Protokoll der Sitzung vom 12.12.2002

weil Sie dieses Programm einfach nicht haben wollen.

Meine Damen und Herren! Ich bin der Meinung, die Auseinandersetzung mit Hartz ist nicht die entscheidende Auseinandersetzung. Die entscheidende Auseinandersetzung ist, wie kommt es zu einer Verbreiterung der wirtschaftlichen Basis und wie kommt es zu einer Verbreiterung der Basis für mehr Beschäftigung in MecklenburgVorpommern und im Osten insgesamt.

(Beifall Karsten Neumann, PDS)

Wenn formuliert wird in Deutschland, dass die Flutkatastrophe an der Elbe und anderen Flüssen eine nationale Herausforderung ist und dort Sonderregelungen geschaffen wurden, warum gibt es dann die Massenarbeitslosigkeit aufgrund der strukturellen Probleme, die wir haben im Osten, und das können Sie einer Landesregierung andichten oder nicht andichten. Selbst wenn Sie in der Landesregierung wären, wäre die gegenwärtige Situation nicht anders, meine Damen und Herren von der CDU.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS – Harry Glawe, CDU: Das sagen Sie! Das sagen Sie! – Andreas Bluhm, PDS: Schlimmer! Schlimmer! – Zuruf von Siegfried Friese, SPD)

Das muss man einfach wegen der Objektivität, ja, wegen der objektiven Wahrheit nun tatsächlich mal sagen.

Und wie war es denn? Herr Rehberg ist im Wahlkampf,...

(Zurufe von Harry Glawe, CDU, und Regine Lück, PDS)

Herr Glawe, warten Sie doch mal ab!

... Herr Rehberg ist im Wahlkampf durch das Land gezogen und hat von einem Abwanderungsgipfel gesprochen.

(Harry Glawe, CDU: Sie müssen sich mal die Zahlen ansehen!)

Ich habe nicht erlebt, dass es einen Abwanderungsgipfel gegeben hat in Deutschland und auch nicht in Mecklenburg-Vorpommern.

(Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Deswegen, weil Sie keine Konzepte haben. Sie werfen Fragen auf, zu Recht. Aber Antworten habe ich von Ihnen auch in der gestrigen Debatte, die Herr Rehberg hier geführt hat, nicht gehört,

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS)

wie man tatsächlich den Tendenzen auf dem Arbeitsmarkt und in der demographischen Entwicklung entgegenwirken kann. Deswegen kann ich Sie nur warnen.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Sie haben gestern unser ganzes Konzept bekommen. Das ist so ein Packen.)

Was für ein Konzept?

(Dr. Ulrich Born, CDU: Gestern haben Sie unsere Vorschläge bekommen. – Zuruf von Minister Dr. Wolfgang Methling)

Also ich habe gestern eine Regierungserklärung unseres Ministerpräsidenten gehört, der ein Bild, ein Zukunftsbild von Mecklenburg-Vorpommern gezeichnet hat, was ich voll unterstütze.

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Und ich habe einen desolaten Bericht gehört, eine Gegenrede des Oppositionsführers, der nicht deutlich gemacht hat,

(Harry Glawe, CDU: Sie haben vor vier Jahren den Leuten versprochen, die Arbeitslosigkeit um 20.000 zu senken.)

was die Opposition in Zukunft von diesem Land erwartet, wo es hingehen soll.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS – Harry Glawe, CDU: Sie haben vor vier Jahren den Leuten versprochen, die Arbeitslosigkeit um 20.000 zu senken. Das haben Sie nicht gehalten, was Sie versprochen haben.)

Und ich möchte Sie um eins bitten, meine Damen und Herren von der CDU:

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Bremsen Sie...

Herr Glawe, setzen Sie Ihre Energie und Ihre Emotionen doch bitte mal ein gegenüber Ihren Parteifreunden aus Bayern und Baden-Württemberg! Stoppen Sie die Wahlkämpfe in Hessen und Niedersachsen, die wollen ihre Politik auf Kosten des Ostens machen!

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS – Dr. Ulrich Born, CDU: Ach was!)

Das ist das Ziel im Vermittlungsausschuss und das muss verhindert werden. – Ich danke Ihnen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS)

Danke schön, Herr Minister.

Die Fraktion der SPD hat um eine Auszeit gebeten.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Das hätte ich auch.)

Ich unterbreche die Sitzung für zehn Minuten.

Unterbrechung: 10.41 Uhr

Wiederbeginn: 10.54 Uhr

Meine Damen und Herren, die unterbrochene Sitzung ist wieder eröffnet. Wir fahren in der Aussprache zum Tagesordnungspunkt 12 fort.

Das Wort zu seinem ersten Redebeitrag hat der Abgeordnete Herr Mohr von der Fraktion der SPD.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir, das heißt die Fraktionen der SPD und PDS, vertreten die Auffassung, dass der vorliegende Antrag der CDU der Änderung bedarf. Dieser Antrag greift aus unserer Sicht zu kurz, wenn es um das wichtige Thema Arbeitsmarkt geht. Er zielt darauf ab, so habe ich zumindest den Eindruck, im Wesentlichen hier eine politische Debatte um ihrer selbst willen zu führen.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Nö.)

Mit einer solchen Auffassung und mit einem solchen Verständnis von Debatte habe ich aber so meine geregelten Schwierigkeiten, muss ich sagen. Eine politische Debatte, wie ich sie mir wünsche, muss vielmehr versuchen, konkrete Lösungsansätze für konkrete Problemstellungen zu entwickeln und zu diskutieren.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja, das machen wir jetzt.)

Im Antrag der CDU sollte sich praktischerweise bereits niederschlagen, wohin die Reise gehen soll. Ich habe Ihren Antrag, meine Damen und Herren von der CDU, gelesen, ich finde nichts dergleichen.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD)

Ihr Antrag hat in der vorliegenden Form diesbezüglich, mit Verlaub gesagt, inhaltlich-programmatisch relativ wenig zu bieten. Deshalb nunmehr unsere Initiative an dieser Stelle. Doch der Reihe nach: Zunächst befürworten wir vom Grundsatz her Ihr Anliegen, hier Informationen von der Landesregierung zu bekommen. Es ist das legitime Recht des Landtages, hier insbesondere über die Haltung der Landesregierung zu den Reformen am Arbeitsmarkt informiert zu werden. Aber wir haben gerade den Beitrag des Arbeitsministers gehört und letzten Endes denke ich, dass hier in diesem Rahmen dieser Informationspflicht nachgekommen wurde. Ich denke, der Arbeitsminister Holter hat in diesem Zusammenhang keine Fragen offen gelassen.

Im Hinblick auf den Punkt 2 im Antrag, Stichwort „Einrichtung der Holter-Kommission“, ist zu sagen, auch hier hat sich dieser Antrag vom Prinzip her in Gänze erledigt. Denn bekanntlich ist mit der Vereinbarung der Regierungsparteien im Koalitionsvertrag vom 5. November 2002 v o rgestern, also am vergangenen Dienstag, eine Kommission von der Landesregierung eingesetzt worden, die sich mit den Vorschlägen der Hartz-Kommission auseinander setzt. Auch das ist jetzt bekannt.

Nur der guten Ordnung halber sei noch einmal erwähnt: Die Akteurinnen und Akteure der hiesigen Arbeitsmarktpolitik sind in dieser Kommission angemessen vertreten und die Dauer der Arbeit der Kommission ist selbstverständlich abhängig – Sie fragten ja danach – von den entsprechenden durchzuführenden Bundesgesetzgebungsverfahren zur Umsetzung der Hartz-Vorschläge. Dies dürfte Ihnen einleuchten.

Uns geht es aber nun – und ich komme hier auf meine einleitenden Worte zurück – über die von Ihnen angeregte Unterrichtung, ich sage jetzt mal in Anführungsstrichen, über die bloßen Debattierungspunkte hinaus um die Definition und Formulierung konkreter politischer Forderungen, politische Forderungen, die abzielen auf die Vornahme ganz konkreter Maßnahmen zur Gestaltung des Arbeitsmarktes in den neuen Bundesländern und insbesondere in Mecklenburg-Vorpommern. Die Umsetzung der Hartz-Vorschläge muss nach unserer Auffassung einhergehen mit zusätzlichen Maßnahmen, so dass insgesamt den spezifischen Rahmenbedingungen des Arbeitsmarktes in unserem Land Mecklenburg-Vorpommern Rechnung getragen wird, und das hinreichend. Denn jeder von uns weiß, dass die arbeitsmarktpolitischen Verhältnisse hier bei uns, aber eben auch in den anderen neuen Bundesländern besonders sind.

Ich will an dieser Stelle einen kurzen Blick auf die aktuelle Situation des Arbeitsmarktes in Mecklenburg-Vorpommern werfen. Die Arbeitslosenzahlen, wir haben das ja schon gehört, für den Monat November 2002 in unserem Land liegen uns seit letzter Woche vor. Offenes Wort: Sie sind schlimm, sehr geehrte Damen und Herren. Da gibt es nichts zu beschönigen. Circa 170.000 Frauen und Männer in Mecklenburg-Vorpommern haben keine Arbeit. Dies entspricht einer Arbeitslosenquote von durchschnittlich 18,7 Prozent. Besonders alarmierend dabei ist ein deutlicher Anstieg der Erwerbslosen bei den jüngeren Menschen im Alter zwischen 20 und 25 Jahren und eine Erhöhung der Anzahl der Bürgerinnen und Bürger, die länger als ein Jahr arbeitslos und damit im Sinne des Gesetzes langzeitarbeitslos sind. Dies entspricht einer Quote von 35,4 Prozent aktuell. Tendenz: leider steigend.