Protokoll der Sitzung vom 04.03.2004

Die CDU in unserem Land, anders allerdings als die CDU in den anderen Bundesländern, ignoriert die Tatsachen und betreibt reine Ideologie, die man daran erkennt, dass Herr Thomas nicht einmal weiß, wie viele Härtefälle in der Härtefallkommission unter humanitären Gesichts

punkten beraten wurden, und gibt Urteile ab in völliger Unkenntnis der Tatsachen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Hört! Hört!)

Ich komme zu den Einzelheiten. Wir haben aufgrund der Koalitionsvereinbarungen von 1998 im September 1999 die Härtefallkommission in Mecklenburg-Vorpommern eingerichtet.

(Zuruf von Reinhardt Thomas, CDU)

Sie hat eine Geschäftsordnung und ein Merkblatt herausgegeben, mit dem alle Antragsteller, also Asylbewerber oder deren Anwälte, zum Antragsverfahren informiert worden sind. Die Kommission besteht aus acht Mitgliedern und acht Stellvertretern. Sie arbeitet behördenunabhängig und wird jeweils für eine Amtszeit von zwei Jahren gewählt. Jeweils zwei Mitglieder der Kommission kommen aus den Bereichen der Wohlfahrtsverbände, zwei weitere aus den Bereichen der Flüchtlingsorganisationen, zwei weitere von den Kirchen und noch zwei weitere von der Landesregierung. Sie arbeiten ehrenamtlich und, wie ich hinzufügen will, auch äußerst aufopferungsvoll. Die Härtefallkommission wird von einer Geschäftsstelle in meinem Hause unterstützt, die an den Sitzungen durch die Auswertung der Ausländerakten teilnimmt und diese dadurch vorbereitet, eine rechtliche Würdigung des Sachverhaltes vornimmt und den Entwurf einer Entscheidungsvorlage für die Kommissionsmitglieder anfertigt.

Ein in Mecklenburg-Vorpommern lebender Ausländer kann die Härtefallkommission anrufen, wenn ihm konkret eine Abschiebung droht. Er muss dann darlegen, warum die Durchsetzung der Ausreisepflicht für ihn unter bestimmten konkreten humanitären oder sozialen Aspekten eine besondere Härte bedeutet. Der Antrag an die Härtefallkommission ist kein Rechtsbehelf, er hat keine aufschiebende Wirkung und gegen die Entscheidung der Kommission kann kein Rechtsmittel eingelegt werden. Die Kommission selbst entscheidet auf der Grundlage des Mehrheitsprinzips.

Nun will ich Ihnen die Zahlen nennen, die seit September 1999 bis heute für die Härtefallkommission sprechen. An die Härtefallkommission sind 94 Anträge für insgesamt 265 Personen gestellt worden. Davon hat sie inzwischen 91 Anträge für 254 Personen abgeschlossen. Von diesen hat sie 65 Anträge inhaltlich wie folgt entschieden: 14 Anträge für 26 Personen konnten mit einem positiven Ergebnis versehen werden, das heißt, sie hat dem Antragsbegehren aufgrund einer rechtlich beachtlichen Härte der Ausländerbehörde gegenüber eine positive Empfehlung abgegeben. 10 Anträge für 25 Personen wurden mit einem eingeschränkt positiven Ergebnis versehen, das heißt, dem Antrag konnte zwar nicht in vollem Umfang, aber teilweise entsprochen werden. 41 Anträge für 125 Personen mussten nach intensiver Beratung mit einem negativen Ergebnis versehen werden. Das heißt, in diesen Fällen sah auch die Härtefallkommission aufgrund der vorgebrachten Einzelheiten und im Zusammenhang mit der Rechtslage keine Möglichkeit, den Antragstellern zu helfen.

In der Regel tagt die Härtefallkommission einmal im Monat, um zeitnah über die eingegangenen Anträge beraten zu können. Das zeigt, dass die Mitglieder, die, um es noch einmal zu betonen, ehrenamtlich tätig sind, sehr

engagiert und zeitaufwendig sich um die Belange der in unserem Land lebenden Asylbewerberinnen und Asylbewerber bemühen. Deswegen möchte ich an dieser Stelle Gelegenheit nehmen, den Mitgliedern der Härtefallkommission für ihre Arbeit zu danken,

(Beifall Angelika Gramkow, PDS)

insbesondere dem Vorsitzenden, der in den ersten zwei Jahren tätig war, Herrn Peter Sense, und dem jetzigen Vorsitzenden Herrn Dr. Ruben Cardenas, der bis heute als Vorsitzender der Härtefallkommission agiert.

Meine Damen und Herren, die überwiegend schon seit 1999 bestehende Zugehörigkeit zu diesem Gremium für die meisten der Mitglieder zeigt, dass sie ihre Aufgabe sehr ernst nehmen und sehr verantwortungsvoll tätig sind. Insofern bin nicht nur ich, sondern, wie ich weiß, sind auch viele, die sich in diesem Kreis engagieren, erfreut darüber, dass der Landtag sich diesem Thema durch diese Debatte ausdrücklich zuwendet.

Ich betone noch einmal: Die Härtefallkommission trägt tatsächlich in ihrem Aufgabengebiet zum inneren Frieden in diesem Land bei. Sie hat sich bei den Ausländern und vor allem auch bei den Ausländerbehörden in den Kommunen, darüber hinaus auch bei den Ausländerbeauftragten in den Kommunen Anerkennung und Respekt verschafft, Herr Thomas, die/der beispielgebend ist. Das war Ihr Einwand vor fünf Jahren. Sie haben gesagt, die Härtefallkommission geht am Gesetz vorbei. Das haben Sie heute wiederholt.

(Reinhardt Thomas, CDU: Natürlich. Tun Sie auch.)

Nichts dergleichen ist der Fall. Durchgehend werden die Empfehlungen der Härtefallkommission von den Ausländerbehörden beachtet,

(Reinhardt Thomas, CDU: Was ist denn das?)

ernst genommen und umgesetzt.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD – Zuruf von Reinhardt Thomas, CDU)

Und das ist der Erfolg, den wir wollten, den Sie verhindern wollten, aber nicht verhindern können, und deswegen heute das Geschrei.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Nee, nee, nee!)

Ich bedauere das zutiefst, meine Damen und Herren.

(Zuruf von Reinhardt Thomas, CDU)

Die Fortführung der Härtefallkommission in diesem Bundesland steht völlig außer Frage, sie wird weitergeführt und ich füge Folgendes hinzu, das können Sie vielleicht nicht wissen, Herr Thomas: In der Zuwanderungskommission, die der Vermittlungsausschuss eingesetzt hat, die von Herrn Ministerpräsidenten Müller (CDU) aus dem Saarland geleitet wird, wird sehr einhellig ohne Widerspruch auf irgendeiner Seite die Meinung vertreten, dass in allen Bundesländern dann, wenn das Zuwanderungsgesetz verabschiedet sein wird, Härtefallkommissionen eingerichtet werden sollen, natürlich auch in denen, wo die CDU die Verantwortung trägt oder gar die CSU.

(Reinhardt Thomas, CDU: Was höchst strittig ist, wie Sie wissen.)

Heute haben wir Härtefallkommissionen in Mecklenburg-Vorpommern, in den Bundesländern Schleswig-Hol

stein und Nordrhein-Westfalen. Es hat sich herumgesprochen, dass die Arbeit sinnvoll, nützlich und erfolgreich ist, und deswegen wird es in nächster Zeit – vorausgesetzt das Zuwanderungsgesetz kommt, davon gehe ich im Moment aber aus – überall in Deutschland, in allen 16 Ländern Härtefallkommissionen geben. Das spricht für sich und das ist ein erfreuliches Ergebnis auch für die, die bei uns in diesem Bereich gewirkt haben. – Vielen Dank.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS)

Danke schön, Herr Minister.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Ritter von der Fraktion der PDS.

(Rainer Prachtl, CDU: Jetzt die guten Menschen an die Front!)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

Herr Prachtl, von Ihnen hätte ich nun so einen Zwischenruf nicht erwartet,

(Rainer Prachtl, CDU: Den dürfen Sie ruhig von mir erwarten. Die Staatsicherheit hat genug Dinge gemacht.)

aber gut.

(Zuruf von Rainer Prachtl, CDU – Glocke der Vizepräsidentin)

Wir hatten da schon einmal einen anderen Gesprächsfaden miteinander, Herr Prachtl, wir zwei.

(Heinz Müller, SPD: Das sind ja wieder beredte Zeugnisse christlicher Nächstenliebe!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren!

Werter Herr Kollege Thomas, ich versuche es vorsichtig zu formulieren: Ihr Redebeitrag hat wieder einmal deutlich gemacht,

(Heiterkeit bei Dr. Ulrich Born, CDU)

Sie sind und bleiben einer, dem Ausländerinnen und Ausländer in diesem Land ein Dorn im Auge sind.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und PDS)

Ich bitte Sie, ganz einfach einmal zur Kenntnis zu nehmen, dass nach jüngsten Veröffentlichungen Deutschland schon lange nicht mehr das Einwanderungsland Nummer eins in Europa ist. Und wenn Sie sich hier hinstellen und meinen, die Mitglieder der Härtefallkommission wären Rechtsbrecher, dann kann ich Ihnen nur empfehlen, klagen Sie und Sie werden mörderisch in die Knie gehen.

(Beifall bei Abgeordneten der PDS und einzelnen Abgeordneten der SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, am 3. September 1999 hat die konstituierende Sitzung der Härtefallkommission stattgefunden. Das war ein Ereignis, das bei der PDS Mecklenburg-Vorpommern und ihrer Landtagsfraktion natürlich mit Genugtuung aufgenommen wurde,

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja, genau.)

denn damit ist eine unserer wichtigsten Forderungen im asylpolitischen Bereich Wirklichkeit geworden. Und dass Sie mir und meinem Kollegen Monty Schädel heute hier so

ein Denkmal gesetzt haben, dafür bin ich Ihnen nun wirklich dankbar.

(Reinhardt Thomas, CDU: Das ist schon peinlich genug mit Ihnen und Monty Schädel.)

Ich erinnere mich noch gut, wie wir in Gesprächen mit Mitgliedern bereits arbeitender Härtefallkommissionen, und das sollten Sie vielleicht auch mal tun – speziell denen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen –, Informationen einholten, Fakten sammelten und zu Schlussfolgerungen für unser Bundesland verdichteten. Wir erkannten schnell, dass ein solches Gremium die Gebrechen der bundesdeutschen Ausländergesetze nicht zu heilen vermag, wohl aber es möglich ist, einzelnen abgelehnten Asylsuchenden, die sich in einer besonderen Härte durch drohende Abschiebung befinden, zu helfen. Und da sagen wir im Gegensatz zu Ihnen, Herr Thomas: Jeder Einzelfall zählt, jeder Einzelfall.