Protokoll der Sitzung vom 30.06.2006

(Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Sehr richtig.)

Meine Damen und Herren, der Hartz-IV-Ombudsrat hat in der letzten Woche seinen Abschlussbericht vorgelegt und der Vorsitzende dieses Gremiums, der frühere

Chef der Gewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie Hermann Rappe, SPD, überreichte eben dieses Papier des Ombudsrates an Bundesarbeitsminister Franz Müntefering, SPD. Der dankte dem Gremium für die eineinhalbjährige Tätigkeit und kündigte in diesem Zusammenhang ein Niedriglohngesamtkonzept für den Herbst 2006 an.

(Regine Lück, Die Linkspartei.PDS: Das enthielt aber auch Mindestlöhne.)

Und damit erneuerte der Bundesarbeitsminister seine Ankündigungen aus dem Mai dieses Jahres, wo er bereits verkündete, bis zum Herbst ein Konzept für existenz sichernde Löhne vorzulegen. Und damit, meine Damen und Herren, hält er sich an den vereinbarten Koalitionsvertrag auf Bundesebene. Im Koalitionsvertrag haben CDU, CSU und SPD vereinbart, in gemeinsamer Verantwortung das Land voranzubringen. Die Koalition stellt sich den Herausforderungen der Arbeitslosigkeit und gemeinsam sollten auch wir die Herausforderung angehen, den Wohlstand zu sichern, Arbeit zu schaffen und soziale Gerechtigkeit zu gewährleisten. Auf diese Ziele richtet sich das Programm der Bundesregierung und der gemeinsam verabredeten Arbeitsmarktpolitik.

Die Bundesregierung hat den Bundesarbeitsminister beauftragt, im Herbst 2006 einen Vorschlag für den Niedriglohnbereich zu machen und dabei die Nutzbarkeit von Kombilohn, Mindestlohn und Entsendegesetz zu prüfen. Auch die Funktion von Mini- und Midijobs werden eingeschlossen. Dabei ist klar, man kann den Niedriglohnbereich nicht vernünftig regeln, ohne zu überlegen, welchen Bezug die Instrumente zum SGB II haben.

Hochinteressant allerdings, meine Damen und Herren, ist, dass ausgerechnet die SPD in Mecklenburg-Vorpommern ihre eigene Bundespolitik ausblendet und diesen Antrag, der uns vorliegt, initiiert hat. Dieser Impuls hat mich natürlich am Anfang sehr überrascht, aber allerdings nur anfänglich. Wenn man nämlich dann weiß, dass die PDS Plakate aufhängt mit der Forderung 8 Plus …

(Heiterkeit bei Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS – Regine Lück, Die Linkspartei.PDS: Linkspartei.PDS.)

Für mich sind Sie die PDS. Sie nennen sich ja auch nur Linkspartei und haben es nicht vollständig gesagt.

Wenn man überlegt, dass Plakate an den Laternenmasten hängen, wo steht „8 Plus“, dann muss man natürlich vermuten, dass die SPD die Linkspartei.PDS nur noch links überholen will. Sie sind ja im Wahlkampf und Herr Mohr ist auch schon mittendrin. Allerdings wunderte ich mich, wir kennen uns ja nun mittlerweile sehr, sehr gut,

(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD, CDU und Linkspartei.PDS – Zurufe von Abgeordneten der Linkspartei.PDS: Oh, oh!)

wie dezent, wie leise und wie vorsichtig Sie diesen Antrag hier eingebracht haben. Das spricht für mich ganz klar dafür, dass Sie hinter diesem Antrag eigentlich gar nicht so wirklich stehen,

(Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der SPD und Linkspartei.PDS – Gabriele Měšťan, Die Linkspartei.PDS: Oh, das ist aber eine Unterstellung! – Torsten Koplin, Die Linkspartei.PDS: Was sollen denn diese Unterstellungen?)

denn Sie können ganz anders in Fahrt kommen.

Meine Damen und Herren, die CDU ist nicht grundsätzlich gegen einen Mindestlohn, lehnt aber eine Höhe von 7,50 Euro ab. Es ist dabei interessant, und das sollten Sie sich anhören, dass die Gewerkschaften in puncto Mindestlohn von 7,50 Euro selbst nicht an einem Strang ziehen. So hat der Vorsitzende der Gewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie Hubertus Schmoldt vor Folgen wie Schwarzarbeit, Abwanderung von Arbeitsplätzen

(Zuruf von Konrad Döring, Die Linkspartei.PDS)

und der Aushöhlung der Tarifautonomie und wachsender staatlicher Einfl ussnahme gewarnt.

(Zuruf von Torsten Koplin, Die Linkspartei.PDS)

Ja Sie können es natürlich noch verschlimmern. Machen Sie, nur zu!

Es ist ernsthaft zu befürchten, meine Damen und Herren, dass ein gesetzlicher Mindestlohn von 7,50 Euro, wie ihn die Gewerkschaften fordern, hunderttausende Arbeitsplätze kosten kann.

(Beifall Rainer Prachtl, CDU – Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Das ist falsch. – Zuruf von Ute Schildt, SPD)

Schon jetzt bleiben in vielen Unternehmen die niedrigsten Tarifgruppen unbesetzt und viel schlimmer ist, es wurden in den vergangenen Jahren in vielen Branchen Arbeitsplätze zu Hunderttausenden gestrichen oder ins Ausland verlagert, ganz zu schweigen von der Beantwortung der Eingangsfrage zur Schaffung neuer Stellen. Ein gesetzlicher Mindestlohn werde zwar ausländische Billigarbeiter fernhalten, das ist ja unter anderem Ihr Ziel,

(Torsten Koplin, Die Linkspartei.PDS: Na, na, na, kein Nationalismus.)

aber auch Beschäftigungschancen, und das ist das Wichtige, für Niedrigqualifi zierte verringern.

Mir scheint, Sie erkennen den Ernst der Lage nicht.

(Beifall Rainer Prachtl, CDU – Torsten Koplin, Die Linkspartei.PDS: Den erkennen wir sehr wohl. Es geht um die Existenz, um die Existenz der Menschen.)

Sie spielen hier mit den Gefühlen der Bürgerinnen und Bürger in diesem Land.

(Unruhe bei Abgeordneten der SPD und Linkspartei.PDS)

Sie versuchen, ihnen zu vermitteln, dass sie einen Mindestlohn garantiert bekommen und annehmen sollen, dass sie dann auch noch einen Job bekommen, wo sie das Geld erhalten. Es werden Arbeitsplätze defi nitiv verloren gehen.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Europa sagt was anderes, Frau Strenz!)

Es ist nicht nachgewiesen, dass …

Zu Europa kommen wir noch.

(Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Na, dann kommen Sie doch zu Europa!)

Kein Unternehmen in diesem Land kann es sich leisten Löhne zu zahlen, die von der Produktivität nicht gedeckt sind.

(Gabriele Měšťan, Die Linkspartei.PDS: Das habe ich bisher noch nicht gesehen.)

Das haben wir, natürlich. Zu DDR-Zeiten ging das, deswegen sind wir ja auch marode zugrunde gegangen.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Kerstin Fiedler Wilhelm, CDU: Richtig.)

Aber den Unternehmen in Mecklenburg-Vorpommern muss auch ganz klar mit auf den Weg gegeben werden, und auch das sagt die CDU, das ist die andere Seite der Medaille, dass gute Arbeit selbstverständlich auch gutes Geld kostet. Niemand von der CDU sagt, dass man die Leute, die ihre Arbeitskraft und Kreativität einbringen, nicht richtig zu bezahlen hätte. Aber man kann nur so viel zahlen, wie an Produktivität geleistet wird.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Zuruf von Ute Schildt, SPD)

Wir sind der Ansicht, dass gegen unzumutbare Billiglöhne konsequent vorgegangen werden muss, selbstverständlich, und dabei ist die Autonomie der Tarifparteien auch in Zukunft zu gewährleisten.

(Zuruf von Torsten Koplin, Die Linkspartei.PDS)

Wie das allerdings mit einem fl ächendeckenden Mindestlohn gehen soll, bleibt absolut offen. Soll ein Agieren gegen Billiglöhne erfolgreich sein, müssen sowohl Mindest- als auch Kombilohn in die Beratung mit eingezogen werden. Staat und Tarifvertragsparteien stehen hier absolut in gemeinsamer Verantwortung. Und das anschauliche Beispiel Frankreich ist ja auch schon von meinem verehrten Kollegen Herrn Mohr zitiert worden. Frankreich gehört ja auch zu Europa, Frau Gramkow, wie wir wissen.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Linkspartei.PDS – Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Das weiß sogar ich, Frau Strenz.)

Dort hat man seit Jahren nämlich mit dem Mindestlohn herumexperimentiert und von ursprünglich 2,04 Euro ist er heute nun, wie zu Recht gesagt wurde, auf 8,03 Euro angestiegen.

(Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Nein, die hatten eine Erhöhnung in der letzten Woche auf 8,27 Euro! – Gabriele Měšťan, Die Linkspartei.PDS: Das hat Frau Strenz nicht mitbekommen.)

Und – auf den Zwischenruf des Herrn Kollegen Riemann hat Herr Mohr ja gar nicht geantwortet – das wird wohl ein Grund dafür sein, dass wir in Frankreich eine so hohe Jugendarbeitslosigkeit haben und die Regierung dort es nicht in den Griff bekommt. Man muss sich doch über die Konsequenzen im Klaren sein. Man kann doch nicht einfach aus der Hüfte schießen, mal wieder ein Versuch, und am Ende gucken wir in die Röhre.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Torsten Koplin, Die Linkspartei.PDS: Das ist doch eindimensionales Denken, was Sie da machen.)

Die fi nanziellen Auswirkungen, meine Damen und Herren, die fi nanziellen Auswirkungen auf Unternehmen und Staat, die tarifl ichen Einschränkungen wie auch die Auswirkungen auf das Arbeitsrecht sind mit den Wirtschafts- und Sozialpartnern zu diskutieren, ganz klar, bevor eine endgültige effektive Debatte zur Einführung eines Mindestlohnes überhaupt stattfi nden kann.

Meine Damen und Herren, ich kann es nicht zulassen. Sie versuchen es zwar immer wieder und Sie glauben, wenn man das häufi ger sagt, dann wird es irgendwann auch geglaubt. Ich kann in meinen Wahlkreis gehen, kann mich vor die Bürger stellen und ich sage ihnen die Wahrheit, ich sag ihnen genau, wie es ist. Und ich sage Ihnen, das wird Ihnen am Ende mehr honoriert. Sie werden baden gehen mit Ihrer Verschleierungstaktik und mit Ihrem Wahlkampfgerassel vor Ort. Es ist unsolide, was Sie machen, es ist unsozial, was Sie machen, denn Sie lügen den Leuten etwas vor.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Egbert Liskow, CDU: Genau. – Zuruf von Ute Schildt, SPD)

Meine Damen und Herren, wenn wir von der Bewahrung der Schöpfung sprechen, dann gehören auch Menschen dazu.