Protokoll der Sitzung vom 22.10.2002

(Beifall bei den Abgeordneten)

Frau Präsidentin, ich übermittle Ihnen die Glückwünsche des Hauses und auch meine persönlichen Wünsche und wünsche Ihnen Glück und Erfolg für Ihr verantwortungsvolles Amt zum Wohle unseres Landes.

(Gratulationen)

Meine Damen und Herren, damit habe ich meine Aufgabe erfüllt und bitte Sie, Frau Präsidentin, Ihr Amt hier zu übernehmen.

(Präsidentin Sylvia Bretschneider übernimmt den Vorsitz.)

Die Sitzung wird fortgesetzt.

(Glocke der Präsidentin)

Ich bin gebeten worden, diese Glocke auch mal einzusetzen. Ich hoffe, dass wir sie im Laufe unserer Wahlperiode möglichst selten einsetzen müssen.

Sehr geehrter Herr Alterspräsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Vielen Dank für Ihr Vertrauen, das Sie mir mit Ihrer Wahl entgegengebracht haben.

Bitte gestatten Sie mir, dass ich mich, gemäß der guten Sitte dieses Hauses, zunächst bei Herrn von Storch für seine Arbeit als Alterspräsident bedanke.

(Beifall bei SPD, CDU und Abgeordneten der PDS)

Natürlich freue ich mich über die Zustimmung derjenigen Abgeordneten, die mich heute in das Amt der ersten Landtagspräsidentin des Landes Mecklenburg-Vorpommern gewählt haben. Gleichzeitig hoffe ich aber auch, dass ich durch meine zukünftige Arbeit auch diejenigen

überzeugen kann, die mir heute ihre Stimme nicht zu geben vermochten. Deshalb werde ich alles daransetzen, dieses Amt so auszufüllen, wie es die Verfassung dieses Landes und die Geschäftsordnung dieses Hohen Hauses erfordern: das Parlament gerecht, ohne Ansehen der Person oder politischen Richtung zu leiten und mich nach außen, aber auch nach innen zum Wohle des gesamten Parlaments einzusetzen und dabei Neutralität und Sachlichkeit walten zu lassen. Dafür werbe ich im Sinne einer guten Zusammenarbeit mit allen Abgeordneten um Ihre Unterstützung. Dies gilt insbesondere für die weitere Verbesserung der Streitkultur in der parlamentarischen Arbeit, damit der Landtag ein Ort sein möge, an dem Inhalte und Argumente zählen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Politik ist eine Sache, die Menschen verbinden soll. Daher ist es wichtig, dass gerade wir Politiker, deren Reputation im Allgemeinen in der Öffentlichkeit nicht auf den vorderen Plätzen rangiert, gemeinsam dafür sorgen, dass die wichtigsten Probleme dieses Landes gelöst werden. Die Überzeugung, dass wir konstruktiv zusammenarbeiten können, auch wenn wir unterschiedliche Überzeugungen, Lebenswelten oder politische Auffassungen haben, ist ein Grundverständnis von Politik. Das Vermögen, einander zuzuhören und Argumente und Fakten in der Sache hart, aber ohne persönlich zu verletzen, auszutragen, sind Eigenschaften, die auch die Bürger, die uns alle gewählt haben, von uns Politikerinnen und Politikern erwarten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, gestatten Sie, dass ich an dieser Stelle einige Worte an den scheidenden Landtagspräsidenten richte.

Sehr geehrter Herr Kuessner, Johann Wolfgang von Goethe sagte einst: „Das Betragen ist ein Spiegel, in welchem jeder sein Bild zeigt.“ Ich kann Ihnen versichern, es war ein gutes Bild, was die Abgeordneten des Landtages in den vergangenen vier Jahren von Ihnen darin gesehen haben. Ihre ruhige, sachliche, aber bestimmte Art war prägend und setzt hohe Maßstäbe an Ihre Nachfolger.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der CDU und PDS)

Für die von Ihnen geleistete Arbeit möchte ich mich – sicherlich auch im Namen meiner Kolleginnen und Kollegen der letzten Wahlperiode – recht herzlich bedanken und Ihnen für die zukünftigen Aufgaben, aber auch persönlich alles, alles Gute wünschen.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der CDU und PDS)

Unser Dank gilt auch den Vizepräsidenten Frau Holznagel und Herrn Bluhm, die den Präsidenten gemeinsam mit dem Ältestenrat unterstützt haben, und natürlich auch den Schriftführern des letzten Landtages.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, CDU und PDS)

Garanten dafür, dass hier im Plenum und in der täglichen Arbeit alles reibungslos funktioniert, sind auch die vielen engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Landtagsverwaltung und der Fraktionen, die meist im Hintergrund wirken. Ohne sie könnten wir als Abgeordnete unsere Aufgaben aber wohl kaum bewältigen. Deshalb auch Ihnen Dank und Anerkennung, verbunden mit der Hoffnung auf eine gute und kollegiale Zusammenarbeit in der 4. Legislaturperiode dieses Landtages.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, CDU und PDS)

Der 3. Landtag hat einvernehmlich seine parlamentarischen Regeln neu definiert. Wir haben damit eine gute Grundlage, um uns sachlich-konstruktiv für eine gedeihliche Entwicklung unseres Bundeslandes einzubringen.

Es gab immer Grundsatzfragen, in denen wir parteiübergreifenden Konsens in diesem Hause erzielt haben. Das war zum Beispiel die klare Positionierung für unsere Demokratie und gegen Intoleranz, Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus. Diesen Konsens wünsche ich mir auch für die kommenden vier Jahre und hoffe, dass wir wie in der Vergangenheit noch viele weitere Themen finden, in denen das Haus Einigkeit demonstrieren kann. Denn neben dem Streit in der Sache gibt es Grundwerte, denen wir uns alle gleichermaßen verpflichtet fühlen – und das sollen die Menschen in diesem Land wissen und spüren.

Nicht nur für mich war es in den letzten Tagen bedrückend zu erleben, wie erneut Rechtsextremisten – zusammengekarrt vorwiegend aus anderen Bundesländern – in meiner Heimatstadt Neubrandenburg aufmarschiert sind und in skandalöser Weise zum Abschluss auch noch auf den Rathaustreppen für ein Gruppenbild posieren konnten. Freiheit in der Demokratie bedeutet zwar die Freiheit des Andersdenkenden. Extremistische Tendenzen jedoch überschreiten das Maß des Tolerierbaren und gefährden die Demokratie. Davor dürfen wir die Augen nicht verschließen! Damit antidemokratischem Gedankengut der Nährboden entzogen werden kann, müssen die entwickelten Strategien und Konzeptionen, vor allem über Bildung und Erziehung und insbesondere über politische Bildung, konsequent umgesetzt werden.

Ich sehe meine Aufgabe als Landtagspräsidentin auch darin, für Zivilcourage und gesellschaftliches Engagement im Interesse des Gemeinwohles einzutreten. Dies sind Werte, die durch die Politik vorgelebt und bei den Mitmenschen gestärkt werden müssen. Kein politisch verantwortlich Handelnder darf der Versuchung nachgeben, aus fremdenfeindlichen Stimmungen Kapital zu schlagen. Der sorgsame und von Fingerspitzengefühl geprägte Umgang mit dem Wort gehört dabei für mich an die erste Stelle. Für Fremdenfeindlichkeit und Gewalt gibt es Ursachen, aber nichts kann sie rechtfertigen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich will mich in meinem Amt für mehr Transparenz in der Politik und im Parlament einsetzen. Viele Menschen verstehen oftmals nicht, warum und worüber wir hier manchmal streiten. Wir benutzen Fachausdrücke, die sich den Bürgerinnen und Bürgern nicht immer erschließen. Entscheidungsabläufe im Parlament und im Zusammenspiel von Regierung und Landtag können wir manchmal nur schwer vermitteln. Die Menschen fragen sich, warum dauert es oft so lange, bis Entscheidungen getroffen werden. Ich denke, es muss uns besser gelingen, klar zu machen, dass Abläufe in der parlamentarischen Demokratie Zeit benötigen. Zeit, um die verschiedenen gesellschaftlichen Interessen mit einzubeziehen, um nicht Regelungen zu schaffen, die an den Menschen und ihren Bedürfnissen vorbeigehen. Dazu gehört auch zu erklären, wer eigentlich an welcher Stelle und in welchem Maße für die Gestaltung unseres Gemeinwesens verantwortlich ist. Das betrifft die unterschiedlichen Verantwortlichkeiten von Landesregierung und Landtag. Noch mehr betrifft es aber die Frage, wann Brüssel, wann Berlin, wann Schwerin und wann die Kommune etwas regelt.

Wir werden in den kommenden Jahren wichtige Entscheidungen über zukunftsfähige Gebietsstrukturen und Verwaltungen fällen müssen. Ziel muss es sein, Entscheidungen so bürgernah wie möglich treffen zu können. Je näher am Bürger die Entscheidung fällt, umso besser können seine Belange berücksichtigt werden. Mein Anliegen ist, es für die Menschen leichter zu machen, diese Prozesse zu begleiten und zu akzeptieren.

Wir werden uns des Themas der Transparenz auch im Hinblick auf die Regelungen auf europäischer und bundesstaatlicher Ebene zukünftig verstärkt widmen. Die Konferenz der Präsidentinnen und Präsidenten der deutschen Länderparlamente hat dazu einen Konvent installiert, bei dem zusammen mit den Fraktionsvorsitzenden der Parlamente nach Möglichkeiten zur Änderung der Zuständigkeitsordnung zwischen Europa, dem Bund und den Ländern gesucht werden soll. Auch hier gilt es, in stärkerem Maße zu verdeutlichen, wer auf welcher Ebene Entscheidungen zu verantworten hat.

Wenn die Politik, wenn wir Politikerinnen und Politiker hier unserer Verantwortung nicht nachkommen, werden wir auf wenig Verständnis bei den Bürgerinnen und Bürgern stoßen, aber noch weniger dazu motivieren können, Demokratie aktiv mitzugestalten.

Lassen Sie mich deshalb an dieser Stelle insbesondere unsere neuen und jungen Abgeordneten recht herzlich in diesem Hause begrüßen. Sie sind eigentlich der Beweis dafür, dass die eben angesprochene Politikverdrossenheit noch nicht so weit gediehen ist, dass wir dieses Haus nicht füllen könnten. Ich heiße Sie herzlich willkommen, verbunden mit dem Wunsch auf eine gute Zusammenarbeit.

(Beifall bei den Abgeordneten)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ein weiteres Thema, das uns auch zukünftig beschäftigen wird, ist die Verbesserung der Chancen für unsere Jugend. Wir müssen den jungen Menschen in unserem Land Perspektiven bieten und wir müssen jungen Menschen aus anderen Bundesländern und der Welt zeigen, dass es sich lohnt, nach Mecklenburg-Vorpommern zu kommen. Dies ist eine Aufgabe, die uns alle angeht und zu der auch jeder seinen Beitrag leisten kann.

Nicht nur aus diesem Grund ist es für uns wichtig, dass wir uns in den kommenden Jahren national und international weiter öffnen. Im Verlauf der vor uns liegenden vier Jahre werden wir zahlreiche neue Mitglieder in der Europäischen Union begrüßen können. Für uns von besonderer Bedeutung ist natürlich der Beitritt der Republik Polen zur EU. Dies bietet uns in Mecklenburg-Vorpommern und vor allem in Vorpommern große wirtschaftliche, gesellschaftliche und kulturelle Chancen. Um diese Chancen ergreifen zu können, müssen wir uns vor allem im vor uns liegenden Jahr 2003 auf die auf uns zukommenden Veränderungen vorbereiten.

Der 3. Landtag hat dafür mit seiner Kooperation mit dem Sejmik Westpommern in Stettin eine hervorragende Ausgangsbasis geschaffen. Es sind vertrauensvolle, freundschaftliche Kontakte entstanden, die es fortzuführen und auszubauen gilt. Ich gehe davon aus, dass wir in der vor uns liegenden Wahlperiode die von den Ausschüssen begonnenen Kooperationsprojekte fortsetzen und fortschreiben werden. Und ich persönlich würde es besonders begrüßen, wenn es uns künftig gelänge, auch

verstärkt junge Menschen aus unserem Land und aus der Woiwodschaft Westpommern in Projekte einzubeziehen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bin mir auch der Verpflichtung bewusst, die damit verbunden ist, dass wir auf den wohl schönsten Sitz eines bundesdeutschen Landtages verweisen können. So schön das Schweriner Schloss ist, so vielschichtig sind auch die Probleme, die eine derartige Liegenschaft in sich birgt. Die Arbeitsbedingungen für die Abgeordneten und Mitarbeiter sind noch längst nicht immer ideal und es wird unsere gemeinsame Aufgabe sein, dies in den kommenden vier Jahren weiter zu verbessern. Einschränkungen und Umzüge in den anstehenden Bauphasen werden sich nicht vermeiden lassen, müssen aber so organisiert und durchgeführt werden, dass ein Höchstmaß an Arbeitsfähigkeit und ein Mindestmaß an Belastungen gewährleistet werden. Sicherlich wäre es einfacher, in einem modernen Parlamentsbau zu sitzen, der genau auf die Bedürfnisse eines Landtages zugeschnitten ist, aber wir haben dafür mit dem Schloss auch ganz andere Chancen und Möglichkeiten, dieses nicht nur als Parlamentssitz, sondern auch zu einer Begegnungsstätte mit den Menschen bei uns weiterzuentwickeln.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie uns nun gemeinsam an die Arbeit gehen! Ich freue mich auf die Zusammenarbeit und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den Abgeordneten)

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 4: Wahl der Vizepräsidenten des Landtages. Hierzu liegen Ihnen Wahlvorschläge der Fraktionen der CDU und PDS vor. Die Fraktion der CDU schlägt auf Drucksache 4/3 zur ersten Vizepräsidentin des Landtages die Abgeordnete Renate Holznagel vor. Für die Wahl des zweiten Vizepräsidenten verweise ich auf die vorliegende Drucksache 4/4, mit der die Fraktion der PDS vorschlägt, den Abgeordneten Andreas Bluhm zum zweiten Vizepräsidenten zu wählen.

Wahl der Vizepräsidenten

Wahlvorschlag der Fraktion der CDU: Wahl der ersten Vizepräsidentin des Landtages – Drucksache 4/3 –

Wahlvorschlag der Fraktion der PDS: Wahl des zweiten Vizepräsidenten des Landtages – Drucksache 4/4 –

Meine Damen und Herren, nach Artikel 32 Absatz 4 unserer Landesverfassung in Verbindung mit Paragraph 2 Absatz 2 unserer Geschäftsordnung sind die Wahlen geheim abzuhalten. Nach Artikel 32 Absatz 1 unserer Landesverfassung in Verbindung mit Paragraph 91 Absatz 1 unserer Geschäftsordnung beschließt der Landtag mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen.

Es ist vereinbart worden, dass wir die Wahl der ersten Vizepräsidentin und des zweiten Vizepräsidenten abweichend von Paragraph 2 Absatz 2 der Geschäftsordnung in einem Wahlgang, jedoch mit zwei Stimmzetteln vornehmen. Sind Sie damit einverstanden? – Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann können wir so verfahren.

Für die Wahl der ersten Vizepräsidentin erhalten Sie einen grünen Stimmzettel und zur Wahl des zweiten Vizepräsidenten erhalten Sie einen gelben Stimmzettel. Die für

die Wahlen allein gültigen grünen und gelben Stimmzettel erhalten Sie nach Aufruf Ihres Namens von einem der vorläufigen Schriftführer vor Betreten der Wahlkabine am Tisch zu meiner Rechten. Auf dem Stimmzettel ist jeweils der Name der Kandidatin beziehungsweise des Kandidaten aufgeführt. Ich darf Sie bitten, sich nach Erhalt des Stimmzettels in die Wahlkabine zu meiner Linken zu begeben. Die Stimmzettel sind in der Kabine anzukreuzen und so zu falten, dass eine geheime Wahl gewährleistet ist. Bevor Sie Ihre Stimmzettel in die Abstimmungsurne, die sich hier vor mir befindet, geben, bitte ich Sie, dem Schriftführer Ihren Namen zu nennen. Die Stimme ist ungültig, wenn der Stimmzettel nicht amtlich hergestellt ist, keine Kennzeichnung bei Ja, Nein oder Enthaltung enthält, außerhalb der Kabine gekennzeichnet wurde, einen Zusatz oder Vorbehalt enthält, zerrissen ist, den Willen des Abgeordneten nicht zweifelsfrei erkennen lässt oder die Stimmabgabe nicht geheim durchgeführt worden ist.

Bevor ich die Wahl eröffne, bitte ich die Schriftführer sich davon zu überzeugen, dass die Abstimmungsurne leer ist.

(Die Schriftführer überzeugen sich davon, dass die Abstimmungsurne leer ist.)

Die Abstimmungsurne ist leer.