Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich begrüße Sie zur 76. Sitzung des Landtages. Die Sitzung ist eröffnet. Die Tagesordnung der heutigen Sitzung liegt Ihnen vor. Wir setzen unsere Beratungen vereinbarungsgemäß fort.
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 17: Beratung des Antrages der Fraktionen der Linkspartei.PDS und SPD – Entschließung zur Aufklärungsoffensive vor und während der Fußball-WM 2006 zur Abwehr von Menschenhandel und Zwangsprostitution, auf Drucksac h e 4/2171. Hierzu liegt Ihnen ein Änderungsantrag der Fraktion der CDU auf Drucksache 4/2218 vor.
Antrag der Fraktionen der Linkspartei.PDS und SPD: Entschließung zur Aufklärungsoffensive vor und während der Fußball-WM 2006 zur Abwehr von Menschenhandel und Zwangsprostitution – Drucksache 4/2171 –
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In genau 63 Tagen, am 9. Juni 2006, beginnt die Fußballweltmeisterschaft, von vielen Fans sehnsuchtsvoll erwartet. Dabei ist auch das Motto sehr schön: „Die Welt zu Gast bei Freunden“. Sicher wünschen wir uns alle hier gute und faire Spiele. Es freuen sich nicht nur die Fußballfans auf internationale Begegnungen und neue Bekanntschaften. Doch am Rande der Spiele wird es auch Menschen geben, vor allem Frauen, die weder Freude, Freundschaft noch Fairness erleben werden. Denn wie von vergleichbaren Großveranstaltungen bekannt, ich erinnere an die Olympiade in Athen, werden die Nachfrage und das Angebot sexueller Dienstleistungen rund um die Weltmeisterschaft boomen. Frauen- und Menschenrechtsorganisationen befürchten deshalb, dass damit auch der Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung und der Zwangsprostitution deutlich ansteigen wird.
Darunter wird anlehnend an die Definition der Vereinten Nationen im Kampf gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität Folgendes verstanden: Die Vereinten Nationen definieren den Menschenhandel als „die Anwerbung, Beförderung, Verbringung, Beherbergung oder den Empfang von Personen durch Androhung oder Anwendung von Gewalt oder anderen Formen der Nötigung, durch Entführung, Betrug, Täuschung, Missbrauch von Macht oder Ausnutzung besonderer Hilflosigkeit oder durch Gewährung oder Entgegennahme von Zahlungen oder Vorteilen zur Erlangung des Einverständnisses einer Person, die Gewalt über andere Personen hat, zum Zweck der Ausbeutung. Ausbeutung umfasst mindestens die Ausnutzung der Prostitution anderer oder andere Formen sexueller Ausbeutung, Zwangsarbeit oder Zwangsdienstbarkeit, Sklaverei oder sklavereiähnliche Praktiken, Leibeigenschaft oder die Entnahme von Körperorganen“. Ende des Zitats.
Meine Damen und Herren, Sie werden sich fragen, was hat das alles nun mit Fußball zu tun. Spätestens im vergangenen Jahr wurde aus verschiedenen Planungsunter
lagen heraus deutlich, dass die Möglichkeiten für die Aufstellung so genannter Verrichtungsboxen mit eingeplant waren, welche an allen zwölf Austragungsorten aufgestellt werden sollen. Vielleicht sind Sie verwundert, meine Damen und Herren, und wissen nicht so recht etwas mit diesen Begrifflichkeiten anzufangen. Mit Verrichtungsboxen sind carportähnliche Objekte gemeint, zu denen ein kleiner geschlossener Raum gehört. Autos fahren hinein wie auf einem Parkplatz, nur mit dem Unterschied, dass seitliche Sichtblenden in Autofensterhöhe vorhanden sind. Der sich daran anschließende Raum hat zwei Türen, eine für den Kunden und die andere aus Sicherheitsgründen für die dort arbeitenden Frauen.
Viele reagierten auf diese Nachricht sehr empört, insbesondere die Frauenverbände. Der Deutsche Frauenrat nahm sich dieser Thematik besonders an und beschloss auf seiner Mitgliederversammlung am 6. November 2005, seine langjährigen Aktivitäten gegen Menschenhandel und Zwangsprostitution im Rahmen der Fußballweltmeisterschaft 2006 mit einer entsprechenden Kampagne fortzusetzen.
Anlässlich des Internationalen Frauentages wurde offiziell und bundesweit die Kampagne „Abpfiff – Schluss mit Zwangsprostitution“ gestartet. Mit zahlreichen Aktionen während der Meisterschaft soll die öffentliche Aufmerksamkeit auf das Thema „Menschenhandel zum Zwecke sexueller Ausbeutung“ gelenkt werden. Gleichzeitig sollen die politisch Verantwortlichen zu mehr Engagement gegen diese schwere Form der Menschenrechtsverletzung aufgefordert werden. Sie sollen sich einsetzen für wirksamere Maßnahmen zur Verhinderung und Verfolgung von Menschenhandel und Zwangsprostitution, für eine bessere nationale und internationale Zusammenarbeit, für größeren Schutz der Opfer dieser Verbrechen, um den Betroffenen einen gesicherten Aufenthaltsstatus in Deutschland zu bieten.
1. Sensibilisierung der Öffentlichkeit 2. Sensibilisierung potenzieller Freier und 3. Forderungen an die politisch Verantwortlichen
Führende Persönlichkeiten brachten bei der Eröffnung der Kampagne ihre Haltungen zum Ausdruck. Gestatten Sie, dass ich einige zitiere. „Zwangsprostitution ist ein schändlicher, krimineller Akt, der menschenverachtend ist. Deshalb sollten im Kampf gegen die Zwangsprostitution alle dem Rechtsstaat zur Verfügung stehenden Mittel ausgeschöpft und die Täter konsequent ermittelt werden, damit sie zur Rechenschaft gezogen werden können. Bedauerlicherweise leisten Großereignisse, wie auch die Fußball-WM, diesem schändlichen Treiben entsprechenden Vorschub, sodass alle Verantwortlichen in der Gesellschaft sich verpflichtet fühlen müssen, die Arbeit der Sicherheitsorgane durch aufklärende Maßnahmen zu unterstützen“, so Dr. Theo Zwanziger, Geschäftsführender Präsident des Deutschen Fußballbundes und einer der beiden Schirmherren der Kampagne „Abpfiff“.
Ein weiteres Zitat: „Das Geschäft mit Frauen boomt. Es findet direkt in unserer Mitte statt – und bis hinein in die so genannten guten Kreise. Es ist daher ein Skandal, dass das Thema in der Öffentlichkeit so wenig Beachtung findet und der Kampf dagegen so hilflos, so erfolglos ist“.
Uta Ludwig, Vorstandsmitglied des bundesweiten Koordinierungskreises gegen Frauenhandel und Gewalt an Frauen im Migrationsprozess e. V. berichtete aus der Praxis als Beraterin für Betroffene: „Die jungen Frauen kommen nach Deutschland, weil das Leben ihnen zu Hause keine Perspektive bietet, weil es von Armut und Entbehrung geprägt ist. Sie kommen mit der Hoffnung auf ein besseres Leben. Sie geraten in Situationen, in denen sie gezwungen werden, sexuelle oder strafbare Handlungen vorzunehmen, die sie nicht wollen. Sie werden mitunter vergewaltigt, um sie gefügig zu machen, werden eingesperrt, bis die blauen Flecke nicht mehr sichtbar sind. Sie erleben ein extremes Wechselbad der Gefühle und der Angst. Solange sie 10 Euro pro Tag für ihre Arbeit erhalten, können sie wenigstens etwas nach Hause schicken und denken, das ist viel Geld, da sie in der Heimat im Monat vielleicht 40 bis 100 Euro verdienen. Sie haben keinen Überblick, wie viel ihr Zuhälter durch sie verdient. Unseren Schätzungen zufolge wird durch ein Opfer täglich ein Umsatz von 100 Euro bis 300 Euro erzielt. Dies entspricht in einem Monat bis zu 9.000 Euro Umsatz.“
Konrad Freiberg, Bundesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei, führt Folgendes aus, Zitat: „Menschenhandel entwickelt sich weltweit zu einem ähnlich einträglichen Geschäft wie der Drogenhandel. Allein in Europa werden rund eine halbe Millionen Frauen im Netz organisierter Banden festgehalten und sexuell ausgebeutet. Der moderne Sklavenmarkt stellt sich auf die Befriedigung der Nachfrage ein. Da in diesem Kriminalitätsbereich fast nur durch Initiative der Ermittler Straftaten aufgedeckt werden, weil sich die Opfer kaum gegen ihre Peiniger wehren können, ist das Dunkelfeld unendlich groß.“
Heike Rudat, Leiterin des frauenpolitischen Bereichs des Bundesverbandes Deutscher Kriminalbeamter und Expertin für Menschenhandel, betonte: „Zwangsprostitution findet nicht nur zur Fußball-WM 2006 statt, sondern entwickelt sich seit Jahren zu einem immer lukrativeren Geschäft mit der wirtschaftlichen Not von Frauen. Die Bundesrepublik und die Innenminister der Länder sind aufgefordert, dem nachhaltig Kapazitäten bei der Strafverfolgung entgegenzusetzen und diese entsprechend personell auszustatten, um dem nicht unerheblichen Dunkelfeld entgegenzutreten.“ Zitatende.
Und genau hier setzt die Initiative des Deutschen Frauenrates an. Für ein Thema, welches aus verschiedenen Gründen in der öffentlichen Wahrnehmung einen sehr hinteren Stellenplatz einnimmt, kann durch die Fußballweltmeisterschaft und die damit verbundenen Aufmerksamkeiten sensibilisiert werden. Bis 40.000 Prostituierte aus den Ländern Osteuropas, das sind die Schätzungen verschiedenster Institutionen, werden zu diesem Ereignis in Deutschland sein. Deshalb wurden schon im Septemb e r 2005 unter anderem Briefe an das Weltmeisterschaftsorganisationskomitee, an den DFB und an die Fußballer persönlich mit folgendem Inhalt gesandt. Ich möchte aus dem Brief des Deutschen Frauenrates zitieren:
„Vermutlich erstaunt es Sie, dass Sie im Vorfeld der Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland Post vom Deutschen Frauenrat bekommen. 2006 werden viele von uns vielleicht gemeinsam mit Freunden, Söhnen, Vätern oder
auch mit Freundinnen, Müttern und Töchtern die Spiele verfolgen. Wir werden Ihnen die Daumen drücken, dass Sie mit Spaß und hoffentlich auch Erfolg Ihre Spiele bestreiten. Für viele Frauen aber wird dieses Ereignis kein Anlass zur Freude sein. Diese Frauen sind in Ihrem Alter und voller Hoffnung für ihre Zukunft und viele werden enttäuscht und verbittert sein, wenn ihr Vertrauen ausgenutzt wird und sie missbraucht werden, um die Bedürfnisse von Männern zu befriedigen, die doch eigentlich zu einem Fußballfest anreisen. Sie sind als Mitglied der Nationalmannschaft für viele Männer Vorbild in diesem Land, und dass Ihr Wort hin und wieder mehr zählt als das von Politikerinnen, wissen Sie. Dankenswerterweise nutzen einige von Ihnen oder ganze Vereinsmannschaften und auch die Nationalmannschaft ihr Image, ihre Beliebtheit, um sich gegen Gewalt zwischen und von Fans, gegen Drogenmissbrauch und Ausländerinnenfeindlichkeit einzusetzen. Wir bitten Sie, mit dem Vorstand des DFB das Gespräch zu suchen und ihn zu drängen, eine solche Kampagne durchzuführen und Ihre Unterstützung anzubieten. Sie können durch diesen für Sie kleinen Schritt dazu beitragen, dass uns gemeinsam ein großer Schritt zur Achtung der Menschenwürde von Frauen und Männern gelingt.“
Das Antwortschreiben des DFB dazu lautet folgendermaßen: „Sehr geehrte Frau Raiser, vielen Dank für Ihr Schreiben. In der Tat rufen Sie mit dem Problem Menschenhandel und Zwangsprostitution ein grundsätzliches unseren Rechtsstaat betreffendes Thema auf, welches in den vergangenen Monaten öffentlich diskutiert wurde. Die Nationalmannschaft ist sich ihrer gesellschaftspolitischen Verantwortung ganz sicher bewusst. Bitte haben Sie dennoch Verständnis, dass sie dies nicht mit dem Einsatz für offizielle Sonderthemen auslegen kann. Sowohl der Bundestrainer als auch die Nationalmannschaft werden Ihrem gut gemeinten Appell aus grundsätzlichen Erwägungen nicht folgen. Wir hoffen auf Ihr Verständnis und wünschen Ihrer Kampagne besten Erfolg.“
Diese Antwort kann nicht zufrieden stellen und beförderte den Willen vieler Menschen, auch andere Wege zu suchen, um dieses Thema bekannt zu machen. Deshalb hier und heute dieser Entschließungsantrag: Unterstützen wir die Kampagne „Abpfiff“! – Herzlichen Dank.
Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von zehn Minuten je Fraktion vereinbart. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Etwas erstaunt war ich schon über den Antrag der Koalitionsfraktionen, weil er allein gesehen weit hinter dem bereits vorliegenden Beschluss zum Landesaktionsplan zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen zurückgeht, aber gut. Die Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern ist in der letzten Landtagssitzung aufgefordert worden, bis zum 15. Mai Maßnahmen zur Untersetzung des Aktionsplanes genau
er zu formulieren. Hier können Sie übrigens bereits die Maßgabe, ein Konzept für die wirksame Bekämpfung von Frauenhandel in Mecklenburg-Vorpommern zu erarbeiten, nachlesen. Vielleicht hätte man das Problem etwas genauer benennen müssen.
Menschenhandel kann nicht zwangsläufig mit sexueller Ausbeutung gleichgesetzt werden, dafür gibt es noch andere abscheuliche Motive. Der Kampf gegen Zwangsprostitution ist im Gegensatz zum Kampf gegen Frauenhandel in dem Aktionsplan nicht explizit erwähnt, dennoch, denke ich, ist Menschenhandel in Form von Zwangsprostitution damit gemeint.
Mit Interesse habe ich vor einiger Zeit eine nordrheinwestfälische Landtagsdebatte, überschrieben mit dem Titel „Rote Karte für Zwangsprostitution – Fußball-WM ohne Menschenhandel und Zwangsprostitution“ verfolgt, die auch die „Abpfiff“-Kampagne des Deutschen Frauenrates erwähnt. Interessant in diesem Zusammenhang fand ich ebenfalls wie Frau Schmidt die Mitteilung des Leiters des Büros der Deutschen Nationalmannschaft zu einem Brief des Deutschen Frauenrates. Die Nationalmannschaft wurde, wie schon gesagt, gebeten, öffentlich zu erklären, dass sie ihren Sport nicht mit Menschenrechtsverletzungen, Menschenhandel und Zwangsprostitution verbunden sehen wolle. Die Nationalmannschaft sei sich ihrer gesellschaftlichen Verantwortung bewusst, lautete zunächst die Antwort des Büros. Aus grundsätzlichen Erwägungen könne man dem gut gemeinten Appell nicht folgen. Ich denke, diese grundsätzlichen Erwägungen bedürfen keiner großen Erläuterung.
Um es dennoch deutlich zu machen, meine Damen und Herren, der nordrhein-westfälische Landtag stellt in seiner Drucksache 14/1163 unter anderem fest, dass Prostitution es in den letzten Jahren geschafft hat, die Schmuddelecke ein wenig zu verlassen – Stichwort „Beruf mit sozialversicherungsrechtlichen Grundlagen“ –, und dass es naiv wäre zu glauben, dass Großereignisse wie die Fußballweltmeisterschaft, deren Zuschauer zum größten Teil männlich sind, ohne Auswirkungen auf Angebot und Nachfrage von und nach sexuellen Dienstleistungen bleiben würde.
Es steht in einer Drucksache eines Landtages, Frau Voland, Sie hatten gestern dazu eine Frage, zu der man gelangt, wenn man den Begriff „Zwangsprostitution“ bei einer Internetsuchmaschine eingibt. An den Austragungsorten wird mit einer starken Zunahme der Prostitution gerechnet und ein erheblicher Teil dieser Dienstleistung, in Anführungszeichen selbstverständlich, wird von Frauen erbracht, die mit falschen Versprechungen nach Deutschland gelockt und zur Prostitution gezwungen werden. Und hier setzen unsere Bemühungen an. Ich möchte der Gerechtigkeit halber noch einmal betonen, dass der DFBPräsident Theo Zwanziger einer der Schirmherren der am 7. März gestarteten bundesweiten Kampagne „Abpfiff“ ist.
Über das global organisierte Verbrechen Menschenhandel, welches als ähnlich einträglich wie der Drogenund Waffenhandel und als sehr komplex gilt, wird inzwischen nicht nur von Frauenorganisationen gesprochen. Zum WM-Beginn wird beispielsweise ein bundesweiter mehrsprachiger Telefonnotruf für betroffene Frauen von der Neuwieder Initiative „Solvodi“ geschaltet. Verschiedene Institutionen, inklusive der DFB, haben sich bereit
erklärt, ihre Plattform für dieses gesellschaftliche Anliegen für eine bundesweit abgestimmte Maßnahme zur Verfügung zu stellen. Ich habe mir im Internet bereits reihenweise Informationen von Vereinen, Verbänden und Institutionen zu diesem Thema ansehen können. Auf der offiziellen Internetseite der FIFA allerdings bin ich nicht bis zu einer Information zu diesem Thema gelangt.
Detaillierte Maßnahmen sind in der polizeilichen Rahmenkonzeption auf Bund-Länder-Ebene vereinbart. In zwölf WM-Städten gibt es bereits zahlreiche Projekte von Fachberatungsstellen mit aufklärendem Charakter. Mir ist nicht bekannt, dass ein WM-Spiel in Mecklenburg-Vorpommern stattfinden wird, aber am Rande jedes anderen Großereignisses kann Menschenhandel in Form der Zwangsprostitution ganz klar auch hierzulande stattfinden. Da braucht man sich nun wirklich nichts vorzumachen.
Eine Aufklärungsoffensive zur Abwehr von Menschenhandel und Zwangsprostitution vor und während der Fußball-WM können wir als CDU-Fraktion selbstverständlich begrüßen. Und wenn jemand um Schutz bittet, wird er diesen Schutz bekommen, auch über die Zeit des Sportevents hinaus. Hier stellt sich mir jedoch wiederum die Frage: Wie kann man den Opfern von Frauenhandel und Zwangsprostitution helfen, die häufig kaum der deutschen Sprache mächtig sind? Wie schafft man es, mit dem erforderlichen Maß an Sensibilität die betroffenen Frauen überhaupt zu erreichen? Der Zuhälter wird wohl kaum ein Aufklärungsprospekt verteilen. Ich glaube auch nicht, dass ein Freier die Damen nach ihrer Konzession befragt. Somit läuft ein Appell an das Ehrgefühl, wie es in dem Antrag von Nordrhein-Westfalen steht, zumindest dieser WM-Besucher ins Leere.
Um eines würde ich noch bitten wollen, denn in der Antragsbegründung werden im dritten Absatz zu viele verschiedene Dinge zusammengemixt. Meines Erachtens müssen Prostitution, Täterschaft, Opferschutz, Menschenhandel und Handel mit Frauen zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung schon etwas genauer definiert sein. Wir haben außerdem schon allgemein Schwierigkeiten mit Bleiberecht und Aufenthaltsregelungen. Und genau das Druckmittel der Ausweisung wegen des illegalen Aufenthaltes wenden die Zuhälter bei ihren Opfern an. Versucht sich ein Opfer aus seiner Zwangslage zu befreien, kann es sich nur freuen, wenn ihm kein Bürokrat, sondern ein Mitarbeiter einer einschlägigen Beratungsstelle oder ein sonst engagierter Bürger unter seine Fittiche nimmt.
Es gibt einen Paragrafen 232 im Strafgesetzbuch, der Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung unter Strafe stellt. Allein den Beweis dafür anzutreten, wird aber schon äußerst schwierig. Das Risiko, beim Menschenhandel erwischt zu werden, ist immer noch gering. Es kommt sehr häufig vor, dass Verfahren gegen Täter aus Mangel an Beweisen eingestellt werden. Verstärkte Strafverfolgung hat also auch zwei Seiten.
Zwangsprostituierte haben Polizisten beispielsweise selten als Helfer erlebt. Eine Vertrauensbasis muss hergestellt werden. In einem Zeugenschutzprogramm zu leben heißt Abbruch aller Kontakte, selbst zur Familie im Heimatland.
Das muss man auch durchstehen wollen und können, und zwar sowohl mental als auch rechtlich gesehen. Da müssen die Rädchen wirklich ineinandergreifen.
Meine Damen und Herren, Sie wissen selbst, wir bewegen uns auf einem sehr schwierigen Feld. Es gibt kein gesichertes Zahlenmaterial, sondern nur Schätzungen, die dazu noch von einander abweichen. Alle Gesetze gegen Menschenhandel und Zwangsprostitution nützen wenig, wenn der Markt stärker ist als das Recht. Wir betrachten den Entschließungsantrag als Einzelmaßnahme und als Chance, den Landesaktionsplan mit Leben zu erfüllen. Wir plädieren dafür, die besonderen Maßnahmen im Zusammenhang mit der Fußball-WM in den Landesaktionsplan zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen aufzunehmen, dann kann man das auch abrechnen. – Vielen Dank.