Protokoll der Sitzung vom 29.06.2006

(Heiterkeit bei Dr. Ulrich Born, CDU, und Renate Holznagel, CDU – Dr. Ulrich Born, CDU: Aber Frau Holznagel hat viele Vorschläge gemacht. – Renate Holznagel, CDU: Ja.)

Zugleich stellen die fehlenden Tierbestände, das hatten wir hier auch schon einmal dargestellt, ein Ungleichgewicht in der landwirtschaftlichen Struktur dar. Allerdings ist auch an dieser Stelle zu warnen vor überdimensionierten Aufzuchtanlagen mit sehr hohen Risiken für Tiergesundheit und Umwelt, die im Moment von der Gesetzeslage her durchaus errichtbar sind. Hier, denke ich, sollten auch in der neuen Legislaturperiode Möglichkeiten und Wege beschritten werden, um im Einklang mit Natur und Umwelt und auch mit Bürgerinteressen ein gesundes Gleichgewicht herzustellen. Ich denke, trotz aller Deregulierungsbemühungen müssen wir uns dieser Anforderung einfach stellen und, wie gesagt, die Tiergesundheit, die Umwelt, aber auch die Bürgerinteressen vereinigen und trotzdem eine Verbesserung des Tierbestandes herstellen.

Damit bin ich auch schon bei dem Thema, was mich in den letzten Wochen und Monaten ziemlich heftig und immer wieder bewegt hat, auch durch Briefe und Anrufe, die ich hatte, wobei ich eigentlich seit etwa zehn Minuten sehr beruhigt bin, weil der Minister da eine für mich sehr positive Aussage getroffen hat. Es geht nämlich um die weitere Förderung des kontrollierten ökologischen Anbaus oder, anders formuliert, darum, ob wir im Agrarbericht die beschriebene Spitzenposition in Deutschland mit 8,5 Prozent der ausgewiesenen ökologisch bewirtschafteten Flächen unseres Landes beibehalten und vielleicht sogar noch ausbauen können.

(Minister Dr. Till Backhaus: Wir bauen aus. – Heiterkeit bei Dr. Ulrich Born, CDU)

Immerhin konnte auf der Grundlage einer erhöhten Nachfrage des Einzelhandels nach ökologischen Produkten ein Flächenzuwachs von 8.500 Hektar im Berichtszeitraum festgestellt werden. Wenn ich dieser Tage in der Presse lese, dass Lidl seine Produkte in etwa auf 20 Prozent Ökoprodukte umstellen will – die anderen Discounter werden sicherlich nachziehen –, dann wissen wir doch, dass letztendlich in diesem Bereich die Nachfrage sehr groß ist.

(Ute Schildt, SPD: Aber der Preis nicht.)

Wir wissen auch, dass, wenn wir hier fördertechnisch nicht reagieren und unsere Landwirte in der ökologischen Landwirtschaft nicht fit und wettbewerbsfähig machen, uns die hervorragenden Förderbedingungen in den neuen EU-Ländern einholen und wir die ökologischen Produkte nicht aus unserem eigenen Land beziehen werden, sondern aus den neuen EU-Ländern. Und darüber bitte ich einfach auch in der nächsten Legislaturperiode intensiv nachzudenken und hier mit Augenmaß an die Sache zu gehen.

In diesem Zusammenhang würde ich persönlich den Vorschlag unterbreiten, dass man sich in künftigen Berichten, egal in welcher Abfolge oder in welcher Struktur sie erfolgen, sicher darüber Gedanken machen muss, ob sie jedes Jahr angefertigt werden sollten, und dass auch in Zukunft, wenn Berichte erstellt werden, die betriebswirtschaftliche Situation der ausgewiesenen ökologisch wirtschaftlichen Betriebe separat dargestellt wird.

Denn gerade diese separate Darstellung ist ein wichtiges Indiz und wir können daraus wiederum Schlussfolgerungen ziehen, wie es unserer ökologischen Landwirtschaft wirklich geht. Lediglich, wie es jetzt zum Beispiel in diesem Bericht dargestellt ist, zu sagen, der Rückgang der Getreidepreise hat alle ökologischen landwirtschaftlichen Betriebe betroffen, bringt nichts, wenn ich so einen Bericht lese. Nur mit der separaten betriebswirtschaftlichen Ausweisung kann letztendlich eine analytische Aussage des Berichtes auch die Handlungsgrundlage für politische Entscheidungen werden, die dadurch einfach besser werden.

Wir als PDS-Fraktion stimmen diesem Bericht zu. Ich denke, wir haben genügend zu tun in der neuen Legislaturperiode, und dazu wünsche ich allen Neuen, die sich mit der Agrarpolitik beschäftigen, und natürlich auch den Kollegen im Landwirtschaftsministerium alles Gute. Von dieser Stelle aus auch noch einmal alles Gute an alle Landwirte und ich verabschiede mich von der Landtagsbühne.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, Linkspartei.PDS und einzelnen Abgeordneten der CDU)

Vielen Dank, Frau Wien.

Ich schließe die Aussprache.

Kann ich davon ausgehen, dass wir nach der jetzigen Aussprache die Unterrichtung durch die Landesregierung auf Drucksache 4/2307 verfahrensmäßig für erledigt erklären? – Ich sehe Zustimmung aus allen Reihen, dann ist es so beschlossen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 34: a) Beratung der Unterrichtung durch die Landesregierung – Leitlinien zur Integration von Migrantinnen und Migranten in Mecklenburg-Vorpommern, Drucksache 4/968, in Verbindung mit b) Beratung der Unterrichtung durch die Landesregierung – Konzeption zur Förderung der Integration von Migrantinnen und Migranten in Mecklenburg-Vorpommern, Drucksache 4/2282.

Unterrichtung durch die Landesregierung: Leitlinien zur Integration von Migrantinnen und Migranten in Mecklenburg-Vorpommern – Drucksache 4/968 –

Unterrichtung durch die Landesregierung: Konzeption zur Förderung der Integration von Migrantinnen und Migranten in Mecklenburg-Vorpommern – Drucksache 4/2282 –

Im Ältestenrat wurde eine verbundene Aussprache mit einer Dauer von 60 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat zunächst die Sozialministerin des Landes Mecklenburg-Vorpommern Frau Dr. Linke.

(Wolfgang Riemann, CDU: Zum Ende der Legislaturperiode werden dann die Konzepte vorgelegt.)

Ja, lieber Herr Riemann, das ist richtig.

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn morgen die letzte Sitzung …

(Zuruf von Peter Ritter, Die Linkspartei.PDS)

Verzeihung, ich muss mich noch einmal entschuldigen. Herr Riemann, Sie haben mich eben verwirrt.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Was? – Beifall Volker Schlotmann, SPD: Das war aber eine kurze Rede!)

Ich denke, so etwas darf schon einmal vorkommen.

(Kerstin Fiedler-Wilhelm, CDU: Sie sieht doch schon rot aus. Das müssen Sie doch sehen!)

Ja, ich habe immer auf ihn geguckt und nicht auf das Papier.

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der SPD, CDU und Linkspartei.PDS)

Also, meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Präsidentin! „Die Welt zu Gast bei Freunden“, das ist das Motto der Fußball-WM, die Deutschland und die Welt seit fast drei Wochen in ihren Bann zieht,

(Kerstin Fiedler-Wilhelm, CDU: Es darf hier die deutsche Fahne gezeigt werden!)

und die Welt zu Hause in Mecklenburg-Vorpommern, so ist man versucht zu sagen, wenn es um die Integrationskonzepte der Landesregierung geht.

(Zuruf von Kerstin Fiedler-Wilhelm, CDU)

Tatsächlich aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, geht es nicht um Gäste, es geht um Menschen,

(Kerstin Fiedler-Wilhelm, CDU: Das sind auch Menschen.)

die laut dem Bericht der Weltkommission für internationale Migration aus dem Jahr 2005, und ich darf an dieser Stelle zitieren, „zu den dynamischsten und unternehmerischsten Mitgliedern einer Gesellschaft gehören und die bereit sind, sich über die Grenzen ihrer eigenen Gemeinschaft und ihres eigenen Landes zu wagen, um sich selbst und ihren Kindern neue Perspektiven zu eröffnen.“

Ja, es geht aber auch um uns selbst. Mecklenburg-Vorpommern will und soll ein weltoffenes Land sein. Dafür brauchen wir einen langfristigen Prozess der Integration von Migrantinnen und Migranten. Eine einmalige Anstrengung reicht hier nicht. Ein erfolgreicher Integrationsprozess setzt dauerhaft vor allem zwei Dinge voraus: den Integrationswillen der Migrantinnen und Migranten

(Kerstin Fiedler-Wilhelm, CDU: Sehr richtig.)

und eine aufgeschlossene und offene Gesellschaft.

(Beifall Konrad Döring, Die Linkspartei.PDS)

Die Ergebnisse des Mikrozensis 2005, die das Statistische Bundesamt kürzlich präsentierte, ließen aufhorchen. 19 Prozent der Menschen in der Bundesrepublik haben einen Migrationshintergrund. Gegenwärtig leben bei uns im Land etwa 30.500 Ausländerinnen und Ausländer und circa 20.000 Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedler, die aus unterschiedlichen Gründen zu uns gekommen sind. Sie alle planen einen Neubeginn für sich, für ihre Familien, wollen ein Studium oder eine Arbeit aufnehmen, wollen bei ihrer Familie sein oder Schutz und Zuflucht suchen.

Die Integration von Migrantinnen und Migranten hat für die Landesregierung einen besonderen Stellenwert. Aufbauend auf den vom Landtag vor zwei Jahren verab

schiedeten Integrationsleitlinien hat die Landesregierung unter Federführung meines Hauses eine Konzeption zur Förderung der Integration von Migrantinnen und Migranten im Land erarbeitet und beschlossen. Wir machen heute deutlich, dass es hier eine kontinuierliche Entwicklung im Lande gibt. Die Konzeption beruht ganz wesentlich auf der Zusammenarbeit mit den am Integrationsprozess beteiligten Akteuren im Land und wird entscheidend durch sie geprägt. Aufgrund der Vielzahl, aufgrund der Breite der Handlungsfelder sowie der Besonderheiten unterschiedlicher Zielgruppen war hier ein umfangreicher Diskussions- und Abstimmungsbedarf der unterschiedlichen Akteure zu bewältigen. Einbezogen wurden Träger der Integrationsarbeit im Lande, Migrantinnen und Migranten, Vertreter der Wohlfahrtsverbände, mit Integration befasste Institutionen und Fachbereiche. Von der breiten Beteiligung und dem lebhaften Interesse zeugen auch die dem Thema gewidmeten Fachkonferenzen und Zusammenkünfte mit Migrantinnen und Migranten, die in den letzten Jahren durchgeführt wurden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Gesellschaft ist gefordert, Zuwanderinnen und Zuwanderern Verantwortung zu übertragen und sie so einzubinden, dass sie gleichberechtigt an politischen Bildungsprozessen teilhaben. Migrantinnen und Migranten sind gefordert, sich mit den gesellschaftlichen Bedingungen hier im Lande vertraut zu machen, sich einzubringen und gesellschaftliche Mitverantwortung zu übernehmen.

Die Verbesserung der Partizipation von Migrantinnen und Migranten stellt eine Kernaufgabe dar. Die Landesregierung stellt ihre Interessen und Bedürfnisse in der Planung, in der Durchführung und Auswertung von Integrationsmaßnahmen auf Landesebene in geeigneter Weise sicher. Die Bildung von legitimierten Interessenvertretungen sowie die Selbstorganisation von Migrantinnen und Migranten verdienen unsere volle Unterstützung. In der Ihnen vorliegenden Konzeption werden ausgehend von der Situation im Land Ziele und Aufgaben der Integration in den unterschiedlichen Handlungsfeldern jeweils unter dem Blickwinkel der gemeinschaftlichen Verantwortung der zugewanderten und der einheimischen Bevölkerung für den Integrationsprozess formuliert. In Kindergärten, Schulen, bei der Berufsorientierung oder Ausbildung, bei der Eingliederung in den Arbeitsmarkt, bei der Seniorenarbeit und der Altenhilfe, beim Wohnen, im Gesundheitswesen, auf dem Gebiet der Kultur und des Sports, überall wird Integration gelebt.

Seit In-Kraft-Treten des Zuwanderungsgesetzes sind eine Reihe von Entwicklungen zu verzeichnen. Im Aufenthaltsgesetz wird Integration erstmals als staatliche Aufgabe formuliert, an der Bund, Länder und Kommunen gleichermaßen beteiligt sind. Der Schwerpunkt liegt hierbei auf der Erstintegration. Der Bund organisiert und finanziert die Durchführung von Integrationskursen. Sie umfassen einen Basis- und einen Aufbausprachkurs von jeweils gleicher Dauer sowie einen Orientierungskurs zur Vermittlung von Kenntnissen der Rechtsordnung, der Kultur und der Geschichte in Deutschland. Insgesamt umfasst dieses Angebot 630 Stunden. Im Land sind etwa 60 Integrationskursträger zugelassen. Seit dem 1. Januar 2005 wurden in Mecklenburg-Vorpommern 138 Integrationskurse mit 2.285 Teilnehmern begonnen. 77 Kurse sind inzwischen abgeschlossen. Darüber hinaus sorgt der Bund für ein Grundangebot an Migrationsberatung für neu Zugewanderte in den ersten drei Jahren nach der Einreise.

Wer Teilhabe ermöglichen will, wer Teilhabe fördern will wie die Landesregierung, muss aber darüber hinausgehen. Die Landregierung richtet mit der Konzeption ihr Hauptaugenmerk auf alle die Erstintegration ergänzenden Integrationsangebote, die weiterführende und nachholende Integration sowie die interkulturelle Sensibilisierung der einheimischen Gesellschaft berücksichtigen.

Die Bemühungen des Bundes werden durch das Sozialministerium im Rahmen der Integrationsförderung ergänzt. Hierbei werden folgende Schwerpunkte gesetzt: Es geht um die Verbesserung der sprachlichen und der beruflichen Integration von Migrantinnen und Migranten. Es geht um die Stärkung der Partizipation der Migrantinnen und Migranten sowie die Unterstützung von Vereinen und Initiativen bei der Entwicklung von Hilfen zur Selbsthilfe sowie die verstärkte Einbeziehung von Migrantinnen und Migranten in das bürgerschaftliche Engagement von Vereinen, Verbänden und Parteien. Es geht um die Optimierung der migrationsspezifischen Beratung in allen Integrationsphasen.

Um diese Schwerpunkte in der Integrationsförderung ab dem Jahr 2006 zu realisieren, fördert das Sozialministerium entsprechende Projekte. Sie wissen, wir haben die Mittel in diesem Jahr durch Sie, durch den Haushaltsgesetzgeber, auf 350.000 Euro erhöht und im nächsten Jahr auf 300.000 Euro festgelegt. Das ist mehr als eine Verdoppelung. Das möchte ich an dieser Stelle deutlich noch einmal herausstellen.

Integration, meine sehr verehrten Damen und Herren, erfolgt durch den Mikrozensis.Darum enthält die Konzeption Maßnahmen, die sich auf sämtliche Lebensbereiche beziehen. Ein Schwerpunkt sind die Integrationsbemühungen für Kinder und Jugendliche. Kontinuierliche individuelle Sprachförderung beginnt in den Kitas, das wissen wir. Dazu zählen Sprachstanderfassung sowie interkulturelles Lernen. Je jünger die Kinder und Jugendlichen mit Migrationshintergrund sind, die Kindertageseinrichtungen und Schulen besuchen, umso problemloser verläuft die Integration, verläuft der Spracherwerb.

Hier haben wir gute Voraussetzungen im Land. Unsere Kindertagesstätten sind in diesem Sinne im wahrsten Sinne des Wortes Bildungsstätten für Kinder, aber auch für ihre Eltern. Wir erreichen gerade über die Kitas auch Mütter von Kindern mit Migrationshintergrund. Sie haben eine sehr zentrale Funktion bei der Sprachentwicklung eines Kindes.