Protokoll der Sitzung vom 17.05.2006

(Angelika Peters, SPD: Das ist richtig.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich bitte abschließend einige Profillinien der Zielvereinbarungen nennen. Die Universität Greifswald, verankert in der pommerschen Region, profiliert sich als Universität im Ostseeraum und mit international vitalen Kontakten bis hin nach Vietnam in den besonderen Schwerpunktbereichen Lebenswissenschaften, Physik und Geowissenschaften sowie Staat und Wirtschaft. Die geisteswissenschaftlichen und künstlerischen Disziplinen werden auf den Schwerpunkt „Kulturelle Interaktion in Nord- und Osteuropa“ fokussiert. Diese thematische Konzentrierung der Geisteswissenschaften verbunden mit der Aufgabe der Masterstudiengänge der Lehrerausbildung ist ein schwieriger, ist zweifellos aber ein Schritt zu neuen Ufern. Und ich bin mir sicher, dass er sich als richtig erweisen wird, und ich füge hinzu, dass gerade aus diesem Grunde die Geisteswissenschaften und die Lehrerausbildung in Rostock gestärkt werden müssen.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD)

Das Land weist in den Jahren 2006 und 2007 der Universität Greifswald jeweils 85 Millionen Euro zu und verpflichtet sich, diesen Betrag wie auch bei allen anderen Hochschulen bis zum Jahre 2010 jeweils um 1,5 Prozent zu steigern. Bis zum Jahr 2017 und darüber hinaus wird ein langfristiger Bestand von 765 Stellen gesichert und die Fertigstellung des Universitätsklinikums sowie zum Beispiel der großen Bauvorhaben in der Biochemie und in der Physik wird bis zum Jahr 2010 realisiert.

Die Hochschule für Musik und Theater Rostock entwickelt ihre Schwerpunkte in Musik, Musikpädagogik, Musikwissenschaft und Schauspiel. Als neuen Akzent etabliert sie unter anderem den musikpädagogischen Modellstudiengang „Pop/World Music“ und die äußerst erfolgreiche Sommerschule wird weitergeführt. Das Land weist in den Jahren 2006 und 2007 jeweils 4,3 Millionen Euro zu. Auf lange Sicht wird ein Bestand von 47 Stellen gesichert und zugesichert ist auch die Renovierung des Kapitelsaals der Hochschule und seine Herrichtung für künstlerisch pädagogische Zwecke.

Die Hochschule Neubrandenburg vereint agrar-, ingenieur-, gesundheits- und sozialwissenschaftliche Disziplinen unter dem für das Land äußerst bedeutsamen integrierenden Schwerpunkt „Nachhaltiger Strukturwandel und Umbau von ländlichen Regionen“. Besonders hervorheben möchte ich den Modellstudiengang „Vorschulpädagogik“, den von Wismar zu übernehmenden Studiengang „Management sozialer Dienstleistungen“ und ich möchte die trotz der Einführung des Studienganges „Bauingenieurwesen“ bedeutsame Kooperation der

Hochschule mit dem Kompetenzzentrum Bau in Wismar unterstreichen. Das Land weist in den Jahren 2006 und 2007 jeweils rund 11,3 Millionen Euro zu. Ein langfristiger Bestand von 184 Stellen wird gesichert. Gewährleistet wird auch die Sanierung des Hauses 1.

Die Fachhochschule Stralsund sieht ihr Profil auf den Gebieten Wirtschaft und Technik. Als nordöstlichste aller deutschen Hochschulen ist sie stark in den Ostseeraum und in das Baltikum orientiert. Besonders zu nennen sind der weiter ausbaufähige Schwerpunkt Tourismus, der Frauenstudiengang „Wirtschaftsingenieurwesen“ und die anwendungsorientierten Forschungen unter anderem auf dem Gebiet der alternativen Energien. Das Land weist in den Jahren 2006 und 2007 jeweils rund 11 Millionen Euro zu. Auf lange Sicht wird ein Bestand von 181 Stellen gesichert. Gewährleistet wird auch der Abschluss der Grundsanierung des Hauses 4.

Und schließlich die Hochschule Wismar mit ihren drei Säulen Technik, Wirtschaft und Gestaltung. Sie hat sich mit dem Modellversuch „Hochschule 2020“ auf einen besonderen Weg begeben, der wohlwollend, aber auch kritisch zu begleiten sein wird. An neuen Entwicklungen ragen hier das Kompetenzzentrum Bau, das nationale und internationale Aus- und Fortbildungszentrum für Seefahrt und das Europäische Hauptquartier der UNESCO für ingenieurwissenschaftliche Erziehung hervor. Und natürlich sind auch zu erwähnen die besonderen wissenschaftlichen Serviceleistungen der Hochschule für die Regionalentwicklung in Westmecklenburg. Das Land weist in den Jahren 2006 und 2007 hier jeweils 20,5 Millionen Euro zu. Ein langfristiger Bestand von 297 Stellen wird gesichert. Gewährleistet werden auch die Grundsanierungen von Haus 1 und 22 im Rahmen der Errichtung des Kompetenzzentrums Bau.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Weichen sind gestellt. Mit Ihrer Zustimmung zu den Zielvereinbarungen wird das Verhältnis des Landes zu diesen Hochschulen auf eine mehr von Autonomie geprägte Grundlage gestellt.

(Egbert Liskow, CDU: Ach, das glauben wir nicht.)

Zugleich werden die Voraussetzungen für einen effektiven Beitrag der Hochschulen für die Landesentwicklung geschaffen. Im allseitigen Interesse bitte ich Sie daher um Ihre Zustimmung zu den Zielvereinbarungen mit der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald, der Hochschule für Musik und Theater Rostock, der Hochschule Neubrandenburg, der Fachhochschule Stralsund und der Hochschule Wismar. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der Linkspartei.PDS)

Vielen Dank, Herr Minister.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 60 Minuten sowie 3 Minuten für den Abgeordneten Dr. Bartels vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat zunächst der Abgeordnete Herr Brodkorb von der Fraktion der SPD.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Minister hat sehr ausführlich die uns vorliegenden Zielvereinbarungen vorge

stellt. Deswegen kann ich es dabei bewenden lassen, mich auf die Kernpunkte, die aus meiner Sicht noch einmal betonenswert sind, zu konzentrieren. Es ist richtig, dass wir mit dem Abschluss von Zielvereinbarungen eine neue Epoche, kann man sagen, in der Hochschulpolitik des Landes Mecklenburg-Vorpommern einleiten.

(Egbert Liskow, CDU: Aber keine gute. – Wolfgang Riemann, CDU: Eine ungewöhnliche.)

Sie zeichnen sich zunächst dadurch aus, dass die Hochschulen in den Zielvereinbarungen ihre eigenen Zielvorstellungen für ihre Entwicklung einbringen, sich aber – und das ist der entscheidende Punkt – damit zugleich einpassen in ein Landeskonzept der Hochschulentwicklung. Dieses Einpassen, dieses Einfügen zeichnet sich einerseits aus durch das Festlegen von Forschungsschwerpunkten, allerdings auf der anderen Seite auch dadurch, dass man von bestimmten Bereichen Abschied nimmt. Und da Herr Professor Metelmann sehr ausführlich darauf verwiesen hat, wohin die Reise für die Hochschulen gehen soll, möchte ich noch einmal hervorheben, von welchen Bereichen sich die Hochschulen trennen werden,

(Egbert Liskow, CDU: Müssen, müssen!)

auch deshalb, weil dies zeigt, dass dieser Prozess des Abschlusses von Zielvereinbarungen beiderseits von Kompromissen getragen war.

Wismar hat aufgegeben den Studiengang „Management sozialer Dienstleistungen“ und er wird fachlich kohärenter nach Neubrandenburg verlagert.

(Frank Ronald Lohse, SPD: Jawohl.)

Wismar ist darüber hinaus eine besondere Hochschule, da sie den Vorschlag unterbreitet hat, einen Teil des Rückgangs der öffentlichen Mittel durch eigene Mittel zu ersetzen und so Hochschulstrukturen zu erhalten. Dies ist ein sehr ambitioniertes Ziel. Es gibt Skeptiker, es gibt viele Befürworter und ich denke, wir tun gut daran, im Interesse des Landes der Hochschule Wismar allen Erfolg, den man ihr wünschen kann, auch wirklich zu wünschen, dass sie auf diesem Weg erfolgreich ist.

Zweitens. Die Fachhochschule Stralsund verabschiedet sich von dem Studiengang „Technische Gebäudeausrüstung“, der seinerseits in Wismar inhaltlich aufgefangen wird und nimmt auch im Sinne einer Schwerpunktsetzung für das Land eine Ausweitung der Kapazitäten im Bereich Tourismus vor. Auch dies ist für unser Land, denke ich, nicht unwesentlich.

Neubrandenburg hebt auf den Studiengang und den ganzen Bereich „Bauingenieurwesen“, eine sehr einschneidende Maßnahme für diese Hochschule. Sie bedient hieraus einerseits die Konsolidierungserfordernisse, schafft es aber andererseits, in den Bereichen „Landschaftsarchitektur“, „Early Education“ und „Pflege“ – auch ein Bereich, der für uns gerade aus demografischen Gründen wesentlich ist – Verstärkung vorzunehmen.

Und schließlich die Universität Greifswald, die sich bereits von „Sportwissenschaft“ getrennt hat und im Rahmen einer inhaltlichen Neuausrichtung nunmehr auch verzichtet auf die Studiengänge in den Bereichen „Romanistik“, „Altertumswissenschaften“ und auf die größten Teile der Lehrerausbildung.

Die Hochschulen vereinbaren auf dieser Grundlage aber darüber hinaus zahlreiche Teilziele und Instrumen

te, wie die Entwicklung der Hochschulen in einem Gesamtsystem sich hier im Land weiterentwickeln soll. Ich möchte nur drei Stichpunkte nennen, über die in allen Zielvereinbarungen konkrete Vereinbarungen getroffen wurden: Es verpflichten sich alle Hochschulen dazu, die Ausbildungseffizienz zu erhöhen, also mehr Absolventen hervorzubringen. Sie verpflichten sich alle, ihr Drittmittelaufkommen zu steigern und dem bundesdeutschen Durchschnitt anzunähern. Sie verpflichten sich, die Kosten-Leistungs-Rechnung einzuführen und fortzuschreiben, um in diesem Rahmen dann auch die Globalhaushalte bewirtschaften zu können. Und die Zielvereinbarungen enthalten für mich einen wichtigen vierten Punkt, nämlich die Leistungen des Landes. Hier stehen für mich drei Punkte stark im Vordergrund:

Erstens. Das Land gibt den Hochschulen Planungssicherheit über ihr Finanzbudget bis zum Jahr 2010 und garantiert Zuwachsraten nach allen Informationen, die uns im Moment über die zukünftige Haushaltslage vorliegen, von 1,5 Prozent. Es ist also falsch, dass mit dem Abbau von Stellen ein Rückgang der Hochschulfinanzen verbunden ist. Die Hochschulfinanzen werden weiter steigen und die Hochschulen damit einen höheren Ausfinanzierungsgrad erreichen und auch mehr Handlungsfähigkeit.

(Beifall Ute Schildt, SPD)

Zweitens. Ihnen wird zugesagt ein Investitionsvolumen bis zum Jahr 2009 beziehungsweise 2010, also über die Laufzeit der Zielvereinbarungen.

Und drittens. Ich denke, das ist letztlich auch der wichtigste Punkt, das Personal wird ihnen bis zum Jahr 2017 und darüber hinaus garantiert.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und Gabriele Meˇsˇt’an, Die Linkspartei.PDS)

Meine Damen und Herren, ich denke, wir alle müssen, wenn wir uns selbst im Spiegel betrachten – ich tue das hin und wieder –, zugeben, wir haben schwere Diskussionen hinter uns, kontroverse Diskussionen hinter uns. Aber ich sage auch eins ganz selbstbewusst: Ich kenne kein Land in der Bundesrepublik Deutschland, in dem über derartig lange Zeiträume der Versuch unternommen wird, Planungssicherheit für die Hochschulen zu schaffen. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der Linkspartei.PDS)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Brodkorb.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Lochner-Borst von der Fraktion der CDU.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die vorliegenden Zielvereinbarungen für die Universität Greifswald, die Fachhochschule Stralsund, die Hochschule für Musik und Theater Rostock und die Hochschulen Wismar und Neubrandenburg sind weder ein Grund zur Freude, noch ein Grund zum Feiern. Was uns heute vorgelegt wird, das ist das Ergebnis einer Hochschulpolitik der SPD-PDS-Landesregierung, die nicht gewillt war und auch nicht gewillt ist, eindeutige Prioritäten für die Entwicklung unseres Bundeslandes zu setzen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Zuruf von Beate Mahr, SPD)

Der nahezu einzige zukunftsträchtige Bereich des Landes, eine der wenigen Chancen, der demografischen Entwicklung entgegenzuwirken, wird von Ihnen nach wie vor wie eine nachgeordnete Landesbehörde betrachtet.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Wolfgang Riemann, CDU: So ist es. – Gabriele Meˇsˇt’an, Die Linkspartei.PDS: Es wurde eine Vereinbarung getroffen.)

Sie bauen an den Hochschulen Personal ab, wie Sie es bei den Umwelt- oder Straßenbauämtern machen wollen.

(Wolfgang Riemann, CDU: So ist es. – Ministerin Sigrid Keler: Nein.)

Wissenschaft, Forschung und Lehre sind aber keine traditionelle Verwaltung.

(Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der SPD – Dr. Ulrich Born, CDU: Richtig.)

Sie unterliegen anderen Gesetzmäßigkeiten, besonders wenn sie im Konzert der Universitäten und Hochschulen weltweit als Träger und Motor von Entwicklung begriffen werden.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Dr. Ulrich Born, CDU: Sehr richtig. – Wolfgang Riemann, CDU: Anstatt die Landesre- gierung zu verkleinern, werden die Universitäten verkleinert. – Zuruf von Beate Mahr, SPD)

Und ich werde nicht müde, immer wieder zu sagen, dass die Einsparung – und es ist eine Einsparung – von 4 0 Millionen Euro eines unserer wichtigsten Zukunftspotenziale nachhaltig schädigen wird und den Hochschulen auf lange Zeit die Luft zum Atmen nimmt.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Dr. Armin Jäger, CDU: So ist es.)