Protokoll der Sitzung vom 22.05.2003

Danke schön, Frau Ministerin.

Umso interessanter ist nach Ihren Ausführungen, denke ich, die Frage 6.

6. Wurden seitens der Landesregierung Gespräche mit der Fundus-Gruppe bzw. den Investoren der geplanten Ferienhaussiedlung geführt, um etwaige unterschiedliche Interessenlagen in den Genehmigungsprozess der Ferienhaussiedlung einfließen zu lassen?

Also ich vermute, dass auch da der Wirtschaftsminister mit Ihnen gesprochen hat. Sie waren allerdings leider nicht mit anwesend. Ich sage hier noch mal die offizielle Antwort: Der Wirtschaftsminister hat hierzu sowohl Gespräche mit Herrn Jagdfeld, dem Investor des Heiligendamm-Komplexes, als auch mit dem Bürgermeister von Bad Doberan geführt. Ein weiterer Gesprächstermin mit dem Tourismusförderverein Heilbäder Bad Doberan – Heiligendamm eV ist bereits für Mitte Juni vereinbart. Zum Investor des geplanten Ferienparks gibt es Kontakte über das Landesförderinstitut.

Danke, Frau Ministerin.

Eine Anmerkung: Es mag schon sein, wenn ein Politiker gutes Wissen hat, …

Frau Skrzepski, Sie können eine Nachfrage stellen, …

… aber es dient auch den Menschen, die uns gewählt haben.

… aber keine Anmerkungen machen.

Danke schön.

Wir sind damit am Ende der heutigen Fragestunde.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 15: Beratung des Antrages der Fraktionen der SPD und PDS – Initiativen zur Reform des Erbschaftsteuergesetzes, auf Drucksache 4/442.

Antrag der Fraktionen der SPD und PDS: Initiativen zur Reform des Erbschaftsteuergesetzes – Drucksache 4/442 –

Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Herr Rudolf Borchert von der SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU! Es geht jetzt um Geld, und zwar um die Einnahmeseite. Hierzu meine Frage: Wie können sich Länder Steuereinnahmen sichern oder möglicherweise verbessern?

Das ist auch der Inhalt, die Zielsetzung des vorliegenden Antrages, der die Landesregierung auffordert, länderübergreifende Initiativen zu ergreifen, um das Erbschaftssteuergesetz zu reformieren. Die Frage, die hier im Raum steht, lautet: Warum ist eine Reform des Erbschaftssteuerrechts zwingend notwendig? Dazu ist Folgendes zu bemerken: Der Bundesfinanzhof, das oberste Finanzgericht Deutschlands, hat festgestellt, dass die jetzige Form der Erbschaftssteuer gleichheitswidrig und damit möglicherweise verfassungswidrig ist. Hier verlieren die Länder möglicherweise demnächst 3 Milliarden Euro, aber das interessiert einige Herren von der CDU anscheinend nicht.

Im Kern geht es dabei um die Frage: Wird durch die zum Teil sehr unterschiedliche Besteuerung von Erbschaften der verfassungsrechtliche Grundsatz der Gleichbehandlung aller Bürger verletzt? Nach Ansicht des Bundesfinanzhofes verstößt es unter anderem gegen die Verfassung, dass unbebaute Grundstücke nur zu 72 Prozent ihres Verkehrswertes und bebaute sogar bloß zu 51 Prozent veranschlagt werden, dagegen Geldvermögen mit 100 Prozent. Der Gleichheitsgrundsatz verlangt aber, dass Steuerpflichtige rechtlich und tatsächlich gleichmäßig belastet werden. Hinzu kommt, dass Immobilien und Grundstücke nach dem viel zu niedrigen Einheitswert aus dem Jahre 1964 bewertet werden. Das führt in der Praxis dazu, dass Immobilien und Grundstücke nur zu circa 40 Prozent ihres eigentlichen Marktwertes besteuert werden, Geldvermögen zu 100 Prozent.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Bundesfinanzhof hat diesen Fall dem Bundesverfassungsgericht übergeben. Noch in diesem Jahr wird eine Klarstellung

seitens der Verfassungsrichter in dieser Sache erwartet. Folgt Karlsruhe dem Bundesfinanzhof, und davon gehen Experten aus, wäre der Gesetzgeber zum Handeln gezwungen. Die jetzige Regelung wäre nur noch als Übergangslösung verfassungsrechtlich und demzufolge nur bis Ende 2005 tolerierbar. Das bedeutet in der Konsequenz: Wenn das Erbschaftssteuergesetz nicht bis spätestens 31.12.2005 verfassungskonform verändert wird, entfällt die Erbschaftssteuer, und zwar nicht nur für Mecklenburg-Vorpommern, sondern für alle Bundesländer. Die Erbschaftssteuer ist bekannterweise eine Landessteuer!

(Angelika Gramkow, PDS: Sehr richtig!)

Meine Damen und Herren, das wäre angesichts der Situation der Länderhaushalte – wir haben ja heute wieder in aller Deutlichkeit die Situation vor Augen geführt bekommen – eine Katastrophe. Das wäre im Sinne der Steuergerechtigkeit natürlich unverantwortlich.

In der folgenden Aussprache zum vorliegenden Antrag werden wir Gelegenheit haben, uns zu positionieren und zum Thema zu diskutieren. Ich bin außerordentlich gespannt auf die Position der CDU zu diesem Thema.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und Dr. Gerhard Bartels, PDS)

Vielen Dank, Herr Borchert.

Das Wort hat jetzt die Finanzministerin Frau Keler.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Finanzämter unseres Landes nahmen im letzten Jahr 3,2 Millionen Euro an Erbschaftsteuer ein. Im Rahmen des Länderfinanzausgleichs kamen aus der bundesweit aufkommenden Erbschaftsteuer immerhin noch einmal 61 Millionen Euro für unser Land dazu. 64,2 Millionen Euro sind für unseren Landeshaushalt eine erhebliche Summe.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD)

Deshalb bin ich auch der Ansicht, dass wir in der derzeitigen Phase, in der die sozialen Systeme reformiert werden müssen, am Ende des Tages eine gerechte Verteilung der Lasten herzustellen haben.

(Beifall Rudolf Borchert, SPD, und Angelika Gramkow, PDS)

Es dürfen nicht nur Arbeitslose, Kranke und Rentner zur Kasse gebeten werden. Diejenigen, die sich glücklich schätzen können, über ein größeres Vermögen zu verfügen, müssen ebenso ihren Beitrag zur Finanzierung des Staatssystems leisten. Ich unterstütze daher ausdrücklich die Reform des Erbschaftsteuergesetzes und halte sie vor allem aus Gründen einer gerechten Lastenverteilung für unbedingt erforderlich.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und Angelika Gramkow, PDS)

Worum geht es aber genau? Schauen wir uns die Fakten an. Der Bundesfinanzhof hat in seinem Beschluss vom 22. Mai 2002, also genau vor einem Jahr, das zugrunde liegende Streitverfahren ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorgelegt, weil der Bundesfinanzhof der Meinung ist, dass die unterschiedliche Bewertung von einzelnen Vermögensarten gegen den verfassungsrechtlich verankerten Gleichheitsgrundsatz verstößt. So wird nach Ansicht des Bundesfinanzhofes

vor allem Betriebsvermögen und land- und forstwirtschaftliches Vermögen gegenüber anderen Vermögensarten so stark privilegiert, dass diese Begünstigung gegen den Gleichheitssatz verstoße.

Bei den genannten Vermögensarten sind derzeit nicht, wie sonst üblich, die vollen Verkehrswerte maßgeblich, sondern beim Betriebsvermögen die häufig wesentlich niedrigeren Steuerbilanzwerte und beim land- und forstwirtschaftlichen Vermögen lediglich 10 Prozent des Verkehrswertes. Zusätzlich ist noch ein Freibetrag in Höhe von 256.000 Euro zu gewähren und anschließend ein Bewertungsabschlag in Höhe von 40 Prozent vorzunehmen. Auch bebaute Grundstücke werden durch das häufig vorteilhaftere Ertragsverfahren begünstigt.

Diese exemplarische Aufzählung macht schon deutlich, dass der Bundesfinanzhof vermutlich zu Recht die ungleiche Bewertung einzelner Vermögensarten rügt. Die Gefahr ist somit groß, dass das Bundesverfassungsgericht sich dieser Meinung anschließt und das Erbschaftsteuergesetz insoweit für verfassungswidrig erklärt mit der Folge, dass diese Besteuerungsquelle versiegen würde.

(Rudolf Borchert, SPD: Richtig!)

Wir befinden uns derzeit in der gleichen Situation, in der sich die Vorgängerregierung vor acht Jahren befand, als das Bundesverfassungsgericht aus ähnlichen Gründen das Vermögensteuergesetz für verfassungswidrig erklärte. CDU und FDP haben damals durch bewusstes Nichtstun die vom Bundesverfassungsgericht gesetzte Frist verstreichen lassen

(Beifall Angelika Gramkow, PDS)

und somit die Vermögensteuer faktisch zum 01.01.1997 abgeschafft.

(Angelika Gramkow, PDS: Sehr richtig.)

Dieser Fehler darf sich heute nicht wiederholen.

(Beifall Rudolf Borchert, SPD, und Angelika Gramkow, PDS)

Es gibt auf Länderebene Entwürfe mit ersten Modellrechnungen. Aber eins ist auch sicher, meine Damen und Herren, die Reform darf nicht dazu führen, dass die Erben von Unternehmen, Land- und Forstwirtschaften mit einer so hohen Erbschaftsteuer belastet werden, dass sie die Unternehmen veräußern oder zerschlagen müssten und damit Arbeitsplätze gefährden. Und noch eins ist ebenfalls nicht zu akzeptieren: Durchschnittsverdiener, die durch ihre Lebensleistung das eigene Einfamilienhaus erwirtschaftet haben, müssen sicher sein, dass es nach ihrem Tode nicht veräußert werden muss, um die Erbschaftsteuer entrichten zu können.

Kurz zusammengefasst: Die Reform des Erbschaftsteuergesetzes ist unbedingt notwendig! In der konkreten Ausgestaltung sind viel Sorgfalt und gute Ideen gefordert. Mecklenburg-Vorpommern bringt sich auf Finanzministerebene dabei mit ein.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und Angelika Gramkow, PDS)

Vielen Dank, Frau Finanzministerin.

Das Wort hat jetzt Herr Dr. von Storch von der CDUFraktion.

Frau Präsidentin! Meine Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Die CDU-Fraktion wird diesem Antrag nicht zustimmen.

(Angelika Gramkow, PDS: Oh! – Heinz Müller, SPD: Aha! – Ute Schildt, SPD: Ja.)

Wir verkennen nicht, dass Handlungsbedarf im Bereich der Erbschaftssteuergesetzgebung gegeben ist. Wir wissen um die Aussetzung der Entscheidung des Bundesfinanzhofes. Meine Damen und Herren, aber solange das Bundesverfassungsgericht nicht entschieden hat, haben wir bekanntlich ein schwebendes Verfahren. Ich frage mich, was soll’s? Und im Übrigen glaube ich, dass die Bundesregierung sehr wohl die Initiativen innerhalb der gesetzten Frist ergreifen wird,

(Angelika Gramkow, PDS: Das haben wir erlebt.)