Protokoll der Sitzung vom 17.09.2010

Es gibt also die vier Möglichkeiten, mit denen man sich auseinandersetzen muss.

Und an der Stelle muss ich Ihnen sagen, sehr geehrte Abgeordnete der Linkspartei, in Ihrem Antrag lese ich keine Lösungsmöglichkeit. Und das reicht mir ehrlich gesagt für eine intensive Rentendebatte nicht aus.

(Udo Pastörs, NPD: Na, Sie haben es gerade aufgezählt, dass Sie auch keine haben, junge Dame.)

Und deswegen denke ich, dass man, wenn es um die Anhebung des Renteneintrittsalters geht, wofür ja Dinge sprechen – zum einen, dass man eine längere Lebenserwartung hat, dass es mittlerweile Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gibt, die das auch in bestimmten Berufen möchten, dass wir mittlerweile auf ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wegen des Fachkräftemangels angewiesen sind, das sind ja schon Dinge, die dafür sprechen –,

(Udo Pastörs, NPD: Qualifi zieren Sie die Jüngeren und lassen Sie die alten Leute in Ruhe! Die können mit 67 nicht mehr aufs Dach klettern.)

ich bin immer sehr dafür, dass man sich mit den Argumenten, die dafür- und dagegensprechen, auseinandersetzt. Aber wir müssen sehen, es gibt bestimmte Berufsgruppen, wo es definitiv nicht geht.

(Zuruf von Irene Müller, DIE LINKE)

Ich möchte zwei als Beispiel ansprechen. Sie kennen das typische Beispiel des Dachdeckers. Das gilt wahrschein

lich für viele Bauberufe. Ich kenne das aus dem persönlichen Umfeld, dass viele nicht mal wissen, wie sie die Rente mit 60 erreichen sollen, weil sie einfach gesundheitlich, knochenmäßig kaputt sind, weil sie viele Jahre auf dem Bau unter schwierigen Bedingungen gearbeitet haben. Für die ist es gar keine Lösung. Für die stellt sich aber heute schon die Frage, wie sie überhaupt die Rente mit 65 erreichen. Und ein zweites Beispiel ist der Pflegeberuf, der uns ja auch sehr wichtig ist. Auch hier ist es kaum möglich oder gar nicht möglich, die Rente mit 67 zu erreichen. Viele haben auch hier Probleme, überhaupt die Rente mit 65 zu erreichen.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Deswegen müssen wir uns generell der Diskussion stellen, wie für bestimmte Berufe es möglich ist, eher in Rente zu gehen, weil man einfach gesundheitlich so kaputt ist, ohne dass es zu Rentenkürzungen kommt. Das ist der entscheidende Knackpunkt und da geht es nicht nur um 67/65.

Deswegen, finde ich, ist eine Differenzierung bei dem Thema notwendig. Und an der Stelle bin ich bei Ihrem Antrag,

(Udo Pastörs, NPD: Ich bin bei Ihnen.)

dass einfach so eine Heraufsetzung überhaupt gar nicht möglich ist.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Es gibt also zwei Voraussetzungen, die notwendig sind, zum einen die gesundheitliche Möglichkeit, überhaupt lange zu arbeiten, und dann eine zweite, die faktische Möglichkeit,

(Rudolf Borchert, SPD: Richtig.)

dass man überhaupt einen Arbeitsplatz angeboten kriegt.

(Rudolf Borchert, SPD: So ist es.)

Und da, finde ich, sollten wir mal in die Realität von Mecklenburg-Vorpommern zurückkommen. Die Realität ist, dass viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, wenn sie heute 55 sind, Schwierigkeiten haben, wenn sie arbeitslos sind, wieder in den Beruf zu kommen. An der Stelle sollten wir nicht so tun,

(Udo Pastörs, NPD: Das ist Ihre Realität! – Zuruf von Stefan Köster, NPD)

als ob wir hier blühende Arbeitsplatzangebote für Menschen im hohen Alter haben.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Das sagen Sie mal Ihrem Arbeitsminister!)

Und wenn wir uns die Fakten anschauen, wir haben derzeit, es wurde hier angesprochen,

(Irene Müller, DIE LINKE: Deshalb sind Sie ja auch dagegen.)

eine Quote der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten bei den 60- bis 64-Jährigen, also wir sprechen bei denen unter 65, die die heutige Rente schon erreichen müssen, von nur 21,5 Prozent.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Wer ist der Arbeitsminister in Mecklenburg-Vorpommern?)

Bei den 64-Jährigen beträgt diese Quote sogar nur 9,9 Prozent. Wir müssen also feststellen, dass die

Lebenswirklichkeit für 90 Prozent der heute 64-Jährigen die ist, dass sie gar nicht mehr in Arbeit kommen und sind.

(Irene Müller, DIE LINKE: Deshalb unser Antrag!)

Und das muss zur Kenntnis genommen werden.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Deshalb können Sie auch zustimmen.)

Und deshalb ist es richtig und deswegen fällt die Idee, das auszusetzen, nicht vom Himmel, Frau Müller. Deswegen ist es richtig, dass im Gesetz der Großen Koalition zur Anhebung des Renteneintrittsalters eine sogenannte Überprüfungsklausel drinsteht. Und diese Überprüfungsklausel sagt, dass die Bundesregierung in diesem Jahr verantwortlich ist zu schauen, wie viele Menschen, ältere Menschen, sind denn überhaupt in Arbeit, trägt diese Idee überhaupt.

(Rudolf Borchert, SPD: Für die Überprüfungsklausel hat die SPD gesorgt, sonst wäre sie gar nicht drin gewesen.)

Diese Überprüfungsklausel hat die SPD in diesen Gesetzentwurf eingebracht.

(Irene Müller, DIE LINKE: Dann muss die SPD jetzt dafür sorgen, dass es gemacht wird. – Zuruf von Rudolf Borchert, SPD)

Und ich gehe davon aus, dass, wenn dieser Gesetzentwurf von der Großen Koalition verabschiedet worden ist, dann alle Fraktionen dieses Gesetz und vor allem diese Überprüfungsklausel ernst nehmen. Und da kann ich auch nur sehr herzlich die CDU darum bitten, diese Überprüfungsklausel ernst zu nehmen. Und die zeigt, dass die Rente mit 67 derzeit völlig unrealistisch ist,

(Zuruf von Helmut Holter, DIE LINKE)

und sie wird dauerhaft für einige Berufsgruppen auch unrealistisch bleiben.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Das wird die CDU gar nicht interessieren, was Sie erzählen.)

Und deswegen ist es richtig,

(Zurufe von Irene Müller, DIE LINKE, und Udo Pastörs, NPD)

deswegen ist es richtig, dass es auch Vorschläge gibt, wie die Öffentlichkeit und die Wirtschaft gemeinsam dafür sorgen müssen, dass überhaupt für ältere Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen Arbeitsplätze angeboten werden. Ich würde mich sehr freuen, wenn es uns überhaupt gelingt, für die 60- bis 65-Jährigen, und ich sage es noch mal, gerade in unserem Land schon für die 55- bis 60-Jährigen, viel mehr Arbeitsplätze anzubieten.

(Udo Pastörs, NPD: Ja, warum machen Sie das denn nicht?)

Das wäre nämlich wichtig, um die Rente heute für diese Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu sichern.

(Irene Müller, DIE LINKE: Deshalb stimmen Sie unserem Antrag zu!)

Aber, Frau Müller, wenn Sie hier die Fraktionen auffordern, parlamentarisch tätig zu werden,

(Irene Müller, DIE LINKE: Ja?)

das werden die Fraktionen für sich ja sicherlich auch noch mal sagen, aber ich darf mir diesen Hinweis erlauben, das können die Landtagsfraktionen hier nicht. Das ist jetzt wirklich mal eine Angelegenheit, die in den Bundestag gehört. Dort muss über die Überprüfungsklausel diskutiert werden.

(Irene Müller, DIE LINKE: Natürlich können sie hier parlamentarisch tätig werden.)