Gerade in einem Flächenland wie Mecklenburg-Vorpommern wäre eine Aufwertung des Hausarztes vor allem auch honorartechnisch ein wesentlicher Beitrag zur Sicherung der Grundversorgung und ein nicht zu unterschätzender Anreiz, um die niedergelassenen und niederlassungswilligen Hausärzte im Land zu halten. Allerdings müssten dann bei den Kassenärztlichen Vereinigungen auch die Schwerpunkte im Verteilungskampf um die Honorare anders ausgerichtet werden. Das ist ein hohes Defizit auch der Kassenärztlichen Vereinigung.
Weiterhin weisen die Kassen immer wieder darauf hin, dass Finanzierungsprobleme auch durch medizinisch unbegründete Leistungsmengen entstehen. So werden in Deutschland beispielsweise doppelt so viele Herzkatheteruntersuchungen durchgeführt wie im europäischen Durchschnitt, obgleich die diesbezügliche Erkrankungsrate im europäischen Durchschnitt liegt. Diese Überversorgung mit teurer Diagnostik muss die Solidargemeinschaft tragen. Ebenso verhält es sich mit den immer wieder angeprangerten parallel organisierten Versorgungsstrukturen im niedergelassenen Bereich und in den Krankenhäusern, die letztlich zu unnötigen Doppeluntersuchungen und zu vermeidbaren Kosten führen. Langfristig wird sich auch für unser Bundesland die Frage stellen, wie sinnvoll ist denn die strikte Trennung der Versorgungsbereiche und wie kann eine bessere Verzahnung erreicht werden, um weitere unnötige Kosten zu vermeiden.
Zu einer Reform des Gesundheitswesens gehört natürlich auch eine nachhaltige Überprüfung der Arzneimittelversorgung. Die konsequente Ausrichtung der Zielstellung im Hinblick auf kartellrechtlich abgesicherte Festbetragsregelungen und die Einführung einer Positivliste ist meines Erachtens unabdingbar, um den Kostendruck zu reduzieren.
(Beifall Rudolf Borchert, SPD – Harry Glawe, CDU: Jaja, 1995 haben Sie die abgelehnt. – Dr. Armin Jäger, CDU: Das hatten wir doch schon mal.)
(Dr. Ulrich Born, CDU: Schröder, Clement und Eichel haben das abgelehnt. – Glocke der Vizepräsidentin)
Sind die Einsparpotentiale in den Verwaltungen denn wirklich schon erreicht? Gerade in den angesprochenen Bereichen ist die Trennlinie zwischen notwendiger Vielfalt und tatsächlicher Überversorgung nicht immer klar.
Eine Reform des Gesundheitswesens durchzuführen ist sicher eine der unangenehmsten Aufgaben, die eine Regierung zu vergeben hat. Das musste auch Herr Seehofer schon erfahren, wie Sie sicherlich wissen. Um letztendlich erfolgreich zu sein, muss man zu einem Rundumschlag ausholen und sozusagen allen Interessenverbänden auf die Füße treten.
Wir müssen die Versicherten zu mehr Eigenverantwortung erziehen, die Kassen und Kassenärztlichen Vereinigungen zu strafferen und effizienteren Strukturen zwingen. Wir werden massive Verteilungskämpfe innerhalb der Ärzteschaft auslösen und wir werden die Gewinnspannen der Pharmaindustrie und der Apotheken beschneiden.
(Harry Glawe, CDU:..., dass die Apotheker 25 Prozent beizusteuern haben. – Zuruf von Reinhard Dankert, SPD)
Genau in diese Richtung aber zielt das Vorschaltgesetz. Glauben Sie mir, meine Damen und Herren, ich kenne keinen einzigen Sozialdemokraten, der dieses Gesetz bejubelt. Vor allem auch deswegen nicht, weil es Unausgewogenheiten zwischen Ost und West aufweist.
(Beifall Angelika Gramkow, PDS: Sehr richtig. – Harry Glawe, CDU: Ja, das ist wahr. Das ist wahr. – Zuruf von Dr. Ulrich Born, CDU)
Schließlich müssen die Ärzte auf weitere Angleichungen der Vergütung zwischen Ost und West verzichten. Im Klartext heißt das natürlich, und da stimme ich Ihnen zu, Herr Glawe, die Nullrunde ist eine Minusrunde. Alles unbestritten.
Dennoch war der Schritt notwendig, um eine sichere und solide Planungsgrundlage für die anstehenden umfassenden Reformen zu schaffen.
Es ist daher – trotz aller Befindlichkeiten – notwendig, dass die Politik ein geschlossenes Gegengewicht zu den Interessenvertretern aufbaut und den gemeinsamen Willen zu einer sicherlich auch schmerzhaften Reform bekundet.
Ich denke, wir wollen alle ein leistungsfähiges Gesundheitssystem, das auf dem Solidarprinzip aufbaut und auf der Selbstverwaltung und jedem Bürger die bestmögliche Versorgung bei sozialverträglichen Beiträgen gewährt. Es ist unsere gemeinsame Aufgabe und Verantwortung, dies auch gegen starken Druck politisch umzusetzen. Allerdings wird uns das nur gelingen, wenn wir auch konstruktiv zusammenarbeiten. Da ist es wenig hilfreich, die Ängste der Menschen zu instrumentalisieren und sie zum politischen Schaulaufen zu missbrauchen.
Lassen Sie uns doch mal formulieren, was wirklich wichtig ist für unser Land, gesundheitspolitisch, was sofort geändert werden muss! Wichtig ist erstens, dass das 12. Änderungsgesetz zum SGB V endlich rechtskräftig wird, damit die für das Optionsmodell gemeldeten Krankenhäuser abrechnungstechnisch nicht länger zwischen Baum und Borke klemmen. Das ist vom Bundesrat ja abgelehnt worden.
Zum anderen ist wichtig, dass im Hinblick auf den Nachtragshaushalt dem enormen Investitionsbedarf der Krankenhäuser Rechnung getragen wird
Trotz aller Zwischenrufe, Herr Glawe, denke ich, dass die Zusammenarbeit von uns Gesundheitspolitikern hinter den Kulissen, wenn wir nicht gerade zum Schaulaufen gezwungen sind, doch recht ordentlich ist.
Wir werden uns auch, wie wir das bereits im Falle des Krankenhauses Güstrow gemacht haben, verständigen und nach gemeinsamen Lösungswegen suchen.
(Heiterkeit bei Dr. Ulrich Born, CDU: Das ist gut. An seinem Sachverstand kom- men Sie nicht vorbei. Da haben Sie Recht.)
Deswegen denke ich, dass wir uns zusammenraufen sollten und das Bestmögliche für unser Land hier herausholen sollten. Ich wünsche mir sehr, dass von diesem konstruktiven Geist auch die Debatte zur Gesundheitspolitik in Mecklenburg-Vorpommern geprägt ist. – Vielen Dank, meine Damen und Herren.