Protokoll der Sitzung vom 17.05.2006

und sich somit kein neuer inhaltlicher Sachverhalt ergibt,

(Dr. Armin Jäger, CDU: Das war auch vorher kein Geheimnis.)

der es geboten erscheinen lassen kann, diese Vorlage ein zweites Mal zu beraten.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und Linkspartei.PDS)

Nun komme ich zur eigentlichen Sachfrage: Ist dies eine angemessene Entscheidung, die uns heute hier vorliegt, oder nicht? Und Sie wissen, ich berufe mich gerne auf honorige Persönlichkeiten anderer Bundesländer. Ich möchte aber heute ein Zitat meiner eigentlichen Begründung voranstellen, das von Persönlichkeiten aus Mecklenburg-Vorpommern stammt, und zwar vom 22. Februar 2005, also etwas mehr als einem Jahr: „Im Ausstattungsvergleich zu den anderen norddeutschen Universitäten liegen beide Landesuniversitäten auf den letzten Plätzen. Überlebensfähige Fachgebiete sind deshalb in fast allen Fällen nur zu erhalten, wenn Struktureinheiten gänzlich aufgegeben werden. Deshalb werden die Hochschulen komplementär auf mehrfach vertretene Bereiche weitgehend verzichten müssen, um die auferlegten Einsparungen erbringen zu können.“ Dies ist ein Zitat aus dem Hochschulkonzept der Universitätsrektoren Hans-Jürgen Wendel und Professor Westermann,

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja, richtig.)

das heißt der beiden Universitätsrektoren. Es schloss sich an dieses Zitat folgender Vorschlag an: Weitgehende Aufgabe der Lehrerbildung am Standort Greifswald, dafür Erhalt der Juristischen Fakultät, Aufgabe der juristischen Ausbildung an der Universität Rostock, dafür Aufbau eines Lehrerbildungszentrums. Es ist also nicht die Landesregierung, die den Vorschlag erfunden hat, in Rostock das juristische Staatsexamen einzustellen, es waren die beiden Universitätsrektoren selbst.

(Angelika Peters, SPD: Das ist erstaunlich. – Egbert Liskow, CDU: Warum machen die denn keine Vereinbarung? Ich verstehe das nicht.)

Es ist der Rektor der Universität Rostock gewesen, der diesen Vorschlag der Öffentlichkeit unterbreitet hat.

(Egbert Liskow, CDU: Warum machen sie denn keine? – Heike Polzin, SPD: Westermann hat das ja gemacht.)

Und womit wir jetzt konfrontiert sind, ist einfach nur die Situation, dass die Landesregierung einen Vorschlag der Universitäten selbst aufnimmt,

(Dr. Armin Jäger, CDU: Es gibt doch auch Gremien an der Universität, das vergessen Sie immer!)

weil sie genauso wie ich die Begründung, die zu diesem Vorschlag geführt hat, für plausibel hält.

Und ich möchte hier deshalb ein paar Fakten zur Situation der Juristen in Deutschland darlegen: Wir hatten im Jahr 1950 12.844 Rechtsanwälte in Deutschland.

(Torsten Renz, CDU: Wie viele?!)

12.844! Schön, dass Sie nachfragen. Im Jahre 1990 waren es 56.638, also etwas mehr als eine Vervierfachung. Wir haben im Jahr 2005 nicht mehr 56.638, sondern 132.529 Rechtsanwälte und, soweit ich informiert bin, in diesem Jahr noch einmal mehrere Tausend mehr.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja und?!)

Nach meinen Informationen ist es unumstritten, dass der Rechtsanwaltsmarkt – denn das ist das Hauptarbeitsgebiet für Juristen – völlig übersättigt ist. Wir haben immer noch Zuwachsraten im Bereich der Rechtsanwälte von

4 bis 5 Prozent pro Jahr. Ich glaube, bei einem solchen Wirtschaftswachstum würden wir große Feste feiern, wenn wir das erleben würden. Und wenn man den Angaben der Bundesrechtsanwaltskammer Glauben schenken darf, dann brechen 15 Prozent aller Berufsanfänger im Bereich der Rechtsanwälte ihre Tätigkeit nach kurzer Zeit wieder ab. Das heißt, wir haben unbestreitbar in Deutschland einen Überhang, im Hinblick auf den Arbeitsmarkt jedenfalls, an Personen, die ein juristisches Staatsexamen haben.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Zwei!)

Nun kann man die Frage stellen: Gilt das auch für Mecklenburg-Vorpommern?

(Dr. Armin Jäger, CDU: Keine Ahnung.)

Gilt das auch für Mecklenburg-Vorpommern?

(Dr. Armin Jäger, CDU: Wenn Sie das wenigstens wüssten, das wäre schön.)

Zwei, Sie haben vollkommen Recht, zwei juristische Staatsexamen.

Wir haben in Mecklenburg-Vorpommern 2.400 Studienplätze an den beiden Universitäten, im Bereich Jura 2.400. Wir haben damit ein Absolventenpotenzial von 4 8 0 Absolventen pro Jahr. Wenn wir davon ausgehen, dass 25 Prozent der Studierenden ihren Abschluss nicht erreichen, was eine realistische Größenordnung und der bundesdeutsche Durchschnitt über alle Fächer hinweg ist, dann haben wir ein jährliches Absolventenpotenzial von 360 Juristen, Volljuristen. Und es ist schon von Professor Metelmann darauf hingewiesen worden, der Landesbedarf beträgt nicht 360, er beträgt pro Jahr 10. Ähnlich sieht es auf kommunaler Ebene aus, denn auch da ist der Bedarf weitgehend gesättigt. Wir werden selbst große Schwierigkeiten haben, die Absolventen einer einzigen Juristischen Fakultät bei uns im Land in Lohn und Brot zu bringen. Vor diesem Hintergrund erscheint es mir persönlich zwar nicht angenehm, aber vertretbar, auf einen juristischen Standort hier in Mecklenburg-Vorpommern zu verzichten, zumal es, wie gesagt, der ursprüngliche Vorschlag der Universitätsrektoren selbst war, und dies vor allem vor dem Hintergrund, dass wir in Rostock in anderen Bereichen, die für uns und für die Zukunft des Landes immens wichtig sind, enorme Probleme haben.

Ich habe leider keine Ausgabe mitgebracht, aber das Studentenmagazin der Universität Rostock titelt aktuell: „Seminare wie Sardinendosen“. Und die Artikel hierzu werden überschrieben mit „Katastrophale Lehrerausbildung“. Wir haben dort Verhältnisse, dass 100 bis 150 Personen in einem Seminar sitzen, die dazu ausgebildet werden sollen, in Zukunft die Kinder und Jugendlichen dieses Landes professionell und auf hohem Niveau zu unterrichten. Die Betroffenen beklagen selbst, dass sie sich aufgrund der Ausbildung und der Situation, in der sie sich im Moment befinden, dazu nicht in der Lage sehen. Das Land beabsichtigt, hieran etwas zu ändern. Das ist etwas, was beispielsweise auch in Hamburg vor einigen Jahren getan wurde. Mir persönlich erscheint dies sehr schlüssig. Wir können nicht jahrelang hier im Parlament diskutieren, zum Beispiel über die Ergebnisse von PISA, und uns darüber beklagen, dass die Kinder und Jugendlichen in unserem Land geringere Leistungen aufweisen als im europäischen oder internationalen Vergleich, wenn wir aber konkret etwas tun wollen, um hieran etwas zu verändern – und die Lehrerbildung ist hierfür ein wichtiges Standbein –,

(Dr. Armin Jäger, CDU: Sie haben doch gar keine Stellen!)

dann nicht den Mut haben, diese Entscheidung auch zu treffen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der Linkspartei.PDS)

An dem Punkt fängt es für mich an, inkohärent zu werden.

Herr Dr. Bartels hat die Zielvereinbarungen abgelehnt und wird, das nehme ich an, auch die Zielvorgabe ablehnen. Ich habe eine andere Auffassung, aber er handelt kohärent.

(Egbert Liskow, CDU: Wir auch.)

Was meines Erachtens nicht kohärent ist, ist, den Zielvereinbarungen zuzustimmen, die Zielvorgabe für die Universität Rostock aber abzulehnen.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und Linkspartei.PDS – Dr. Armin Jäger, CDU: Wieso denn das?! Wieso denn das?!)

Das ist schlichtweg deshalb nicht kohärent, weil der Unterrichtung der Landesregierung in diesem Reformkonzept von Anfang an ein Ansatz zugrunde lag, der die Hochschulen nicht als einzelne betrachtet hat, sondern in einem Gesamtkonzept.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und Linkspartei.PDS – Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Sehr richtig. – Dr. Gerhard Bartels, fraktionslos: Bei den einen sind es Vorgaben und bei den anderen ist es eine Vereinbarung.)

Das heißt, dass andere Personen dieses Parlamentes – oft honorige Personen dieses Parlamentes – häufig sagen: Kommunizierende Röhren. Ich kann die Entscheidung an der einen Stelle nicht legitimieren und an der anderen Stelle die Entscheidung, die aber genau dazugehört, die die andere Entscheidung an einer anderen Hochschule ergänzt, ablehnen.

Und in welchen Schwierigkeiten Sie sich sehen, meine Damen und Herren von der Opposition, an dieser Stelle, darauf hat Frau Fiedler-Wilhelm heute dankenswerterweise noch einmal hingewiesen. Ich hatte es schon fast vergessen. Wir haben vorhin diskutiert über einen gemeinsam von den Fraktionen getragenen Antrag zur Neuordnung der Politischen Bildung. Ich darf Ihnen kurz eine Passage vorlesen, die aus dem ursprünglichen Antrag der CDU stammt, und dann lese ich Ihnen noch den Satz vor, den wir heute hier alle beschlossen haben

(Gesine Skrzepski, CDU: Wir nicht!)

bei der Neuordnung der politischen Bildung. Das ist ein einstimmiger interfraktioneller Beschluss.

(Beifall Konrad Döring, Die Linkspartei.PDS – Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Richtig! – Dr. Armin Jäger, CDU: Ja, das war so. Das ist richtig.)

Zitat: „Im Rahmen der Verhandlungen der Landesregierung mit den Universitäten des Landes zu den Zielvereinbarungen wird die Landesregierung aufgefordert, die Universitäten anzuhalten, an ihren Einrichtungen Weiterbildungsangebote der Politischen Bildung zu entwickeln.“

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja sicher.)

„Auf der Basis von offenen wissenschaftlich fundierten aktuellen Angeboten sollen insbesondere Lehrerinnen und Lehrer, aber auch die freien Träger Weiterbildungsmöglichkeiten für die politische Schul- und Erwachsenenbildung erhalten.“

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja sicher.)

Jetzt kommt der entscheidende Satz: „In diesem Zusammenhang befürwortet der Landtag die Einrichtung einer Professur für die Didaktik der Politischen Bildung.“ Zitatende. So der CDU-Antrag. Und was wir heute beschlossen haben lautet, ich zitiere: „Der Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur spricht sich dafür aus, an der Universität Rostock die Didaktik der politischen Bildung auch personell zu stärken.“

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja.)

Meine Damen und Herren, ich behaupte zu wissen, dass ein solcher Vorschlag in der Rostocker Hochschulleitung und auch im Senat der Universität Rostock keine Mehrheit finden würde. Sie selbst erkennen die Notwendigkeit, der ich völlig zustimme, dass man im Bereich der Lehrerbildung, insbesondere auch der Politischen Bildung, etwas tun muss.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Da verstehen Sie was falsch!)

Aber was Sie hier machen, entspricht dem schönen Sprichwort: „Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass!“