Protokoll der Sitzung vom 25.11.2002

Das hat es in Deutschland noch nicht gegeben, dass eine Steuerart mit einem Minus davor stand.

(Angelika Gramkow, PDS: Das ist exakt.)

Und wenn das Minus dann insgesamt noch an die 25 Milliarden Euro im Jahr 2002 geht, dann müssen Sie sich doch mal wirklich fragen, warum haben Sie im Juni 2000 Ja gesagt. Sind die fünf Ortsumgehungen uns da nicht teuer zu stehen gekommen oder der warme Händedruck, den Herr Bundeskanzler Schröder Herrn Minister Holter gewidmet hat? Das ist doch wohl teuer genug für dieses Land geworden.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Wolfgang Riemann, CDU: Richtig. – Siegfried Friese, SPD: Der Bundesrat hat das so entschieden. – Dr. Armin Jäger, CDU: Eine Hängebrücke wollen wir nicht mehr.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir sind natürlich in hohem Maß abhängig von Brüssel und Berlin. Aber kann eine Politik richtig sein, die geplant hat – vor diesen gravierenden Steuerausfällen –, dass im Jahr 2005 die Personalausgaben des Landes nach der Mittelfristigen Finanzplanung um 50 Prozent über denen der Investitionen liegen? Kann eine Politik richtig sein, wo nach Zeitungsmeldungen – und da steht dann: auf Nachfrage – im Finanzministerium 60 Millionen Euro für den öffentlichen Beschäftigungssektor ausgegeben werden, der nachweislich keine nachhaltigen Effekte auf dem Arbeitsmarkt bringt, der keine Arbeit schafft, sondern lediglich Beschäftigung? Kann eine Politik richtig sein, wo in einer Legislaturperiode 35 Millionen Euro für Beraterverträger ausgegeben werden? Und kann eine Politik richtig sein, wo ein Programm wie „Jugend baut“ 8,5 Millionen Euro kostet und lediglich 27, meine Damen und Herren, 27 eine Stelle auf dem ersten Arbeitsmarkt auf dem Bau finden?

(Harry Glawe, CDU: Schönes Nischenprogramm.)

Übrigens, bisher hat niemand kontrolliert, ob die 27 auch noch in Arbeit sind.

(Heiterkeit bei Dr. Armin Jäger, CDU – Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, was heißt es bei Ihnen eigentlich, Personalpolitik zu betreiben? Sie haben ja hier sehr schön aufgelistet, wo Sie besonders Personal eingespart haben, ich will’s Ihnen sagen: von 2000 bis 2003 minus 2.800 Stellen im Bereich der Hochschulen und der Lehrer, aber plus 188 Stellen bei Ihnen selber, bei den obersten Landesbehörden, bei den Ministerien und bei der Staatskanzlei.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja.)

Das ist Ihre Politik, die Sie machen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich biete Ihnen unsere Mitarbeit an, wenn Sie im finanzpolitischen Raum folgende Punkte aufgreifen:

1. eine Verkleinerung der Landesregierung und eine konsequente Aufgabenkritik in der Landesverwaltung,

2. eine Entbürokratisierungsoffensive,

3. eine Freisetzung zusätzlicher finanzieller Ressourcen durch die Einstellung des ÖBS und der gemeinwohlorientierten Arbeitsförderprojekte,

(Beifall Harry Glawe, CDU)

4. konsequente Umsetzung der Beschlüsse der Enquetekommission zur Gemeindestrukturreform und

5. Ausbau der Schulen und Hochschulen als Garanten für die Zukunft des Landes Mecklenburg-Vorpommern.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das sind unsere Angebote.

(Rudolf Borchert, SPD: Oh, oh, oh!)

Und ich sage Ihnen eins: Schieben Sie nicht Entbürokratisierung, Kabinettsreform hinaus aufs Jahr 2006 oder 2010!

(Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Sorgen Sie dafür – und hier sind wir bereit mitzuhelfen –, dass Mecklenburg-Vorpommern nicht zum Sanierungsfall wird. Mecklenburg-Vorpommern wird dann nicht zum Sanierungsfall, wenn Sie endgültig bereit sind, wirklich auch einmal schmerzliche Einschnitte bei sich selber zu beginnen. Man wird nur dann glaubwürdig zum Sparen aufrufen können, wenn man bei sich selber anfängt. – Meine sehr verehrten Damen und Herren, herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Danke schön, Herr Rehberg.

Meine Damen und Herren der PDS- und SPD-Fraktion, wird das Wort zur Einbringung des Antrages auf Drucksache 4/36 gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 120 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat die Finanzministerin Frau Keler. Bitte schön.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es stimmt, die Finanzlage ist dramatisch. Die Steuern sind weit heftiger eingebrochen, als ich sie Ihnen im März, im Mai und noch Anfang September aufgrund der damaligen Daten darstellen konnte. Ich habe das ganze Jahr mit offenen Karten gespielt, wie in den Vorjahren auch. Seit April bekommt der Finanzausschuss Monat für Monat die aktuellen Ist-Zahlen.

(Wolfgang Riemann, CDU: Manchmal muss man aber Druck machen. – Zuruf von Siegfried Friese, SPD)

Darin waren auch die sonstigen Veränderungen wie zum Beispiel bei der Zusatzversorgung enthalten. Erläuterungen hierzu habe ich bei jeder sich bietenden Gelegenheit gegeben. Mein Kenntnisstand war auch der Kenntnisstand des Finanzausschusses und damit des Parlamentes.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und PDS)

Zusätzliche Erkenntnisse werden sich erst im Zusammenhang mit dem Haushaltsabschluss 2002 ergeben. Auf dieser Basis wird das Kabinett noch im Januar 2003 den Entwurf eines Nachtrages für 2003 beschließen und dem Landtag vorlegen. Dabei wird sich die Landesregierung auch zu den Auswirkungen auf die mittelfristige Perspektive äußern. Auf diese Weise werden wir dem in Paragraph 10 Absatz 2 LHO verankerten Informationsrecht des Landtages Rechnung tragen.

(Heiterkeit bei Eckhardt Rehberg, CDU – Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Ich rechne in diesem Jahr gegenüber unserer Veranschlagung mit Steuerausfällen in Höhe von 375 Millionen Euro und in 2003 von 371 Millionen Euro. Diese Beträge waren bis Ende September nicht erkennbar. Die Ausfälle in ihrem ganzen Umfang waren auch nicht für Hessen, für Sachsen, für Baden-Württemberg, für Bayern, für Sachsen-Anhalt und auch nicht für Thüringen erkennbar.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS)

Das mögen Sie unter anderem daran ablesen, dass Sachsen-Anhalt noch in der vorletzten Woche seinen Haushalt für 2003 mit Zahlen auf Basis der überholten Maisteuerschätzung eingebracht hat.

Meine Damen und Herren, es hat den Bund und alle Länder heftig getroffen, die Kommunen in abgeschwächter Form. Die Ursachen für den abnormen Rückgang der Steuereinnahmen will die CDU – wir haben es auch heute wieder gehört – in einer angeblich verfehlten Steuerpolitik der Bundesregierung entdeckt haben. Leider bleibt sie die Begründung dafür schuldig.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Lesen Sie mal das Sachverständigengutachten!)

Diese Pauschalkritik verwundert, denn die Steuerreformschritte der Bundesregierung ähneln denen der Petersberger Steuerbeschlüsse der Vorgängerregierung aus dem Jahre 1997.

(Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Heiterkeit bei Harry Glawe, CDU – Angelika Gramkow, PDS: Das ist genau das Schlimme.)

Wer sich mit der Steuerpolitik kritisch auseinander setzen will, muss die Fakten und die Zahlen zur Kenntnis nehmen.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Eben.)

Eingebrochen sind die Einnahmen aus der Umsatzsteuer und der Körperschaftssteuer. Auf die Umsatzsteuer wirken sich vor allem konjunkturelle Einflüsse aus. Der Euro hat zu einer gewissen Kaufzurückhaltung geführt,

(Eckhardt Rehberg, CDU: Jetzt ist der Euro schuld. – Heiterkeit bei Wolfgang Riemann, CDU: Ja, jetzt ist der Euro schuld.)

die sich in einer leicht steigenden Sparquote widerspiegelt.

(Zuruf von Dr. Ulrich Born, CDU)

Die Steuerreform ist aber ganz sicher keine Ursache für den Rückgang der Umsatzsteuer. Es hat nämlich im Umsatzsteuergesetz keine Rechtsänderung gegeben.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja, weil die Leute weniger Geld im Portemonnaie haben. So sieht das aus.)