Protokoll der Sitzung vom 17.09.2010

Danke schön, Herr Minister.

Zwischenzeitlich ist mir schriftlich zugeleitet worden, dass die Fraktion der FDP gemäß Paragraf 45 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Landtages den Antrag zurückzieht, und eine weitere Aussprache entfällt damit.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 39: Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – Stadterneuerung und Klimaschutz im Kontext mit sozialem Wohnen nicht gefährden – Sparpläne des Bundes im Bau- und Wohnbereich stoppen, Drucksache 5/3745, in Verbindung mit dem Antrag der Fraktionen der SPD und CDU – Städtebauförderung als Bestandteil des Solidarpakts in vollem Umfang erhalten, Drucksache 5/3778.

Antrag der Fraktion DIE LINKE: Stadterneuerung und Klimaschutz im Kontext mit sozialem Wohnen nicht gefährden – Sparpläne des Bundes im Bau- und Wohnbereich stoppen – Drucksache 5/3745 –

Antrag der Fraktionen der SPD und CDU: Städtebauförderung als Bestandteil des Solidarpakts in vollem Umfang erhalten – Drucksache 5/3778 –

Das Wort zur Begründung des Antrages der Fraktion DIE LINKE hat die Abgeordnete Frau Lück. Bitte schön, Frau Abgeordnete.

Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Mal rein in die Kartoffeln und mal raus aus den Kartoffeln, dieser Zickzackkurs scheint, höflich ausgedrückt, das Leitmotiv der schwarz-gelben Politik zu sein. Nehmen wir das Wohngeld: Zuerst stand die Streichung des erst 2009 neu aufgenommenen Heizkostenzuschlags auf der Agenda. Dann machte ein Gesetzentwurf zur Änderung des Wohngeldgesetzes die Runde. Er sah massive Einschnitte im Wohngeld vor, eine Kürzung um 40 Prozent. Proteste von allen Seiten ließen für dieses Ansinnen keine Mehrheiten im Bundesrat erwarten. Deshalb ruderte man zurück, hält aber an der Streichung der Heizkostenpauschale weiter fest. Für den Bundeshaushalt 2011 macht das 100 bis 130 Millionen Euro weniger Ausgaben aus. Mittlerweile meinen findige Juristen, dass das Streichen der Heizkostenkomponente auch ohne Bundesratsbeteiligung erfolgen kann.

Ähnlich sieht es bei der Städtebauförderung aus. Erst drei Tage, nachdem das Sparpaket des Bundes auf den Weg gebracht wurde, sickerte durch, dass die Mittel für die Städtebauförderung und energetische Gebäudesanierung halbiert werden sollen. Das bedeutet, der Bund will im kommenden Jahr rund 300 Millionen Euro weniger für die Stadterneuerung und rund 430 Millionen Euro weniger für das CO2-Gebäudesanierungsprogramm ausgeben.

Verkehrsminister Schlotmann unterrichtete den Landtag im Juni in seiner Rede zum Antrag meiner Fraktion zu den Altschulden der Wohnungswirtschaft. Ja, Herr Minister, Sie waren fassungslos und erregt. Seither laufen der Verkehrsminister und seine Länderkollegen, die kommunalen Spitzenverbände sowie Verbände und Vereine stellvertretend für Kommunen, für Vermieter, Mieter und Bauhandwerk Sturm gegen diese Pläne. Die Schweriner Erklärung und der einstimmige Beschluss der Sondersitzung der Bauministerkonferenz seien hier stellvertretend genannt.

Bundesbauminister Ramsauer will sich nun für eine Abmilderung der geplanten Kürzung bei der Städtebauförderung einsetzen, was immer das auch heißen mag. Bei der energetischen Gebäudesanierung will Minister Ramsauer an der Mittelhalbierung festhalten, schließlich, so meint Ramsauer, können sich doch Bauwillige mit Krediten aufgrund der historisch günstigen Zinssätze bei jeder Bank versorgen.

Für mich stellt sich allerdings die Frage: Wie passen das ach so revolutionäre Energiekonzept der Bundesregierung und das Sparpaket überhaupt zusammen? Nach diesem Energiekonzept soll einerseits das CO2-Gebäudesanierungsprogramm besser ausgestaltet werden, andererseits will man es für 2011 um rund 430 Millionen Euro kürzen. Wer soll das noch begreifen? Die Bundesbaupolitik versagt auf ganzer Linie!

(Helmut Holter, DIE LINKE: Richtig.)

Es gilt zu retten, was zu retten ist. Minister Schlotmann kämpft vehement gegen die Kürzungspläne in der Städte bauförderung, aber auch bei der energetischen Gebäudesanierung und beim Wohngeld.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Und da hat er unsere Unterstützung.)

Wie ich Ihren Ausführungen, Herr Minister, in der vergangenen Woche im Verkehrsausschuss entnehmen konnte, werden Sie weiterhin alles tun, damit das Haushaltsbegleitgesetz im Bundestag nicht so verabschiedet wird, wie es eingebracht wurde.

Aber auch der Landtag steht in der Pflicht, ein politisches Signal nach Berlin zu schicken, damit SchwarzGelb die Kürzungspläne fallen lässt. Wir fordern den Erhalt der Gesamtsumme der Städtebauförderung im Land ohne Wenn und Aber, so äußerte sich auch Kollege Jochen Schulte im Verkehrsausschuss.

Ich erwarte von der Landesregierung, dass sich Mecklenburg-Vorpommern der in der vergangenen Woche vom Berliner Senat ausgehenden Bundesratsinitiative anschließt. Das Ziel ist, die geplante Kürzung der Städtebaufördermittel zurückzunehmen, aber auch die Streichung der Heizkostenkomponente im Wohngeld muss vom Tisch. Hier geht es aus meiner Sicht nicht nur um die Einsparung von 100 bis 130 Millionen Euro, nein, es geht vor allem auch um eine politische Entscheidung. Es geht darum, ob in Zukunft die warmen Betriebskosten im Wohngeldrecht überhaupt noch eine Rolle spielen.

Die mit der Wohngeldnovelle seit 2009 eingeführte Heizkostenkomponente stellt etwas ganz Neues im Wohngeld recht dar. Damit wurde ein Paradigmenwechsel eingeleitet und darauf reagiert, dass warme Betriebskosten mittlerweile schon eine zweite Miete sind. Vom Ziel meiner Fraktion, das Wohngeld stetig an die tatsächlichen Wohnkosten anzupassen, sind wir ohnehin weit entfernt. Der Heizkostenzuschlag deckt bei Weitem nicht die tatsächlichen Heizkosten, aber er ist ein Anfang und er ist ausbaufähig.

Kolleginnen und Kollegen, für mich steht vor allem der politische Wille im Vordergrund. Wollen wir oder wollen wir nicht, dass warme Betriebskosten im Wohngeldrecht auf Dauer Berücksichtigung finden? Es geht um Glaubwürdigkeit und vor allem geht es auch um Vertrauen. Und genau deshalb mahne ich Verlässlichkeit in Politikentscheidungen an.

Das gilt natürlich auch für die Verbesserung der Energieeffizienz von Gebäuden. Das Energiekonzept der Bundesregierung wird auch eine Verschärfung der Sanierungsvorschriften für Gebäude enthalten. Immerhin macht der Gebäudebereich 40 Prozent des gesamten Energieverbrauchs in Deutschland aus. Wie ich schon erwähnte, ist eine bessere Ausstattung des CO2-Gebäudesanierungskonzepts angekündigt. Umso absurder mutet an, dass für das kommende Jahr harte Einschnitte vorgesehen sind.

Uns allen ist bekannt, welche wirtschaftlichen Auswirkungen massive Einschnitte in der Städtebauförderung sowie in der CO2-Gebäudesanierung hätten. So sorgt jeder eingesetzte Euro, und das wissen Sie alle hier, für die Städtebauförderung dafür, dass weitere 8 Euro für private Mittel investiert werden. Im Städtebauförderungsprogramm des Landes für 2009 ist zu lesen, ich zitiere: „Die Städtebauförderung ist ein besonders beschäftigungswirksames Förderprogramm für die regionale mittelständische Wirtschaft. Nach einem Gutachten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung werden in Mecklenburg-Vorpommern die durch die Städtebauförderung ausgelösten Bauleistungen zu 68 Prozent von Firmen vor Ort und zu 93 Prozent aus dem eigenen Land erbracht.“ Zitatende.

Ähnlich sieht es bei der energetische n Gebäudesanierung aus. Auch diese gilt als Anschubfinanzierung. Meist fassen die Bauherren nicht nur die Gebäudehülle an und installieren moderne Heizungsanlagen, sondern investieren grundlegend. Deshalb brauchen wir endlich Vernunft in politischen Entscheidungen. Die letzten Bauprojekte aus dem zentralen Investitionsprogramm MecklenburgVorpommern zur Umsetzung des Konjunkturpaketes II beginnen noch in diesem Jahr. Danach ist für die Bauwirtschaft Auftragsflaute angesagt.

Kolleginnen und Kollegen, die Städtebauförderung ist Bestandteil des Solidarpaktes bis 2019. Das hat natürlich auch seine Gründe, warum das so beschlossen wurde. Wir haben einen enormen Nachholbedarf durch Vernachlässigung der Altbausubstanz in der DDR. Dazu kommt ein enormer Anpassungsbedarf infolge gravierender struktureller Veränderungen in der Wirtschaft und natürlich auch bei der Bevölkerung. Das Übel ist, unsere Kommunen verfügen trotz dieser Mammutaufgaben über viel zu geringe Finanzkraft. Sollte sich die Bundespolitik vom Solidargedanken verabschieden, warne ich vor den absehbaren Folgen.

Ich betone nochmals: Priorität hat für uns die Forderung nach dem völligen Verzicht auf die Kürzungspläne. Sollte sich nun der Bundestag trotz aller Widerstände für die Umsetzung des geschnürten Sparpaketes entscheiden, sehe ich das Land in der Pflicht, Maßnahmen zu ergreifen, um die Auswirkungen für die Kommunen und auch für die Menschen abzufedern. Deshalb beinhaltet unser Antrag, die im Landeshaushalt 2011 vorgesehenen Komplementärmittel für die Städtebauförderung nicht anderweitig umzuschichten, sondern weiterhin zweckgebunden einzusetzen.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Richtig.)

Ebenso sollte beim Wohngeld verfahren werden. Die Landesmittel, die in den Haushalt eingestellt sind, sollten in voller Höhe dem Wohngeldhaushalt zugute kommen. – Danke.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Danke schön, Frau Lück.

Das Wort zur Begründung des Antrages der Fraktionen der SPD und CDU hat der Abgeordnete Herr Baunach von der Fraktion der SPD. Bitte schön, Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gleich klar: Wir wollen, dass die Städtebauförderung des Bundes in vollem Umfang erhalten bleibt.

Vorneweg: Ich hätte mir persönlich einen gemeinsamen Antrag aller demokratischen Fraktionen zu diesem Zeitpunkt

(Helmut Holter, DIE LINKE: Wir waren dazu bereit. – Peter Ritter, DIE LINKE: Habt 14 Tage Zeit gehabt.)

zu dieser Thematik vorstellen können. Nun ja, es ist so, wie es ist.

(Irene Müller, DIE LINKE: Seit zwei Wochen kenne ich unseren Antrag.)

Viele der von der Kollegin Lück gemachten Äußerungen will ich inhaltlich nicht wiederholen, weil ich es auch so sehe.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Siehste! – Zuruf von Irene Müller, DIE LINKE)

Beide vorliegenden Anträge haben die gleiche Kernaussage, die gleiche Zielstellung:

(Helmut Holter, DIE LINKE: Dann können wir ja beiden zustimmen.)

keine Kürzungen, keine Halbierungen der Städtebauförderung, wie von Bundesregierung geplant, von 610 Millionen Euro auf 305 Millionen Euro. Dies hätte in der Tat drastische Folgen für viele kleinere und größere Städte auch in unserem Land.

(Irene Müller, DIE LINKE: Und warum dann der Dringlichkeitsantrag?)

Das wollen wir nicht. Hier stehen wir in einer Reihe mit Beschlüssen der Bauministerkonferenz vom 03.09.2010, die, wie gesagt, die Städtebauförderung als eine Erfolgsgeschichte sieht. Alle sprechen sich gegen Kürzungen aus, selbst Ramsauer scheint zu wackeln. Ich denke und hoffe, dass die in der nächsten Woche stattfindende Bauministerkonferenz dies weiter deutlich machen wird. Wir stehen auch in einer Reihe mit der Positionierung des Städte- und Gemeindetages, des Bauverbandes, Architekten-, Ingenieurkammer und des Verbandes norddeutscher Wohnungsunternehmen in der Schweriner Erklärung.

Ich gehe davon aus, dass unsere Mitglieder des Bundestages bei den Haushaltsberatungen, die ja nun beginnen, sich gegen geplante Kürzungen und für die Beibehaltung der Förderung auf dem Niveau von 2010 einsetzen werden.

Meine Damen und Herren, Sie haben sicherlich auch genügend Briefe aus unseren kleinen, mittleren und großen Städten erhalten,

(Irene Müller, DIE LINKE: Genau deshalb dieser Antrag.)

die auf die hohen Effekte der Städtebauförderung für ihre Kommunen hinweisen. Städtebauförderung umgesetzt, das ist für Bürger sichtbar, vor Ort erlebbar. Das ist zum Beispiel auch in meiner Heimatstadt Rostock für viele Einwohner ein Zeichen für Aufschwung und Entwicklung in der Stadt.

Meine Damen und Herren, bei diesem Thema, diesem Antrag von SPD und CDU ist es nun wirklich so, und ich meine in diesem Fall keine rhetorische Floskel, wenn ich feststelle: Die Landesregierung handelt bereits, insbesondere der Bauminister ist frühzeitig und umfassend aktiv geworden.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU)

Dieses Handeln sollte unser Parlament durch den vorliegenden Beschluss des Antrages von SPD und CDU deutlich unterstützen. Mehr ist im Moment eigentlich nicht gefragt, deshalb: Bitte stimmen Sie dem Antrag zu und geben wir unserem Bauminister einen Beschluss unseres Parlaments mit zur bevorstehenden Bauministerkonferenz. Geben wir ihm Rückenwind! – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU)