Ich gebe Ihnen Recht, meine Damen und Herren, die Frage ist berechtigt: Ist das das Ende der Fahnenstange? Die Prognosen, auch vor allen Dingen die Prognosen von den Wirtschaftsinstituten, haben zurzeit eine sehr geringe Halbwertszeit.
(Harry Glawe, CDU: Und die der Regierung noch weniger. – Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der CDU)
(Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Harry Glawe, CDU: Wir sind jetzt bei 0,75. Und wo sind wir morgen? – Eckhardt Rehberg, CDU: Bei null!)
Meine Damen und Herren, wenn ich als Fazit dieser ganzen Entwicklung etwas sagen darf, dann ist es dies: Wir müssen aufhören, die drei Ebenen gegeneinander auszuspielen. Bund, Länder und Kommunen haben alle drei defizitäre Haushalte.
(Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Harry Glawe, CDU: Da haben Sie Recht. Da haben Sie Recht.)
Bund, Länder und Gemeinden müssen alle drei ihre Hausaufgaben machen. Es führt kein Weg daran vorbei. Wir müssen alle unsere Häuser in Ordnung bringen
Denn, meine Damen und Herren, der Spruch gilt nach wie vor: Nur Reiche können sich einen armen Staat leisten.
Und, meine Damen und Herren, da muss tatsächlich alles auf den Prüfstand. Da müssen Steuersubventionen genauso auf den Prüfstand
wie vorhandene und eventuell noch zu erarbeitende Leistungsgesetze. Und ich sage hier ganz deutlich, Herr Rehberg, wenn Sie beim Steuervergünstigungsabbaugesetz von der CDU damals mitgestimmt hätten, dann würde es zumindest ab dem Jahr 2004 den Kommunen und den Ländern ein ganzes Stück besser gehen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS – Eckhardt Rehberg, CDU: Noch schlechter! Noch schlechter! – Harry Glawe, CDU: Noch schlechter! – Eckhardt Rehberg, CDU: Komische Auffassung über den Abbau von Steuervergünstigungen. Die Steuererhöhungspolitik, wo das hin- geführt hat, das erleben wir ja jetzt.)
(Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der SPD und CDU – Wolfgang Riemann, CDU: Geh mal, Rudi, dann kann ich noch drauf rea- gieren! – Eckhardt Rehberg, CDU: Das ist eben alles anders heute. Wir müssen eben noch ein bisschen mehr gespannt sein, Herr Borchert.)
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dramatische Steuerausfälle für 2003 und für die folgenden Jahre sind erschütternde Zahlen für Bund, Länder und Gemeinden: In 2003 sind es 8,7 Milliarden und für die Jahre 2003 bis 2006 sind es insgesamt 126,4 Milliarden Euro.
Ich habe in meiner Rede am 11. März 2003 in der Ersten Lesung zum Nachtragshaushalt schon deutlich gemacht, dass zu befürchten ist, dass sich die vorliegenden Erkenntnisse verschlechtern werden. Wir haben zum damaligen Zeitpunkt, ich habe es bereis am 11. März 2003 gesagt, ausgehend von Expertenaussagen eigentlich schon damit gerechnet, dass es zu weiteren Steuermindereinnahmen in einer Größenordnung von 2,5 Milliarden Euro kommen wird. Jetzt sind es aber 8,7 Milliarden Euro geworden. Insofern wurden die Befürchtungen noch um ein Vielfaches übertroffen.
Was bedeutet das jetzt für die Länder? Für die Länder bedeutet das insgesamt in diesem Jahr 4,1 Milliarden Euro Mindereinnahmen. Das sind allein für Mecklenburg-Vorpommern 95 Millionen Euro. In den nächsten Jahren setzt sich das fort mit 115 Millionen Euro, 122 Millionen Euro, 101 Millionen Euro, also insgesamt 338 Millionen Euro im Zeitraum bis 2006.
Wenn man noch einmal auf den Zeitpunkt der Aufstellung des Doppelhaushaltes 2002/2003 zurückgeht, müssen wir konstatieren, dass die zwischenzeitliche Korrektur der Steuermindereinnahmen im Zusammenhang mit dem Nachtragshaushalt, die ja bei 407 Millionen Euro lag, jetzt inzwischen bei über 500 Millionen Euro liegt. Dramatische Zahlen, die natürlich die Frage in den Raum stellen: Wie geht man damit um? Allerdings sollte man vorher noch einmal auf die Ursachen eingehen. Bei den Ursachen ist es wichtig, dass man sich noch einmal die 29 Einzelsteuern ansieht, die ja Grundlage für die Steuerschätzungen sind. Auch wenn es im Moment noch etwas zu früh ist und die Einzelerkenntnisse bezüglich der 29 Einzelsteuern noch nicht vorliegen, lassen sich doch jetzt schon einige Ursachen ganz klar darlegen. Die wichtigste Ursache, das ist ganz klar, ist einfach das schwache Wachstum! Wir haben im ersten Quartal diesen Jahres ein Minuswachstum von minus 0,2 Prozent. Lahmende Konjunktur, insbesondere die Situation der Bauwirtschaft in Ostdeutsch
land, ist natürlich eine Ursache. Das führt logischerweise – vor allen Dingen bei anhaltend hoher Arbeitslosigkeit – zu einem Rückgang der Lohnsteuereinnahmen. Die Lohnsteuereinnahmen sind praktisch der Hauptbrocken bei der ganzen Steuermindereinnahmeentwicklung. Das wird sich leider aufgrund der hohen Arbeitslosigkeit auch in den nächsten Jahren nicht ändern.
Zweitens sinkende Umsatzsteuern. Wir haben das Problem der schwachen Binnennachfrage, aber auch daran wird sich kurzfristig leider nichts Wesentliches ändern. Hinzu kommen Steuerausfälle in Größenordnungen durch Subventionen, Subventionen beim Bund von circa 30 Milliarden Euro. Es ist schon interessant, wenn man sich mal vor Augen führt, welche Subventionen wir zurzeit insgesamt in Deutschland haben. Betrachtet man jedoch alle öffentlichen Haushalte, dann sind wir bei der gigantischen Zahl von 80 Milliarden Euro. Hinzu kommen auch die Steuerausfälle, und zwar gigantische Steuerausfälle, durch Steuerbetrug und Steuerflucht, denn das funktioniert in Deutschland hervorragend.
Ein weiterer wesentlicher Punkt ist die Gewerbesteuer. Hier haben wir einen Rückgang von 7,5 Prozent zu verzeichnen. Das trifft natürlich insbesondere die Kommunen, denn in Deutschland sind das für die Kommunen insgesamt 1 Milliarde Euro Steuermindereinnahmen. In Mecklenburg-Vorpommern gibt es bei der Maisteuerschätzung zwischenzeitlich einen kleinen Lichtblick, allerdings auch nur in diesem Jahr. Die Finanzministerin hat schon darauf hingewiesen. Wir haben kein Minus, sondern ein leichtes Plus von 2 Millionen Euro zu verzeichnen. Aber auch das wird sich in den nächsten Jahren ändern. Wenn man die Frage stellt, wie geht man damit um, muss man natürlich zwischen kurzfristigen Maßnahmen und zwischen den Maßnahmen unterscheiden, die man von der Politik erwartet, um dann hoffentlich mittelfristig aus dieser Misere herauszukommen.
Als Erstes möchte ich zu den kurzfristigen Maßnahmen s agen, dass hier für unsere Finanzministerin und das Finanzministerium die Aufgabe bestand, innerhalb kürzester Zeit, innerhalb von wenigen Tagen, Entscheidungen zu treffen, ob wir einen weiteren Nachtragshaushalt für 2003 brauchen oder ob es möglich ist, das Finanzloch von insgesamt 96 Millionen Euro zu schließen. Ich möchte an dieser Stelle sagen, dass ich es außerordentlich positiv bewerte, dass es die Finanzministerin – auch Dank der Unterstützung aus ihrem Ministerium wie von den Staatssekretären, den Abteilungsleitern und anderen – geschafft hat, eine Lösung zu finden, die es uns erlaubt, den 2003er Haushalt ohne Nachtragshaushalt so durchzuziehen. An dieser Stelle große Anerkennung!
Andere Länder haben hier ganz andere Schwierigkeiten. Ich muss schon sagen, wir bleiben damit handlungsfähig und das ist aller Ehren wert. Es ist sicherlich auch ein Bestandteil, das meine ich durchaus positiv, kreativer Finanzpolitik, dass man sich vorausschauend durch den Landtag ermächtigen lässt, Darlehensforderungen in Größenordnungen von 50 Millionen Euro einzusetzen, um dieses Finanzloch jetzt zu schließen. Auch wenn wir uns darüber im Klaren sind, dass es langfristig keine besonders gute Rechnung ist. Wenn man jedoch mit dem Rücken an der Wand steht, glaube ich, dann ist das durchaus eine vertretbare Maßnahme.
Die weiteren 46 Millionen Euro werden folgendermaßen kompensiert: Einmal durch die Beamtenbesoldung, das wurde hier angesprochen, Minderbelastungen in Höhe von 11 Millionen Euro, und die weiteren 35 Millionen Euro durch hauswirtschaftliche Sperren nach Paragraph 41 der Haushaltsordnung.
(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Wolfgang Riemann, CDU: Er hat die Rede vom vergangenen Jahr genommen, zur Maisteuerschätzung 2002!)
mit der dramatischen Situation, wie Sie wissen, jetzt sicherlich nicht umgehen. Ich habe eben die Punkte ganz konkret noch einmal angesprochen,
die notwendig sind, um Steuermindereinnahmen von 95 Millionen Euro im Interesse der Bürger unseres Landes zu realisieren und zu kompensieren. Herr Riemann, da kann man nicht mit alten Rezepten kommen. Ich habe deutlich gesagt: Hier hat die Finanzministerin und die Regierung außerordentlich überzeugend agiert!
(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD – Heinz Müller, SPD: Der Vorsitzende des Finanzausschusses hört nicht zu. Das interessiert ihn nämlich nicht.)
Bei den Ansätzen des Landeshochbaus, Reduzierung von 11 Millionen Euro, ist natürlich schon die Frage interessant, wie sich das konkret darstellen wird.
Darüber werden wir im Finanzausschuss noch beraten. Ich finde es schon spannend, dass das ins Auge gefasst wurde, und halte es auch für realistisch, dass die Ausgaben für Zinsen um 2 Millionen Euro abgesenkt werden können. Sicherlich geschieht das auch in der Erwartung, dass endlich das, was bereits angekündigt worden ist, auch gemacht wird, und zwar, dass die Europäische Zentralbank in den nächsten Wochen hoffentlich den Leitzins von 2,5 Prozent absenken wird, weil dies in der augenblicklichen Situation außerordentlich wichtig wäre. Ich hoffe natürlich sehr, dass der Leitzins dann natürlich auch von den Banken übernommen wird, weil das insgesamt der Wirtschaft zugute kommen würde.
(Harry Glawe, CDU: Das ist doch normales Regierungshandeln. Das ist doch völlig klar, dass was gemacht werden muss!)
Bei allem Lob und bei aller Anerkennung für die erfolgreichen kurzfristigen Maßnahmen muss man, ich habe es bereits gesagt, um für 2003 einen Nachtragshaushalt zu verhindern und handlungsfähig zu bleiben, selbstverständlich die Fragen diskutieren: Wie kommen wir aus dieser Finanzmisere heraus? Wie können die öffentlichen Haushalte wieder handlungsfähig werden? In erster Linie muss man natürlich über die Einnahmeseite reden. Ich
Meine Damen und Herren von der CDU, ich muss schon sagen, dass es unwahrscheinlich unglaubwürdig ist, was Sie hier abziehen. Sie beklagen einerseits die Probleme im Landeshaushalt und andererseits blockiert Ihre Partei im Bundesrat mit ihren Mehrheiten wichtigen Subventionsabbau, der für uns insgesamt als öffentlichen Haushalt in der jetzigen Situation einen ganz entscheidenden Schritt verhindert.
(Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Kerstin Fiedler, CDU: Bundesrat, Bundesrat. Da haben Sie die Steuerreform verhindert! – Harry Glawe, CDU: Haben Sie das bei Lafontaine nachgelesen?)