Protokoll der Sitzung vom 22.05.2003

Andere Länder – auch das ist schon gesagt worden – haben das längst vorgemacht. Aber wir lernen nicht, und das ist der Kummer, wir lernen nicht aus den Fehlern anderer,

(Zuruf von Reinhardt Thomas, CDU)

wir müssen sie erst selber begehen, um dann zu erkennen, dass es vielleicht zu spät ist.

Meine Damen und Herren, es gibt noch ein Weiteres. Wir haben, so wird uns von Steuerrechtexperten gesagt,

Herr Professor Felix in Köln hat das einmal gesagt, 50 Prozent der Steuerrechtsliteratur der Welt in Deutschland.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Mindestens! – Zuruf von Kerstin Fiedler, CDU)

Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen! Komplizierter geht es nicht.

(Heiterkeit bei Rudolf Borchert, SPD: Deshalb wollen wir die Erbschaftssteuer ja reformieren. – Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

Und wenn Sie die reformieren, werden Sie schon dafür sorgen, dass wir wieder genügend bürokratischen Aufwand haben auf beiden Seiten. Da freuen sich dann die Steuerberater,

(Angelika Gramkow, PDS: Sind Sie gegen Steuerberater?)

aber der Steuerbürger hat den Nachteil, hat das Nachsehen. Darin liegen unsere Probleme.

(Siegfried Friese, SPD: Das ist alles in den letzten fünf Jahren entstanden.)

Es geht nicht um vergangene fünf Jahre, es geht darum, dass die generelle Entwicklung in Deutschland – in den letzten vier Jahren haben Sie auch nichts dazugelernt –,

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

dass diese Problematik heute nach wie vor der Korrektur bedarf. Ich bin der Meinung, dass es eine Regierung alleine auch nicht kann, dass man sich zusammensetzen muss. Aber wir müssen wegkommen von den ideologischen Scheuklappen bei der Steuergesetzgebung.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Dr. Ulrich Born, CDU: Sehr gut! – Dr. Gerhard Bartels, PDS: Ein Glück, dass die CDU so was nicht kennt!)

Meine Damen und Herren, wir wissen aus Pressenotizen der letzten Tage – das hat auch der Generalsekretär Scholz in der „Welt“, ich glaube, vorgestern war es, verkündet, dass Sie diese Diskussion um die Erbschaftssteuer in Gang bringen wollen, um auf einem Parteitag im November darüber zu diskutieren.

(Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

Aber wir warnen davor, weitere Steuererhöhungen hier ins Auge zu fassen. Ich habe das ausgeführt, der Kollege Riemann hat es gesagt, das ist der falsche Weg.

Meine Damen und Herren, bei der Diskussion gestern und heute – gestern ging es ja um das Grundsicherungsgesetz –, da beschleicht einen schon ein Gedanke, den man nicht verdrängen kann. Ist das nämlich wirklich nur die Gerechtigkeit, die Sie hier einfordern, oder liegt dahinter vielleicht doch die längst veraltete, Frau Gramkow, längst veraltete sozialistische Neidphilosophie?

(Beifall und Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU – Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD und PDS – Zuruf von Dr. Gerhard Bartels, PDS)

Das hat der Kollege Koplin gestern so schön gesagt, als er gesagt hat, es fehle an einer Solidarität zwischen Reich und Arm.

(Dr. Gerhard Bartels, PDS: Sie haben eine Vorstellung von Sozialismus, Herr Dr. Storch!)

Wir hätten in Deutschland einen unverschämten Reichtum auf der einen und eine verschämte Armut auf der anderen Seite. Meine Damen und Herren, das 19. Jahrhundert lässt grüßen!

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Dr. Ulrich Born, CDU: Sehr richtig! – Zuruf von Gerd Walther, PDS)

Und man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass auch hier die tatsächlichen Motive für diese Steuererhöhung und für diese Gesetzesinitiative liegen. Wir können Sie nur bitten, überlegen Sie sich, ob das alles so sonderlich sinnvoll ist, was wir hier beschließen sollen!

Wir sind der Auffassung, wenn es uns gelingt, gemeinsam die Rahmenbedingungen der Wirtschaft zu verbessern und nicht zu verschlechtern, dann werden wir auch gemeinsam Erfolg haben. Aber, meine Damen und Herren, wer sich darauf beschränkt, die wesentlichen Leistungsträger unserer Gesellschaft für ihre Leistungen zu bestrafen, fährt unsere Wirtschaft gegen die Wand, und deshalb lehnen wir den Antrag ab.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Dr. Ulrich Born, CDU: Sehr gut.)

Danke schön, Herr Dr. von Storch.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Borchert von der Fraktion der SPD.

(Vincent Kokert, CDU: Schon wieder?!)

Zwei Vorbemerkungen, Herr von Storch: Als Erstes muss ich schon sagen, wer heute, im Jahre 2003, sich hinstellt und meint, Vermögen in Deutschland nicht angemessen an der Finanzierung der öffentlichen Aufgaben zu beteiligen, der begibt sich nicht nur ins 19. Jahrhundert, der begibt sich ins 18. Jahrhundert.

(Beifall Ute Schildt, SPD, und Dr. Gerhard Bartels, PDS – Reinhardt Thomas, CDU: Das war aber nur ein Klatscher von der PDS, oder?!)

Zweite Vorbemerkung: Es verwundert mich schon, dass bei Ihnen, Herr von Storch, wahrscheinlich auch in der CDU-Landtagsfraktion Mecklenburg-Vorpommern, noch nicht angekommen ist, dass die Verantwortlichen auch in den CDU-geführten Finanzministerien – und damit meine ich nicht nur die Experten, sondern auch die Finanzminister selbst –, gerade in den CDU-geführten Ministerien, schon längst dabei sind, auf Arbeitsebene an der Reform des Erbschaftssteuergesetzes mitzuwirken.

(Zuruf von Angelika Gramkow, PDS)

Warum ist das so, Herr von Storch? Weil natürlich eine Steuermindereinnahme insgesamt von mindestens 3 Milliarden Euro in ganz entscheidendem Maße noch viel mehr andere Länder treffen wird als Mecklenburg-Vorpommern.

(Beifall Angelika Gramkow, PDS)

Das sind fast alles CDU-geführte Länder und auch Bayern hat zurzeit eine Haushaltssperre. Ich frage mich: Wo leben Sie? Sie nehmen bestimmte aktuelle Entwicklungen einfach nicht zur Kenntnis.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS – Wolfgang Riemann, CDU: Es muss erst noch schlimmer werden, damit es wieder besser wird.)

Und ich hätte mir nur einfach gewünscht, wir hätten uns bei diesem sehr ernsthaften Thema, wenn es darum geht, die finanzielle Handlungsfähigkeit unseres Landes zu sichern,

(Zuruf von Reinhardt Thomas, CDU)

auf anderem Niveau bewegt, Herr von Storch. Ich bin da von Ihnen sehr enttäuscht. Ich hatte etwas anderes erhofft

(Heiterkeit bei Gesine Skrzepski, CDU)

und möchte jetzt mit meinem eigenen Redebeitrag praktisch Sie vielleicht doch noch einmal einladen, demnächst vielleicht auch mal im Finanzausschuss und auf anderen Ebenen das Thema noch einmal sachlicher zu diskutieren,

(Dr. Henning von Storch, CDU: Sehr schön!)

denn so ein Landtag verleitet natürlich auch dazu, Herr von Storch, so ein bisschen Schaulaufen zu veranstalten.

(Wolfgang Riemann, CDU: Wer läuft denn hier schau? – Zuruf von Dr. Henning von Storch, CDU)

Dafür habe ich in gewisser Weise auch Verständnis.

Zum eigentlichen Thema: Meine sehr geehrten Damen und Herren, Deutschland ist ein reiches Land.

(Wolfgang Riemann, CDU: Sie werden es schon arm kriegen, Herr Borchert!)

Die Erfassung …