So kommen schon mehr Mädchen als Jungen auf die Welt, Frauen sind zäher, halten Schmerzen besser aus und leben deutlich länger.
Frauen sind anders, aber Männer auch. Warum sollen Frauen dann noch vom Staat besonders gefördert werden? Die Antwort, meine Damen und Herren Abgeordneten, findet sich in einigen Zahlen.
Nach Untersuchungen der Weltbank leisten Frauen zwar zwei Drittel der gesamten Arbeit auf der Welt, erhalten dafür aber nur zehn Prozent des Lohns und, hören Sie zu, besitzen nur ein Prozent des Weltvermögens. Typische Frauenberufe sind in Tarifverträgen oft schlechter eingeordnet als typische Männerberufe. In der Wirtschaft sind Frauen mit einem Anteil von nur elf Prozent in Führungspositionen vertreten, im Topmanagement sind es gerade einmal vier Prozent. Und in den hundert größten deutschen börsennotierten Unternehmen Deutschlands sitzt in den Vorständen keine einzige Frau. Dabei sind die Hälfte der deutschen Arbeitnehmerinnen Frauen, zudem sind Frauen noch besser ausgebildet als jemals zuvor.
Und in der Wissenschaft ist es ähnlich. 50 Prozent der Studierenden sind weiblich, jedoch stellen Frauen nur einen Anteil von 10 Prozent unter den Professoren. Genauso in der Politik: So finden sich beispielsweise auf der Landesliste der CDU unter den ersten zwanzig nur vier Frauen.
Meine Damen und Herren, die Leistungsfähigkeit und Leistung von Frauen und ihre Position in der Gesellschaft klaffen also weit auseinander.
Trotz gesetzlicher Vorgaben ist die Gleichstellung von Frauen und Männern noch lange nicht erreicht, Herr Dr. Born, und das wollen wir ändern.
Meine Damen und Herren, ich weiß, dass dieses Thema der Union unangenehm ist, und deshalb versuchen Sie hier abzulenken, Herr Dr. Born.
Aber ich sage Ihnen, Gleichstellung muss noch stärker zu einem gemeinsamen Anliegen von Frauen und Männern in unserer Gesellschaft werden.
Mit der im Juli 2000 von der Landesregierung beschlossenen Gleichstellungskonzeption versuchen wir in Mecklenburg-Vorpommern diesem Ziel ein Stück näher zu kommen. Zum ersten Mal hat sich die gesamte Landesregierung, also jedes einzelne Ressort, dazu verpflichtet, in seinem Bereich Maßnahmen zur Gleichstellung umzusetzen. Die Herstellung der Chancengleichheit von Mann und Frau ist in dieser Legislaturperiode erstmals in Mecklenburg-Vorpommern zu einer verbindlichen Querschnittsaufgabe für die Politik geworden.
Und damit haben wir den ersten Schritt zur konkreten Anwendung von Gender-Mainstreaming getan und das ist wichtig, denn es gibt keine soziale Gerechtigkeit ohne Gerechtigkeit zwischen den Geschlechtern. Und Chancengleichheit ist dafür die Voraussetzung.
Meine Damen und Herren, Politik muss ansetzen bei den Defiziten und den Lebensvorstellungen der Frauen. Die Frauen in Mecklenburg-Vorpommern sind mit einem großen Potential in das vereinigte Deutschland gekommen. Sie haben ein hohes Bildungsniveau, durchgängige Berufserfahrungen und Kinder sowie das Selbstverständnis, dass Beruf und Kinder zum Leben gehören. Frauen wollen nicht auf ein Lebensmodell beschränkt sein. Sie wollen unabhängig von ihrem Partner bleiben. Sie wollen gleiche Chancen und gleiche Teilhabe an den gesellschaftlichen Ressourcen in Staat, Politik, in Wirtschaft, in Wissenschaft, in Kultur, in Medien, Beruf und Familie.
Junge Frauen, inzwischen aber auch schon viele junge Männer, betrachten die Vereinbarkeit von Beruf und Familie als unverzichtbare Grundlage ihrer persönlichen Lebenssituation. Und Politik muss dafür die Voraussetzung schaffen und das tun wir gemeinsam mit der SPD im Bund.
Meine Damen und Herren, von Konservativen wird die anhaltende Erwerbsneigung von Frauen im Osten oft für die hohen Arbeitslosenzahlen verantwortlich gemacht. Dahinter steht der Wunsch, Frauen wieder an den Herd zu verbannen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS – Harry Glawe, CDU: Wer hat das aufgeschrie- ben? – Zurufe von Dr. Ulrich Born, CDU, und Dr. Arnold Schoenenburg, PDS)
Wir brauchen die Erfahrungen und die Kompetenzen von Frauen auch für die Zukunft, und unsere Gesellschaft kann nicht darauf verzichten.
(Dr. Arnold Schoenenburg, PDS: Herr Seite hat das immer selbst erklärt, Herr Glawe. Ich erinnere mich noch gut daran.)
Frauenpolitik ist daher für uns auch keine Frage von Sozialpolitik, sondern vor allem eine Frage der Chancengleichheit bei der Erwerbsarbeit.
Erstens. Wir sorgen dafür, dass Frauen und Männer in Mecklenburg-Vorpommern Elternschaft und Berufstätigkeit gut miteinander vereinbaren können.
Schon heute haben wir bei der Kinderbetreuung Bedingungen, die weit besser sind als in allen westdeutschen Bundesländern.
In unserem Land können wir für alle Kinder ab dem dritten Lebensjahr bis zum Schuleintritt den Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz erfüllen. Sind beide Eltern berufstätig, besteht der Anspruch auf einen Ganztagsplatz. Bei Berufstätigkeit beider Elternteile werden zudem Plätze in Krippen und Horten zur Verfügung gestellt und darüber hinaus besteht die Möglichkeit der öffentlich vermittelten Tagespflege. In Westdeutschland, hören Sie zu, gibt es lediglich für 5 Prozent aller Kinder unter drei Jahren diese Möglichkeit für einen Krippenplatz und in Bayern sind es sage und schreibe nur 1,4 Prozent.
(Harry Glawe, CDU: Sie müssen das Programm der Bayern auch mal lesen! 30.000 Plätze wollen sie in Zukunft schaffen. – Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der SPD, CDU und PDS – Zurufe von Dr. Margret Seemann, SPD, und Annegrit Koburger, PDS – Glocke des Vizepräsidenten)
Wenn Herr Stoiber also sagt, meine Damen und Herren, er verstehe den Wunsch der Frauen nach Unabhängigkeit und Beruf, dann wohl nur bei seinen eigenen Töchtern.