Protokoll der Sitzung vom 27.06.2002

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS und Rudolf Borchert, SPD)

Ihr drittes Ziel, was Sie mit dem Märchen von der Sinnlosigkeit der Ausschussarbeit verfolgen, halte ich für das gefährlichste. Sie reden den Leuten mit dem Märchen von der Sinnlosigkeit des Ausschusses ein, dass die Anwendung demokratischer Rechte nicht unbedingt sinnvoll wäre.

(Dr. Gerhard Bartels, PDS: Richtig. Ja.)

Und dort fördert es Ohnmachtsgefühle. Und ich weiß nicht, wie Ihnen das geht, an den Infoständen in den Innenstädten, ob das im Uecker-Randow-Kreis ist oder in Neubrandenburg, erfahre ich immer mehr und da werden wir alle als Politikerinnen und Politiker über einen Kamm geschert, da heißt es immer: Ihr könnt doch so und so nichts ändern. Und das ist die schlimmste Haltung – die Demokratie ist ja permanent gefährdet –, das ist aber die schlimmste Haltung, die Menschen einnehmen können, wenn sie meinen, nichts mehr bewirken zu können, und es auch den Politikern nicht mehr zutrauen, die Verhältnisse zu verändern. Damit gefährden Sie die Demokratie, anstatt sie zu stärken. Und das ist schlimm.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS, Rudolf Borchert, SPD, und Detlef Müller, SPD – Dr. Gerhard Bartels, PDS: Richtig.)

Sehr geehrte Damen und Herren, aus Sicht der PDS hat der Ausschuss eine wertvolle Arbeit geleistet. Er hat Impulse für effiziente Fördermittelpolitik gegeben und er hat Hinweise für wirkungsvollere Fördermittelkontrollen erbracht. Und weil Fördermittelkontrollen immer Folgekosten vereiteln, sind sie bares Geld wert.

Und um Ihrem Argument, Herr Dr. Born, auch wenn Sie jetzt in der Nische sind,

(Dr. Gerhard Bartels, PDS: Lass ihn mal dort! Da gehört er hin.)

entgegenzuhalten, Sie bringen immer an, dass jemand gesagt hat, also der Zwischenbericht hätte keine Rolle gespielt: Ein Zeuge, ein Zeuge, und da müssen wir beim Text bleiben, hat bekannt, dass er den Zwischenbericht nicht hat. Das heißt erstens nicht, dass er ihn nicht gelesen hat, und zweitens, dass die Erfahrungen aus dem Zwischenbericht keine Rolle gespielt haben, hat dieser Zeuge damit nicht gesagt.

Im Weiteren hat der Ausschuss Anhaltspunkte für die Koordination der Investorensuche nach einem Konkurs herausgearbeitet. Die kann man sicherlich so oder so interpretieren, aber er hat sie herausgearbeitet. Der Ausschuss hat die Arbeit der Staatsanwaltschaft befruchtet, er hat Fingerzeige für die Begleitung einheimischer Existenzgründerinnen und Existenzgründer gegeben. Ich denke da mal an das Gut Pritzier, die Auseinandersetzung Management-Buy-out oder eben ein externer potentieller Investor. Das führt schon zu Erkenntnissen, wenn man sich damit auseinander setzt. Und er hatte herausgearbeitet, wie wertvoll es ist, sich landesseitig gegenüber den Bundesbehörden stark zu machen und auch auf Bundesebene mal mit der Faust auf den Tisch zu hauen.

Dass wir diese Erkenntnisse erarbeiten konnten, verdanken wir überwiegend der emsigen Arbeit des Ausschusssekretariats und unseren eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Und deshalb möchte ich auch namens der PDS-Fraktion hier herzlich Dank sagen

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS und Rudolf Borchert, SPD)

an Sie, Herr Schneider-Brinkert, an Sie, Frau Böttcher, Herr Dr. Anderko, Frau Keßler und Herr Schulz.

Sehr geehrte Damen und Herren, die hier behandelte Drucksache trägt den Namen Abschlussbericht. Die PDS verbindet dies nicht mit dem Prädikat „für erledigt erklärt“. Ein Beispiel hierfür ist die Fördermittelvergabe in Höhe von 2,8 Millionen DM durch das Wirtschaftsministerium an die Zweiterwerber der Blähton im Juni 1998. Dieses Geld ist nicht nur widerrechtlich ausgereicht, sondern auch auf dubiose Weise und mit Duldung der Landesbehörden nach Lichtenstein transferiert worden. Und an diesem spannenden Punkt der Untersuchungen griff die CDU zum Bremsseil. Herr Dr. Born, während Sie in Ihrer Rede genau heute vor einem Jahr im Zwischenbericht sagten, Sie wünschen sich in den weiteren Untersuchungen mehr zeitnahe Bezüge, war an dieser Stelle Schluss mit Lustig. Ob das wohl damit zusammenhängt, dass der Wirtschaftsminister, um dessen Amtszeit es hier ging, Herr Seidel hieß? Die PDS wird der Sache weiter nachgehen, das kann ich hier versprechen.

Sehr geehrte Damen und Herren, die Ausschussarbeit war tiefgründig und solide. Ob Erkenntnisse im Alltag umgesetzt werden, liegt an uns, liegt an uns selbst und liegt an denjenigen, die nach uns in die Verantwortung gewählt werden. Der Entwicklung unseres Landes wäre es sehr förderlich, wenn diese Erkenntnisse einfließen in den Alltag. Ich danke nochmals für die Zusammenarbeit im Ausschuss und bedanke mich zugleich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der PDS und einzelnen Abgeordneten der SPD)

Danke, Herr Koplin.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Monegel von der Fraktion der SPD.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

Herr Born, es erstaunt mich schon, wie Sie durch Ihre Pressemitteilungen die Ausschussarbeit unseres Untersuchungsausschusses in Misskredit bringen. Wenn ich dann „Diskutierklub“ lese in der Zeitung mit den dicken Überschriften, dann erschreckt es mich schon.

Die Aufgabe des Untersuchungsausschusses war es, zu untersuchen, wie die Landesregierung bei der Entscheidungsfindung zur Privatisierung mitgewirkt hat und ob die Fördermittelvergabe mit der Erreichung dieses Ziels in Übereinstimmung zu bringen ist.

Über den Sinn und Zweck haben wir ja nun heute schon viel gehört und über die Bedeutung dieses Ausschusses. Ich möchte auch noch mal darauf eingehen, da diese Frage ja von der CDU-Fraktion permanent aufgeworfen wird – und ich denke, der Kollege Koplin hat es schon sehr deutlich zum Ausdruck gebracht – in einer nicht nachzuvollziehenden Vereinfachung.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und Torsten Koplin, PDS)

In wesentlichen Teilen Ihres Berichtes wird von vordergründigen parteipolitischen Erwägungen gesprochen. Aufgrund der Untersuchung des Unternehmens Blähton Grimmen wird aber deutlich, dass die untersuchten Vor

gänge zwar in der Vergangenheit – und ich betone, es ist nicht die graue Vergangenheit für uns, die wir 40 Jahre in der DDR gelebt haben – liegen, die Wirkung der damals getroffenen Entscheidungen holt uns aber heute ein, wenn es um Arbeitslosigkeit geht und auch um Abwanderung. Ebenso wie bei anderen Unternehmen hatte die Privatisierung hier eine Vielzahl von Arbeitslosen zur Folge. Allein aus diesem Grund waren wir zu der Untersuchung verpflichtet. Die betroffenen Menschen haben durch unsere Untersuchungen erkennen können, dass sich der Landtag hier nicht seiner Verantwortung entzieht.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und Torsten Koplin, PDS)

Und, Herr Dr. Born, Sie verkennen die Situation, auch die emotionale Situation. Die Menschen, die hier 40 Jahre gelebt haben in der DDR und gearbeitet haben, möchten schon wissen, warum es so viele Betriebe, die auch strukturbestimmend waren, nicht mehr gibt.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und Torsten Koplin, PDS)

Weiterhin ist bei der Untersuchung des Unternehmens Blähton Grimmen wiederum deutlich geworden, dass die Zusammenarbeit zwischen Landesbehörden und nachgeordneten Behörden – insbesondere sei hier genannt das LFI – unzureichend war und bis zum heutigen Tage zum Teil noch ist. Es ist offensichtlich, dass hier auch Handlungsbedarf bei den Mitarbeitern des LFI, vor allen Dingen Schulungsbedarf besteht. Im Übrigen teilt die CDU-Fraktion laut ihrem Sondervotum in diesem Punkt die Auffassung der Ausschussmehrheit. Hier dürfte der Sinn des Untersuchungsausschusses folglich für alle Parteien eindeutig erkennbar sein. Denn auch künftig werden in diesem Land Fördermittel in beträchtlichem Umfang, in beträchtlicher Höhe vergeben und mit diesen Mitteln soll verantwortungsvoller umgegangen werden.

(Wolfgang Riemann, CDU: Und ohne Aus- schreibung im Sozial- und Bauministerium.)

Im Übrigen sind für einen solchen verantwortungsvollen Umgang konkrete Kriterien im Abschlussbericht genannt. Wir haben hier also nicht allgemein schwadroniert, sondern wir haben konkrete Hinweise gegeben. Sicher kann dieses Geschehen nicht mehr rückgängig gemacht werden, leider. Hier sind wir jedoch an einem Punkt angelangt, an dem künftig auch derartige Fehler vermieden werden können in der Fördermittelvergabe.

Und, meine Damen und Herren, ich möchte Ihnen auch noch einen weiteren Grund nennen, warum dieser Ausschuss sinnvoll war:

(Heiterkeit und Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

Wir alle wissen, dass die Kontrolle eine Kernaufgabe des Parlamentes ist. Herr Riemann, Sie betonen das immer wieder,

(Wolfgang Riemann, CDU: Ja.)

jetzt können Sie es auch machen. Es muss also Ziel sein sicherzustellen, dass verantwortungsvoll mit öffentlichen Mitteln umgegangen wird.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Mit Hilfe...

(Wolfgang Riemann, CDU: Wie bei Holter.)

Ja, Sie machen das immer nur dort, wo es Ihnen angenehm ist.

(Wolfgang Riemann, CDU: Zeitnah! Zeitnah! – Peter Ritter, PDS: Das sind doch seine dümmlichen Nebenschauplätze, die er hat.)

Mit Hilfe des Untersuchungsausschusses wurde diese Kernaufgabe wahrgenommen und hat entsprechende Ergebnisse – wie bereits genannt – zu Tage gefördert. Nun frage ich Sie: Wie kann es sich hier um eine sinnlose Ausschussarbeit handeln? So wörtlich von der CDU-Fraktion vorgetragen und heute wieder von Herrn Born bekräftigt.

In diesem Zusammenhang möchte ich auch noch kurz auf die Äußerung von Herrn Born und den oftmals benutzten Vorwurf, den ich in der Presse öfter gelesen habe, der Verschwendung von Steuergeldern eingehen. Sie sind der Meinung, mit dieser Ausschussarbeit werden unnötig Steuergelder verschwendet. Aber ich frage Sie: Wenn das Parlament seiner Kontrollaufgabe nicht nachkommt, weil dies Geld kostet, wo bleibt dann die Demokratie in diesem Parlament?

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD – Steffie Schnoor, CDU: Das habe ich mich in den letzten vier Jahren oft gefragt.)

Meine Damen und Herren von der CDU, Sie führen in Ihrem Sondervotum an, dass die Chancen des Unternehmens Blähton vom Wirtschaftsministerium unter Führung des damaligen Wirtschaftsministers Dr. Ringstorff zunichte gemacht wurden. Sie scheinen hier jedoch die Sachverhalte zu verkennen, und das ist gelinde ausgedrückt, denn die Ursachen für die schlechte wirtschaftliche Verfassung des Unternehmens...

(Wolfgang Riemann, CDU: Also Ringstorff darf man nicht kontrollieren, aber alle anderen darf man, oder wie?)

Ich begründe es gleich, Herr Riemann. Hören Sie aber auch bitte mal zu!

(Irene Müller, PDS: Kann er nicht!)

..., denn diese Ursachen für die schlechte wirtschaftliche Verfassung des Unternehmens lagen auch in den Entscheidungen und Versäumnissen der Landesregierung der ersten Legislaturperiode. Und wie Sie wissen, lief die von 1990 bis 1994. Bereits in diesen Jahren wurde der falsche Grundstein für Blähton Grimmen gelegt. Ich möchte das auch begründen, damit Sie nicht immer sagen, das ist hier Polemik. Ich möchte hier nicht Wahlkampf betreiben, wie ich es herausgehört habe aus Ihrem Beitrag.

(Hermann Bollinger, CDU: Sie haben doch den ganzen Tag nichts anderes gemacht. – Heiter- keit bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

Erstens. Die Regierung nutzte ihre Einflussmöglichkeiten, die sie gehabt hätte, faktisch nicht. Das bringen unsere Untersuchungen deutlich zutage. Dass die Einflussnahme der Landesregierung auf das Privatisierungsgeschehen eines Unternehmens erfolgreich sein kann, hat die Untersuchung des Gutes Pritzier gezeigt. Bei Blähton Grimmen wurden dagegen eindeutige Hinweise nicht beachtet. So wurde zum Beispiel der Investor Herr Eliasson ausgewählt, obwohl bekannt war, dass dieser unseriös ist, auch der Landesregierung war es bekannt. Dies