Protokoll der Sitzung vom 10.04.2003

Wichtig, meine Damen und Herren, ist Öffentlichkeit. Wichtig ist die Unterstützung der Bürgerinitiativen „FREIe HEIDe“ und „Freier Himmel“. Wichtig ist daher eine breite Zustimmung des Landtages zum vorliegenden Antrag. Ich meine aber, wir sollten dabei nicht stehen bleiben. Der Tourismusausschuss, der Umweltausschuss und der Wirtschaftsausschuss unseres Landtages sollten mit den Kolleginnen und Kollegen des brandenburgischen Landtages in Verbindung treten, um auch über diesen Weg Unterstützung zu geben.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS)

Wir sollten die IHK Neubrandenburg zu erneuten Protesten genauso ermuntern wie die Planungsregion Mecklenburgische Seenplatte – Herr Caffier hat dazu Ausführungen gemacht. Wir sollten aber auch die Oberbürgermeister der Städte Rostock und Neubrandenburg sowie die Vertretungen beider Städte aufrufen, sich in die Proteste einzureihen, damit sie deutlich machen, dass ihre Regionen nicht Ausgangspunkte der Bombenabwurfübungen sein wollen. Wir sollten ein Zeichen setzen und dem Antrag fraktionsübergreifend zustimmen. – Danke schön.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS)

Vielen Dank, Herr Ritter.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete der SPD-Fraktion Herr Borchert.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist wohl wahr, eigentlich ist schon alles gesagt. Eigentlich ist es auch alles sonnenklar. Die negativen Auswirkungen für die Tourismuswirtschaft, für die Umwelt, aber auch für die Menschen vor Ort, alles das ist sonnenklar, aber der Parlamentarische Staatssekretär bei Herrn Struck, Herr Kolbow, sieht das leider nicht so. Es ist ja auch im Protokoll der Anhörung nachzulesen, dass seine Meinung eine andere ist. Er steht auf dem Standpunkt, dieser Truppenübungsplatz in der Wittstocker Heide wird keine negativen Auswirkungen haben auf die Tourismuswirtschaft in Mecklenburg-Vorpommern –

(Birgit Schwebs, PDS: Ha, ha, ha!)

als Originaltext nachzulesen. Und Herr Kolbow ist ja nicht so ganz unwichtig für die Entscheidungsfindung von Herrn Struck. Und solange wir solche Positionen haben, muss man sich leider nicht wundern, dass in Aussicht gestellt ist, dass in den nächsten Wochen wohl die Unterschrift von Herrn Struck kommen wird.

(Wolfgang Riemann, CDU: Struck hat gar keinen Füllfederhalter!)

Das als nicht besonders optimistischer Einstieg, aber das sind die Realitäten.

Ähnlich wie meine Vorredner werte ich es als außerordentlich positiv – und das sollte uns auch Mut machen für

die Zukunft –, wenn es darum geht, Landesinteressen gemeinsam zu vertreten. Da haben wir hier wirklich ein absolut positives Beispiel, wie geschlossen alle Parteien des Landes, und nicht nur die, die hier im Landtag vertreten sind, sich bisher positioniert haben und das hoffentlich auch in Zukunft tun werden.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS)

Ich möchte aber auch die Bürgerinitiativen einbeziehen, die Menschen vor Ort, die sich zusammengeschlossen haben in den verschiedensten Formen, um Widerstand zu leisten. Und mit Blick nach vorne kann man sich jetzt schon denken, dass es selbstverständlich darauf ankommen wird, auch nach einer Unterschriftsleistung von Herrn Struck diesen Widerstand fortzusetzen, die verschiedensten Formen zu nutzen.

(Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

Ich möchte jetzt schon ankündigen, dass wir natürlich in der Region für uns alles versuchen werden, um auch über das Anhörungsverfahren noch das eine oder andere zu bewirken. Das Klageverfahren ist das eine. Die Frage ist natürlich: Was machen wir anschließend daraus, wenn wir entsprechend beteiligt werden? Vielleicht gibt es auch noch einen Gruppenantrag im Bundestag von Bundestagsabgeordneten, die das so sehen wie wir. Aber auch dort bin ich wenig optimistisch, dass wir damit noch etwas bewirken können.

Was bleibt? Als SPD-Mitglied, muss ich sagen, ist es schon sehr schmerzhaft, dass es der SPD in Brandenburg ganz offensichtlich nicht gelungen ist, sich auf unsere Position zu bewegen. Damit meine ich jetzt nicht nur den Ministerpräsidenten Platzeck, der sicherlich eingebunden ist in einer großen Koalition, ich meine damit auch die Landes-SPD in Brandenburg, die sich hier nicht so positioniert hat, wie wir es uns gewünscht hätten.

Zur Landesregierung in Brandenburg ist vielleicht noch Folgendes zu sagen: Der Wirtschaftsminister Junghanns, CDU, hat hier eine klar dezidierte Position, die deckungsgleich ist mit der Position von Herrn Kolbow. Es ist manchmal ganz interessant zu sehen, welche Allianzen sich bilden, wenn es darum geht, den Versuch zu unternehmen, nachzuweisen, dass dieser Truppenübungsplatz Arbeitsplätze schafft in Wittstock und Umgebung, und zwar möglicherweise noch mehr, als wir in der Tourismuswirtschaft verlieren werden. Es ist schon ganz erstaunlich, welcher Spagat da veranstaltet wird, und das allerdings auch parteiübergreifend. Das ist für mich nicht bloß erstaunlich, sondern auch unbegreiflich und aufs Schärfste zu kritisieren.

Ich möchte auch sagen, dass es sicherlich mit Blick, wie gesagt, auf die weiter zu erwartende Entscheidung von Herrn Struck nicht ausreicht, zur Kenntnis zu nehmen, dass er sich dafür aussprechen wird, dass es nicht 1.700 Flüge werden, sondern vielleicht nur 1.500, dass die Flugzeuge nicht ganz so tief fliegen, vielleicht ein bisschen höher oder wie auch immer. Alles das wird uns wenig nutzen. Die negativen Auswirkungen sind hier schon hinreichend beschrieben worden. Ich möchte auch noch deutlich sagen, dass die Sozialdemokraten insbesondere aus den betroffenen Regionen Mecklenburg-Strelitz und Müritz hier eine Position einnehmen innerhalb unserer Partei, die sicherlich dann auch an Deutlichkeit und Schärfe nichts zu wünschen übrig lassen wird. Das ist das

Einzige, was uns in dieser Frage noch bleibt. Aber auch dieses Mittel werden wir nutzen.

Zum Antrag selbst möchte ich noch auf eine redaktionelle Veränderung verweisen, und zwar darauf, dass wir in der sechsten Zeile das Wörtchen „auf“ natürlich streichen müssen. Das nur zur Klarstellung. Ich würde einfach noch einmal darum bitten, diesem Antrag heute hier im Landtag geschlossen die Zustimmung zu geben, damit wir von hier aus noch ein Signal aussenden, um vielleicht das eine oder andere doch noch in den Köpfen der Verantwortungsträger zu bewegen. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Borchert.

Ums Wort gebeten hat jetzt der Innenminister des Landes Herr Dr. Timm.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Gute an dem Antrag ist, dass er wohl einstimmig angenommen wird. Das Schlechte an dem Antrag ist, dass er überhaupt gestellt werden muss. Ich würde mich sehr freuen, wenn der Gegenstand des Antrages hinfällig würde. So ist es aber nicht und deswegen müssen wir noch einmal betonen – mit „wir“ meine ich jetzt auch die Landesregierung –, dass wir nachdrücklich die betroffenen Kommunen in der Region, um die es hier geht, unterstützen bei ihrem Ziel, die Einrichtung dieses Luft-Boden-Schießplatzes zu verhindern.

Ich selbst habe in den 80er Jahren, Herr Caffier, in der Region gewohnt, in Röbel, und ich habe erlebt, wie Flugzeuge der sowjetischen Luftstreitkräfte, Herr Ritter, wie diese Flugzeuge im freien Fall auf die Müritz heruntergefallen sind und wenige Meter über der Wasseroberfläche wieder hochgezogen sind.

(Zuruf von Dr. Ulrich Born, CDU)

Dachziegel gab es nicht mehr zu kaufen zu der Zeit. Es war verheerend. Das heißt, wir werden als Landesregierung die Interessen des Landes mit aller Konsequenz wahrnehmen. Ich bedaure allerdings zutiefst, dass die Kräfte zersplittert sind und, wie Herr Borchert schon sagte, dass wir nicht an einem Strang in eine Richtung mit der Landesregierung von Brandenburg ziehen können, leider auch nicht mit meinem Kollegen Schönbohm, der ja nicht nur Innen-, sondern ebenfalls Kommunalminister ist und die Interessen der Kommunen aus Brandenburg an und für sich auch bei der Bundesregierung zur Sprache bringen muss.

Wir haben durch Gespräche mit dem Bundesverteidigungsminister zwei Zusagen. Die eine Zusage ist die, dass bevor der Bundesverteidigungsminister eine Unterschrift leistet, er noch eine Erörterung mit uns, und das heißt mit der Landesregierung und mindestens mit den beiden Landräten der Landkreise Müritz und Neustrelitz in Berlin durchführen wird, um die möglichen Auswirkungen einer Inbetriebnahme dieses Übungsplatzes mit uns zu erörtern. Aus unserer Sicht will ich hinzufügen: Wir werden wie schon im letzten Jahr in Berlin im Bundesverteidigungsministerium mit Nachdruck die Interessen des Landes so formulieren, dass die Auswirkungen, wenn überhaupt, möglichst gering bleiben. Und wir haben auch die Zusage, dass Minister Struck, wenn es vor Ort gewünscht wird, persönlich in die Region kommt und mit der Bürgerinitiative und Kommunalpolitikern die möglichen Auswir

kungen vor Ort erörtert. Ich gehe davon aus, dass es in den nächsten Wochen passiert und vorher auch keine Unterschrift geleistet wird.

Ich will auch hinzufügen, dass wir in unserer Stellungnahme als Landesregierung auf den Punkt abgehoben haben, den Herr Caffier hier angesprochen hat. An und für sich ist es nicht verständlich, das will ich einschränkend sagen, dass die Bundesregierung, besonders das Bundesverteidigungsministerium, die eingebunden war in die Erstellung des Raumordnungsprogramms, diesem zustimmt, ohne Vorbehalte. Und wenige Jahre später mit so einer Maßnahme an die Öffentlichkeit tritt. Ich weiß nicht, ob sie es vorher nicht gewusst haben oder es nicht sagen wollten, aber das ist natürlich für die Region ein Problem in wirtschaftlicher Hinsicht, in Hinsicht auf die Einschränkung der Lebensqualität, auch in Hinsicht auf die Lebensbedingungen in der Natur. Wie gesagt, wir hoffen, dass wir mit unseren Argumenten ein Stück weit zugunsten der Region, die betroffen ist, also unseres Landes, etwas bewegen können. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, einzelnen Abgeordneten der PDS und Lorenz Caffier, CDU)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe deshalb die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktionen der SPD und PDS auf Drucksache 4/388. Wer dem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Dann ist der Antrag mit großer Mehrheit bei wenigen Gegenstimmen und Enthaltungen angenommen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir sind damit am Ende der heutigen Tagesordnung. Ich berufe die nächste Sitzung des Landtages auf Mittwoch, den 21. Mai 2003, 10.00 Uhr ein. Die Sitzung ist geschlossen. Ich wünsche Ihnen einen schönen Abend.

(Angelika Gramkow, PDS: Gleichfalls!)