Protokoll der Sitzung vom 13.05.2004

(Wolfgang Riemann, CDU: Von seinem Sachverstand.)

Frau Bulmahn angeschrieben und ihr erstens erhebliche wirtschafts- und standortpolitische Nachteile erklärt hat. Minister Ebnet befürchtet, dass vor allem in der CallCenter-Branche Tausende Arbeitsplätze verloren gehen könnten.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Da können wir auch locker drauf verzichten.)

Zweitens, Zitat, unser Wirtschaftsminister laut „Nordkurier“: „Durch die gegenwärtige Debatte entsteht eine große Verunsicherung mit dem Ergebnis, dass am Ende weniger Lehrstellen zur Verfügung stehen könnten.“

(Dr. Armin Jäger, CDU: Genau das.)

„Es gibt nicht nur ein quantitatives Problem, es gibt auch ein enormes qualitatives Problem auf dem Lehrstellenmarkt.“

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Harry Glawe, CDU: Das ist wahr.)

„Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass nicht jeder Bewerber jedem Betrieb zugemutet werden kann.“ Das sagt der Wirtschaftsminister dieses Landes aus seiner Verantwortung heraus und er hat Recht. Und Sie treten nicht nur ihm in die Hacken, sondern Sie schaden unseren Unternehmen, wenn Sie einen solchen Unsinn hier beschließen. – Vielen Dank.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Wolfgang Riemann, CDU: Und unserem Land und unseren Jugendlichen. – Zuruf von Reinhard Dankert, SPD)

Danke, Herr Dr. Born.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der CDU auf Drucksache 4/1170.

(Wolfgang Riemann, CDU: Ideologie ohne Sachverstand, da kann man auch mit dem besten Beispiel nichts regeln.)

Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Danke schön. Gegenstimmen? – Danke. Stimmenthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktion der CDU auf Drucksache 4/1170 mit den Stimmen der Fraktionen der SPD und PDS bei Zustimmung der Fraktion der CDU

(Reinhard Dankert, SPD: Und einer Stimme aus der SPD.)

und eines SPD-Abgeordneten abgelehnt.

Meine Damen und Herren, wir treten jetzt in die Mittagspause ein. Wir hatten uns auf eine 30-minütige Pause geeinigt. Ich unterbreche die Sitzung, sie wird um 13.35 Uhr fortgesetzt.

Unterbrechung: 13.05 Uhr __________

Wiederbeginn: 13.37 Uhr

Meine Damen und Herren, ich eröffne die unterbrochene Sitzung und rufe auf den Tagesordnungspunkt 19: Beratung des Antrages der Fraktionen der PDS und SPD – Agenda-21-Prozess – grenzübergreifend, auf Drucksache 4/1179. Hierzu liegt Ihnen ein Änderungsantrag der Fraktion der CDU auf Drucksache 4/1201 vor.

Antrag der Fraktionen der PDS und SPD: Agenda-21-Prozess – grenzübergreifend – Drucksache 4/1179 –

Änderungsantrag der Fraktion der CDU – Drucksache 4/1201 –

Das Wort zur Begründung hat die Abgeordnete Frau Schwebs von der Fraktion der PDS.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich begrüße Sie alle persönlich ganz herzlich zu diesem interessanten Tagesordnungspunkt.

(Beifall und Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS)

Meine Damen und Herren, 20 Jahre nach der ersten UN-Umweltkonferenz fand 1992 in Rio de Janeiro die Konferenz der Vereinten Nationen für Umwelt und Entwicklung statt. Die internationale Staatengemeinschaft verständigte sich auf eine neue weltweite Zusammenarbeit in der Umwelt- und Entwicklungspolitik. Und nur die allergrößten Optimisten glaubten damals bei der Breite der Themen und der Größe der globalen Probleme an ein Ergebnis des Sitzungsmarathons. Aber es wurden trotz aller Unkenrufe die Rio-Deklaration, die Klimarahmenkonvention, das Übereinkommen über die biologische Artenvielfalt, die Waldgrundsatzerklärung und das Aktionsprogramm „Agenda 21“ beschlossen. Und Leitbild dieser aller ist die nachhaltige umweltgerechte Entwicklung, und zwar mit den drei gleichberechtigten Bereichen Ökologie, Ökonomie und natürlich auch Soziales.

Inzwischen verpflichteten sich fast 180 Staaten, darunter die Bundesrepublik Deutschland und die Republik Polen, auf dieses Leitbild einer nachhaltigen Entwicklung. Das beschlossene Aktionsprogramm enthält wichtige Festlegungen, unter anderem zur Armutsbekämpfung, zur Bevölkerungspolitik, zu Handel und Umwelt, zur Abfall-, Chemikalien-, Energie- und Klimapolitik, zur Landwirtschaftsentwicklung sowie zu finanzieller und technologischer Zusammenarbeit der Industrie- und Entwicklungsländer. Der Agenda-21-Prozess war geboren. Dieser ist aber nicht nur auf der globalen Ebene von Bedeutung, sondern ausgestaltet wird er gerade auch auf der lokalen und regionalen Ebene. Hier vor Ort wird er aktiv und in seinem ganzheitlichen Ansatz umgesetzt.

Um die ökonomischen, ökologischen und sozialen Ziele der nachhaltigen Entwicklung unter einen Hut zu bringen, diese in einen globalen Kontext zu stellen und zu verwirklichen, ist gemeinsames Handeln der politischen, der regionalen und der lokalen Akteure unerlässlich.

Mit der Agenda 21, meine Damen und Herren, wurde ein Aktionsprogramm für das 21. Jahrhundert verabschiedet, in dem Wege hin zu einer nachhaltigen und zukunftsbeständigen Entwicklung beschrieben werden. Viele Staaten legten seither nationale Aktionspläne vor, die zeigen, wie sie in ihrem Land eine nachhaltige Entwicklung gestalten wollen. Auch die Bundesrepublik Deutschland formulierte mit dem Umweltbericht von 1994 – im Übrigen

unter der Federführung des damaligen CDU-Umweltministers Töpfer – ihre erste nationale Agenda zur Umsetzung des Abkommens von Rio, die sich an dem dort entwickelten Leitbild orientierte. Seither beansprucht Deutschland eine Vorreiterrolle unter den Industrienationen für sich und versuchte, dieser Rolle auch auf der Nachfolgekonferenz von Rio gerecht zu werden.

Meine Damen und Herren, ich möchte Ihnen an dieser Stelle auch noch einmal ins Bewusstsein rufen, dass das Land Mecklenburg-Vorpommern bereits seit 1997 ein Klimaschutzkonzept hat. In diesem Konzept ist beispielsweise festgeschrieben, dass der Ausstoß treibhausrelevanter Gase bis 2010 auf 25 Prozent der 1990 gemessenen Emissionen sinken soll.

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS – Hans-Heinrich Jarchow, SPD: Energiesparen! Jetzt geht das Licht aus. – Beate Mahr, SPD: Das hängt mit der Agenda zusammen.)

Es hängt mit dem Energiesparen zusammen, was hier vorgeht, genau.

Durch Rio kam auch in der Bundesrepublik endlich ein nationaler Diskussionsprozess zur nachhaltigen Entwicklung von Ländern, Regionen und Kommunen in Gang, der bis heute anhält. Die Landesregierung von MecklenburgVorpommern sieht sich – insbesondere seit 1998 – in der Pflicht, aktiv in diesem Prozess mitzuwirken. Eine Erkenntnis aus diesem Engagement ist, Agenda-Arbeit muss politisch gewollt sein und administrativ eingebunden werden, damit die sich ergebenden Chancen auch wirklich genutzt werden können.

So verpflichteten sich SPD und PDS im Herbst 2002 in der Koalitionsvereinbarung, eine Agenda 21 für Mecklenburg-Vorpommern zu erarbeiten. Dieses Vorhaben wurde durch einen Kabinettsbeschluss zum Regierungsprogramm. Unter der Federführung des Umweltministeriums wird derzeit mit Hilfe einer IMAG an der Umsetzung gearbeitet. Und die PDS-Landtagsfraktion hofft, dass noch in diesem Jahr ein erster Entwurf vorgelegt werden kann.

Auch die Aktivitäten der Kommunen in unserem Land sind beachtlich und sie sind notwendig, denn nur, wenn die Kommunen sich dem Leitbild einer nachhaltigen Entwicklung verschreiben, kann sich das ganze Land zukunftsfähig darstellen und gestalten. Beispielhaft für einen dauerhaften und erfolgreichen städtischen Agenda-Prozess seien nur die Hansestadt Rostock und Güstrow benannt. Mittlerweile gibt es circa 200 Beschlüsse zur Bildung von regionalen Agenden durch Gemeinde- oder Stadtvertretungen und einige Dutzend weitere sind in Vorbereitung. Die Steigerung zu 1998 – damals waren es gerade mal 16 regionale Agenden – ist beachtlich. Damit beteiligen sich circa 20 Prozent der rund 1.000 Kommunen von Mecklenburg-Vorpommern mit lokalen Agenden an der nachhaltigen Entwicklung ihres Heimatortes und des Landes.

Unter dem Dach der Agenda 21 sind landesweit viele Initiativen ausgelöst worden. Viele erfolgreiche Projekte wurden begonnen, deren Qualität besonders in Bezug auf die konkreten Probleme und Potentiale vor Ort und ihrer handlungsübergreifenden Ausrichtung bestehen.

Aber, meine Damen und Herren, der Agenda-21-Prozess befindet sich derzeit auch in einer komplizierten Phase. Viele Regionen stehen vor der Aufgabe einer Neu

orientierung. Dies betrifft insbesondere die Absicherung des Regionalmanagements, das den Agenda-Prozess bisher begleitete. Durch die alternativlose Bereinigung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente durch die rot-grüne Regierung in Berlin können viele Agenda-Projekte, die als GAP-Projekte mit Hilfe von SAM oder ABM durchgeführt wurden, nicht oder nur in abgespeckter Form weitergeführt werden. Kommunen, die bisher maximal die Sachkosten übernommen hatten, müssten bei den Personalkosten einsteigen. Und da fragt man sich dann, ob sie auch das noch leisten können.

Es sind aber Akteure notwendig, die hauptamtlich und langfristig die Aufgaben des Agenda-Prozesses bearbeiten. Gesellschaftlich notwendig dringende Aufgaben, die von Akteuren erkannt und formuliert werden, können jetzt aber unter Umständen nicht mehr realisiert werden. So ist der Agenda-Prozess selbst ein Beweis dafür, dass ein öffentlich geförderter Beschäftigungssektor nicht nur das verträumte Steckenpferd einer linken Partei ist, sondern ein dringendes gesellschaftliches Bedürfnis,

(Beifall Andreas Bluhm, PDS, und Gabriele Schulz, PDS)

denn gesellschaftlich notwendige Arbeiten müssen auch aus Steuermitteln bezahlt werden, sonst bleiben sie liegen und werden eben nicht getan. Beispielhaft sind auch an dieser Stelle wieder einmal unsere skandinavischen Nachbarn, dort liegt die Beteiligung der Kommunen bei fast 100 Prozent.

Die Notwendigkeit von nachhaltiger Entwicklung, meine Damen und Herren, macht aber nicht an Grenzen von Kommunen oder Ländern Halt. Länderübergreifende Projekte sind in einem immer mehr zusammenwachsenden Europa notwendig. Ich meine damit nicht nur gemeinsame Projekte mit unseren benachbarten Bundesländern, sondern gerade auch mit unserem östlichen Nachbarn Polen. Und nach dem Beitritt Polens und der baltischen Staaten zur EU am 1. Mai 2004 verstärken sich die Notwendigkeit und die Möglichkeiten einer grenzübergreifenden Zusammenarbeit des Agenda-21-Prozesses enorm.

Vieles ist hier schon erreicht – ich werde nachher in meiner zweiten Rede darauf noch eingehen –, trotzdem sollte Mecklenburg-Vorpommern seine Anstrengungen auf diesem Gebiet verstärken. Deshalb haben Sie heute über den Antrag der Koalitionsfraktionen zu befinden, für den ich um Zustimmung bitte.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS)

Danke, Frau Schwebs.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 30 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist es so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat der Umweltminister Herr Professor Methling.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich schicke voraus, Agenda-Veranstaltungen, die wir im Lande durchführen, sind meistens gut besucht im Unterschied zur Debatte jetzt im Landtag, der sich mit dieser Thematik beschäftigt.

Ich will mich ausschließlich konzentrieren auf die Zusammenarbeit mit Polen, obwohl es mir sehr am Herzen liegen würde, allgemeine Ausführungen zu machen, auch was die Vorbilder in Skandinavien betrifft, das ist in der Tat so.

Mit dem Antrag der Regierungsfraktionen wird die Landesregierung aufgefordert, sich nach dem Beitritt der mittel- und osteuropäischen Staaten verstärkt für eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Umweltschutzes einzusetzen. Ich bin den Fraktionen dankbar, dass sie dieses Thema in dieser Form im Plenum ansprechen.

Zunächst einmal möchte ich erneut feststellen, was auch der Herr Ministerpräsident und viele von uns und von Ihnen in den letzten Tagen unterstrichen haben: Die Erweiterung der Europäischen Union um die zehn neuen Beitrittsstaaten ist ein historischer Schritt und Teil eines der größten Friedensprojekte im Zusammenleben der Völker auf diesem Planeten.