Protokoll der Sitzung vom 22.06.2005

PISA 2000, 2003 und andere Studien zeigen,

(Zurufe von Eckhardt Rehberg, CDU, und Torsten Renz, CDU)

dass sich die bildungspolitischen und sozialen Probleme des deutschen Schulsystems nicht verändert haben.

(Zuruf von Rainer Prachtl, CDU)

Die geringfügigen Steigerungen in PISA 2003 im Vergleich zu PISA 2000 sind keine wirkliche Wende und zeigen, dass sich in drei Jahren kaum etwas bewegt hat.

(Unruhe bei Volker Schlotmann, SPD, Rainer Prachtl, CDU, und Eckhardt Rehberg, CDU – Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

Und weil es tatsächlich so ist, dass wir Autoritäten brauchen, ein Zitat von Wolfgang Böttcher, Professor an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster, der dazu feststellt: „Ein zentraler Befund der internationalen Schulleistungsstudien lautet, dass die deutsche Schule so wenig wie keine andere dazu beiträgt, Schülerinnen und Schüler mit schlechten Startchancen zu guten Leistungen zu verhelfen:“

(Torsten Renz, CDU: Herr Bluhm, sprechen Sie doch mal zu Ihrem Spargesetz und lassen Sie die ideologische Debatte! – Zuruf von Kerstin Fiedler-Wilhelm, CDU)

„In keinem anderen Land ist der Schulerfolg der Kinder in dem Maße abhängig von ihrer sozialen Herkunft wie im reichen Deutschland.“ Und genau deswegen, meine Da

men und Herren, ist die zentrale Frage dieses vorliegenden Schulgesetzes

(Torsten Renz, CDU: Sie sollten über die Veränderung der Parameter zugunsten der Kinder sprechen. Darüber sollten Sie sprechen!)

mit der Einführung des längeren gemeinsamen Unterrichts richtig und notwendig und eine weitere Enquetekommission würde uns nicht weiterbringen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und PDS)

Es gibt auch Ergebnisse von Enquetekommissionen wie zum Beispiel in Thüringen,

(Rainer Prachtl, CDU: Ein schönes Thema.)

wo die CDU jetzt etwas völlig anderes macht, als es in den Empfehlungen dieser Enquetekommissionen steht.

(Heiterkeit bei Angelika Gramkow, PDS: Ja, das stimmt.)

Also da frage ich mich dann doch, mit welchem Sinn eine solche Enquetekommission installiert werden sollte.

(Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der PDS – Eckhardt Rehberg, CDU: Weil die eine erfolgreiche Schulpolitik machen. Die haben doch eine ganz andere Ausgangslage. – Glocke der Vizepräsidentin)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, bei der demographischen Entwicklung wird es zukünftig kaum noch möglich sein, die immer weniger werdenden Schülerinnen und Schüler auf die im Moment gesetzlich noch möglichen sieben verschiedenen Schularten aufzuteilen. Das können perspektivisch Land und Kommunen weder pädagogisch noch schulstrukturell und auch nicht finanziell durchhalten. Den Einwand – auch des Landeselternrates –, längerer gemeinsamer Unterricht ja, aber nicht jetzt, kann ich so nicht gelten lassen.

(Kerstin Fiedler-Wilhelm, CDU: Wieso nicht?)

Bleibt es bei der jetzigen Schülerverteilung, dann müssen wir im Lande wegen der fehlenden Schüler flächendeckend Regionalschulen und auch Gymnasien schließen. Veränderungen der Klassenteiler beziehungsweise der Größe von Eingangsklassen würden das Problem nur aufschieben, sie lösen es aber nicht.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS und Heike Polzin, SPD – Kerstin Fiedler-Wilhelm, CDU: Sie haben Angst, dass Sie die kleinen Grundschulen finanzieren müssen! Davor haben Sie Angst.)

Sollen wir denn erst die Schulen schließen, um dann bei einer späteren Einführung des längeren gemeinsamen Unterrichts die Schulen wieder eröffnen zu müssen?

Zweites Argument: Unter Beachtung der Abläufe eines Gesetzgebungsverfahrens im Zusammenhang mit der Landtagswahl 2006 würden frühestens Entscheidungen für das Schuljahr 2008/2009 beschlossen werden können. Das wäre noch einmal ein Zeitverzug von drei Schuljahren, meine Damen und Herren. Das entspricht der Bildungszeit von 50 Prozent des Sekundarstufe-I-Bereiches.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS – Angelika Gramkow, PDS: Sehr richtig, Herr Bluhm! – Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Ich sehe aus diesen Gründen auch keine vernünftige Alternative, als jetzt zu beginnen. Für die sachgerechte Vorbereitung haben wir ein Schuljahr Zeit.

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Das ist mehr als manchmal bei anderen vorhergehenden Schulgesetzen.

Dass es sich bei der 5. und 6. Klasse nur um einen Zwischenschritt handelt, ist aus der Entschließung zum Änderungsgesetz zu entnehmen. Darin erklären die Koalitionsfraktionen, dass sie den längeren gemeinsamen Unterricht bis einschließlich der Klasse 8 wollen.

(Egbert Liskow, CDU: Ein Glück, dass meine Kinder aus der Schule raus sind. – Torsten Renz, CDU: Die SPD nimmt das noch mal zurück.)

Dies jetzt schon umzusetzen scheitert gegenwärtig an den Bestimmungen des Hamburger Abkommens. Ich bin allerdings gespannt, ob Sie nicht, wie schon 1990 die CDU-geführten Länder, doch wieder dazu animieren, Steine in den Weg zu legen. Es wäre schön, wenn Herr Rehberg in seinem „Positionspapier zu den Modellregionen“ bei den geforderten Experimentierklauseln auch den längeren gemeinsamen Unterricht mit berücksichtigt.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS und Volker Schlotmann, SPD – Kerstin Fiedler-Wilhelm, CDU: Da träumen Sie mal von!)

Sie werden mir nachsehen, dass ich das allerdings nicht wirklich glaube.

(Heiterkeit bei Eckhardt Rehberg, CDU: Da liegen Sie richtig, Herr Bluhm.)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, neben dem längeren gemeinsamen Unterricht gibt es noch viele Dinge im Entwurf, die wegen ihrer Bedeutung, wegen innerer und äußerer Schulentwicklung wichtig sind. Ich kann sie wegen der Kürze der Redezeit nicht ausführlich behandeln, aber ich möchte hier zumindest zwei Punkte noch ansprechen:

Erstens. Wir haben mit den entsprechenden Umsetzungen dieses Gesetzes auch die Voraussetzungen dafür geschaffen, zweizügige Gymnasien an Einzelstandorten in der Fläche zu erhalten. Damit wird die in vielen Diskussionen häufig geäußerte Kritik, wir würden die Gymnasien vernichten wollen,

(Egbert Liskow, CDU: Das macht ihr doch!)

ad absurdum geführt.

Zweitens. Natürlich geht es um die interne und externe Evaluation.

(Kerstin Fiedler-Wilhelm, CDU: 27 Schüler auf leistungsbezogenen Unterricht.)

Wenn wir uns bemühen, den Bildungsbereich von Anfang an zu mehr Gemeinsamkeit, Toleranz und Solidarität untereinander zu entwickeln,

(Wolfgang Riemann, CDU: Damit Sie weniger Geld dazugeben müssen.)

Lehrerinnen und Lehrer, Eltern, Schüler zu ermutigen, auch den Nachbarn so zu akzeptieren, dann ist ein längeres gemeinsames Lernen nur die logische Konsequenz.

Es unterstützt das elterliche Bemühen und macht die Welt für unsere Kinder ein wenig wärmer und vielleicht auch lebenswerter.

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Die Voraussetzungen dafür werden mit diesem Gesetz jedenfalls geschaffen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und PDS)

Danke schön, Herr Bluhm.

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Aussprache.

(Die Abgeordnete Kerstin Fiedler-Wilhelm bittet um das Wort. – Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der SPD, CDU und PDS – Reinhard Dankert, SPD, und Volker Schlotmann, SPD: Die Aussprache ist geschlossen. – Volker Schlotmann, SPD: Nichts da!)