Wissen Sie, Herr Kollege Müller, es gibt zwei Drucksachen, die Ursprungsdrucksache und eine Drucksache neu. Das mag ja eine Kleinigkeit sein, die man schnell überliest, aber in der Ursprungsdrucksache steht noch drin: „Die Landesregierung vertritt die Auffassung, dass im Rahmen der Gemeindefinanzreform auf Bundesebene eine umfassende Weiterentwicklung des Gemeindefinanzsystems in Anbetracht der gegenwärtigen Situation dringender geboten ist denn je. Notwendig sind die nachhaltige Verbesserung der Investitionskraft der Städte und Gemeinden und eine Verstetigung kommunaler Einnahmen. Ziel muss es sein, Städten und Gemeinden wieder verlässliche finanzielle Rahmenbedingungen und eine aufgabengerechte Finanzausstattung zu verschaffen.“ Das ist nebenbei plakativ und oberflächlich, nur das Interessante bei dem Antrag, der uns vorliegt, ist, da steht statt „Landesregierung“ „Landtag“.
Es ist ganz offenkundig so, dass sich die Landesregierung mit diesem Antrag gar nicht identifizieren konnte.
Warum denn dieses Trauerspiel? Sie reichen am 24. September ein „Die Landesregierung vertritt die Auffassung“
(Angelika Gramkow, PDS: Ich kann nicht für die Landesregierung sprechen, Herr Rehberg! – Zuruf von Reinhard Dankert, SPD)
und dann ändern Sie das in den 14 Tagen bis zu dieser Landtagssitzung in „Der Landtag vertritt die Auffassung“. Das heißt, es ist so,
dass offenkundig die beiden Koalitionsfraktionen die Landesregierung gar nicht hinter sich haben. Anders kann ich diese Änderung überhaupt nicht interpretieren.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wie sieht das denn überhaupt mit der SPD, mit Rot-Grün aus? Da bringen Sie einen Antrag ein der rot-grünen Bundesregierung
zur Ausweitung der Gewerbesteuerpflicht auf die freien Berufe und den weiteren Abbau ertragsunabhängiger Elemente, Stichwort „Substanzbesteuerung“, und eine Erhöhung des Anteils der Gemeinden an der Umsatzsteuer von 2,2 auf 3,6 Prozent. Die SPD-Fraktion verweigert die Unterstützung, zumindest in weiten Teilen. Und dann gehen Sie auf den Gesetzentwurf des Landes SchleswigHolstein ein.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wer sich mit der Gewerbesteuer nur mal ansatzweise befasst hat, stellt fest, die hat in den letzten gut 30 Jahren eine ganz interessante Wendung genommen. Frau Gramkow, ich habe mich darüber nicht erregt, ich habe ganz einfach die Position der Wirtschaft, der IHKs dieses Landes und des Unternehmerverbandes gestern vorgetragen. Und ich wiederhole das gerne im Wortzitat noch einmal. Wenn Sie von einer kommunalfreundlichen Lösung sprechen, dann muss kommunalfreundlich aber mehr wirtschaftsfreundlich sein. Was nützt es Ihnen, wenn Sie Mieten, Leasing, Pachten mit einbeziehen in die Besteuerung, das heißt, eine Kostenbesteuerung vornehmen,
Wissen Sie – entschuldigen Sie –, darüber kann ich doch nicht einfach hinweggehen. Die Wirtschaftsvertreter dieses Landes sprechen doch für ihre Mitgliedsunternehmen. Und wenn die ganz einfach sagen, ich darf zitieren: „Bekanntermaßen leiden die Unternehmen MecklenburgVorpommerns immer noch unter einem akuten Mangel an Eigenkapital.“
Und weiter: „Sie sind daher noch mehr als Unternehmen aus den alten Ländern genauso auf die Darlehensfinanzierung ihrer Investitionen“ –
das bedingt Zinsen, wenn ich nicht Eigenkapital beibringen kann bei der Finanzierung – „angewiesen wie auf die Anmietung von Gewerberäumen und Gewerbegrundstücken beziehungsweise das Leasing von Gegenständen des Anlagevermögens.“ Es ist doch vernünftig, wenn ich als Existenzgründer mir nicht gleich einen Riesenkredit auf den Hals hole von 2,5 oder 3 Millionen Euro, sondern wenn ich mir erst eine Lagerhalle suche, die anmiete, die herrichte, damit ich erst einmal beginnen kann.
Und – das müssen Sie doch mal zur Kenntnis nehm e n – auch nach den Feststellungen der Bundesregierung würde durch die Hinzurechnung sämtlicher Zinsen zum Gewinn und durch die hohe Zurechnung des Finanzierungsanteils von Mieten, Pachten, Leasingraten die Steuerbelastung der Kapitalgesellschaften teilweise über zwölf Prozent in die Höhe schnellen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das sind Durchschnittswerte. Die IHKs und der Unternehmerverband fügen weiter hinzu:
„Die Hinzurechnungen könnten in bestimmten Fällen ertragsschwacher Gewerbebetriebe krisenverschärfend wirken. Dies gilt insbesondere für Existenzgründer und expandierende Unternehmen in den neuen Bundesländern.“
Meine sehr verehrten Damen und Herren, was ist das denn für eine kommunalfreundliche Politik, wenn ich den Betrieben weiter Kosten aufbürde – letztendlich sind das Kosten, die sie dann tragen müssen –, und dann gehen sie zum Konkursrichter
oder müssen Insolvenz anmelden? Wissen Sie, wer sich da nur freut? Der Insolvenzverwalter oder die Schuldnerberatungsstellen.
Die Kommunen in Mecklenburg-Vorpommern haben nur noch dann etwas davon, wenn sie wirklich gute Rahmenbedingungen für ihre Betriebe haben, damit die denn auch wirklich eine Gewerbesteuer zahlen. Noch wichtiger ist mir die Einkommensteuer der Beschäftigten, denn das ist eine relativ sichere Steuer, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Und wenn Sie wirklich den Weg gehen, den SchleswigHolstein gehen will, dann sage ich Ihnen eins voraus: Sie werden viele Betriebe in erhebliche Probleme bringen. Und wenn Sie sich die Finanzierungsprobleme gerade der kleinen und mittleren Betriebe angucken, nicht nur bei Neugründung, sondern auch bei Erweiterungs- und Ergänzungsinvestitionen, dann werden die zunehmend darauf angewiesen sein, in den Pacht-, Miet- und Leasingbereich hineinzugehen, um ganz einfach die Kosten zu drücken. Und ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen, Frau Gramkow, ich verstehe den Ansatz nicht.
Wenn ich eine Halle anmiete, um etwas zu produzieren, und die Maschinen, die da drin sind, lease, dann sind das doch Kosten, um die Produkte herzustellen. Das ist doch kein Gewinn. Das ist doch kein Ertrag. Und deswegen darf das ganz einfach nicht besteuert werden.
(Angelika Gramkow, PDS: Und wenn Sie noch so viel Schreien, es wird dadurch nicht besser, was Sie da erzählen, Herr Rehberg! Sie reden weder von Freibeträgen noch von Refinanzierung. Sie sagen immer nur die halbe Wahrheit hier!)
Ja, scheinbar, Frau Kollegin Gramkow, sind Sie absolut auf dem steuerpolitischen Holzweg. Der steuerpolitisch richtige Weg kann nur sein:
(Rudolf Borchert, SPD: Abschaffung der Gewerbesteuer, Herr Rehberg? – Angelika Gramkow, PDS: Ja, wunderbar!)
Herr Borchert, es wird nur einen Weg geben, da insbesondere die Gewerbesteuer in den letzten Jahren prozyklisch gewirkt hat, und zwar dass ich darauf gehe, Einkommensteuer
und Umsatzsteuer mit Hebesatzrecht verbunden für die Kommunen als Ersatz für die Gewerbesteuer zu nehmen.