Protokoll der Sitzung vom 10.12.2003

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS)

Danke, Herr Heydorn.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Glawe von der Fraktion der CDU.

(Beifall Wolfgang Riemann, CDU: Harry ist Spitze! – Reinhard Dankert, SPD: Mach’s kurz, aber schmerzvoll!)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Das Landespflegegesetz steht heute vor der Verabschiedung, auch wenn wir als CDU damit nicht leben können und vor allen Dingen im Interesse der Heimbewohner damit auch nicht leben wollen,

(Torsten Koplin, PDS: Ja.)

denn es hat sehr viele rechtsfehlerhafte Inhalte und es ist auch nach unserer Meinung nicht verfassungskonform. Ich sage Ihnen eins voraus: Sie kriegen Klagen an den Hals, die sich gewaschen haben, denn diese Ungerechtigkeit, die jetzt in besonderer Weise mit diesem Gesetz auf den Weg gebracht wird, wird nach unserer Überzeugung nicht lange Bestand haben.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Wolfgang Riemann, CDU: So ist es.)

Bevor ich ins Detail gehe, will ich noch einmal unseren Änderungsantrag vortragen. Und zwar geht es um den Paragraphen 10, der die besondere Berechnung nicht geförderter Aufwendungen regelt, hier wird im Absatz 1 Satz 2 gestrichen. Das heißt, um eine Gleichbehandlung der freien, gemeinnützigen, privaten und kommunalen Träger zu gewährleisten, müssen gemäß dem Urteil des Bundessozialgerichtes vom 24. Juli 2003 auch die Grundstückskosten im Rahmen des Paragraphen 82 SGB XI refinanzierbar sein, meine Damen und Herren, auch von der SPD, auch wenn es Ihnen wieder nicht gefällt, Sie sind ja sozusagen beratungsresistent ohne Ende.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Wolfgang Riemann, CDU: Das ist wahr! – Zuruf von Detlef Müller, SPD)

Selbst die Dinge, die man jetzt im Bereich des Artikels 52 für die Heimträger regeln könnte, wollen Sie nicht, weil Sie sagen, auf Bundesebene fehlt die gesetzliche Regelung. Ich sage Ihnen eins zu diesem Gesetz, was Sie heute auf den Tisch legen: Sie haben schon sechs Jahre gewusst, dass es ausläuft. Sie haben es 1999 noch einmal verstärkt. Da haben Sie dieses Umlageverfahren hineingebracht. Ich will ja den Namen hier gar nicht nennen, aber

immerhin waren es Frau Ministerin Bunge a. D. und ihr Staatssekretär Azzola, meine Damen und Herren. Also auch schon in Ihrer Koalition war so etwas möglich. Das haben Sie wohl alles vergessen, so scheint es mir.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Angelika Gramkow, PDS: Haben wir nicht, Herr Glawe. – Zurufe von Dr. Till Backhaus, SPD, und Siegfried Friese, SPD)

Wenn wir jetzt sozusagen darum gebeten haben, in diese Richtung auch den Trägern mehr Luft zu verschaffen und gleichzeitig die Belastungen nicht für alle so hoch werden zu lassen, dann wird das einfach abgebügelt, meine Damen und Herren. Es geht hier darum, dass 6.500 Heimbewohner 420 Euro und mehr im Monat bezahlen müssen. Das ist doch eine gewaltige Summe!

(Wolfgang Riemann, CDU: Wir treiben die alten Menschen in die Sozialhilfe.)

Rechnen Sie sich doch mal aus, wie viel Rente und wie viel Pflegeversicherungsgelder diese Personen haben! Sie schaffen Sozialhilfeabhängige in Größenordnungen. Es gibt Schätzungen von heute 20 Prozent der Pflegeheimbewohner, dass sie bis auf 80 Prozent Sozialhilfebezieher werden, das heißt, sie behalten ein Taschengeld von 120 Euro im Monat und alles andere müssen sie abgeben. Das ist Ihre Politik! Das kann doch nicht in Ordnung sein!

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Meine Damen und Herren, auch zu der Frage, die Sie, Frau Ministerin, in besonderer Weise vorhin vorgetragen haben, dass Sie jetzt dabei sind, alle Dinge so vorzubereiten, dass alles läuft, kann ich Ihnen nur sagen: Bis jetzt haben Sie nur Formulare entwickelt, die Sie allen Heimbewohnern vor Weihnachten als Weihnachtsgeschenk zugestellt haben. Sie haben damit auch ignoriert, dass eigentlich ein formloser Antrag genügt hätte. Das war in den Heimen schon durchgestellt. Nein, am Wochenende werden dann die Formulare durch die Gegend gekarrt. Alle Träger – ich habe es glücklicherweise am Montag in Lübtheen erleben dürfen – sind völlig verunsichert gewesen, haben gefragt: Was ist denn nun wieder los? Nun haben wir gerade diese formlosen Anträge formuliert, die Heimbetreiber unterschreiben lassen oder Betreuer haben es im Auftrag der Heimbewohner unterschrieben und jetzt kommt das nächste Ding.

Was im Prinzip fehlt: Sie haben doch gar kein Gesetz gehabt. Das Landesversorgungsamt ist nicht zuständig. Das ist ja nun einmal Fakt. Wenn wir heute zur Entscheidung kommen, hätten Sie das vielleicht heute machen können, eigentlich erst zur Öffnung des Gesetzes.

(Angelika Gramkow, PDS: Wenn sie es nicht gemacht hätte, dann hätten Sie sie wahrscheinlich dafür kritisiert, Herr Glawe.)

Ich sage Ihnen noch mal, Frau Kollegin Gramkow: Ein formloser Antrag hätte genügt. Das wissen alle in diesem Hause, nur die Ministerin wahrscheinlich nicht.

(Angelika Gramkow, PDS: Reizen Sie mich nicht, Herr Glawe, sonst mache ich dazu eine Bemerkung!)

Was auch nicht in den Versorgungsämtern vorbereitet ist, ist die Frage: Wie kriege ich denn diese Bescheide rechtssicher in ein Computerprogramm eingespeist? Diese Programme fehlen auch noch! Dann beginnt die

nächste Phase. Das Pflegewohngeld muss ja sozusagen für jeden einzelnen Bewohner beschieden werden und es werden 15.000 Anträge eingereicht, nicht 6.500, sondern 15.000. Dann wird davon eine ganze Menge abgelehnt – ich will jetzt keine Zahl nennen –, dann beginnt die Sozialhilfe zu greifen. Und dann kommen wir zu Ihren Kosten. Sie sagen Konnexität. Das ist ja vielleicht auf der einen Seite richtig, aber alleine das Justizministerium hat Betreuerkosten von 900.000 Euro ermittelt, die nur anfallen werden, weil Bürokratie der Bürokratie wegen ins Leben gerufen wird, meine Damen und Herren.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Wolfgang Riemann, CDU: So ist es!)

Sie reden hier immer von Deregulierung. Sie machen in der Praxis genau das Gegenteil. Sie lassen die Leute von A nach B, von Pontius zu Pilatus laufen. Sie müssen durch die eine Mühle oder durch die andere Mühle und dann sagen Sie noch: Das ist ein tolles Gesetz. Das kann es doch wohl nicht sein, meine Damen und Herren! Bei aller Freundschaft, so, denke ich, geht es nicht!

Herr Kollege Heydorn, die Dinge, die Sie sich als SPD in besonderer Weise bei der Anhörung geleistet haben, die sind auch denkwürdig.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Na was denn nun, Herr Glawe?)

Da wurde vielen Experten dem Sinn nach mitgeteilt: Sie können hier vortragen, was Sie wollen,

(Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)

wir entscheiden sowieso und wir ändern nichts. Und Sie haben ja dann, was ich besonders bemerkenswert finde, sogar noch Briefe verfasst – hier habe ich einen von Herrn Heydorn, Herrn Nieszery und Herrn Brodkorb –,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ja.)

wo man noch versucht, verschiedene Personen in ihren Aussagen gegeneinander auszuspielen, obwohl sie die gar nicht gehalten haben. Die haben sie nicht gehalten.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Natürlich haben sie die gehalten! Lesen Sie mal im Protokoll nach! Machen Sie mal!)

Herr Nieszery, zwingen Sie mich nicht, das Antwortschreiben auch noch vorzuziehen, das Sie erhalten haben!

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Nee.)

Und zwingen Sie mich nicht, dass wir in die Bandprotokolle hineinhören. Da ist es nämlich so gewesen, wie der Verfasser des Gegenbriefes Ihrer Zeilen sich geäußert hat. Ich will den Namen hier nicht nennen. Ich meine schon, so kann man miteinander in diesem Land nicht umgehen, zumal es Leute sind, die von hohem Sachverstand getragen

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Oh!)

ein Landespflegegesetz auf den Weg bringen wollten, es verbessern wollten, und Sie haben sich dem versperrt.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Wo sind die Ver- besserungsvorschläge von Ihnen geblieben?)

Meine Damen und Herren, noch mal zum Pflegegesetz allgemein und zum SGB XI: Das SGB XI spricht heute noch von einer Objektförderung. Ich weiß nicht, wo Sie

das alles her haben mit Ihrer Subjektförderung. Sie sind da irgendwo auf dem Holzweg. Das gesamte SGB XI ist auf Objektförderung ausgelegt.

(Wolfgang Riemann, CDU: Aber Sie sparen auf Kosten der Alten.)

Da können Sie machen, was Sie wollen.

(Wolfgang Riemann, CDU: Ja.)

Und im Übrigen muss man ja auch sagen – mir fällt es ja auch schwer, mal darüber zu reden –, manchmal habe ich den Eindruck, dass wir vor drei/vier Jahren einen besseren Staatssekretär hatten als heute, meine Damen und Herren.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ich kann Sie so schlecht verstehen, Herr Glawe. – Angelika Gramkow, PDS: Ach, Herr Glawe, bitte lassen Sie die Personifizierungen!)

Denn die Dinge wären, glaube ich, so nicht gelaufen, wie sie jetzt in dieses Gesetz gegossen worden sind.

(Andreas Bluhm, PDS: Das sind personenbezogene Betrachtungen.)

Diese Betrachtung können Sie ruhig anstellen. Sie wissen es ganz genau, dass man auch Lösungen schaffen kann, wenn man Lösungen findet oder man findet keine.

(Heiterkeit bei Angelika Gramkow, PDS: Suchen Sie was? – Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS – Zuruf von Gerd Walther, PDS)