Protokoll der Sitzung vom 22.05.2003

(Angelika Gramkow, PDS: Das haben wir erlebt.)

um der entsprechenden Rechtsprechung, so denn das Bundesverfassungsgericht Korrekturen vornimmt, auch nachzukommen. Daran habe ich keinen Zweifel. Im Übrigen ist es auch Sache der Länder. Es bedarf bei uns keiner Initiative, dafür zu sorgen, dass ihre Steuergrundlagen nicht zu kurz kommen.

Meine Damen und Herren, der Antrag in seinem Tenor ist sehr neutral gehalten und macht in der Tat den Eindruck, als ob es hier um die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gehen soll. Frau Ministerin hat das auch noch einmal ausgeführt und vor allem wieder einmal auf die Vermögenssteuer hingewiesen, um zum Ausdruck zu bringen, dass die alte Bundesregierung nicht rechtzeitig reagiert habe.

(Angelika Gramkow, PDS: Recht hat sie!)

Meine Damen und Herren von der SPD: Wo ist denn Ihr Bundeskanzler? Der hätte in den vergangenen vier Jahren reagieren können!

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Dr. Ulrich Born, CDU: Jawohl!)

Sie haben es doch auch nicht anders gemacht als aus wirtschaftlicher Vernunft.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Richtig!)

Und wenn Herr Müntefering und der Herr Bundesbankpräsident sagen, so was können wir in unserer heutigen wirtschaftlichen Landschaft nicht gebrauchen, müssen Sie es doch endlich mal ernst nehmen.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Richtig!)

Der Herr Bundesbankpräsident ist bekanntlich …

(Rudolf Borchert, SPD: Herr von Storch, das Thema ist Erbschaftssteuer!)

Moment: Die Erbschaftssteuer ist doch nichts anderes als eine Vermögenssteuer

(Rudolf Borchert, SPD: Was?)

besonderer Art gerichtet auf den Erbfall und auf den Nachlass! Was denn sonst?

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Dr. Ulrich Born, CDU: So ist es!)

Es geht doch ausschließlich um die Substanz des zu vererbenden Vermögens, das besteuert werden soll, nichts anderes.

(Dr. Ulrich Born, CDU: So ist es richtig!)

Meine Damen und Herren, wenn selbst sogar der Herr Bundesbankpräsident Ernst Welteke, den ich persönlich sehr schätze, der nämlich in meinem alten Landkreis war und auch Ihr Unterbezirksvorsitzender war, gesagt hat, keine weitere Steuererhöhung, dann nehmen Sie dieses Thema doch endlich einmal ernst!

(Beifall Kerstin Fiedler, CDU – Dr. Ulrich Born, CDU: Eben!)

Es geht gar nicht darum, was Sie eben vorgetragen haben, Herr Kollege Borchert. Es geht auch nicht darum, was die Frau Ministerin gesagt hat, dass man die Korrekturen dann einarbeiten soll, denn Sie lassen doch mit der Begründung Ihres Antrages die Katze aus dem Sack. Steuererhöhungen sind wieder einmal angesagt und nichts anderes!

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Dr. Ulrich Born, CDU: Richtig! Richtig, so ist es!)

Sie wollen die Sozialversicherungssysteme finanzieren, der sozialen Gerechtigkeit – was ist das eigentlich, das haben Sie noch nie definiert – Genüge tun.

(Zuruf von Reinhardt Thomas, CDU)

Sie wollen die Steuereinnahmen des Landes verbessern. Das sind Ihre Hintergründe, das ist ein Teil der Motive. Ich komme noch mal darauf zurück.

Meine Damen und Herren, die Diskussion vorhin hat es deutlich gemacht, dass Steuererhöhungen ganz einfach nicht in die gegenwärtige politische Situation unseres Landes passen.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Mit Ihrer Auffassung zur Steuererhöhung vertreten Sie eine Minderheit bei all denen, die sich zur Steuerpolitik unseres Landes äußern. Und weil wir damit wieder eine Belastung unserer Wirtschaft bekommen, müssen wir diese Problematik sehr ernst nehmen.

(Zuruf von Dr. Gerhard Bartels, PDS)

Wenn Sie in der Begründung davon reden, das seien 200 Milliarden Euro jährlich, die als Erbmasse anfallen, so mag das richtig sein. Ich kann das nicht prüfen. Tatsache ist, dass die Grünen einmal im Bundestag bei der Erörterung der Erbschaftssteuerproblematik davon ausgegangen sind, dass etwa 2,2 Billionen DM Betriebsvermögen Gegenstand der Besteuerung sein müssten.

Damit, meine Damen und Herren, sind wir beim Thema.

(Dr. Ulrich Born, CDU: So ist es.)

Der Löwenanteil an Erbmasse ist Betriebsvermögen, ist Produktivvermögen.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Und wenn Sie der Wirtschaft dieses Produktivvermögen teilweise entziehen, schaden Sie der gesamten Wirtschaft, schaden Sie dem Arbeitsmarkt. Nehmen Sie das doch endlich ernst!

Steuererhöhungen sind in jedem Fall in unserer Zeit falsche Signale.

(Dr. Gerhard Bartels, PDS: Werden Steuer- einnahmen nicht produktiv eingesetzt?)

Jede weitere Belastung unserer Wirtschaft muss sich zwangsläufig schädlich auswirken. Wir haben es auch schon alle in Europa erlebt, meine Damen und Herren. Die Schweden hatten auch eine ähnliche Erbschaftssteuer eingeführt seinerzeit und hatten die größte Kapitalflucht ihrer Geschichte.

(Vizepräsidentin Renate Holznagel übernimmt den Vorsitz.)

Und erst als die damalige sozialdemokratische Reichsregierung in Stockholm die Erbschaftssteuergesetzgebung abänderte, floss das Kapital wieder zurück.

(Jörg Heydorn, SPD: Ach?!)

Bedenken Sie bitte, wir haben offene Volkswirtschaften in Europa. Jeder kann sein Vermögen dahin transformieren und dahin transferieren, wo er günstigere Bedingungen hat, es zu erhalten und zu mehren. Das können Sie gar nicht verhindern.

(Regine Lück, PDS: Das ist ja das Bedauerliche!)

Und darum liegt hier ein grundsätzlicher Dissens in der Wirtschafts- und Steuerpolitik zwischen unseren Fraktionen, Herr Kollege Borchert. Wir müssen nämlich eins mal ganz deutlich machen, und Sie haben es gesagt, Sie haben von Steuerflucht und Steuerhinterziehung gesprochen: Warum passiert denn solches? Es passiert deshalb, weil die Staatsquote, die Steuerbelastung, die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Deutschland nicht stimmen. Das ist der Knackpunkt für derartige Delikte. Und wenn wir das ändern wollen, dann genügt es nicht, dass wir mehr Staat schaffen, mehr Bürokratie, mehr Kontrollen und mehr Sanktionen, sondern wir müssen die Anreize dazu wegnehmen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Dr. Ulrich Born, CDU: Sehr gut.)

Das unterscheidet uns.

Ich gebe der Frau Ministerin Recht, dass keine Partei den Stein des Weisen gefunden hat, wenn es darum geht, wie wir die wirtschaftliche Entwicklung wieder verbessern können. Aber falsche Signale sind nun einmal schädlich und das ist ein falsches Signal.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Wolfgang Riemann, CDU: Richtig.)

Auch wenn Sie es nicht mehr hören können, und der Kollege Riemann hat es vorhin gesagt, senken wir die wichtigsten Steuersätze, schaffen wir dadurch Investitionsanreize, schaffen wir zusätzliches Investitionskapital dadurch und wir erzielen nachhaltig höhere steuerliche Einnahmen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Wolfgang Riemann, CDU: Richtig. – Angelika Gramkow, PDS: Das ist doch genau unsere Situation!)

Andere Länder – auch das ist schon gesagt worden – haben das längst vorgemacht. Aber wir lernen nicht, und das ist der Kummer, wir lernen nicht aus den Fehlern anderer,