Aber ich sage auch sehr deutlich, weil Sie gesagt haben, Sie hätten gerne die Unterstützung bei Ihrer Gesetzesinitiative, wir haben immer auf Unterstützung gewartet. Diese nachträgliche Sicherungsverwahrung, Herr Minister Sellering, kommt nicht aus Ihrer Ecke. Sie wissen, wer sie beantragt und auch wer sie durchgesetzt hat. Aber das ist Schnee von gestern. Ich sage Ihnen hier zu, wenn Sie Unterstützung brauchen für das Ziel, Lücken im Gesetz zu schließen – das hat Herr Krumbholz sehr deutlich gesagt, am Schluss seiner Rede, das hätte ich genauso sagen können, was ich sofort unterschreiben würde –, entspricht das genau meiner Meinung. Wenn es etwas gibt, was wir hier mit rechtsstaatlichen Mitteln beschließen und als Gesetz festlegen können, dann sollten wir es tun. Ich hatte bei der PDS den Eindruck, das ist weniger gewesen, Frau Gramkow, aber ich hoffe, dass das missverständlich war, was Frau Borchardt gesagt hat.
Ja, dann liegt Sie falsch, dann, sage ich, ist sie nicht bei uns Dreien, nämlich bei uns Zweien, die dann Drei gewesen wären.
Ich bin der Meinung, das ist richtig, wenn es eine Lücke gibt, dann muss sie sehr dringend geschlossen werden. Und wenn es einen Sinn gemacht hat, dass wir hier miteinander oder Sie sich miteinander so viel Arbeit gemacht haben und es kommt dabei heraus, dass wir das gemeinsam unterstützen unter den Ebenen und in den Ebenen, wo wir es können, dann hat der Untersuchungsausschuss auch das noch gebracht.
Ein Letztes. Es hat mich persönlich schon sehr betroffen, Herr Minister, als Sie gesagt haben, Sie müssten sich gegen die gesamte CDU-Fraktion vor die Richterschaft und die Staatsanwaltschaft stellen. Herr Minister, es gehört zu den Aufgaben eines Parlamentes, Missstände und auch nur vermeintliche Missstände in die Prüfung einzubeziehen. Und nicht derjenige, der alles unter den Teppich kehrt, ist derjenige, der der Justiz hilft, sondern derjenige, der nach Aufklärung feststellt, was gewesen ist. Und der von der Mehrheitsmeinung abweichende Bericht ist nicht ein Bericht, der der Justiz sehr schlechte Noten ausstellt, sondern er hat Leitungsprobleme herausgestellt, Herr Minister, gucken Sie sich das genau an, und das sind nicht die Richter, die wir hier logischerweise bei Leitungsproblemen meinen, und er hat bei der Staatsanwaltschaft das eine oder andere herausgestellt, das müssen wir so tun. Aber für mich ist diese Justiz in diesem Lande ohne Arg und auch ohne Einschränkung eine absolut taugliche, eine ordentliche und sehr kompetent arbeitende Gewalt in diesem Staate. Ich sage hier ganz deutlich, das wollen wir uns in dieser Situation auch nicht durch Reden kaputtmachen. Ich erkläre das noch einmal für meine Fraktion: Die Justiz in diesem Lande und auch in der Bundesrepublik Deutschland, einschließlich auch
bestimmter Bundesrichter, die Sie angegriffen haben, genießen unser volles Vertrauen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte auch noch einmal aus meiner Sicht die wesentlichen Erkenntnisse zum Untersuchungsauftrag im Hinblick auf die Sozialtherapie bewerten.
Erstens. Der Empfehlung des Landgerichtes Stralsund vom 25.03.1998 wurde Folge geleistet. Danach sollte Maik S. nicht in eine sozialtherapeutische Anstalt eingewiesen werden, sondern im Strafvollzug sozialtherapeutische Hilfe bekommen. Alle Zeugen und Sachverständigen haben auf Nachfrage erklärt, dass die Aussagen des Landgerichts lediglich empfehlenden Charakter hatten. Es ist mir nicht klar, wie die CDU in diesem Zusammenhang weiterhin erklären kann, die Empfehlung des Landgerichts sei für den Vollzug bindend gewesen.
Darüber hinaus ist auch der Gesetzeswortlaut des Strafvollzugsgesetzes eindeutig. Danach ist es gerade nicht Aufgabe eines Gerichtes, darüber zu befinden, ob ein Gefangener in eine sozialtherapeutische Anstalt verlegt werden soll. Dieses zu entscheiden ist allein Aufgabe des Strafvollzuges. Auch die Regelungen der Strafprozessordnung sind hier eindeutig, wonach alle Rechtsfolgen einer Straftat in die Urteilsformel aufzunehmen sind. Die Empfehlung des Landgerichts steht nun einmal nicht im Urteilstenor, sondern am Ende der Urteilsbegründung. Somit stellt diese Empfehlung gar keine Rechtsfolge dar und ist auch juristisch nicht verbindlich. Deshalb kann auch die Behauptung der CDU in Ihrem Sondervotum, die klaren Vorgaben des Landgerichtes Stralsund seien nicht im erforderlichen Maße umgesetzt worden, nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme so nicht stehen bleiben. Der Ausschuss hat in den Anhörungen mehrfach gehört, dass trotz des lediglich empfehlenden Charakters des Gerichtes in Bezug auf die Sozialtherapie dem Maik S. im Strafvollzug verschiedene sozialtherapeutische Hilfen zugedacht wurden. In diesem Kontext wurde von verschiedenen Sachverständigen und Zeugen dargestellt, dass nicht nur sozialtherapeutische Behandlungen im engeren Sinne dazu zählen. Vielmehr wurde in den Anhörungen des Untersuchungsausschusses eindeutig vorgetragen, dass hierzu auch verschiedene Arbeitsmaßnahmen und Angebote zur Schulausbildung gehören würden. Dieses wird vom Sondervotum der CDU gänzlich negiert.
Insgesamt sechsmal wurde während der gesamten Haftzeit im Strafvollzug versucht, Maik S. in Arbeitsmaßnahmen und in eine Schulausbildung zu integrieren. Alle diese Versuche scheiterten jedoch nicht, weil der Vollzug versagt hat. Es lag einzig und allein an Maik S., der offensichtlich zu nichts Lust hatte. Maik S. zeigte in der Schulausbildung keine Leistungsbereitschaft. Und Maik S. war es auch, der Arbeitsangebote erst gar nicht antrat oder sie nach kurzer Zeit unter fadenscheinigen Ausreden wieder aufgab. Daher ist es nur ihm allein zuzuschreiben, dass die Versuche des Strafvollzuges scheiterten.
Unerklärlich ist auch der Vorwurf der Opposition, der Strafvollzug hätte nicht ausreichend dafür Sorge getragen, dass Maik S. seiner Arbeitspflicht nachkommt, und sie hat daraus auch noch einen Rechtsverstoß konstruiert. Ja, es ist richtig, im Strafvollzugsgesetz ist die allgemeine Arbeitspflicht festgeschrieben. Auch in den einschlägigen Kommentaren zum Strafvollzugsgesetz wird die einstimmige Auffassung vertreten, dass eine freiwillige Arbeitsaufnahme mit dem Gefangenen anzustreben sei, gerade im Hinblick auf das Resozialisierungsziel. Das gelingt nicht immer, wie wir während der Beratungen erfuhren.
Auch der Zeuge Jesse erklärte dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss, dass niemand gezwungen werden könne, der ihm zugewiesenen Arbeit nachzukommen. Wie die CDU sich die Umsetzung ihres Vorwurfes aus dem Sondervotum praktisch vorstellt, erklärt sie aber nicht. Maik S. nahm an einer sozialtherapeutischen Behandlung teil, obwohl meine Fraktion nach den Anhörungen der psychologischen Sachverständigen zumindest zweifelt, ob eine solche Behandlung überhaupt angezeigt oder gar sinnhaft war. Nach einhelliger Auffassung der Zeugen und Sachverständigen ist eine Behandlung nämlich nur dann angezeigt, wenn der Häftling therapiefähig, therapiewillig und therapierbar ist. Heute, im Nachgang, im Schatten des Mordes an Carolin besteht wohl kein Zweifel daran, dass Maik S. diese Voraussetzungen nicht erfüllte.
Schon seine Therapiewilligkeit ist rückblickend betrachtet zweifelhaft. So wurde immer wieder geschildert, dass er ein manipulativer Mensch sei, der nur auf seinen Vorteil bedacht ist. Vor diesem Hintergrund hatte der Ausschuss die Anträge von Maik S. zur Teilnahme an der Sozialtherapie zumindest kritisch zu bewerten.
Maik S. stellte diese Anträge nur, um größere Chancen bei der vorzeitigen Haftentlassung zu haben. Dies wurde auch dadurch bestätigt, dass er nach seiner Haftentlassung nicht an den vereinbarten Sitzungen in der Sozialtherapie teilnahm. Er drückte sich davor, indem er sich verschiedene Lügen einfallen ließ. Vor diesem Hintergrund hat meine Fraktion erhebliche Zweifel daran, dass Maik S. überhaupt therapiewillig war.
Unabhängig davon steht aber fest, dass Maik S. nicht therapierbar war. So hat Professor Osterheider, der hier als Kapazität auch von der CDU-Fraktion benannt wurde, festgestellt, dass aus seiner Sicht die dissoziale Persönlichkeitsstörung bei Maik S. bereits im Jahr 1998 verfestigt war. Ebenfalls wurde in den Anhörungen durch alle psychologischen Sachverständigen deutlich beschrieben, dass dieses Krankheitsbild damals nicht therapierbar war und heute immer noch nicht therapierbar ist.
Herr Dr. Jäger, Sie waren nicht in den Ausschussberatungen, deshalb konnten Sie die Ausführungen von Professor Osterheider nicht in Gänze nachvollziehen.
Dieser führte aber auch aus, dass solchen Tätern im Strafvollzug dennoch Angebote gemacht werden müssen, um alles dahingehend zu probieren, diese Störung zu korrigieren. Und gerade diese Versuche fanden im Vollzug mehrfach statt. Maik S. wurden unterschiedliche Tätigkeiten angeboten. Bei keiner hielt er es über einen längeren
Zeitraum aus. Er hatte die Möglichkeit, seinen Schulabschluss nachzuholen. Auch dazu hatte er nicht wirklich Lust. Dass die Teilnahme an den verschiedenen Therapien zwecklos war, mussten wir am 15. Juli des letzten Jahres erfahren.
Ergo, meine Damen und Herren, bleibt festzuhalten: Maik S. war nicht therapierbar. Deshalb war eine Therapie im Grunde genommen gar nicht angezeigt.
Nach Aussage des Sachverständigen Dr. Wolf, Vorsitzender Richter am Landgericht Marburg, wäre Maik S. in Hessen erst gar nicht in die sozialtherapeutische Anstalt verlegt worden. Dass in Mecklenburg-Vorpommern im Vollzug wenigstens versucht wurde, Maik S. sozialtherapeutisch zu behandeln, sollte von der CDU unter diesen Umständen anders bewertet werden. Auch darauf haben Zeugen und Sachverständige in den Ausschussberatungen hingewiesen. Es sei nachvollziehbar, so die Angehörten, dass die Therapie wenigstens versucht wurde, denn es ist einfach zu sagen, wenn er nicht therapierbar ist, dann versuchen wir es erst gar nicht. Wir lassen diesen Menschen einfach fallen und haben damit unser endgültiges Urteil über ihn gefällt. Dass die öffentliche Diskussion über diese Problematik in den letzten Monaten zugenommen hat, zeigt auch, wie schwierig selbst für Fachleute so eine Entscheidung ist.
Meine Damen und Herren, zu dem, was letzten Endes den richtigen Zeitpunkt des Therapiebeginns betrifft, kann ich nur feststellen: Nur wenn Maik S. überhaupt therapierbar gewesen wäre, könnte man gut die Auffassung vertreten, dass ein früher Beginn der Therapie bessere oder überhaupt Erfolgsaussichten gehabt hätte. Das ist im Übrigen keine triumphierende, sondern eine bittere Erkenntnis.
Zweitens. Das Land Mecklenburg-Vorpommern kam seiner gesetzlichen Verpflichtung nach, alle Gefangenen, bei denen eine Sozialtherapie angezeigt ist, auch sozialtherapeutisch zu behandeln. Ein etwaiger Rechtsbruch, wie hier konstruiert wurde, ist nicht zu erkennen. Richtig ist, dass seit dem 01.01.2003 die Bundesländer verpflichtet sind, jeden Gefangenen, bei dem eine Sozialtherapie angezeigt ist, in eine sozialtherapeutische Anstalt oder Abteilung zu verlegen.
Richtig ist auch, dass Mecklenburg-Vorpommern zum 01.01.2003 keine eigene sozialtherapeutische Anstalt oder Abteilung besaß.
Die ersten Strafgefangenen wurden erst im Januar 2005 in die sozialtherapeutische Abteilung in die JVA Waldeck verlegt.
Dennoch stellt dieser Umstand keinen Rechtsverstoß dar, wie die CDU-Fraktion immer wieder glaubhaft machen will. In den einschlägigen Rechtsvorschriften des Strafvollzugsgesetzes ist vorgeschrieben, dass ein Gefangener in eine sozialtherapeutische Anstalt oder Abteilung zu verlegen ist, wenn die Behandlung angezeigt ist.
Dem Gesetzeswortlaut ist aber eben nicht zu entnehmen, dass jedes Bundesland eine eigene sozialtherapeu
tische Anstalt oder Abteilung seit dem 01.01.2003 vorhalten muss. Diese Auffassung wurde auch durch die Zeugen Freise und Jesse eindeutig bestätigt.
Im Übrigen vertritt kein einziger Zeuge oder Sachverständiger die Auffassung, dass zum 01.01.2003 jedes Bundesland eine eigene sozialtherapeutische Abteilung oder Anstalt hätte vorhalten müssen.
Diese Zeugen haben weiterhin dargestellt, dass das Justizministerium intensiv an Übergangslösungen arbeitete, und zwar bereits zu dem Zeitpunkt, als zu erkennen war, dass eine eigene sozialtherapeutische Anstalt in Mecklenburg-Vorpommern zum vorgegebenen Termin aus verschiedensten Gründen nicht rechtzeitig eröffnet werden konnte.
Deswegen wurden unter anderem Kontakte zu anderen Bundesländern aufgenommen mit dem Ziel, Gefangene in die dortigen sozialtherapeutischen Anstalten oder Abteilungen verlegen zu können.
Um sich eine genaue Vorstellung von einer funktionierenden Sozialtherapie zu machen, das sei nebenbei auch noch erwähnt, haben sich einige Ausschussmitglieder der Koalitionsfraktionen in Lübeck vor Ort über das Konzept der sozialtherapeutischen Abteilung informiert. Dort ist uns ausführlich ein Fall geschildert worden, in dem ein Gefangener aus unserem Land auf eigenen Wunsch in die sozialtherapeutische Abteilung in der JVA Lübeck aufgenommen wurde.
ist dem Ausschuss kein Fall bekannt geworden, in dem eine angezeigte Behandlung nicht begonnen wurde. Das haben die Ausschussberatungen ergeben.