Protokoll der Sitzung vom 07.09.2005

Und auch die Fernsehdiskussion zwischen Herrn Professor Kirchhof

(Reinhard Dankert, SPD: Kommen Sie mal zurück zur Sache, Herr Kollege! – Eckhardt Rehberg, CDU: Herr Dankert, das hätten Sie bei Frau Keler auch gelegentlich rufen müssen!)

und Herrn Eichel – ich schätze den Finanzminister durchaus noch aus seiner Zeit, als er Oberbürgermeister in Kassel war –

(Heinz Müller, SPD: Da war er auch gut.)

hat deutlich gemacht, dass Kirchhof unbeirrbar seine Argumentationen geführt hat. Ich empfehle jedem, sich noch einmal mit dem Buch von Kirchhof auseinander zu setzen, um sich eine eigene Meinung zu bilden, und zwar frei von ideologischen Scheuklappen.

(Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

Abgesehen davon halte ich persönlich die Auseinandersetzung mit Kirchhof für unfair und allein als Wahlkampfgetöse, denn sie ist in der Sache unangemessen. Aber wie sagte schon Willy Brandt bei Wahlkämpfen: Wenn es eng wird, wird geholzt!

(Dr. Armin Jäger, CDU: Jo!)

Und dieser Umgang mit Professor Kirchhof ist reine Holzerei.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Torsten Koplin, Die Linkspartei.PDS: Die CDU hat den Fairplaypokal. – Egbert Liskow, CDU: Genau. – Zuruf von Reinhard Dankert, SPD)

Ich hoffe sehr, meine Kolleginnen und Kollegen, dass es nach dem 18. November möglich sein wird, weil es unumgänglich ist, über die Erneuerung unseres Steuersystems sachlich zu diskutieren. Dazu sind wir bereit. Der Überweisung des Doppelhaushalts an die Ausschüsse stimmen wir zu. – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Danke schön, Herr von Storch.

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Herr Borchert. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Herr Präsident! Meine sehr gee hrten Damen und Herren! Am 28. Juni hat die Landesregierung den Entwurf des Doppelhaushalts 2006/2007 beschlossen. Heute starten wir nun als Abgeordnete mit der Ersten Lesung unsere parlamentarischen Haushaltsberatungen. Ich hoffe, dass alles planmäßig verläuft, denn dann können wir am 14. Dezember in Zweiter Lesung diesen Haushalt für 2006 und 2007 beschließen. Es sind die letzten Haushaltsberatungen in dieser Legislaturperiode und insofern stellen wir damit wichtige Weichen für die Zeit nach der nächsten Landtagswahl. Wichtig sind aber auch Weichenstellungen für die mittelfristige und langfristige finanzpolitische Entwicklung unseres Landes für die Zeit danach.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, mit dem vorliegenden Haushaltsplanentwurf setzen SPD und PDS

konsequent und kontinuierlich ihren bisherigen finanzpolitischen Kurs fort. Auch weiterhin gilt es, die Balance zwischen notwendiger Konsolidierung des Landeshaushalts auf der einen Seite und den zielgerichteten Investitionen in die Zukunftspotenziale unseres Landes auf der anderen Seite zu sichern. Insofern gibt es einen klaren Zusammenhang zwischen Sparen und Investieren. Die Konsolidierung des Haushalts, das wissen wir alle, ist zwingend notwendig. Die Einnahmen und Ausgaben müssen in Übereinstimmung gebracht werden. Wir müssen uns auf sinkende Einnahmen einstellen. Die Zahlen sind bekannt. Bis zum Jahr 2020 sind es etwa 1,5 Milliarden Euro weniger, die uns zur Verfügung stehen werden. Entsprechend müssen wir natürlich auch die Ausgabenseite anpassen. Angesichts einer Gesamtverschuldung von fast 12 Milliarden Euro im Jahre 2007 und einer jährlichen Zinsbelastung von voraussichtlich 538 Millionen Euro müssen wir zwingend an dem Ziel festhalten, im Jahr 2010 die Nettokreditaufnahme auf null zu reduzieren, wenn es die Rahmenbedingungen zulassen. Dies ist eine wichtige Voraussetzung, um für unser Land langfristig die Handlungsfähigkeit und damit die Eigenständigkeit zu sichern.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, zum größten Einsparpotenzial gehören sicherlich die Personalausgaben. Wie das gehen soll, und zwar sozialverträglich, zeigt die Landesregierung mit ihrem Personalkonzept 2004. Die Personalausgaben werden schon jetzt, also 2006, auf 1.623 Millionen Euro und 2007 auf 1.557 Millionen Euro abgesenkt. Diese Personalausgabenreduzierung kann nur einhergehen mit Stellenplanreduzierungen und da sind wir ein gutes Stück vorangekommen.

Ich möchte an dieser Stelle eine Quotenaussage extra noch einmal für die CDU-Fraktion treffen, für Herrn Riemann, der sich auch in seiner Pressemitteilung ausführlich mit dem Thema befasst hat. In 2003 betrug die Personalausgabenquote, also das Verhältnis Personalausgaben zu den bereinigten Gesamtausgaben, noch 27 Prozent, die auf 23,2 beziehungsweise 23,1 in 2006 und 2007 abgesenkt wird. Natürlich ist die Stellenausstattung in der Landesverwaltung nach wie vor auch mit 24,3 Stellen pro 1.000 Einwohner nicht zufrieden stellend, das haben wir auch nie behauptet. Vergleichbare westliche Flächenländer haben, wie wir wissen, im Durchschnitt etwa 19,5 Stellen pro 1.000 Einwohner. Mit der Umsetzung des Personalkonzepts der Landesregierung haben wir uns ein klares Ziel gestellt,

(Wolfgang Riemann, CDU: Personal wird ausgegliedert und das ist dann die wundersame Personalreduzierung.)

und zwar in einem realistischen Zeitfenster über 10.000 Stellen abzubauen,

(Zuruf von Eckhardt Rehberg, CDU)

davon 8.835 bis 2009, als Zwischenschritt bis Ende 2006 wie geplant die Reduzierung auf 36.500 Stellen und danach in den Jahren 2010 bis 2015 noch weitere 1.176 Stellen.

Nicht unwesentlich in dem Zusammenhang ist natürlich die Tatsache, dass wir Einwohnerverluste zu verzeichnen haben werden, heute in der „Schweriner Volkszeitung“ noch einmal nachzulesen. Das ist leider auch immer verbunden mit geringeren Finanzzuweisungen, im Durchschnitt 2.300 Euro pro Einwohner, die wir verlieren. Insofern müssen wir auf diesen Bevölkerungsrückgang natürlich reagieren, indem wir die Infrastrukturen anpassen,

insbesondere die Verwaltungsstruktur. Das sind Gründe, die ganz klar dafür sprechen, die öffentliche Verwaltung zu modernisieren, zu deregulieren, die Funktionalreform umzusetzen und auch die Neuordnung der Landkreise vorzunehmen sowie schließlich – und das ist Bestandteil des Gesamtkonzepts – das Personalkonzept in dem geplanten Zeitfenster umzusetzen.

Meine Damen und Herren, Sie alle haben sich sicher auch in den Fachausschüssen schon mit dem Personalkonzept 2004 befasst, so dass ich davon ausgehen kann, dass Sie sich bereits umfangreich informiert haben. Wenn wir uns allerdings im Wahlkampf befinden, und das ist ja der Fall, sollte man sachliche Auseinandersetzungen gerade in Bezug auf den Landeshaushalt nicht außen vor lassen. Dies gilt insbesondere für Herrn Riemann.

(Wolfgang Riemann, CDU: Ja, hier.)

Herr Riemann behauptet, das Personalkonzept 2004 wäre kein Beitrag zur Haushaltskonsolidierung. Dieses ist nun sehr verwunderlich.

(Wolfgang Riemann, CDU: Ausgliedern und vertuschen, Herr Borchert! Ausgliedern und vertuschen!)

Vielleicht stört ihn lediglich, dass es nicht aus der Feder der CDU stammt. Da liegt anscheinend der Hase im Pfeffer. Ansonsten habe ich keine Erklärung dafür, Herr Riemann,

(Wolfgang Riemann, CDU: Ihr bereinigt eure Zahlen immer selber.)

dass Sie so mit Halbwahrheiten umgehen.

An nur einem Beispiel will ich klar machen, wie durch unverständliches Zitieren ein falscher Eindruck erweckt wird, und zwar bezogen auf die genannte Pressemitteilung Herrn Riemanns, in der er unter anderem, ich zitiere, sagt: „jedoch wird lediglich erwähnt, dass Aufgabenkritik durchgeführt werden muss.“ Dies ist natürlich sehr verkürzt, denn, ich zitiere aus dem Personalkonzept, unter anderem steht dort: „In diesem Zusammenhang ist die Aufgabenkritik als Mittel zum Erreichen der Ziele – insbesondere der Reduzierung des Stellenbedarfs – anzusehen, und nicht als Voraussetzung dafür.“ Also klarer geht es dann wirklich nicht, Herr Riemann. Es ist bedauerlich, dass Sie diese Passage nicht insgesamt zur Kenntnis genommen haben oder möglicherweise vielleicht auch gar nicht gelesen haben, denn Sie mussten sich mit sehr großem Zeitaufwand, das wissen wir, mit der Großen Anfrage bezüglich der Förderpolitik auseinander setzen.

(Beifall Reinhard Dankert, SPD – Wolfgang Riemann, CDU: Ja, da werden wir noch drauf zurückkommen, Herr Borchert, auf die Wirksamkeit Ihrer Arbeitsmarktpolitik!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die SPD-Fraktion unterstützt die Landesregierung ganz klar in ihrem Willen, Stellenreduzierungen sozialverträglich zu gestalten und betriebsbedingte Kündigungen dabei zu vermeiden. Das ist eine klare Position. Bei der CDU ist das nicht ganz so klar. Aber ich habe deutlich den Eindruck, und dem wurde auch nicht widersprochen, dass die CDU hier auf Tempo drücken will, dass sie hier ganz klar auch betriebsbedingte Kündigungen in Erwägung zieht. Personeller Kahlschlag ist hier möglicherweise die Ansage.

(Wolfgang Riemann, CDU: Schwerpunkte will die CDU und keinen Rasenmäher!)

Ich möchte darauf verweisen, dass auch die CDU Tarifverträge einzuhalten hat.

(Egbert Liskow, CDU: Den habt Ihr doch abgeschlossen!)

Bis 2010 ist es aufgrund des Tarifvertrages nun einmal so, dass Kündigungen nicht möglich sind.

(Zuruf von Reinhard Dankert, SPD)

Aber wir wissen – auch bundespolitisch –, wie sehr die CDU gerade an dieser Schraube Kündigungsschutz dreht und ihn abbauen will.

(Egbert Liskow, CDU: Wir wollen Arbeit schaffen! – Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Dieses ist natürlich dann eine Politik, die sich insbesondere gegen die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer richtet.

(Zuruf von Eckhardt Rehberg, CDU)

Welche Rolle die CDA spielt innerhalb der CDU, ist damit, glaube ich, auch schon klar illustriert.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das Ziel, 2010 einen ausgeglichenen Landeshaushalt zu haben, ist natürlich nur möglich durch die kontinuierliche Absenkung der Kreditaufnahme. 2006 werden wir reduzieren auf 400 Millionen und 2007 auf 375 Millionen Euro. Weitere Schritte sind 225 Millionen, 75 Millionen Euro, bis 2010 auf null. Erfreulich ist in diesem Zusammenhang die Tatsache, dass wir im Gegensatz zu vielen anderen Ländern aktuell, ich gucke jetzt nicht nach hinten, ich gucke nach vorne, mit der Regelkreditobergrenze in den Jahren 2006 beziehungsweise 2007 keine Probleme haben, dass wir darüber liegen – entsprechender Spielraum bei 603 beziehungsweise 641 Millionen Euro – und insofern einen verfassungskonformen Haushaltsplanentwurf vorliegen haben. So selbstverständlich ist das nicht. Es gibt zurzeit nur wenige Bundesländer in der Bundesrepublik, die einen verfassungskonformen Haushalt vorlegen können.

(Egbert Liskow, CDU: Das haben wir gesehen!)

Insofern ist das auch ein Ergebnis einer klugen, vorausschauenden und soliden Haushalts- und Finanzpolitik unserer Finanzministerin Sigrid Keler, unserer Regierung und der Koalitionsfraktionen SPD und PDS.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich sagte es bereits, wir sichern die Handlungsfähigkeit unseres Landes allerdings nicht nur, indem wir konsolidieren, sondern auch, indem wir investieren. Dazu werden die Investitionsausgaben insgesamt mit 1,3 beziehungsweise 1,2 Milliarden Euro weiterhin auf hohem Niveau gehalten, denn wir müssen die wirtschaftliche Basis, die Infrastruktur und die Voraussetzungen in Bildung, Forschung und Entwicklung schaffen, um nach 2019 – ich meine, spätestens 2019 – auf eigenen Beinen zu stehen. Dazu ist es notwendig, die knappen finanziellen Mittel auf die Politikfelder zu konzentrieren, die langfristig für unser Land den höchsten Mehrwert für die Entwicklung des ganzen Landes sichern. Wir haben also gerade jetzt im Haushalt 2006 und 2007 eine riesige Verantwortung, wofür wir schließlich die geplanten 7.013 Millionen in 2006 beziehungsweise 6.848 Millionen Euro einsetzen.

Wir müssen uns selbstverständlich die Frage stellen: Welche Schwerpunkte sind für uns maßgebend bei den