht direkt einweisen. Dann verschlechtert sich der Zustand gegebenenfalls noch mehr. Es muss über ein Akutkrankenhaus gegangen werden und wenn die Sache so weit gediehen ist, dann erst kommt sozusagen die Überweisung in eine Reha. Und das ist eigentlich widersinnig in Bezug auf die Ökonomisierung, von der ja dann letztendlich doch geredet wird.

Und zur Verweildauer möchte ich Ihnen sagen, dass die bisherige Erstbefristung der Verweildauer von 20 Tagen auf – Herr Glawe, und da sind wir uns wieder nahe – das Bundesniveau von 25 Tagen angehoben werden sollte. Notwendig ist, dass die geriatrische Rehabilitation einen eigenen gesetzlichen Status bekommt, und die geriatrischen Kliniken sollten die Möglichkeit erhalten, auch andere Versorgungsverträge abzuschließen. Das können sie bislang nicht. Es gibt so genannte Streubetten, wenn die Bettenauslastung so nicht gegeben ist, dass gegebenenfalls über Kurzzeitpflege auch die Wirtschaftlichkeit geregelt wird.

(Harry Glawe, CDU: Oder Umsetzung von Betten.)

Und das muss auch wiederum gesetzlich geklärt werden.

Darüber hinaus spricht sich die PDS für eine Stärkung der Aus- und Fortbildung in der Geriatrie aus. Wir unterstützen die Forderung aus dem Hamburger Geriatriemanifest vom 10. Oktober vergangenen Jahres, das die Errichtung weiterer Lehrstühle für Geriatrie an den Medizinischen Fakultäten fordert. Des Weiteren sind wir der Meinung, dass durch Stärkung der Fortbildung herkömmliche Fachabteilungen befähigt werden müssen, geriatrisches Fachwissen umzusetzen. Und mit dem fortgeschriebenen Geriatriekonzept muss das geriatrische Konzil gestärkt werden. Es kann seiner aus unserer Sicht Leit- und Ausstrahlungsfunktion nicht umfassend gerecht werden, wenn lediglich in Stralsund 2,5, in Neubrandenburg eine, in Schwerin 0,5 und in Rostock 1,5 Stellen hierfür in unserem Flächenland zur Verfügung stehen.

Wir werden seitens der PDS die laufenden Aktivitäten der Sozialministerin konstruktiv und kritisch begleiten, so, wie es bislang auch der Fall war und, wie gesagt, sein wird.

(Nils Albrecht, CDU: Mit welchen Ergebnissen, Herr Koplin? Reden Sie doch mal von den Ergebnissen!)

Und eine Initiative der PDS zur Novellierung des SGB V – darauf kommt es sehr an – im Zuge der für 2003 angekündigten Gesundheitsreform

(Nils Albrecht, CDU: Ah!)

kündige ich hiermit seitens der PDS an. Ihren Antrag lehnen wir jedoch aus den besagten Gründen ab.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS)

Danke schön, Herr Koplin.

Das Wort hat jetzt noch mal Herr Glawe von der Fraktion der CDU.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kollegen!

(Dr. Margret Seemann, SPD: Und Kolleginnen.)

Und Kolleginnen, genau.

Geriatrische Rehabilitation in Mecklenburg-Vorpommern ist, denke ich, ein wichtiges Thema und wenn ich jetzt die Koalitionäre so verstanden habe, wie die Reden gehalten worden sind, sind Sie ja in der Sache unseren Forderungen sehr nahe gekommen. Das heißt, Sie lehnen den Antrag jetzt nur noch ab, weil er von der CDU kommt.

(Nils Albrecht, CDU: Ja, genau so. – Torsten Koplin, PDS: Das ist doch Quatsch! Das ist doch Quatsch! – Nils Albrecht, CDU: Es gab keine Begründung dafür.)

Das ist ja eigentlich die Wahrheit. Ansonsten sind Sie ja gegenüber allen Fragen und Forderungen, die wir gestellt haben, sehr offen. Und Sie geben es ja auch zu. Herr Koplin hat vor allen Dingen auch gesagt, er will jetzt die Arbeit der Sozialministerin konstruktiv begleiten.

(Torsten Koplin, PDS: Das haben wir bislang immer gemacht.)

Im Umkehrschluss heißt das doch, dass Sie sozusagen durch unser Engagement auf dieses Thema gestoßen sind.

(Heiterkeit bei Nils Albrecht, CDU)

Und das finden wir schon hochinteressant.

Frau Bunge, noch mal zu Ihren Ausführungen, Sie hätten am 04.04.2002 dieses Thema abschließend behandelt und es sozusagen einer Lösung zugeführt.

(Angelika Gramkow, PDS: Das hat sie nicht gesagt. – Ministerin Dr. Martina Bunge: Das habe ich nicht gesagt.)

Da kann ich Ihnen nur sagen: Kucken Sie mal zu diesem Thema in die Pressemitteilung der „Ostsee-Zeitung“ vom 5. März hinein, da war es schon öffentlich.

(Ministerin Dr. Martina Bunge: Ich verhandle nicht nur einmal.)

Ja, es war auch mehrmals in anderen Zeitungen und es gibt einen regen Schriftverkehr mit Ihrem Ministerium. Das heißt, sehr viele besorgte Persönlichkeiten in unserem Land haben die Gefahr gesehen bei dem, was der Landtag 1998 wollte, die Lücke zwischen der Akutbehandlung in einem Krankenhaus mit einer geriatrischen Rehabilitation abzusichern, also sozusagen den Menschen eine höhere Versorgung zukommen zu lassen, eine bessere Lebensqualität letzten Endes, um Pflege zu vermeiden, also auch um Kosten zu sparen. Das heißt es ja letzten

Endes auch, denn die Pflegesätze 1, 2 und 3 kosten ebenfalls Geld und kommen aus einem Pflegetopf. Das heißt also: Dieses Ziel, was 1998 noch auf Initiative des damaligen Sozialministers Hinrich Kuessner, heutiger Präsident hier im Landtag, und der SPD- und CDU-Fraktion vorangetrieben wurde, stand in Gefahr zu scheitern. Deswegen, meine ich schon, ist unser Antrag vollkommen richtig. Es ist schon erstaunlich, dass Sie sozusagen nach der VogelStrauß-Methode verfahren: Erst mal Kopf in den Sand, nicht zur Kenntnis nehmen und dann wieder auftauchen und sagen, es hat sich alles aufgelöst, wir haben die Probleme gelöst.

Natürlich haben Sie in der letzten Zeit auch für Belegung in den Einrichtungen gesorgt. Dafür bin ich Ihnen auch dankbar, Frau Ministerin. Vor allen Dingen die Mitarbeiter sind dankbar, denn die Sorge ist ja einmal, den Patienten zu helfen. Andererseits geht es ja natürlich um Humankapital. Es geht darum, dass Arbeit im Land bleibt und sozusagen die hochmotivierten Mitarbeiter und Ärzte ihrer Tätigkeit nachgehen können und nicht immer unter dem Gefühl arbeiten müssen: Morgen muss ich vier Stunden arbeiten, übermorgen darf ich drei Stunden arbeiten, dann wieder sechs, je nach Bedarf. Das ist natürlich keine Kontinuität und verunsichert.