Protokoll der Sitzung vom 29.05.2002

(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Das stammt aber nicht von Born. – Heiterkeit bei Dr. Ulrich Born, CDU)

Nein. Das war fraktionsübergreifend. Das habe ich eben gesagt.

(Barbara Borchardt, PDS: Urheberrechte.)

Ich persönlich halte diese Regelung für wirklich sachdienlich, praktikabel und auch modern.

(Barbara Borchardt, PDS: Das war von Dr. Arno Schoenenburg.)

Meine Damen und Herren, ich bitte Sie, dem vorliegenden Gesetzentwurf und dem eingebrachten Änderungsantrag zuzustimmen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD, CDU und PDS)

Danke schön, Herr Krumbholz.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Dr. Schoenenburg von der Fraktion der PDS.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Gegen Ende dieser dritten Legislaturperiode kommen wir nun dazu, den Verfassungsauftrag aus Artikel 34 zu erfüllen, wonach das Nähere zu den Untersuchungsausschüssen des Landtages ein Gesetz regelt. Na endlich!

Die Erforderlichkeit einer gesetzlichen Regelung liegt für uns seit eh und je auf der Hand. Das ist hier lang und breit

und oft erzählt worden. Wir hatten ja mit dem bisherigen vorläufigen Untersuchungsausschussgesetz nur ein notdürftiges Provisorium. Pikant ist allerdings, dass die Regierungsfraktionen das Gesetz eingebracht haben, nicht die Opposition. Und das ist ganz und gar erstaunlich, weil doch jeder weiß, dass Untersuchungsausschüsse in erster Linie ein scharfes Schwert der Opposition sind. Nun sei es, wie es sei, wir haben diese Arbeit, die Ausarbeitung und das Einbringen des Gesetzentwurfs gern geleistet. Wir hatten ja auch entsprechende Erfahrungen.

Die allgemeine Lustlosigkeit der CDU hat uns nicht daran gehindert, denn die Opposition zeigte noch bis zur Ersten Lesung am 4. April 2001 wenig Interesse an einer gesetzlichen Regelung, erzählte uns doch beispielsweise in der Debatte mein Kollege Parlamentarischer Geschäftsführer Herr Caffier Folgendes – ich möchte das doch genüsslich zitieren: „Man sollte eigentlich meinen, dass ein Untersuchungsausschussgesetz für den Landtag Mecklenburg-Vorpommern nicht unbedingt nötig sei. Da der Landtag inzwischen über hinreichend praktische Erfahrungen verfügt, die anstehenden Verfahrensprobleme selbständig zu lösen. Eine dringende Notwendigkeit für ein Untersuchungsausschussgesetz kann ich daher nicht erkennen.“ Ich nehme mal an, Herr Caffier war noch nie in einem Ausschuss, in einem Untersuchungsausschuss jedenfalls, und auch nicht in einer Enquete. Kurzum, er meinte: Was braucht man schon Gesetze, wenn man Erfahrungen hat.

Als Opposition haben Sie nun allerdings nach Artikel 26, meine Damen und Herren von der CDU, einen weitreichenden Auftrag. Wir haben mit aller Genugtuung mit dem Gesetz den Schutz der Opposition bewirkt und Ihnen, meine Damen und Herren von der CDU, die Minderheitenrechte, die man nun mal in erster Linie als Oppositionsrechte betrachten muss, festgezurrt.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Das war in kluger Voraussicht für andere Zeiten.)

Das haben wir gerne getan, auch weil ich meine, dass sozusagen die Rollen in diesem Parlament nie für alle Zeiten festgezurrt sind.

(Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

Aber ich sage auch, wir gehen dabei bei Weitem nicht davon aus, dass Sie beim nächsten Mal nicht wieder die Opposition sind. Das werden Sie wieder sein.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Irren ist menschlich.)

Aber wie gesagt, das werden wir sehen.

Mit den praktischen Erfahrungen ist das so eine Sache, denn was praktisch gemacht wird, bestimmt im Parlament immer die Mehrheit. Und sie treibt es umso doller und verwegener, je weniger ihr die Hände durch Gesetz und Ordnung gebunden sind. So ist die parlamentarische Demokratie. Und wir haben uns in der Vergangenheit gerade in Verfahrensfragen wie die Kesselflicker gestritten – ich bin da auch ein Streithammel, das gebe ich zu –, aber das geschah in den allermeisten Fällen überhaupt nur deshalb, weil eben die gesetzlichen Rechtsgrundlagen nicht vorhanden waren, Grauzonen und damit geschäftsordnungsmäßige und taktische Tricksereien überhaupt erst möglich wurden. Was haben wir im Ältestenrat über diverse Anträge von CDU gegen SPD und SPD gegen CDU verhandelt, und am Ende stand immer eine unbefriedigende Lösung.

Wir wissen doch ganz genau, meine Damen und Herren, welche Ränke in den Jahren bis 1998 geschmiedet wurden, um beispielsweise den Einfluss der PDS in Untersuchungsausschüssen und in der ersten Enquetekommission zu beschneiden oder um Untersuchungsausschüsse, die Skandale der von Ihnen, meine Damen und Herren von der CDU, getragenen Regierung aufdecken sollten, zu verhindern. Die Ausschüsse zum Ihlenberger Müll, zu Lichtenhagen und zum Innenministerium sind doch ganz traurige Kapitel. Die Erfahrung, die Praxis war einfach schlecht. Und es liegt abgesehen von dieser schlechten Erfahrung eben in der Sache, dass, wenn die Rechtsgrundlage nicht klar ist, die Opposition, wie man so sagt, gern untergebuttert oder über den Löffel balbiert wird.

Der Gesetzentwurf, meine Damen und Herren, beruht auf einer fast zwölfjährigen eigenen Praxis mit Untersuchungsausschüssen. Mit der Zahl der Untersuchungsausschüsse liegt ja das Land Mecklenburg weit vorne im Bundesvergleich, ich nehme aber an, mit den Ergebnissen der Untersuchungsausschüsse ziemlich weit hinten.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Da warten Sie mal den nächsten Bericht ab!)

Meine Partei, die PDS, war von Anbeginn für ein Untersuchungsausschuss- und Enquete-Kommissions-Gesetz. Und wir hatten 1996 einen Entwurf in den Landtag eingebracht, den die CDU torpediert hat, und zwar mit ganz vordergründigen Argumenten.

(Friedbert Grams, CDU: Aber die CDU hatte doch die Mehrheit.)

Herr Bollinger – von seinen Fraktionskollegen auch gern als altes Streitross genannt – donnerte damals gegen den Gesetzentwurf der PDS. Ich zitiere: „Schon die Herkunft des Gesetzentwurfes“

(Wolfgang Riemann, CDU: Ist verdächtig.)

„müßte dazu angetan sein, denselben abzulehnen.“ Und das war’s dann auch. Hätten wir jetzt Ihr Spiel gespielt „Wurst – wieder Wurst“, wäre selbstverständlich alles gegen die CDU gelaufen in Bezug auf das Untersuchungsausschussgesetz und Enqueten.

(Wolfgang Riemann, CDU: Ja, wir hätten das am 22. September geändert.)

Das gebe ich mal als Merkposten auf

(Dr. Ulrich Born, CDU: Das wäre doch auch nicht sinnvoll gewesen.)

und da werden wir ja sehen, wie es wird.

Im letzten Jahr hat sich der Wind in der CDU-Fraktion deutlich gedreht. Wie schon bei Gelegenheit ausgemacht, hilft offensichtlich Oppositionsarbeit manchem – nicht allen – zu neuen Erkenntnissen.

(Heiterkeit bei Herbert Helmrich, CDU)

Und so haben sich denn CDU-Vertreter in der letzten Phase der Ausschussbehandlung deutlich mit Vorschlägen eingebracht, gemeinsam mit ihren Untersuchungsausschusskollegen von SPD und PDS. Zwar hat dies noch ein wenig das Verfahren verlängert, aber ich denke, dieses Tun war doch hilfreich. Und ich glaube, auch der letzte Vorschlag, der erst heute auf den Tisch gekommen ist, ist hilfreich.

Was unser Gesetz betrifft, will ich nicht noch einmal die einzelnen Bestimmungen begründen. Zu oft haben wir schon darüber gesprochen. Ich möchte lediglich drei Dinge hervorheben:

Erstens. Es ist gelungen, das Untersuchungsausschussrecht des Landtages sozusagen an einem Stück in seinen Zusammenhängen zu kodifizieren. Das hat was. Wir haben in einem Mantelgesetz das Recht der Untersuchungsausschüsse, der Enquetekommissionen und das betreffende Geschäftsordnungsrecht zusammengefasst. Das tut der Übersichtlichkeit gut und wer denn als Parlamentarier Interesse hat an solchen Dingen, weiß nun, wo er was lesen k a n n.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Dr. Ulrich Born, CDU: Prima!)

Zweitens. Wir haben das Untersuchungsausschussrecht als klassisches Minderheitenrecht formuliert. Ein Viertel der Mitglieder kann seinen Willen auf Einrichtung eines Untersuchungsausschusses ungehindert durchsetzen. Auch darf der Landtag in seinem Einsetzungsbeschluss den Untersuchungsgegenstand gegen den Willen der Antragsteller nicht ändern. Ich denke, das ist eine ganz bedeutende Sache für ein Parlament.

Drittens. Die Enquetekommissionen können künftig auch von dem Parlament nicht angehörenden Mitgliedern geleitet werden, was der Wahrheitsfindung mitunter sehr dienlich sein kann. Bekanntlich ist für die Wahrheitsfindung ja Objektivität oft nützlicher als Fraktionsräson, denn bei aller Fraktionsräson, die ich auch in mir spüre, meine ich, Parteien sind von ihrer Natur her Interessenvertreter und demzufolge sozusagen auch weniger objektiv.

Die Enquetekommission ist durch Gesetz ermächtigt – auch das ist eine gute Sache –, sich von der Regierung Auskünfte einzuholen und Akten vorlegen zu lassen.

Zum Schluss – da stimme ich meinen Vorrednern zu – möchte ich besonders die konstruktive Arbeit im Rechtsausschuss hervorheben, in deren Verlauf viele Vorschriften geändert worden sind und auch ein Abgleich mit dem Bundesgesetz erfolgt ist. Dabei sind wir der Opposition ganz bewusst entgegengekommen. Ende gut, alles gut, sage ich mal, und ich denke, dass dieses Gesetz sich in der Praxis bewähren wird. – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der PDS und einzelnen Abgeordneten der SPD)

Danke, Herr Dr. Schoenenburg.

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Einzelberatung über den von den Fraktionen der PDS und SPD eingebrachten Entwurf eines Gesetzes über die Einsetzung und das Verfahren von Untersuchungsausschüssen und Enquete-Kommissionen des Landtages Mecklenburg-Vorpommern auf Drucksache 3/1990. Der Rechtsausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung, den Gesetzentwurf der Fraktionen der PDS und SPD auf Drucksache 3/1990 in der Fassung seiner Beschlussempfehlung anzunehmen.

Wir kommen zur Einzelabstimmung.

Ich rufe auf in Artikel 1 die Paragraphen 1 bis 8 in der Fassung der Beschlussempfehlung. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Danke. Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Damit sind in Arti

kel 1 die Paragraphen 1 bis 8 in der Fassung der Beschlussempfehlung einstimmig angenommen.

Ich rufe auf in Artikel 1 den Paragraphen 9 in der Fassung der Beschlussempfehlung.