Protokoll der Sitzung vom 28.01.2004

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Herrn Ritter? (Zustimmung)

Bitte, Herr Ritter, fragen Sie.

Danke schön, Herr Kollege Dr. Jäger.

Sie haben jetzt eine Lanze für die kommunale Selbstverwaltung gebrochen. Das möchte ich sehr unterstützen. Ich muss meine Frage stellen und Sie können kleine Erläuterungen geben.

(Zurufe von Kerstin Fiedler-Wilhelm, CDU, und Wolfgang Riemann, CDU)

Ich bin, wie Sie wissen, Kreistagsabgeordneter und wir haben die Schulentwicklungsplanung hinter uns gebracht unter der Maßgabe, dass im Kreistag Demmin nicht der Bildungsausschuss über die Schulentwicklungsplanung beraten konnte, weil dort „nur Lehrerinnen und Lehrer“ arbeiten. Wir mussten einen Sonderausschuss bilden, das hat das ganze Verfahren verzögert. Wenn wir für kommunale Selbstverwaltung eintreten, würden Sie mich dann in der Forderung unterstützen, dass wir die Befangenheitsregelung von Lehrerinnen und Lehrern im Kreistag aufheben, und dass wir, wenn wir die Kommunalverfassung überarbeiten, gemeinsam darangehen?

Herr Ritter, Sie haben mich sofort an Ihrer Seite. Herr Müller weiß, dass ich das schon immer gefordert habe. Das ist mir viel zu überzogen, diese Regelung.

Danke schön.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Danke schön, Herr Dr. Jäger.

Ich schließe die Aussprache.

Der Ältestenrat schlägt vor, den Gesetzentwurf der Fraktion der CDU auf Drucksache 4/972 zur federführenden Beratung an den Bildungsausschuss und zur Mitberatung an den Innenausschuss zu überweisen. Wer diesem Überweisungsvorschlag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Gegenprobe. –

(Wolfgang Riemann, CDU: Oh, oh, oh, Herr Ritter, wo bleibt die Basisdemo- kratie?! – Eckhardt Rehberg, CDU: Jetzt verstehe ich gar nichts mehr.)

Danke. Stimmenthaltungen? – Danke. Damit ist die Überweisung mit den Stimmen der Fraktion der SPD, der

Fraktion der PDS bei einer Stimmenthaltung, bei Zustimmung der Fraktion der CDU und drei Zustimmungen der Fraktion der PDS abgelehnt.

(Unruhe bei Abgeordneten der SPD, CDU und PDS)

Damit wird der Gesetzentwurf gemäß Paragraph 48 Absatz 3 der Geschäftsordnung des Landtages spätestens in drei Monaten zur Zweiten Lesung erneut auf die Tagesordnung gesetzt.

(Zuruf von Eckhardt Rehberg, CDU)

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 9: Beratung des Antrages der Finanzministerin – Entlastung der Landesregierung für das Haushaltsjahr 2002 – Vorlage der Haushaltsrechnung und Vermögensübersicht des Landes –, Drucksache 4/950.

Antrag der Finanzministerin: Entlastung der Landesregierung für das Haushaltsjahr 2002 – Vorlage der Haushaltsrechnung und Vermögensübersicht des Landes – – Drucksache 4/950 –

Das Wort zur Begründung wird nicht gewünscht.

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache nicht vorzusehen. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist es so beschlossen.

Der Ältestenrat schlägt vor, den Antrag der Finanzministerin auf Drucksache 4/950 zur Beratung an den Finanzausschuss zu überweisen. Wer diesem Überweisungsvorschlag zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Danke schön. Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist der Überweisungsvorschlag einstimmig angenommen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 10: Beratung des Antrages der Fraktion der CDU – Entbürokratisierungsoffensive, Drucksache 4/973.

Antrag der Fraktion der CDU: Entbürokratisierungsoffensive – Drucksache 4/973 –

Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Herr Dr. Born von der Fraktion der CDU.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich zunächst einmal, dass uns der Herr Justizminister gestern einen Abschlussbericht zur Verfügung gestellt hat unter dem Thema „Deregulierung, Bürokratieabbau und Verwaltungsvereinfachung“. Und, Herr Minister, ich werde Ihnen auch gerne konstatieren, dass an einigen Stellen dieser Bericht erfreulich offen und ehrlich ist und sich damit wohltuend von dem unterscheidet, was Frau Schulz nun versucht hier zusammenzukomponieren und sich hinter dem Bericht so zu verstecken, dass sie meint, eine Stellungnahme zu den von uns in unserem Antrag sehr konkret aufgeführten Punkten damit einfach vom Tisch wischen zu können.

(Vizepräsident Andreas Bluhm übernimmt den Vorsitz.)

Das mag sie auch ruhig so tun, es stört uns nicht. Aber ich denke, Ihr Bericht, Herr Minister, hat es verdient, hier sehr viel ernsthafter diskutiert zu werden. Ich komme des

halb zunächst einmal auf das Anliegen unseres Antrages bei dieser Einbringung zu sprechen.

Es ist überhaupt keine Frage, jeder, der sich mit Verwaltungsverfahren auskennt, und jeder, der weiß, wie schwierig es für Unternehmen in diesem Lande ist, überhaupt noch zu ihrem Recht zu kommen, weiß natürlich, dass dies auch einen entscheidenden Grund darin hat, dass im Laufe der Jahre immer mehr Vorschriften hinzugekommen sind, die unsere Unternehmen gängeln, die es ihnen im Grunde genommen unmöglich machen, im internationalen Wettbewerb zu bestehen. Deshalb haben wir uns, das ist sicherlich kein Zufall, hier vor allen Dingen mit Genehmigungsverfahren der öffentlichen Hand auseinander gesetzt. Und wir haben etwas gemacht, was eigentlich die Zustimmung bis hin zur PDS finden sollte, dass wir nämlich den geballten Sachverstand, der erfreulicherweise im Land vorhanden ist – unter anderem durch das sehr begrüßenswerte Unternehmen „Testregion Westmecklenburg“, das, was dort erarbeitet worden ist von zahlreichen Experten aus Bund und Ländern, aus Verwaltungen, aus der Wirtschaft –, aufgegriffen haben und einen ersten Teilbereich Ihnen heute vorlegen, und zwar konzentriert auf die Fragen, die unmittelbare Auswirkungen auf die Unternehmen in unserem Land haben, nämlich natürlich diese Teilbereiche, die es unseren Unternehmen unter den gegenwärtig ohnehin schwierigen Bedingungen zusätzlich erschweren, sich erfolgreich am Markt zu behaupten.

Und, Herr Minister, wenn ich sage, dass Ihr Abschlussbericht sich in einigen Punkten auch dadurch auszeichnet, dass er sehr offen die Schwierigkeiten Ihrer Kommission anspricht, dann bin ich Ihnen sehr dankbar, dass Sie das machen. Das zeigt nämlich einmal mehr die Notwendigkeit, dass der Landtag sich nicht hinter einer Kommission versteckt, die vom Justizminister eingesetzt worden ist, sondern dass er selbst seine Verantwortung wahrnimmt im Gegensatz zu dem, was Frau Kollegin Schulz meint. Ihre Rede, die sie gleich halten will, hat sie ja schon veröffentlicht. Und deshalb kann ich das gleich mit abhandeln.

Herr Minister, in dem Abschlussbericht heißt es auf Seite 5, ich darf zitieren: „Nach dem allseits bekannten Phänomen zeigen zum anderen nahezu alle Organisationseinheiten der Verwaltungen auf allen Ebenen grundsätzlich ein nicht unerhebliches und schwer überwindbares ,Beharrungsvermögen.‘“ Sehr wahr, für uns nicht überraschend, ein leider nur allzu bekannter Tatbestand. Ich will gar nicht, dass wir diese Plattitüde von den Fröschen, die den Teich trockenlegen sollen, hier aufgreifen, aber Sie liefern auch konkrete Beispiele für das Beharrungsvermögen. Ich habe den Bericht erst heute Morgen bekommen und habe während der Landtagssitzung – ich habe natürlich den Rednern sehr aufmerksam zugehört – gleichzeitig ein bisschen geblättert,

(Heiterkeit bei Peter Ritter, PDS)

Kollege Ritter, ein bisschen geblättert und doch ein paar sehr interessante Dinge gefunden. Zunächst einmal stelle ich fest, dass Sie immer wieder gesagt haben, ja, hier gibt es Vorschläge der Kommission. Es gibt ja schon einen Zwischenbericht. Aber dann gibt es auch einen Beschluss der Landesregierung und die Landesregierung tut sich doch sehr schwer mit unseren etwas bescheidenen Ansätzen im Zwischenbericht. Deshalb muss man neue Anläufe machen. Genau diesem Ziel dient auch der heutige Antrag, Drive hineinzubekommen, denn die Wirt

schaft ist dringend darauf angewiesen, dass wir nicht ein paar kosmetische Korrekturen vornehmen, sondern endlich den Mehltau beseitigen, der sich über unsere Unternehmen legt durch ein Dickicht von Vorschriften.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

(Wolfgang Riemann, CDU: Nicht nur Absichtsbekundungen.)

Und nicht nur Absichtsbekundungen, Herr Vorsitzender des Finanzausschusses.

Erfreulich ist, dass Sie immer noch versuchen, unseren Vorschlag, den wir schon längst im Landtag eingebracht haben, aufzugreifen, nämlich, dass Sie Vorschriften von vornherein befristen und derjenige, der sie in Gang setzt, Verordnungen, Erlasse und so weiter, die Nachweispflicht haben muss, dass sie dann doch noch gebraucht werden. Aber da müssen Sie gegen das Beharrungsvermögen ankämpfen.

Nun, meine sehr verehrten Damen und Herren, der offizielle Kommissionsbericht des Justizministers. Und da würde ich mich ja freuen, Frau Kollegin Schulz, wenn Sie das mal aufmerksam zur Kenntnis nehmen. Dann können Sie nämlich nicht mehr formulieren, wir brauchen hier keinen Antrag der CDU-Fraktion, das löppt alles von alleine. Frau Kollegin Schulz, auf Seite 28 steht unter 2.4., ich zitiere:

„Neue Regelungen 2003 So sehr die Aufhebungen und Zusammenfassungen von Regelungen der Ressorts zu begrüßen und damit einige Schritte in Richtung Deregulierung getan sind, um so mehr verwundert es jedoch, dass in dem Jahr 2003 7 Gesetze, 50 Verordnungen, 301 Verwaltungsvorschriften (veröffentlicht) “ – es gibt noch sehr viel mehr nicht veröffentlichte – „insgesamt 358 neu erlassen wurden.“ Inwieweit diese den Erfordernissen der gemeinsamen Geschäftsordnung der Landesregierung II unter dem Gesichtspunkt der Notwendigkeit entsprechen, hat die Kommission nicht beurteilt.

Im Verhältnis, Frau Kollegin Schulz, zum Stand 31. Dezember 2002 hat sich somit der Bestand der Regelungen um circa acht Prozent erhöht. Das ist das Ergebnis der Deregulierungsbemühungen der Landesregierung und deshalb, Frau Kollegin Schulz, ist es so notwendig, dass dieser Landtag initiativ wird, um denjenigen, die ernsthaft bemüht sind – zu denen zählt ja der Justizminister erfreulicherweise –,

(Wolfgang Riemann, CDU: Zumindest mit Worten.)

die Arbeit hier nicht nur zu erleichtern, sondern hier ist es eins der typischen Fälle, wo ein Minister auf die Unterstützung durch das Parlament angewiesen ist, damit er mit dem nötigen Nachdruck solche Vorhaben betreiben kann. Denn es ist nicht in erster Linie böser Wille. Jeder dieser engagierten Beamten, Beamtinnen, Angestellten kämpft natürlich für seinen Bereich und deshalb braucht man einen Beschluss des Landtages, um deutlich zu machen, hier muss ein Umdenken stattfinden. Wir müssen gegen das Beharrungsvermögen angehen.

Eine Gesetzesfolgenabschätzung hat die Kommission vorgeschlagen. Damit hat sie sich nicht durchsetzen können. Wir schlagen Ihnen ganz konkret zum Widerspruchsverfahren eine Regelung vor, Herr Minister, die Sie in der Kommission auch diskutiert haben, ohne weitergekom

men zu sein. Sie sagen, das Widerspruchsverfahren verzögert ganz erheblich. Das lässt sich nicht bestreiten, das ist eines der Hauptkritikpunkte der Wirtschaft, dass alles viel zu lange dauert im Land. Ich will Ihnen ein Beispiel sagen: Wenn Sie eine GmbH eintragen lassen wollen, dann können Sie das in den USA unbestritten in vier Tagen schaffen, in Westeuropa im Schnitt in vier Wochen. Bei uns dauert es vier Monate, unter Umständen länger. Diese Zahlen sind alle bekannt.

Und wenn wir jetzt sagen, Herr Minister, das Widerspruchsverfahren müssen wir anders gestalten, dann aus folgendem Grund: Ich stimme Ihnen zu, wenn Sie nicht pauschal den Vorschlag aus der Testregion aufgreifen. Das sehen Sie in unserem Entwurf, der Ihnen ja allen vorliegt, und deshalb gehe ich jetzt nicht auf die Punkte im Einzelnen ein. Das können wir in der Debatte gerne machen. Sie werden feststellen, dass wir den Vorschlag aus der Testregion nicht einfach hier eins zu eins übernommen haben, einfach Abschaffung des Widerspruchsverfahrens, damit man gleich ins Klageverfahren gehen kann, denn ein Widerspruchsverfahren kann durchaus zur Beschleunigung beitragen und Sinn machen, wenn es nämlich der Verwaltung die Möglichkeit gibt, ihre Entscheidung noch einmal richtig konsequent und schnell zu überprüfen.

Das ist aber das Entscheidende, die schnelle Überprüfung. So, wie es jetzt in der Praxis läuft, geht es in der Tat nicht weiter. Das blockiert alles, denn dann, wenn das Widerspruchsverfahren zwingend vorgeschrieben ist, führt es dazu, dass unter Umständen die Verwaltungen Monate brauchen, um zu entscheiden. Allens blifft bi’n Ollen! Es ist genau so, wie wir es entschieden haben. Es sind keine neuen Gesichtspunkte vorgetragen worden und das bekommt dann der Antragsteller nach vier Monaten mitgeteilt.

Herr Minister, das ist in der Tat äußerst wirtschaftsfeindlich. Deshalb müssen wir die Widerspruchsverfahren verändern und deshalb finden Sie das in unserem Antrag, überschrieben mit Entbürokratisierungsoffensive. Das ist übrigens gar nicht so militaristisch, Frau Kollegin Schulz, wie Sie es in Ihrer Rede darzulegen versuchen,

(Heiterkeit bei Angelika Gramkow, PDS, und Gabriele Schulz, PDS – Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU Gabriele Schulz, PDS: Diese Aufmerksamkeit!)