Protokoll der Sitzung vom 30.05.2002

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 20: Beratung des Antrages der Abgeordneten Barbara Borchardt, Monty Schädel, Lieselotte Prehn, Fraktion der PDS, D r. Klaus-Michael Körner, Rudolf Borchert, Fraktion der SPD, und Lorenz Caffier, Fraktion der CDU – Entschließung zur Betroffenheit der Müritz-Strelitzer Region durch den geplanten Luft-/Bodenschießplatz in der Kyritz-Ruppiner Heide, Drucksache 3/2907.

Antrag der Abgeordneten Barbara Borchardt, Monty Schädel, Lieselotte Prehn, Fraktion der PDS, Dr. Klaus-Michael Körner, Rudolf Borchert, Fraktion der SPD, und Lorenz Caffier, Fraktion der CDU: Entschließung zur Betroffenheit der MüritzStrelitzer Region durch den geplanten Luft-/ Bodenschießplatz in der Kyritz-Ruppiner Heide – Drucksache 3/2907 –

Das Wort zur Begründung wird nicht gewünscht.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 30 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist es so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat die Abgeordnete Frau Borchardt von der Fraktion der PDS.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Bevor ich mit den Ausführungen beginne, möchte ich auf einen kleinen redaktionellen Fehler im Antrag hinweisen: Im Beschlussantrag steht unter Punkt 1: „Der Landtag Mecklenburg-Vorpommern legt die Planung für einen Luft-/…“ und so weiter und sofort. Da soll natürlich „lehnt“ statt „legt“ stehen.

(Zuruf von Peter Ritter, PDS)

Selbstverständlich wollen die Einreicherinnen und Einreicher nicht das Papier ablegen.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Bereits im März diesen Jahres hat sich der Landtag MecklenburgVorpommern auf Antrag einiger Landtagsabgeordneter mit dem Problem des geplanten Luft- und Bodenschießplatzes beschäftigt. Unser damaliger Antrag wurde leider von der Mehrheit der Abgeordneten des Landtages abgelehnt. Auf die Gründe will ich an dieser Stelle nicht näher eingehen.

Dass wir uns erneut mit dieser Problematik auseinander setzen, verdanken wir in erster Linie der Aktionsgemeinschaft „Freier Himmel“, die ich an dieser Stelle recht herzlich im Landtag begrüßen möchte.

(Beifall bei Abgeordneten der PDS und Rudolf Borchert, SPD)

Diese Aktionsgemeinschaft hat sich erst zu Beginn diesen Jahres gegründet, um gemeinsam mit der Aktionsgemeinschaft „FREIe HEIDe“, die seit zehn Jahren im Land Brandenburg existiert, ihre Betroffenheit zum Ausdruck zu bringen und unter Wahrnahme ihrer demokratischen Rechte auf unterschiedliche Weise sowie mit ihren rechtlichen Möglichkeiten das oben genannte Vorhaben zu verhindern. Für dieses Engagement möchte ich mich im Namen meiner Fraktion recht herzlich bedanken.

Sie, die Betroffenen von der Aktionsgemeinschaft „Freier Himmel“, der Bürgerinitiative „FREIe HEIDe“ und die Bürgerinnen und Bürger der Region, waren es also auch, die uns auf der Veranstaltung am 1. Mai in Mirow deutlich aufforderten, einen gemeinsamen Antrag in den Landtag einzubringen, um damit eine entsprechende Position des Parlamentes zu erhalten. Die Aktionsgemeinschaft war es auch, die einen Diskussionsvorschlag erarbeitete, in dem die Minimalforderungen des Aktionsbündnisses verankert sind. Diesen Vorschlag haben wir gern aufgegriffen. Das Ergebnis liegt Ihnen vor. Für die PDSFraktion ist dieser vorliegende Antrag ein Kompromiss,

den wir mittragen. Das bedeutet aber nicht, das will ich an dieser Stelle auch deutlich sagen, dass wir von unserem antimilitaristisch-friedenspolitischen Ansatz abgerückt sind.

(Beifall Andreas Bluhm, PDS, und Peter Ritter, PDS)

Im Gegenteil, die außenpolitische Entwicklung der letzten Wochen und Monate haben uns eher noch bestärkt in unserer Aussage: Kein Luft- und Bodenschießplatz – nicht hier und nirgendwo!

(Beifall Monty Schädel, PDS)

Im Interesse der Sache tragen wir diesen Kompromiss mit. Wir teilen die Auffassung der Aktionsgemeinschaft „Freier Himmel“, die da lautet: Für die laufenden und bevorstehenden Verhandlungen der Landesregierung, aber und insbesondere für die Menschen der Region, ist ein deutliches Signal aus diesem Hause notwendig und aus unserer Sicht schon längst überfällig.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS und Rudolf Borchert, SPD)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Im vorliegenden Antrag beziehen wir uns auf den Brief des Innenministers des Landes Mecklenburg-Vorpommern an den Verteidigungsminister der Bundesrepublik Deutschland, aber nicht auf den gesamten Inhalt, sondern nur auf die Ablehnungsgründe. Diese Ablehnungsgründe, die gemeinsam mit den zuständigen Ämtern, den Landkreisen und den zuständigen Ministerien erarbeitet wurden, bringen aus unserer Sicht deutlich zum Ausdruck, das Vorhaben muss verhindert werden ohne Wenn und Aber.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS und Rudolf Borchert, SPD)

Warum betone ich dies? Bereits in seiner Rede im Landtag, in dem Brief an den Verteidigungsminister wird auf die Prüfung möglicher Kompromisse hingewiesen. Hier sagen wir, dieser Prüfung bedarf es nicht und schon gar nicht zum gegenwärtigen Zeitpunkt. Und auch hier sehen wir uns in Übereinstimmung mit der Aktionsgemeinschaft „Freier Himmel“, die in ihrem Flugblatt, das heute vor dem Landtag verteilt wurde, deutlich sagt: „ … die den Platz vor allem wegen der damit verbundenen deutlich erhöhten Zahl an Tiefflügen bedingungslos und kompromisslos ablehnt.“

(Beifall Peter Ritter, PDS, und Monty Schädel, PDS)

Es geht hier in erster Linie um die Erhaltung der Lebensqualität für die dort lebenden Menschen. Den Menschen in der Region ist es egal, ob die Flugzeuge im Sommer oder Winter, in der Vor- oder Nach- oder Zwischensaison über ihren Lebensmittelpunkt hinwegfliegen. Sie wollen die Tiefflüge und Übungen zu keinem Zeitpunkt im Jahr, denn sie leben dort und machen dort nicht nur für einen begrenzten Zeitraum Urlaub. Es ist aus unserer Sicht auch kein territorial begrenztes Problem. Niemand in Mecklenburg-Vorpommern, egal wo er oder sie lebt, kann ein Interesse haben an einer Verminderung der Lebensqualität, verbunden mit der Zerstörung von Existenzen.

(Beifall Lieselotte Prehn, PDS, und Monty Schädel, PDS)

In der Müritz-, Mecklenburg-Strelitzer Region, sind in den letzten Jahren aufgrund von politischen Entschei

dungen der EU, des Bundes, des Landes, der Kommunen kommunale Entscheidungen getroffen worden, für dessen Umsetzung erhebliche Steuermittel geflossen sind. Aber nicht nur das. Viele Bürgerinnen und Bürger haben den von uns oft so eingeforderten Mut gefasst und sich durch die Gründung eines eigenen Unternehmens eine eigene Existenz aufgebaut, haben sich verschuldet, für andere Bürgerinnen und Bürger als Arbeitgeber Verantwortung übernommen und sicherlich auch für die Zukunft noch einiges geplant. Das alles kann doch nicht von heute auf morgen, durch wessen Entscheidung auch immer, in Frage gestellt werden. Da helfen auch keine Aussagen, die mir in der letzten Zeit auch begegneten, nach dem Motto „Na, die Betroffenen werden doch entschädigt“. Diese sind aus meiner Sicht völlig fehl am Platz.

In den letzten Tagen habe ich ebenfalls schon zu hören bekommen, dieser Platz wäre auch für die Bundeswehr nicht mehr so interessant, juristisch gebe es viele Bedenken, so dass die vorgesehene Nutzung wohl nicht in Frage kommen würde. Wenn das alles so wäre, ist es gut. Aber ich persönlich glaube nur an das, was ich schwarz auf weiß nach Hause tragen kann.

(Beifall Monty Schädel, PDS)

Deshalb hoffe ich, dass wir sowohl durch das Wirken der Landesregierung, das gemeinsame Wirken im Bundestag, durch das gemeinsame Engagement des Aktionsbündnisses „Freier Himmel“ und „FREIe HEIDe“ das geplante Vorhaben verhindern können. Ich würde mir wünschen, dass sich alle Parteien noch vor den Bundestagswahlen deutlich zu diesem Problem äußern.

Ich würde es für fatal halten, wenn alles das, was jetzt erstritten wird, nach der Wahl nicht mehr wahr ist. Insbesondere die betroffenen Bürgerinnen und Bürger dieser Region haben ihre Erfahrungen, diesbezüglich schon einiges hinter sich. Mir ist bewusst, dass insbesondere durch die unterschiedlichen Grundpositionen noch ein harter und schwerer Kampf auf uns zukommen wird. Deshalb gehe ich davon aus, dass der außerparlamentarische Druck weiterhin notwendig ist, wir Geduld und einen langen Atem benötigen.

(Beifall Andreas Bluhm, PDS, und Lieselotte Prehn, PDS)

In diesem Sinne wünsche ich den bestehenden Aktionsbündnissen viel Kraft und viele Mitstreiterinnen und Mitstreiter. Für die Menschen der betroffenen Region hoffe ich, dass die Entscheidung nicht erst in zehn Jahren getroffen wird. – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der PDS)

Danke, Frau Borchardt.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Dr. Körner von der Fraktion der SPD.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Verehrte Gäste hier im Saal von der Bürgerbewegung „Freier Himmel“, einen ganz herzlichen Dank an Sie, dass Sie den ganzen Tag, von heute Morgen bis jetzt, ausgeharrt haben, bis Ihr Anliegen hier in diesem Hause behandelt wird.

(Peter Ritter, PDS: Die war gar nicht nötig, die lange Zeit.)

Sie sind nicht zum ersten Mal aktiv, meine Damen und Herren. Sie haben viel Zeit, viel Kraft in etwas investiert, was Ihnen allen ein Anliegen ist, und dafür möchte ich danken.

(Annegrit Koburger, PDS: Von uns allen. – Dr. Ulrich Born, CDU: Richtig.)

Ohne Ihr Engagement wäre es kein Konsensthema in diesem Landtag geworden. Ohne Ihr Engagement hätten wir heute wahrscheinlich keinen Antrag, der von allen Fraktionen beziehungsweise von großen Teilen der Fraktionen mitgetragen werden kann.

Ich begrüße ausdrücklich den Brief der Landesregierung, der insbesondere in den Ablehnungsgründen Ihre kritischen Einwände noch einmal bündelt und untersetzt zu Fragen der Raumordnung, zu Fragen der Nationalparkgesetzgebung, zu Fragen der touristischen Entwicklung. Das ist das, was die meisten von Ihnen auch beschäftigt. Ich möchte die Argumente nicht weiter ausdehnen. Der Brief ist bekannt und der Antrag nimmt ausdrücklich darauf Bezug.

Ansprechen möchte ich in diesem Rahmen, dass ich das Verhalten der Bundeswehr in diesem Prozess nur schwer nachvollziehen kann. Einer Einladung beispielsweise zum Kreistag ist die Bundeswehr nicht gefolgt. Es gibt viele Veranstaltungen im Land, wo wir als Kommunalpolitiker, als Landespolitiker angefragt werden, eingeladen werden: bei Kommandowechseln von Divisionsstäben, bei Vereidigungen, bei Verabschiedungen und Begrüßungen von Soldaten, bei Auslandseinsätzen. Alle diese engen Verzahnungen sind Ausdruck dafür, dass es in diesem unserem Land ein gutes Verhältnis gibt zwischen Militär und Politik. Deshalb, meine ich, sollte sich die Bundeswehr Gesprächen nicht verweigern,

(Peter Ritter, PDS: Wir können ja Herrn Scharping am 11. einladen. Da ist er in Neubrandenburg.)

wenn Belange von ganzen Regionen auf der Tagesordnung stehen.

(Barbara Borchardt, PDS: Das ist ‘ne gute Idee, Herr Ritter.)

Ich wünsche für die Region Küritz-Ruppiner Heide einen von Luft-/Bodengeschossen freien Himmel. Ich bitte um Zustimmung zum Antrag.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS)

Danke, Herr Körner.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Caffier von der Fraktion der CDU.

(Peter Ritter, PDS: Er kommt mit Friedenstaube. – Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der PDS)