Protokoll der Sitzung vom 29.01.2003

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS)

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Anfrage?

(Lorenz Caffier, CDU: Aktuelle Stunde, das geht nicht. – Harry Glawe, CDU: Aktuelle Stunde! – Angelika Gramkow, PDS: Das geht doch nicht, Frau Präsidentin.)

Das Wort hat jetzt die Fraktionsvorsitzende, die Abgeordnete Frau Gramkow von der Fraktion der PDS.

(Harry Glawe, CDU: Oh, jetzt kriegen wir was!)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Menschen sind verunsichert. Und Sie, meine Damen und Herren von der CDU, aber, ich glaube jetzt, vielleicht wir alle mit dieser heutigen Debatte schüren diese Ängste und Sorgen weiter.

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Und Sie, meine Damen und Herren von der CDU, lenken von Ihrer eigenen Verantwortung

(Harry Glawe, CDU: Was?!)

für die Gesundheitspolitik der 80er und 90er Jahre wie immer fein säuberlich ab.

(Unruhe und Heiterkeit bei einzelnen Abgeordne- ten der CDU – Zurufe von Harry Glawe, CDU, Dr. Armin Jäger, CDU, und Udo Timm, CDU)

Die Auswirkungen der rot-grünen Gesundheitspolitik sind eben keineswegs so schwarz oder so weiß oder so rot, wie Sie sie gezeichnet haben, Herr Glawe.

(Zuruf von Dr. Ulrich Born, CDU)

Erinnern wir uns einmal, Herr Born! 1998 musste die SPD-Bundesregierung die unsozialen Gesetzgebungen der Kohl- und Seehofer-Ära korrigieren.

(Heiterkeit bei Dr. Ulrich Born, CDU, und Harry Glawe, CDU)

Und die PDS hat dies aus gutem Grund damals unterstützt.

(Harry Glawe, CDU: Da haben Sie doch noch eine Million Reserve gekriegt von uns. – Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Wir wollten nicht, dass die Bürgerinnen und Bürger auch von Mecklenburg-Vorpommern weiterhin Monat für Monat das Krankenhausnotopfer zu zahlen haben, während die Pharmakonzerne Gewinne realisierten, die alle Rekorde brachen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und Torsten Koplin, PDS – Heiterkeit bei Harry Glawe, CDU)

Ein Opfer verlangte die ehemalige CDU-geführte Regierung den Pharmakonzernen nicht ab.

(Harry Glawe, CDU: Es geht um Investiti- onen für Krankenhäuser, Frau Gramkow.)

Und, Herr Glawe, wir wollten damals,

(Harry Glawe, CDU: Wir wollten moderne Krankenhäuser.)

dass junge Menschen, die nach 1978 geboren wurden, gar nicht erst gezwungen werden, ihre Zahnersatzleistung selbst zu bezahlen. Denn genau das hatten Sie vor.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS – Harry Glawe, CDU: Das machen Sie doch jetzt wieder.)

Und es war Ihnen ganz offenkundig völlig egal,

(Harry Glawe, CDU: Das machen Sie jetzt gerade wieder. Sie haben die Mehr- wertsteuer in diesem Bereich erhöht. – Zuruf von Dr. Ulrich Born, CDU)

ob man jemandem an den Zähnen ansieht, aus welchen sozialen Verhältnissen man stammt.

(Harry Glawe, CDU: Von 7 auf 16 Prozent!)

Und genau dies unterscheidet uns, die PDS und die CDU,

(Harry Glawe, CDU: Überhaupt nicht! Sie haben gerade dort beschlossen, die Mehrwertsteuer wieder raufzusetzen.)

in der Frage der Gesundheitspolitik voneinander. Sie haben die Privatisierung des Krankheitsrisikos vor. Sie unterhöhlt den Artikel 20 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland, nämlich das Sozialstaatsgebot.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS – Harry Glawe, CDU:... vorbeugende Prophylaxe ist wichtig, Frau Kollegin.)

Zu bewirken, Herr Glawe, und es hier nicht auszusprechen, dass der Gesundheitsstatus eines Menschen zukünftig von seinem Geldbeutel abhängen soll,

(Harry Glawe, CDU: Das machen Sie doch.)

verletzt die Würde des Menschen.

(Harry Glawe, CDU: Das machen Sie doch mit der SPD zusammen.)

Und diese Politik ist mit der PDS letztendlich nicht zu realisieren.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS)

Und auch ich will darauf verweisen, dass Ihr Beifallklatschen von diesen Rängen zum Versuch von Stoiber, Teufel und Co, den Risikostrukturausgleich zu kippen, letztendlich nicht im Interesse der Bürgerinnen und Bürger zwischen Boizenburg und Löcknitz gewesen ist.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS)

Meine Damen und Herren, in den zurückliegenden Jahren, ja, hat die rot-grüne Bundesregierung gesundheitspolitische Gesetze und Reformen auf den Weg gebracht, die wir als PDS differenziert betrachten. Es fand und findet unsere Unterstützung, dass die hausärztliche Versorgung gestärkt wird. Die Stärkung des Präventionsgedankens wird von uns mitgetragen und weiterhin unterstützt. Wir haben ein großes Interesse daran, dass die Qualitätssicherung im medizinischen Bereich aufgewertet wird.

Gerade im Gesundheitsbereich kam es in der Vergangenheit jedoch auch – und nicht nur, weil es Demonstrationen gibt – in den so genannten Jahrhundertreformen zu ungelösten Problemen. Und in dieser Hinsicht unterschei

den sich die Prioritäten der rot-grünen Gesundheitspolitik nicht so sehr von der Politik der Vorgänger. Sie haben jeweils bislang die Gesundheitspolitik im Auge, die ausschließlich auf Lohnkostenproblematik ausgerichtet ist. Wir haben es auch eben leider gehört. Auf die Gesundheit des Menschen – das können Sie drehen, wie Sie wollen – lassen sich jedoch nicht ausschließlich ökonomische Kennziffern und Kategorien anwenden. Wer dies tut, sieht im Gesundheitsbereich nicht die Chance für Fortschritt und Innovation, für neue Arbeitsplätze und Wertschöpfung, sondern einzig und allein einen Kostenfaktor, den es zu dämpfen gilt.

Weil aus unserer Sicht diese Diagnose des Problems falsch ist, muss zwangsläufig auch die Therapie ins Leere laufen. Deshalb stehen wir erneut vor der Diskussion um eine Gesundheitsreform. Erneut werden wir prüfen, was an den Reformvorschlägen verfassungsmäßig korrekt und für die Menschen in unserem Land gut ist. Aber es sollte uns doch endlich gelingen, beide Seiten des Gesundheitssystems gleichermaßen als bedeutsam zu begreifen, nämlich die Ausgaben- wie die Einnahmeseite. Und das kommt bisher zu kurz.

Meine Damen und Herren, die PDS steht für eine solidarische und bedarfsorientierte Gesundheitssicherung. Die PDS in Mecklenburg-Vorpommern konzentriert sich dabei auf unsere landespolitische Verantwortung, ohne bundespolitische Geschehnisse gerade in diesem Bereich außer Acht zu lassen. Davon zeugt nicht zuletzt die Koalitionsvereinbarung zwischen der SPD und der PDS. Wir haben darauf Wert gelegt, dass die Frage der Prävention hier besonders hervorgehoben wird und die Rahmenbedingungen für das Wirken von Selbsthilfegruppen ein neues Gewicht erhalten. Die PDS hat sich für die wohnortnahe stationäre medizinische Versorgung in hoher Qualität ausgesprochen und ausdrücklich haben die Partner vereinbart, die Krankenhausinvestitionen auf hohem Niveau fortzuführen und die so genannte pauschale Krankenhausförderung, nämlich die Investitionen in medizinische Geräte und Ausstattungen, zu verbessern.

(Beifall Torsten Koplin, PDS)

Und wenn Sie von der CDU so tun, als wenn es dies alles nicht geben würde und Unklarheiten bestehen würden, dann tragen Sie zur Verunsicherung hinsichtlich der medizinischen Versorgung der Menschen und letztendlich auch der Leistungsträger im Land Mecklenburg-Vorpommern bewusst bei.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und PDS – Harry Glawe, CDU: Das glauben Sie doch alleine nicht.)

Und ich will in diesem Zusammenhang auch nicht unerwähnt lassen, der Erhalt aller Krankenhausstandorte in Mecklenburg-Vorpommern als Grundlage für eine flächendeckende Krankenversorgung in unserem Land wurde in der letzten Legislaturperiode umgesetzt und war wahrlich keine Selbstverständlichkeit. Und hierfür hat das PDS-geführte Ministerium besondere Verantwortung, besonderes Engagement gezeigt und letztendlich auch die PDS ihr Wahlversprechen gehalten, Herr Glawe.

(Harry Glawe, CDU: Ja, dafür haben Sie Betten abgebaut.)