Protokoll der Sitzung vom 17.11.2004

(Torsten Renz, CDU: Sie tun ja so, als wenn wir das alte Gesetz extrem verschärfen. Das ist falsch.)

Sie würden in dem Falle für eine weitere Höherbelastung der Eltern plädieren. Ist Ihnen das klar, Herr Renz?

(Heiterkeit bei Torsten Renz, CDU – Wolfgang Riemann, CDU: Sie belasten doch die Eltern höher mit Ihrem Gesetz.)

Sie müssen nämlich an dieser Stelle natürlich die Systematik des Gesetzes berücksichtigen.

(Torsten Renz, CDU: Wie war denn die alte Formulierung?)

Wir haben ein neues Gesetz und eine neue Systematik. Die haben Sie wahrscheinlich bis heute noch nicht verstanden.

(Zuruf von Angelika Gramkow, PDS)

Das ist Ihr Problem.

(Beifall Torsten Koplin, PDS – Torsten Renz, CDU: Sie kennen den alten Schlüssel nicht, das ist das Problem.)

Sie können das alte Gesetz nicht 1:1 vergleichen mit dem neuen.

(Beifall Dr. Margret Seemann, SPD, Angelika Gramkow, PDS, und Torsten Koplin, PDS – Torsten Renz, CDU: Es geht um den Personalschlüssel, den kann ich sehr wohl vergleichen.)

Zweitens, landeseinheitliche Elternbeiträge. Ich teile da die Einschätzung des Landkreistages, dass dieses kontraproduktiv wäre gerade unter dem Gesichtspunkt – das ist ja eine Zielsetzung des Gesetzes, die müssten Sie eigentlich teilen –, die kommunale Selbstverwaltung zu stärken, denn der Abschluss von Leistungsverträgen ist ein Kernpunkt der Selbstverwaltungsaufgabe,

(Torsten Renz, CDU: Sie lenken von der Beitragshöhe ab.)

die die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe von uns übertragen bekommen haben. Insofern wären landeseinheitliche Elternbeiträge auch unter diesem Gesichtspunkt völlig kontraproduktiv.

(Torsten Renz, CDU: 1:13.)

Zu der Behauptung der Volksinitiative, die Sie ja vermutlich übernehmen würden, einheitliche Elternbeiträge würden automatisch zu gleichen Bedingungen im Land führen, sage ich Ihnen ganz einfach, Herr Renz: Diese Behauptung ist schlichtweg falsch.

(Torsten Renz, CDU: Herr Borchert, ich bin nicht die Volksinitiative. Ist Ihnen das schon aufgefal- len? – Heiterkeit bei Eckhardt Rehberg, CDU)

Ja, aber Sie haben sich ausdrücklich wohl so erklärt,

(Torsten Renz, CDU: Bekämpfen Sie die Volksinitiative, nicht mich! Der Feind steht auf der anderen Seite. – Heiterkeit bei Rainer Prachtl, CDU, und Eckhardt Rehberg, CDU)

dass Sie bereit wären, diese fünf Forderungen der Volksinitiative komplett zu übernehmen.

(Torsten Renz, CDU: Wann habe ich das gesagt?)

Und das hat mich schon etwas verwundert.

Na, zumindest haben Sie es,...

(Torsten Renz, CDU: Dann zitieren Sie mich richtig an dieser Stelle, bevor Sie solche Behauptungen aufstellen, ich hätte das gesagt! – Torsten Koplin, PDS: Er hat es durchblicken lassen!)

Er hat es durchblicken lassen und auf erneute Nachfrage meinerseits...

(Heinz Müller, SPD: Er weiß nicht, was er will. – Torsten Renz, CDU: Das ist falsch. – Heike Polzin, SPD: Jetzt distanziert er sich davon an dieser Stelle. Das ist auch...)

Gut, ich nehme zur Kenntnis, Sie wissen nicht, was Sie wollen.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD)

Ich interpretiere das jetzt so,

(Torsten Koplin, PDS: Pirouetten! Pirouetten!)

dass Sie sich im Nachhinein von diesem Eindruck distanzieren

(Unruhe und Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

und möglicherweise doch nicht bereit sind, die Forderungen der Volksinitiative zu unterstützen.

(Torsten Renz, CDU: Also, Herr Borchert!)

Aber das können Sie dann anschließend erklären,

(Torsten Renz, CDU: Ich hatte es nicht vor.)

vielleicht haben Sie noch ein bisschen Redezeit.

(Zuruf von Karin Schmidt, PDS)

Drittens. Die Forderung nach einer so genannten bedarfsgerechten Verteilung der Landesmittel bedeutet, dass die im Gesetz vorgesehene, inzwischen praktizierte Regelung der Fifty-fifty-Verteilung nach belegtem Platz und nach geborenen und lebenden Kindern zugunsten der belegten Plätze zu hundert Prozent verändert wird. Ich sage hier in dieser Deutlichkeit auch: Dieses entspricht nicht der Gesamtsystematik des Gesetzes, weil natürlich die Landkreise und kreisfreien Städte – wir haben es heute Vormittag auch noch einmal beraten – nicht nur zuständig sind für die Kinder, die in ihrem Bereich betreut werden, sondern auch für die außerhalb ihres Zuständigkeitsbereiches. Das ist auch bekannt. Insofern ist es systematisch sinnvoller, das so zu tun. Aber das entscheidende Argument ist, wir haben mit diesem Verteilungsmechanismus das Ziel, den ländlichen Raum besonders zu berücksichtigen, und dabei bleiben wir auch. Wir sehen zum jetzigen Zeitpunkt keinerlei Veranlassung, daran etwas zu ändern.

Die vierte Forderung der Volksinitiative bezüglich der klaren Regelung der Sanierungskosten interpretiere ich jetzt einmal so, dass man der Meinung ist, man müsse außerhalb des KiföG durch Sonderregelungen noch etwas regeln im Sinne von Investitionen, sprich von mehr Geld. Da muss ich natürlich klar und deutlich sagen: Im KiföG selbst gibt es nach SGB VIII Paragraph 78 b folgende die Möglichkeit, als Bestandteil der Leistungsverträge Investitionskosten zu berücksichtigen. Ich halte das für ausreichend und bin ausdrücklich gegen Sonderregelungen außerhalb des KiföG. Ich halte es nicht für notwendig und – Herr Renz, ich muss Ihnen das auch deutlich sagen – finanziell auch nicht für möglich.

(Torsten Renz, CDU: Was sagen Sie denn zu Sachsen-Anhalt, Herr Borchert? Was sagen Sie denn zu Sachsen-Anhalt, Herr Borchert?)

Dann müsste man natürlich in Größenordnungen finanzieren und – deswegen sage ich das ehrlicherweise auch, Herr Renz – wir haben einfach nicht das Geld und Sie auch nicht.

(Torsten Renz, CDU: Die CDU gönnt sich das vor Ort.)

Ich komme zum letzten Punkt, zur Forderung der Volksinitiative, Beteiligungsrechte der Eltern nach dem Schulgesetz gesetzlich zu regeln, unabhängig vom Argument des Landeselternrates, das koste 18.000 Euro. Ich halte das für nicht so entscheidend. Ganz entscheidend für mich ist, dass die Elternrechte von uns gravierend erweitert wurden gegenüber dem alten Gesetz, Herr Renz, das ist ja völlig unstrittig. Insofern gilt es, diese Rechte auszufüllen. Wenn es sich später als erforderlich erweist – ich

habe das immer gesagt –, dann kann man sicherlich über eine weitere Ergänzung diskutieren. Im Moment bin ich der Meinung, vor Ort sollte das ausgefüllt werden durch aktive und einflussreiche Elternräte, was im Gesetz vorgesehen ist.

Zum Schluss, meine sehr geehrten Damen und Herren, möchte ich zu den Argumenten natürlich noch einmal deutlich sagen, dass es neben diesen inhaltlichen Bewertungen der einzelnen Forderungen der Volksinitiative ein ganz entscheidendes Argument gibt, das deutlich macht, dass zum jetzigen Zeitpunkt eine Veränderung im Gesetz, egal ob im Zusammenhang mit der Volksinitiative oder nicht, außerordentlich kritisch zu bewerten ist. Ich möchte in diesem Fall Herrn Dr. Hubert Meyer vom Landkreistag aus der Stellungnahme zur Anhörung zur Volksinitiative im Sozialausschuss zitieren: „... halten wir eine erneute umfassende Änderung des Kindertagesförderungsgesetzes zum gegenwärtigen Zeitpunkt für kontraproduktiv. Zwar halten wir zahlreiche Regelungen im Detail für problematisch, insb. im Hinblick auf die Aufgabenverteilung zwischen Landkreis und Gemeinden, eine punktuelle Veränderung an einigen wenigen Stellen könnte jedoch zu Verwerfungen insgesamt führen, die von keiner Seite gewollt sind. Auch sollte man dem Gesetz nunmehr eine längere Frist einräumen, um sich zu bewähren. Nach erst acht Wochen“ – oder, ich könnte jetzt sagen, nach erst drei oder vier Monaten – „Geltung des Kindertagesförderungsgesetzes ist eine wirklich belastbare Einschätzung der Auswirkungen nicht möglich.“ Ich glaube, dem gibt es nichts hinzuzufügen. Und da wir hier im Raum auch überwiegend Kommunalpolitiker und Kreistagsabgeordnete sind, glaube ich, ist jedem klar, was hiermit gesagt ist. Insofern bitte ich wirklich um eine Versachlichung der Diskussion.

Abschließend, meine sehr geehrten Damen und Herren, bin ich allerdings schon der Meinung, dass die Debatte zur Situation und zu den Perspektiven der Kindertagesförderung in unserem Land natürlich weitergehen muss.

(Torsten Koplin, PDS: Genau.)

Insofern bleibe ich bei meinem Dank an die Volksinitiative, die hier einen wichtigen Beitrag bisher geleistet hat und möglicherweise auch zukünftig leistet. Davon gehe ich zumindest aus. Wenn wir nach einer gewissen Zeit sichere Bewertungen geben können, wird es möglicherweise und vielleicht sogar notwendigerweise zu Veränderungen am Gesetz kommen, aber zum jetzigen Zeitpunkt nicht. Insofern möchte ich einfach als letzte Formeln hier nennen:

1. helfen und unterstützen bei der praktischen Umsetzung vor Ort

2. beobachten und aufmerksam verfolgen, wie die praktische Umsetzung erfolgt