Protokoll der Sitzung vom 14.10.2004

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS)

Danke, Frau Schwebs.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 30 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist es so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat der Wirtschaftsminister Herr Dr. Ebnet.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

Frau Schwebs, ich hatte eigentlich eine Einbringungsrede erwartet, die beide Fraktionen, die unterschrieben haben, mit abdeckt. Ich finde es bedauerlich, dass Sie hier nur für die PDS-Fraktion, wie Sie selbst ausführten, gesprochen haben.

(Beifall Reinhard Dankert, SPD, Heike Polzin, SPD, und Dr. Ulrich Born, CDU)

Ich denke aber, aus der Debatte wird sich doch noch das Weitere ergeben.

Wir haben seit 1998 ein Luftverkehrskonzept für Mecklenburg-Vorpommern. Das war, wie ich glaube, eine gute Arbeitsgrundlage für die Vergangenheit.

(Zuruf von Reinhard Dankert, SPD)

Das Luftverkehrskonzept ist in die Jahre gekommen. Nach sechs Jahren kann man schon feststellen, das ist wie bei einer Wohnung, da gibt es einen Renovierungsbedarf, und deshalb sollten wir uns ans Renovieren machen!

(Beifall Dr. Ulrich Born, CDU: Richtig.)

Das ist aus meiner Sicht eine vernünftige Aufgabe, auch wenn jetzt möglicherweise nicht der CO2-Ausstoß im Mittelpunkt steht, die Zirruswolken oder das, was Sie genannt haben, sondern wenn es auch andere Gesichtspunkte deutlich zu beachten gilt.

Ich möchte darauf hinweisen, wir haben vier Verkehrsträger: die Straße, die Schiene, die Schifffahrt und den Luftverkehr. Und alle vier werden irgendwie subventioniert, am meisten die Schiene, am meisten der Schienenpersonennahverkehr, wo nämlich allein neben der Infrastruktur, die ja vom Staat bereitgestellt wird, jeder gefahrene Kilometer ungefähr einen Subventionsbedarf von 80 bis 90 Prozent, es gibt eine Ausnahme im Land, da sind es nur etwas über 70 Prozent, erfordert.

(Dr. Ulrich Born, CDU: So ist das.)

Subventionierung im Verkehr ist nichts Neues. Auch unsere Häfen können nicht von den Einnahmen leben, die Flughäfen nicht und die Straße auch nicht. Das ist ein Element einer Infrastruktur, denn Verkehr ist Infrastruktur und Infrastruktur auch für die andere Wirtschaft. Die Infrastruktur ist normalerweise nicht kostendeckend. Das einem Verkehrsträger vorzuwerfen und sich dann einen rauszupicken, halte ich für nicht angebracht.

Meine Damen und Herren, der Luftverkehr, und um den geht es jetzt, hat in den letzten Jahren ein hohes Wachstum gehabt, und zwar weltweit. Auch in Deutschland ist ein hohes Wachstum zu verzeichnen. Das mag man nun begrüßen oder man mag es bedauern, aber das Leben ist wie es ist und Sie werden auch die Realität nicht verändern können. Wir müssen registrieren, dass der Luftverkehr wächst. Er wächst weiter. Er wächst auch deshalb weiter, weil der Luftverkehr besonders wichtig ist

(Frank Ronald Lohse, SPD: Offensichtlich nur für uns.)

gerade für periphere Regionen,

(Beifall bei Abgeordneten der CDU, einzelnen Abgeordneten der PDS und Heike Polzin, SPD)

die sonst nur sehr zeitaufwendig zu erreichen wären und deshalb von vielen Menschen eben gerade nicht angesteuert werden, weil es so viel Zeitaufwand erfordert. Gerade für solche Regionen ist der Luftverkehr wichtig und Mecklenburg-Vorpommern ist nun mal, Sie können die Geographie nicht ändern, eine solche Region. Der Nachteil ist normalerweise, dass gerade diese peripheren Regionen dünn besiedelt sind.

Mecklenburg-Vorpommern gehört auch dazu. Das ist wichtig und deshalb sind sie auch peripher, weil sie weit

weg von den Ballungsräumen sind und weil diese Regionen wegen der dünnen Besiedlung ein geringes Passagieraufkommen haben. Und das ist wiederum genau das Dilemma, in dem man sich befindet. Auf der einen Seite braucht man die Verkehrsanbindung und den Luftverkehr dringender als andere, auf der anderen Seite hat man aber nicht die wirtschaftliche Grundlage für den Verkehr, so dass er sich selbst trägt. Das gilt für die Bahn in peripheren Regionen genauso wie für andere Verkehrsträger. Das ist ein Dilemma, aus dem sie auch nicht dadurch rauskommen, dass sie sagen, wir wünschen uns die Welt anders. Sie ist so, wie sie ist, darauf müssen wir aufsetzen und darauf müssen wir aufbauen.

(Beifall Dr. Ulrich Born, CDU)

Und wir kommen nicht darum herum, ob wir das wollen oder nicht, denn wir brauchen den Luftverkehr, damit die Menschen hier im Land Arbeit haben.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Richtig.)

Wir brauchen Arbeit für die Menschen und dafür ist der Luftverkehr unverzichtbar.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und CDU)

Er leistet einen Beitrag auf zweierlei Art. Einmal direkt, das ist der geringere Beitrag. Der direkte Beitrag besteht darin, dass Verkehr natürlich auch Wirtschaft ist und Arbeitsplätze und Beschäftigung für die Menschen darstellt. Das gilt für die Bahn, das gilt für die Schifffahrt, das gilt für die Luftfahrt und natürlich auch für die Straße. Aber wichtig ist auch, das darf man nicht vergessen, der indirekte Effekt. Beim indirekten Effekt geht es nicht darum, dass Leute jetzt in die Türkei in den Urlaub fliegen können oder Ähnliches. Der indirekte Effekt, auf den es hier vor allem ankommt, ist der, dass unsere Wirtschaft auch auf den Luftverkehr angewiesen ist. Sie ist darauf angewiesen. Wenn Sie mit Investoren sprechen, die sich in Mecklenburg-Vorpommern ansiedeln wollen, dann muss ich den Japanern sagen, wie sie von Haneda am besten nach Rostock kommen. Und da gibt es Gott sei Dank eine Verbindung über München, wo man von Tokio direkt nach München fliegen, dort umsteigen kann, dann geht es nach Rostock weiter. Dann ist das ein Haken, dann ist die Welt in Ordnung. Wenn ich so etwas nicht sagen kann, dann kommt für uns ein freundliches, aber trotzdem klares „Auf Wiedersehen“ nicht in Frage. Jetzt kann man sagen, gut, dieses Argument ist mir nicht so viel wert. Mir sind Arbeitsplätze aber viel wert und dafür brauchen wir auch den Luftverkehr.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und CDU)

Und da geht es nicht nur um Japaner, sondern da geht es auch um die Verbindung München – Rostock, zum Beispiel aus den Gründen, ob wir es nun wollen oder nicht, dass viele Leute einfach am Morgen losfliegen und am Abend wieder zurück sein wollen und tagsüber woanders ihre Tätigkeit erledigen wollen. Das müssen unsere, wenn die nach München müssen oder umgekehrt, und die Münchner, wenn die hierher müssen. Da muss ihnen das geboten werden und das wird ihnen geboten. Das ist für uns ein wesentliches Argument und auch ein wesentlicher Vorteil.

Und nicht zuletzt kommen dann solche Argumente, dass es auch für den Tourismus wichtig ist. Auch der Tourist, den wir ja hier haben wollen, der muss erst einmal hierher kommen. Die meisten entscheiden sich fürs Auto, mag es uns nun freuen oder nicht, sie tun es. Es ent

scheiden sich auch Touristen für die Bahn, aber leider weniger als für das Auto, das können wir ja nicht ändern, und es entscheiden sich welche für das Flugzeug. Also auch für das Flugzeug muss es ein Angebot geben, sonst müssen wir sagen, es tut uns Leid, kommt halt nicht zu uns.

Ich würde das nicht einfach so achselzuckend abtun und sagen, das geht dann nicht. Nein, wir wollen auch diesen Wirtschaftszweig beziehungsweise diese Wirtschaft hier im Land haben, wir wollen die Arbeitsplätze in diesen Bereichen und in diesen Branchen haben, denn das fällt ja nicht alles vom Himmel und es kommt ja auch nicht von selbst. Dafür muss man auch etwas tun. Die Frage ist: Ist man bereit, etwas zu tun, oder ist man nicht bereit, etwas zu tun?

(Beifall Dr. Ulrich Born, CDU)

Wir waren in der Vergangenheit bereit, etwas zu tun.

Frau Schwebs, Sie haben schon Zahlen über Investitionen in die Infrastruktur genannt. Es ist in Infrastruktur viel investiert worden und es hat sich dann im Laufe der Jahre auch sortiert. Die wirtschaftliche Entwicklung hat gezeigt, wo es aufwärts geht, zum Beispiel in Rostock-Laage. Das hat sich als rentierliche Investition erwiesen. Aber es ging nicht so aufwärts zum Beispiel am Flughafen Parchim. Da hat man sich damals mehr vorgestellt, doch es hat sich zu meinem Bedauern nicht so entwickelt. Aber es entscheiden letztlich immer Menschen und es entscheidet die Wirtschaft, wo etwas geht und wo etwas nicht geht.

In Rostock hat sich herausgestellt, dort geht etwas, und auch in Heringsdorf geht etwas. Wir haben in Rostock in diesem Jahr voraussichtlich, das Jahr ist noch nicht zu Ende, 140.000 Passagiere. Das ist natürlich schon eine ordentliche Größenordnung und das ist auch eine ordentliche Entwicklung der letzten Jahre. Dieser Flughafen und dieser Flugverkehr in Rostock werden angenommen. Wir haben auch ein Angebot – die wenigsten von diesen 140.000 Passagieren nutzen übrigens die Linienflüge nach München –, ein attraktives Angebot von Rostock nach München, und zwar zweimal täglich hin und zurück. An manchen Tagen ist es auch nur einmal täglich möglich. Und weil es für unsere Wirtschaft und auch für den Tourismus besonders wichtig ist, werden wir ab nächsten Mai zusätzlich noch einmal am Tag eine Verbindung von Rostock nach Köln/Bonn und zurück dazwischenlegen, und zwar zwischen die beiden Münchenflüge.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Das wäre möglich.)

Wir haben in Rostock, das darf man nicht vergessen, auch noch die Air Berlin. Die Air Berlin fliegt als Chartergesellschaft – und sie ist inzwischen eine Mischung zwischen Charter- und Liniengesellschaft geworden – von Rostock aus das Drehkreuz Nürnberg an. In Nürnberg kann man dann umsteigen und mit Air Berlin weiterfliegen, und zwar überall hin in Europa, hätte ich beinah gesagt. Es gibt noch ein paar Ausnahmen, aber Air Berlin ist da gut vertreten. Auch das ist eine interessante und attraktive Verbindung. Wir haben zum Beispiel im Sommer zweimal wöchentlich von Heringsdorf aus eine Flugverbindung – die ist ein bisschen bescheiden, könnte mehr sein, aber besser als nichts – nach Saarbrücken und wir haben zweimal wöchentlich eine Flugverbindung von Heringsdorf aus nach Mönchengladbach mit der Air Polonia.

Herr Dr. Born, Sie haben vorhin gerade ein paar Polnischversuche unternommen, als wir auf Sie gewartet

haben. Auch die polnische Fluggesellschaft ist hier tätig und bei uns im Land aktiv. Wir haben eine regelmäßige Verbindung von Neubrandenburg nach München mit einer etwas kleineren Maschine. Und hier stellt sich immer die Frage, ob dieses nicht ausbaufähig ist. Wir sollten weiterhin versuchen, daran zu arbeiten, um da noch ein bisschen mehr hinzubekommen.

(Präsidentin Sylvia Bretschneider übernimmt den Vorsitz.)

Meine Damen und Herren, es ist in dem Antrag und auch in der Begründung das Thema Nachhaltigkeit angesprochen. Das Thema Nachhaltigkeit ist für mich ein Thema, das entscheidend und wichtig ist. Wir müssen nachhaltig arbeiten und wir müssen nachhaltig Politik betreiben. Aber es wäre zu kurz gesprungen, wenn man unter Nachhaltigkeit nicht auch an zentraler Stelle verstehen würde, nachhaltige Beschäftigung für die Menschen, nachhaltige Arbeitsplätze für die Menschen, damit die Menschen hier im Land ihr Geld mit ihrer eigenen Arbeit selbst verdienen können und nicht auf Unterstützung durch andere angewiesen sind. – Danke sehr.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, CDU und einzelnen Abgeordneten der PDS)

Vielen Dank, Herr Minister.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete der CDU-Fraktion Herr Dr. Born.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst bedanke ich mich bei Ihnen, verehrte Kolleginnen und Kollegen, dass Sie mir noch die Möglichkeit gegeben haben, auch ohne Flugzeug wieder rechtzeitig hier zu sein. Ich bin höherer Gewalt gefolgt, und zwar dem Ruf der Präsidentin, denn wir haben ja polnische Gäste im Haus. Ich hoffe, Sie haben Verständnis, mich hat nicht ganz rechtzeitig der Ruf erreicht.

(Heike Polzin, SPD: Das hätten Sie aber auch charmanter sagen können als höhere Gewalt!)

Aber ich möchte mich auch ausdrücklich bei dem Wirtschaftsminister des Landes Mecklenburg-Vorpommern bedanken. Herr Minister, ich bin froh, dass Sie doch hier noch einmal das Einmaleins der Verkehrspolitik dargelegt haben. Wenn wir uns tatsächlich weiterhin bemühen wollen, neue Arbeitsplätze in diesem Land zu schaffen und vorhandene zu erhalten, dann dürfte das nicht so stehen bleiben, was wir eben aus den Reihen der Koalitionsfraktionen von Frau Kollegin Schwebs gehört haben. Wir hätten dann nämlich den letzten Investor vertrieben, wenn das tatsächlich die offizielle Linie gewesen wäre. Frau Schwebs, ich danke Ihnen, Sie haben hier heute – vielleicht war Ihnen das nicht so bewusst – ein überzeugendes Plädoyer für den Transrapid abgelegt.

(Dr. Margret Seemann, SPD: Das mit dem Transrapid, das sehen wir ganz anders.)