Protokoll der Sitzung vom 15.09.2010

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE)

Danke, Frau Peters.

Meine Damen und Herren, ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung.

Der Petitionsausschuss empfiehlt, die in der Sammelüberschrift aufgeführten Petitionen entsprechend den Empfehlungen des Petitionsausschusses abzuschließen. Wer der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Danke. Die Gegenprobe. – Danke. Enthaltungen? – Danke. Damit ist die Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses auf Drucksache 5/3757 bei Zustimmung der Fraktion der SPD, der Fraktion DIE LINKE, der CDU, der FDP und Stimmenthaltung der NPD so angenommen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 10: Beratung des Zwischenberichtes der Enquete-Kommission „Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung“ zu den StadtUmland-Beziehungen der Ober- und Mittelzentren des Landes Mecklenburg-Vorpommern gemäß Beschluss des Landtages vom 6. Dezember 2006 (Drucksa- che 5/82), auf Drucksache 5/3728(neu).

Zwischenbericht der Enquete-Kommission „Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung“ zu den Stadt-Umland-Beziehungen der Ober- und Mittelzentren des Landes MecklenburgVorpommern gemäß Beschluss des Landtages vom 6. Dezember 2006 (Drucksache 5/82) – Drucksache 5/3728(neu) –

Das Wort zur Berichterstattung hat die Vorsitzende der Enquetekommission Frau Martina Tegtmeier.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Landtag Mecklenburg-Vorpommern hat in seiner Sitzung am 6. Dezember 2006 beschlossen, eine Enquetekommission „Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung“ einzusetzen. Mit dem Einsetzungsbeschluss brachte der Landtag seine Überzeugung zum Ausdruck, dass die kommunale Selbstverwaltung gemäß Artikel 28 des Grundgesetzes eine der tragenden Säulen des demokratischen Staates ist. Die Gemeinden seien der primäre politische Identifikations- und Gestaltungsraum der Bürgerinnen und Bürger. Eine wesentliche Aufgabe aller demokratischen Kräfte sei es daher, die kommunale Selbstverwaltung, gerade unter sich wandelnden Rahmenbedingungen, zu schützen und zu stärken.

Mit dem Einsetzungsbeschluss erhielt die Enquetekommission den Auftrag, dem Landtag Vorschläge zu unterbreiten, wie die Gestaltungskraft der Gemeinden und die demokratische Mitwirkung der Bürgerinnen und Bürger in ihren eigenen Angelegenheiten langfristig gesichert und gestärkt werden können.

Dazu sollte die Enquetekommission die aktuelle Situation der Kommunen in unserem Land vor dem Hintergrund der zu erwartenden finanziellen und demografischen Entwicklung sowie der beschlossenen Entwicklung auf der Kreisebene und in Bezug auf die Funktionalreform analysieren, bewerten und Handlungsperspektiven zur Ausgestaltung dauerhaft leistungsfähiger Gemeindestrukturen aufzeigen. Dabei sollten sowohl die städtischen Verflechtungsräume als auch die ländlichen Regionen betrachtet werden.

Es sollte des Weiteren geprüft werden, wie freiwillige Zusammenschlüsse von Gemeinden befördert werden können und ob vor dem Hintergrund der Stadt-UmlandProblematik von Ober- und Mittelzentren neben einem finanziellen Ausgleich im Finanzausgleichsgesetz auch Eingemeindungen in die Lösungsfindung mit einbezogen werden müssen.

Als Termin für die Vorlage eines Zwischenberichts an den Landtag zum Schwerpunkt der Stadt-Umland-Beziehungen wurde seinerzeit der 30. Juni 2008 bestimmt, der – Sie wissen es alle – allerdings mit dem Erweiterungsauftrag vom 5. September 2007 aufgehoben wurde. Denn, sehr geehrte Damen und Herren, nachdem sich die Enquetekommission am 26.01.2007 konstituiert und gerade mit ihrer Arbeit begonnen hatte, erfuhr diese Arbeit durch das Urteil des Landesverfassungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 26. Juli 2007 – und sehr viele von Ihnen waren bei der Verkündigung in Greifswald anwesend –, in welchem das Verwaltungsmodernisierungsgesetz vom 23. Mai 2006 als mit der Landesverfassung nicht vereinbar erklärt wurde, eine Unterbrechung.

Die Enquetekommission wurde durch Landtagsbeschluss in die Vorbereitung eines neuen Gesetzesvorhabens eingebunden. Zu den Zielen, Leitbild und Leitlinien für eine Kreisgebietsreform in Mecklenburg-Vorpommern hat die Enquetekommission im März 2008 einen ersten Zwischenbericht auf Drucksache 5/1380(neu) vorgelegt.

In einem zweiten Zwischenbericht hat die Enquetekommission im Landtag am 16. Juli letzten Jahres ihre Empfehlungen zum künftigen Status bislang kreisfreier Städte in Mecklenburg-Vorpommern auf Drucksache 5/2710 vorgelegt. Zwar hatte der Landtag mit der Erweiterung des Arbeitsauftrages den Termin zur Abgabe eines Berichts zu den Stadt-Umland-Beziehungen der Ober- und Mittelzentren des Landes Mecklenburg-Vorpommern aufgehoben, der Auftrag als solches, also diesen Bericht vorzulegen, blieb jedoch bestehen.

Sehr geehrte Damen und Herren, der Bericht liegt Ihnen heute auf Drucksache 5/3728(neu) vor. Im ersten Komplex der Stadt-Umland-Beziehungen wurden die sechs heute kreisfreien Städte Wismar, Schwerin, Rostock, Neubrandenburg, Stralsund und Greifswald untersucht. Zu allen sechs Städten wurden umfangreiche Anhörungen durchgeführt, bei denen die Stadt jeweils selbst, die betroffenen Landkreise, die Umlandgemeinden und Ämter sowie interessengeleitete, aber auch nicht interessengeleitete Gremien, Organisationen und Institutionen mündlich und schriftlich angehört wurden. Zahlreiche schriftliche Stellungnahmen wurden dazu abgegeben. Eine Zusammenfassung der Stellungnahmen finden Sie im Anhang dieses Berichts.

In den Sitzungen im September, November und dann am 11. Dezember 2009 wurden in der Enquetekommission die Anhörungen zu den Stadt-Umland-Beziehungen der kreisfreien Städte ausgewertet und Schlussfolgerungen erarbeitet.

Ebenfalls in der Sitzung am 11. Dezember fasste die Enquetekommission mehrheitlich den Beschluss über die vorliegenden Empfehlungen zu den Stadt-UmlandBeziehungen der sechs heute kreisfreien Städte. Der Diskussionsprozess dazu verlief durchaus kontrovers, und so war es nur folgerichtig, dass zu den Empfehlungen Sondervoten abgegeben wurden.

Ein Sondervotum davon gab das Kommissionsmitglied Gerhard Evers ab. Das bezog sich insbesondere oder ausschließlich auf Eingemeindungen. Ein weiteres Sondervotum umfangreicher Natur wurde durch Dr. Rosemarie Wilcken abgegeben, die zwar tendenziell die Empfehlungen unterstützt, die ihr jedoch bei Weitem nicht weitreichend genug seien, und dazu hatte sie weitreichende Ausführungen gemacht.

Ein weiteres Sondervotum wurde durch die Kommissionsmitglieder, die von der Fraktion DIE LINKE benannt worden sind – ich habe sie mir zwar aufgeschrieben, aber da ich nicht weiß, ob die jetzt vollständig sind, nenne ich sie nicht alle noch mal extra mit Namen –, abgegeben, in dem resümierend eine grundsätzliche Kritik am Verfahren in der Enquetekommission geübt wurde.

Im zweiten Komplex wurden alle 17 kreisangehörigen Mittelzentren des Landes mit Blick auf die Stadt-UmlandBeziehungen untersucht. Dazu hat die Kommission zunächst ein Gutachten durch den Wissenschaftler Professor Dr. Wolfgang Riedel anfertigen lassen. In einem zweiten Schritt einigten sich die Kommissionsmitglieder auf acht Mittelzentren für die Anhörung, die nach regionalem Proporz und nach Problemlagen gewichtet ausgewählt wurden. Es waren die Städte Hagenow, Grevesmühlen, Güstrow, Bad Doberan, Demmin, Waren, Grimmen und Pasewalk.

In der Zeit von Januar bis April dieses Jahres führte die Enquetekommission die Anhörungen durch. Nachdem diese ausgewertet wurden, hat die Kommission noch vor der Sommerpause mehrheitlich den Beschluss über die Ihnen mit diesem Bericht vorliegende Empfehlung zu den kreisangehörigen Mittelzentren mit ihren Stadt-UmlandBeziehungen gefasst.

An dieser Stelle möchte ich hervorheben, dass es überwiegend übereinstimmende Positionen durch die von den Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE benannten Mitglieder in diesem Zusammenhang gab. Deshalb konnte auch ein gemeinsamer Antrag eingebracht werden, der die Empfehlungen enthält. Die von der FDP benannten Mitglieder der Enquetekommission – und darüber haben wir vorhin schon lang und breit einen Austausch hier durchgeführt – konnten sich hier nicht vollumfänglich anschließen, denn sie gaben nachher auch ein Sondervotum zu den Empfehlungen der Kommission in Bezug auf die wirtschaftliche Betätigung von Gemeinden ab.

Sehr geehrte Damen und Herren, nun möchte ich auf die Empfehlungen des Berichts kommen. Zur Verbesserung der Stadt-Umland-Beziehungen der heute kreisfreien Städte schlägt die Enquetekommission vor:

die Förderung der Kooperationsbeziehungen zwischen den Städten und ihren Umlandgemeinden durch Umsetzung, Evaluation und gegebenenfalls Änderung des Paragrafen 16a des Landesplanungsgesetzes und/oder Änderung der Kommunalverfassung Mecklenburg-Vorpommerns

nächster Punkt: die Einführung der Möglichkeit zur Bildung privatrechtlicher Gesellschaften, auch mit ausschließlich kommunalen Anteilseignern zur gemeinsamen Aufgabenerfüllung

als Nächstes: die Förderung von Gemeindezusammenschlüssen

weiter: unter bestimmten Voraussetzungen auch die Möglichkeit der Eingemeindungen

Und die Enquetekommission hat hier auch ganz konkrete Akzeptanzhilfen im Bericht ausformuliert.

Darüber hinaus wurden zahlreiche Prüfaufträge an die Landesregierung empfohlen wie

die Änderung der Kommunalverfassung in der Weise, dass die kreisfreien Städte die Möglichkeit erhalten, für die Umlandgemeinden Verwaltungsaufgaben nach dem Vorbild der Amtsverwaltung wahrnehmen zu können

die Geeignetheit des Instruments Pfl ichtverband nach Paragraf 150 Absatz 3 Kommunalverfassung, nämlich die gemeinsame Trägerschaft von Stadt- und Umlandgemeinden für solche Einrichtungen zuzulassen, die die bislang kreisfreie Stadt in Erfüllung ihrer zentralörtlichen Funktion allein vorhält

und die regelmäßige Überprüfung der Finanzausstattung auch als sehr wichtigen Prüfauftrag

und natürlich dabei die Überprüfung des Verteilungsschlüssels

Der ist ja bei der letzten Novellierung geändert worden.

aber auch die Auswirkungen der Sozialausgaben

und zu schauen, wie sich der Stabilisierungsfonds bewährt hat, ob er weiterentwickelt werden muss oder nicht

Bei den Feststellungen und Handlungsempfehlungen zu den Verflechtungsbeziehungen der kreisangehörigen Mittelzentren führen wir im Bericht aus: Die Enquetekommission stellt zunächst fest – und ich nehme hier nur die drei schwergewichtigsten Feststellungen heraus, es sind noch mehrere Feststellungen, aber diese möchte ich besonders hervorheben –: Die Mittelzentren zunächst einmal haben deutlich weniger Stadt-Umland-Probleme als die Oberzentren. Die Mittelzentren erfüllen für die Mittelbereiche eine wichtige Bündelungsfunktion für Versorgungsleistungen jeglicher Art. Erhebliche Schwierigkeiten jedoch bereiten den Mittelzentren die demografischen und finanziellen Rahmenbedingungen.

Die Enquetekommission empfiehlt dem Landtag:

die Verbesserung der fi nanziellen Ausstattung von Mittelzentren, auch durch Betrachtung der Einnahme- und der Ausgabenseite

den Ausbau und die Stabilisierung des Sondervermögens des Landes „Kommunaler Fonds zum Ausgleich konjunkturbedingter Mindereinnahmen Mecklenburg-Vorpommern“, um langfristig Einnahmeschwankungen auszugleichen

die Optimierung der Verwaltungsstrukturen und den Ausbau bestehender Kooperationsformen

Die Entscheidungen im Bereich der Wirtschaftsentwicklung sollen auf ihre Erforderlichkeit und Nachhaltigkeit überprüft werden, um notwendige Folgekosten und sich gegenseitig behindernde Entwicklungen im Stadt-Umland-Bereich zu verhindern.

Die Kommunen sollen verstärkt die Möglichkeiten eigener wirtschaftlicher Betätigung nutzen.

Hierzu möchte ich ausdrücklich noch mal sagen, dass wir in der Empfehlung stehen haben: „die Möglichkeiten eigener wirtschaftlicher Betätigung“, die es also jetzt schon gibt und die teilweise genutzt werden und teil

weise nicht genutzt werden. Das ist jetzt an dieser Stelle keine Erweiterung. Aber wir empfehlen auch, es ist zu prüfen, „inwieweit die Vorschriften der Kommunalverfassung zur wirtschaftlichen Betätigung von Kommunen zukunftsfähig ausgestaltet werden müssen“. Das lässt natürlich Spielraum offen.

Des Weiteren: Es ist zu prüfen, in welcher Weise Mittelzentren und Umlandgemeinden die entsprechenden Einrichtungen gemeinsam tragen können.

Und ein auch sehr wichtiger Punkt: Die Mittelzentren, die infolge der Umsetzung des Kreisstrukturgesetzes Mecklenburg-Vorpommern ihren Kreissitz verlieren, sind über Kompensationsmaßnahmen zu stärken. Neben der im Gesetzentwurf vorgesehenen Anpassungshilfe sind diese Städte in der Zukunft bei Wirtschaftsansiedlungen, Behördenstandorten und Infrastrukturplanungen vorrangig zu berücksichtigen.

Ich sehe die rote Lampe. Sehr geehrte Damen und Herren, ich komme zum Schluss: Als Vorsitzende der Enquetekommission bitte ich den Landtag, den Zwischenbericht, den die Enquetekommission Ihnen vorgelegt hat, verfahrensgemäß für erledigt zu erklären.

Jedoch verlasse ich nicht eher diesen Platz, bevor ich nicht Dank gesagt habe an all jene, die an diesem Bericht mitgewirkt haben: den Mitgliedern der Enquetekommission sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Büros. Ein ganz besonders herzlicher Dank gilt den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern, den Kommunalvertreterinnen und Kommunalvertretern, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der angehörten Verbände und Vereine, die uns hier bei den Anhörungen und Diskussionen geduldig Rede und Antwort gestanden haben. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.