Sie verweisen in Ihrem Antrag auf den Vorrang des Sachleistungsprinzips und behaupten, einen Widerspruch gegen das Asylbewerberleistungsgesetz festzustellen. Und wenn man in das Gesetz hineinschaut, beschreibt der Gesetzestext zunächst einen Vorrang der Sachleistung.
Das ist korrekt, aber der Text geht weiter. Ich zitiere sinngemäß aus dem Paragraphen 3 Absatz 2: Bei einer Unterbringung außerhalb von Aufnahmeeinrichtungen können, soweit es nach dem Umständen erforderlich ist,
von anderen vergleichbaren unbaren Abrechnungen oder von Geldleistungen im gleichen Wert gewährt werden.
denen unsere Wahl für das Bargeld zugrunde liegt. Ja, ich kann Ihnen solche Umstände nennen, und zwar sind das zutiefst humane Umstände. Wir gehen nämlich davon aus, dass es die Menschenwürde gebietet, Menschen wie Menschen zu behandeln.
Und dort, wo wir einen Ermessensspielraum im Sinne dieser Menschen haben, wollen wir ihn ausnutzen, dass man Menschen nicht unnütz beschämt, indem man sie mit modernen Mitteln brandmarkt, dass man sie eben nicht in ihrer Kauffreiheit einschränkt
und sie von der Möglichkeit des Preisvergleiches ausnimmt. Sie wussten sicherlich genau wie ich, dass zu Zeiten der Wertgutscheine ein Umrechnungskurs von 1:0,8 zwischen Gutschein und Geldwert bestand, dass viele
Asylbewerber auf diesen Umtausch angewiesen waren, beispielsweise um Anwaltskosten aufzubringen, denn in den seltensten Fällen ist ein Asylverfahren mit dem Bescheid des Bundesamtes für Asyl- und Flüchtlingsangelegenheiten beendet. Oft müssen Asylsuchende ihr Recht vor dem Verwaltungsgericht erstreiten.
Aber ich möchte noch einmal auf die humanen Hintergründe für diese aktuelle Regelung kommen, denn dies ist keine Erfindung aus Mecklenburg-Vorpommern. Sachsen-Anhalt war Vorreiter in Sachen Bargeldauszahlung, fast alle Kommunen in Hessen zahlen Bargeld aus, ebenso wie in Hamburg, in Bremen und in Rheinland-Pfalz. Ich glaube, gerade durch die Wahl der Bargeldauszahlung sprechen die Verantwortlichen in den anderen Bundesländern und Kommunen eine ganz deutliche Sprache, und dies übrigens vollkommen unabhängig von der politischen Einfärbung.
Sie sprechen in Ihrem Antrag von der angeblichen Gefahr, dass Schleuser und Menschenhändler noch mehr Anreize erhalten könnten, nicht asylberechtigte Personen nach Deutschland zu verbringen, weil sie dann in Mecklenburg-Vorpommern Bargeld von Asylbewerbern einkassieren könnten. Es ist schon interessant, dass nicht der asylsuchende Mensch im Mittelpunkt Ihrer Betrachtung steht, sondern ein in Betracht kommender Schleuser.
Unabhängig von diesem Fakt habe ich versucht, mir Ihr Bild, welches Sie hier beschreiben, praktisch vorzustellen. Da kommt also nach Ihrem Muster der Schleuser des Nachts bis an die deutsch-polnische Grenze und hat in seinem Schlepptau einige Personen, die illegal nach Deutschland einreisen wollen. Der Schleuser beendet seine Tour an der Grenze, weist den Flüchtlingen den Weg über die Grenze und sagt ihnen noch kurz, worauf sie achten sollen. Und nun kommt Ihr Ansatz. Er verabredet sich jetzt noch rasch mit den Flüchtlingen für den Tag der ersten Bargeldauszahlung, das kann übrigens eine Weile dauern, zu dem ja dann auch prompt alle Betroffenen kommen und ihm freiwillig in Größenordnungen Bargeld übergeben. Muss ich mir das so vorstellen?
Ich frage mich ganz ehrlich, was treibt Sie dazu, solch eine Antragsbegründung hier niederzuschreiben. Es geht hier um Menschen, die oft nichts mehr zu verlieren haben, die heute nicht wissen, wie und wo sie morgen ihr Leben gestalten oder aushalten müssen. Wenn es nicht um Menschen ginge, die oft das Schicksal das Ihre nennen, was von unseren tagtäglichen Problemen, wenn wir sie damit vergleichen, wirklich nur noch lachhaft ist, wenn es also nicht um diese Menschen ginge, die unserer Solidarität bedürften, der fairen und menschenwürdigen Behandlung, dann könnte ich über Ihren Teil der Begründung nur lachen. So aber bleibt mir das Lachen im Halse stecken.
Herr Thomas, Sie sagten vorhin in der Debatte zur Seeanlagenverordnung, als es darum ging, dass die Bootsführer durch die Anlagen in der Ostsee gefährdet sein könnten, das ginge doch alles nicht, es geht doch um Menschenleben,
die bei der Rettung dieser Betroffenen doch so wichtig seien. Richtig, es geht um Menschenleben. Menschen
Ich möchte noch einmal auf die gelockerte Residenzpflicht für Mecklenburg-Vorpommern eingehen. Ich sagte es bereits, es ist ein Minimalkonsens. Wenn es nach den Vorstellungen der PDS gegangen wäre, dann hätten wir den Bewegungsfreiraum auf das gesamte Landesgebiet ausgedehnt.
Und auch hier ist es eine Frage des Grundverständnisses, welches wahrscheinlich ein anderes ist, als das der Antragsteller. Ich sage das ganz wertungsfrei. Wir wollen eben nicht die Asylsuchenden unnötig darin einschränken, Bekannte und Verwandte in anderen Landkreisen zu besuchen, wir wollen sie nicht von einem Teil des kulturellen oder auch des sportlichen Lebens ausschließen und wir wollen sie auch nicht unnötig bremsen, wenn es beispielsweise darum geht, auf Arbeitssuche zu gehen,
was für diese Gruppe der Betroffenen ohnehin schwieriger ist als für jeden anderen Arbeitslosen bei uns im Land. Wir wollen auch Schluss mit einer unsäglich verfälschten Kriminalstatistik machen,
die zusätzlich unnötigerweise die Beamten der Polizei mit Dingen beschäftigt, die wirklich umsonst sind. Sie wissen, wir wissen, dass im Bereich der so genannten Ausländerkriminalität ein großer Anteil der so genannten Straftaten bisher eigentlich die Verletzung der Residenzpflicht darstellte. Diese Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für die Kollegen der Polizei konnten wir wenigstens reduzieren, damit sie sich wirklich auf die Dinge konzentrieren können, die wichtig sind im Land.
Mit der Residenzpflicht, wie sie bisher galt, haben wir übrigens in Europa eine Vorreiterrolle innegehabt, aber leider im negativen Sinne. Sie wissen auch, dass in vielen anderen europäischen Staaten ein vergleichbares Modell nicht existiert. Dass Mecklenburg-Vorpommern nun Vorreiter in Deutschland in Sachen Lockerung ist, das, glaube ich, geht in die richtige Richtung.
Sehr geehrte Kollegen der CDU, ich hatte vor der heutigen Rede lange überlegt, ob ich sie angriffslustig gestalten soll oder aber ob ich versuche, Ihnen eine Brücke zu bauen. Ich habe mich für Letzteres entschieden, weil ich die Hoffnung habe, dass einige unter Ihnen Bauchschmerzen mit dem eigenen Antrag haben werden. Ich weiß unter Ihnen Vertreter, die vielleicht auch aus christlicher Sicht in Gewissenskonflikte kommen, wenn sie Ihrem Antrag zustimmen sollen.
Gerade auch in meinem Bekanntenkreis gibt es Pastoren und Pfarrer, ob evangelisch oder katholisch, die, wüssten sie, dass heute so ein Antrag zu Buche steht, sich unwahrscheinlich darüber aufregen würden. Es sind sehr oft, das sage ich bewusst so, Pastoren und Pfarrer, die sich der CDU sehr zugetan fühlen, weil diese Pastoren
und Pfarrer sich in ihrem täglichen Leben auch immer wieder bemühen, Brücken zu bauen, auch Brücken für Asylsuchende. Ich glaube, Sie tun auch Ihren Kollegen in den Kirchen mit diesem Antrag heute einen ganz, ganz schlechten Gefallen.
(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS – Dr. Armin Jäger, CDU: Das sehen Sie vollkommen falsch!)
Für die PDS-Fraktion möchte ich die Ablehnung des Antrages ankündigen und werbe nochmals in den Reihen der CDU. – Danke.
Herr Innenminister, das ist die Crux, wenn Sie ein Gesetz auslegen. Paragraph 58 haben Sie mir hier runtergeschleudert und haben richtig vorgelesen: „Um örtlichen Verhältnissen Rechnung zu tragen“. Und nun habe ich noch mal in Ihre Verordnung geguckt. Sie haben Ihre vier Traumplanungsregionen genommen und haben gesagt, das ist es. Na gut, jetzt dürfen Sie einmal in Regionen denken, denn das andere hat man Ihnen weggenommen. Aber das ist natürlich vollkommen unlogisch, was Sie hier sagen.