Protokoll der Sitzung vom 07.09.2005

Wir müssen uns selbstverständlich die Frage stellen: Welche Schwerpunkte sind für uns maßgebend bei den

vorliegenden Haushalten 2006 und 2007? Ich möchte an dieser Stelle aus Sicht der SPD-Fraktion einige Schwerpunkte noch einmal kurz benennen:

Erstens. Wirtschaft und Arbeitsplätze

Die Wirtschaftsförderung wird um insgesamt 344 Millionen Euro im Jahr 2006 und mit 257 Millionen Euro 2007 auf hohem Niveau fortgesetzt. Die Absenkung 2007 ergibt sich aus der rückläufigen Werftenhilfe und den geringeren EFRE-Zuweisungen.

Zweitens. Der Straßenbau und der ÖPNV werden 2006 mit insgesamt 425 beziehungsweise 2007 mit 413 Millionen Euro finanziert. Dies ist nicht nur wichtig für die weitere Entwicklung der Verkehrsinfrastruktur – damit meine ich insbesondere die Fortsetzung laufender Straßenbauprojekte –, sondern natürlich auch in der Bauwirtschaft für die Sicherung von Arbeitsplätzen.

Drittens. Die Arbeitsmarktförderung wird auf bisherigem hohem Niveau fortgesetzt mit 132 beziehungsweise 110 Millionen Euro. Der Rückgang in 2007 ergibt sich aus den vermutlich geringeren ESF-Einnahmen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, angesichts der anhaltend hohen Arbeitslosigkeit in unserem Land gibt es dazu grundsätzlich – grundsätzlich, betone ich – keine Alternative.

Viertens. Ein weiterer Bereich ist die Bildung. Hier gibt es immer große Übereinstimmungen zwischen den Parteien, wenn es darum geht, mehr Geld für Bildung zu fordern. Aber wir machen es konkret, es ist realistisch und es ist untersetzt. Mit der neunten Schulgesetzänderung, die wir im Parlament vor wenigen Wochen verabschiedet haben, werden wir im Schuljahr 2006/2007 bekanntlich das Konzept des längeren gemeinsamen Lernens umsetzen. In dem Zusammenhang entsteht ein Stellenmehrbedarf von 156 Stellen, der entsprechend im Stellenplan berücksichtigt wird. Hervorheben möchte ich auch die Bereitstellung von rund 130.000 Euro in den Jahren 2006 und 2007 für KMK-Projekte zur Verbesserung der Bildungsqualität durch Evaluation und gezielte Forschung. Ich möchte im Zusammenhang mit dem gemeinsamen Lernen besonders darauf verweisen, dass die Fortbildung von Lehrerinnen und Lehrern im laufenden Haushaltsjahr zusätzlich mit 200.000 Euro zu den bereits vorhandenen 428.000 Euro verstärkt wird. Insofern haben wir auch in diesem Punkt alle Voraussetzungen, um die notwendige Qualität beim gemeinsamen Lernen letztendlich abzusichern.

Zum Bereich Hochschulen nur so viel: Wir setzen mit dem Doppelhaushalt 2006/2007 den Weg der Garantie der mehrjährigen Planungssicherheit fort. Der Hochschulkorridor wird, wie vereinbart, jährlich mit einem Prozent Steigerung weiter ausfinanziert. Insgesamt wird der Zuschuss der Hochschulen mit 267 beziehungsweise 271 Millionen Euro weiterhin auf hohem Niveau gehalten. Gleichzeitig wird die anteilig leistungsbezogene Zuweisung erhöht. Das Modell der formelgebundenen Mittelzuweisung wurde 2002 gemeinsam mit den Hochschulen erarbeitet und wird seitdem fortlaufend weiterentwickelt. Ab 2006 werden danach vier Prozent des Gesamtbudgets für die Hochschulen nach Leistungskriterien für Lehre und Forschung vergeben. Für die Jahre 2006 und 2007 bedeutet das eine erhöhte formelgebundene Zuweisung für die Hochschulen um 2,8 beziehungsweise 2,9 Millionen Euro.

Fünftens. Für den weiteren Ausbau der Ganztagsschulangebote ist es wichtig, dass das Landesprogramm

für Jugend- und Schulsozialarbeit fortgesetzt wird. Es wird sicherlich notwendig sein in der Zukunft, dass wir an den Schulen, die entsprechend der Schulentwicklungsplanung Planungssicherheit haben, auch einen Schulsozialarbeiter vorhalten. Dazu werden in der neuen EU-Förderperiode 2007 bis 2013 Vorkehrungen getroffen von über 50 Millionen Euro, das heißt, wie bisher auch mindestens 7,3 Millionen Euro pro Jahr, um dieses Programm entsprechend fortzusetzen und auszufinanzieren. Anderslautende Pressemitteilungen, Leserbriefe mit dem Inhalt, dass möglicherweise dieses Programm nicht fortgesetzt wird, entsprechen nicht den Tatsachen. Man kann denjenigen zugute halten, dass sie den Haushalt so direkt nicht lesen konnten, denn es gibt hier noch andere, neue Austitelungen.

(Beifall Dr. Margret Seemann, SPD)

Sechstens. Kindertagesstätten

Wir wollen auch hier weiterhin die Ausstattung der vorschulischen Bildung und Erziehung weiter verstärken. Das erfordert, dass nicht nur die zwei Prozent pro Jahr erhöht werden. Das ist klar, das haben wir im Gesetz fixiert. Im Übrigen werden wir 2007 erstmals die 90 Millionen Euro Zuschuss durch das Land überschreiten. Seit 1998 – ich h abe es mir noch einmal angesehen, also seit knapp zehn Jahren – werden durch das Land damit über 23 Millionen Euro an Steigerungen in die Kindertagesstätten gegeben. Falls, und das kommt noch dazu, die ansteigenden Fallzahlen der betreuten Kinder es erfordern – die Finanzministerin hat es bereits gesagt –, werden wir 1 Million Euro pro Jahr zusätzlich bereitstellen.

(Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Die ist leider nicht ausreichend, Herr Borchert.)

Ich hoffe, dass sie ausreichend ist, aber da müssen wir abwarten, was dann die Zahlen belegen, Frau Gramkow.

(Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Einverstanden. – Heiterkeit bei Volker Schlotmann, SPD: Das ist ja nett.)

Siebtens. Die Kommunalfinanzen möchte ich hier nur kurz ansprechen, nicht, weil es nicht wichtig wäre, sondern weil ich davon ausgehe, dass sie möglicherweise hier in der Debatte an anderer Stelle eine Rolle spielen. Wir haben heute auch noch das FAG.

(Wolfgang Riemann, CDU: Genau.)

Der kommunale Finanzausgleich erfolgt erstmals konsequent nach dem Gleichmäßigkeitsgrundsatz, das heißt, die Verbundquote von 25,37 Prozent wird auf Steuereinnahmen, Länderfinanzausgleich und Bundesergänzungszuweisungen angewandt. Die Gesamtauszahlung beträgt dann 1.129 Millionen. Unser Land liegt damit mit an der Spitze der Länder, wenn es darum geht, die Finanzausstattung pro Einwohner zu bewerten, bei den neuen Ländern zumindest auf Platz 2, und zwar deswegen, weil die aktuellen Angaben von Thüringen noch nicht vorliegen für 2006.

Herr von Storch hat es angesprochen, insofern bin ich ihm dankbar für diese Vorlage, das Thema Zukunftsfonds. Ich halte den Zukunftsfonds, so, wie er angelegt ist, für ein gutes Beispiel für den von mir eingangs angesprochenen Grundsatz „Enger Zusammenhang zwischen Konsolidieren und Investieren“. Denn wenn wir von den Erlösen der Nord/LB – 90 Millionen Euro – 60 Millionen Euro notwendigerweise in die Konsolidierung geben, ist es genauso wichtig, dass wir auch Geld in die Hand nehmen, um zu

investieren, in dem Falle 30 Millionen Euro, und dann in den Jahresscheiben 6 Millionen Euro jeweils einsetzen für die genannten Schwerpunkte im Bereich exzellenter Forschungsschwerpunkte,

(Wolfgang Riemann, CDU: Der Zukunftsfonds sinkt, Herr Borchert, der betrug mal 10 Millionen!)

im Bereich von Innovativtechnologien, aber sicherlich auch noch in anderen Bereichen, die wir zu diskutieren und zu entscheiden haben.

(Wolfgang Riemann, CDU: Die Zukunft für dieses Land sieht irgendwie kleiner aus.)

Und da bin ich beim eigentlichen Problem, Herr von Storch. Aber eigentlich ist es kein Problem, eigentlich ist es eine Selbstverständlichkeit. Selbstverständlich werden wir die Ausgestaltung des Zukunftsfonds im Detail in den Fachausschüssen, insbesondere im Finanzausschuss, beraten und letztendlich wird der Landtag entscheiden. So war es immer, so wird es auch zukünftig sein. Insofern können wir sehr gelassen mit diesem Thema umgehen, denn es ist ein sehr positives Thema, Herr von Storch. Wann haben wir mal Gelegenheit, gemeinsam über die Verwendung von 30 Millionen Euro sinnvoll für die Zukunft des Landes miteinander zu diskutieren?

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich kann mich noch sehr gut erinnern, und die meisten in diesem Raum hier sicherlich auch, an die Situation 2003, als wir dramatische Steuereinnahmeverluste von einer halben Milliarde Euro hatten. In kürzester Zeit waren sie auszugleichen. Zusätzlich hatten wir dann noch das Problem, dass zum Jahresende haushaltsrelevante wichtige Entscheidungen im Bundesrat anstanden.

(Wolfgang Riemann, CDU: Steuerrechtsänderun- gen, unter Rot-Grün selbst zugezogenes Leid!)

Ich als finanzpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion würde natürlich sagen, die jetzige Ausgangssituation ist etwas entspannter. Trotzdem gibt es natürlich weiterhin noch erheblichen Klärungs- und Änderungsbedarf, das will ich hier nicht verschweigen, den wir im Detail in den Fachausschüssen beraten müssen. Schließlich, das ist ein guter Brauch und es liegt in der Natur der Dinge, verlässt kein Haushalt den Landtag in Zweiter Lesung so, wie er heute in Erster Lesung eingebracht wird.

(Beifall Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS, und Gabriele Meˇsˇt’an, Die Linkspartei.PDS)

Es liegt jetzt an uns, an den Fraktionen, den Abgeordneten, das Etatrecht verantwortlich wahrzunehmen, das heißt, nicht nur mehr Geld zu fordern, sondern natürlich auch seriöse Deckungsvorschläge zu unterbreiten. Wir werden uns als SPD-Fraktion natürlich daran beteiligen. Heute, was die konkreten Handlungsbedarfe zum jetzigen Zeitpunkt betrifft, aus Sicht der SPD-Fraktion nur drei Punkte, die ich kurz ansprechen möchte:

Erstens. Wir werden natürlich sehr intensiv den Einzelplan 10 zu diskutieren haben. Gerade im Zusammenhang mit Kürzungen im Sozialetat muss darüber diskutiert werden, muss darüber beraten werden, wie weit diese vorgeschlagenen Kürzungen in diesem Umfang durch Umschichtungen vermieden werden können.

Zweitens. Das CIVITAS-Programm muss unbedingt fortgesetzt werden. Wir können es uns nicht leisten bei

der Thematik Rechtsextremismus und der Frage „Wie gehen wir damit um?“, hier Mittelkürzungen vorzunehmen.

(Beifall Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS)

Das CIVITAS-Programm ist eine ganz wichtige Voraussetzung im Kampf gegen Fremdenfeindlichkeit, Rechtsextremismus, für Demokratie und Toleranz. Und auch wenn der Bund sich zurzeit vielleicht aus verständlichen Gründen noch nicht festgelegt hat, was die Weiterfinanzierung betrifft, sind wir als Land hier ganz klar gefordert. Ich zum Beispiel möchte nicht, dass wir in eine Situation kommen, wie wir sie in Sachsen haben, wo jahrelang gerade diese Thematik, wie ich finde, vernachlässigt wurde. Dieses darf uns bei diesem Thema auf gar keinen Fall passieren.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der Linkspartei.PDS)

Drittens möchte ich einen Punkt ansprechen, bei dem es vermutlich – zumindest befürchte ich das – noch um etwas mehr Geld geht als beim CIVITAS-Programm. Es geht um die Absicherung der Lehrerversorgung an den Berufsschulen. Aufgrund der aktuellen Schülerzahlprognosen gibt es dort Mehrbedarfe. Die müssen noch genau quantifiziert und dementsprechend natürlich finanziell untersetzt werden. Ich glaube, hier sind wir alle gefordert, die entsprechenden Voraussetzungen zu schaffen,

(Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Sehr richtig.)

damit wir in diesem wichtigen Bildungsbereich entsprechend gut aufgestellt sind.

Dabei möchte ich es schon bewenden lassen, obwohl ich mir sicher bin, dass die Fachpolitiker noch diverse andere Vorschläge machen und auch Wünsche äußern werden. In diesen Chor reiht sich inzwischen auch schon der Landesvorsitzende der CDU Herr Jürgen Seidel ein. Auch er fordert mehr Geld, mehr Geld für Tourismus, wenn es geht, gleich weit über 1 Million, und natürlich auch mehr Geld für Bildung.

(Wolfgang Riemann, CDU: Der setzt wenigstens Schwerpunkte.)

Das ist auch nachzulesen in der „Schweriner Volkszeitung“ vom 27. August. Ich zitiere Herrn Seidel: „Wir müssen Geld finden, um wichtige Bereiche des Landes finanziell besser auszustatten, zum Beispiel die Bildung.“ Die „Schweriner Volkszeitung“, in dem Falle Herr Koslik, stellte eine gute Frage an Herrn Seidel: „Die Landeskasse ist leer, wo soll mehr Geld für die Bildung herkommen?“ Herr Seidel antwortet: „Das Land gibt für Gutachten und Broschüren allein an die 60 Millionen Euro aus.... Das Land leistet sich ein teures Moorschutzprogramm. Das ist kritisch zu hinterfragen.“ – Ach so!

(Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Ach so, wieder gegen den Naturschutz!)

Zum Moorschutzprogramm komme ich noch, aber erst einmal zu den Gutachten.

(Heiterkeit bei Wolfgang Riemann, CDU: Und eine teure Landesregierung, die uns nicht lieb ist!)

Kommen wir zu den Gutachten. An der Stelle ist es immer ein Problem. Wir haben alle einmal irgendwann regiert, hier insbesondere die CDU. Und wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen,

(Beifall Dr. Margret Seemann, SPD)

denn auch Herr Seidel hat zu seinen Zeiten als Wirtschaftsminister externen Sachverstand in Form von Gutachten reichlich genutzt.

(Beifall Bodo Krumbholz, SPD, und Dr. Margret Seemann, SPD – Volker Schlotmann, SPD: Hat aber nicht geholfen! – Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der SPD und Torsten Koplin, Die Linkspartei.PDS)

Das möchte ich an der Stelle jetzt nicht bewerten. Aber zum Beispiel wurde von Herrn Seidel damals an sieben Experten ein Auftrag zur Untersuchung von Unternehmen hinsichtlich wettbewerblicher Stärken und Schwächen – Kostenpunkt: lockere 850.000 Euro –