Protokoll der Sitzung vom 13.10.2010

ja, wir haben vielleicht auch bei der Verabschiedung ein bisschen gepennt, das will ich ehrlich auch zugeben. Das ist doch gar keine Frage, dass ich Ihnen hier alleine die Schuld zuschiebe. Darum geht’s mir auch gar nicht. Es geht mir darum – da hinten sitzen Direktorinnen –, dass wir eine Botschaft produzieren, die heißt: Ja, okay, wir setzen uns zusammen, und zwar als Demokraten. Die Fensterfront können wir weglassen.

(Udo Pastörs, NPD: Richtig.)

Und da habe ich eine Bitte, wirklich: Lassen Sie den Bildungs- und den Sozialausschuss sich dieses Themas noch mal annehmen! Was vergeben wir uns? Dass wir den Eltern, den Lehrerinnen und den Leuten … Ich meine, ihr könnt hart bleiben, ich kann es nicht verstehen. Und wir werden es auch so kommentieren.

Und dass man aus dem Schlamassel nicht rauskommt, das will ich Ihnen sagen. Natürlich überlege ich jetzt erst recht, an staatlichen Schulen die Elternvertreter – da bin ich schon dabei – darauf hinzuweisen, dass ihnen auch die Integrationshelfer zustehen. Und ob das billiger ist, das bezweifle ich dicke. Das macht vielleicht ein Kästchen, aber wenn das nachher in das Sozialhilfefinanzierungsgesetz reinkommt, zahlen wir es obendrauf.

Also ich bitte Sie inständig, der Sache zuzustimmen für die Überweisung. Und ich bedanke mich bei den LINKEN ausdrücklich, dass sie unseren Antrag noch mal konkretisiert haben und damit auch vernünftig hingekriegt haben.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP)

Danke, Herr Grabow.

Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich lasse zunächst über den Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 5… Entschuldigung, ich habe hier ein falsches Blatt jetzt.

Meine Damen und Herren, ich schließe die Aussprache.

Im Rahmen der Debatte ist beantragt worden, den Antrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 5/3768 zur federführenden Beratung an den Bildungsausschuss sowie zur Mitberatung an den Sozialausschuss zu überweisen. Kann ich davon ausgehen, dass wir den Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 5/3843 ebenfalls an diese Ausschüsse überweisen?

(Michael Roolf, FDP: Ja.)

Ich habe das Ja gehört.

Wer stimmt für diesen Überweisungsvorschlag? – Danke. Die Gegenprobe. – Danke. Enthaltungen? – Danke. Damit ist der Überweisungsvorschlag bei Zustimmung der Fraktion DIE LINKE, der FDP und der NPD, Ablehnung der Fraktion der SPD und der CDU abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich lasse zunächst über den Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 5/3843 abstimmen. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Danke. Die Gegenprobe. – Danke. Enthaltungen? – Damit ist der Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 5/3843 bei Zustimmung der Fraktion DIE LINKE, der FDP und der NPD, aber Ablehnung der Fraktion der SPD und der CDU abgelehnt.

Wer dem Antrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 5/3768 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Danke. Die Gegenprobe. – Danke. Enthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 5/3768 bei Zustimmung der Fraktion DIE LINKE, der FDP und der NPD, Ablehnung der Fraktion der SPD und der CDU abgelehnt.

Meine Damen und Herren, ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 18: Beratung des Antrages der Fraktion der NPD – Frist für Untätigkeitsklage verkürzen, Drucksache 5/3794.

Antrag der Fraktion der NPD: Frist für Untätigkeitsklage verkürzen – Drucksache 5/3794 –

Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Herr Heydorn von der Fraktion der NPD.

(Unruhe und Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktion der NPD)

Ich bitte um Entschuldigung. Ich bin noch ein bisschen erregt, das gebe ich zu, und entschuldige mich dafür.

Ich sage es noch einmal: Das Wort hat der Abgeordnete Herr Andrejewski von der Fraktion der NPD.

Wir haben getauscht. Ich bin jetzt in der SPD. Ja, Austausch zwischen Demokraten und Undemokraten, je nachdem, wer wer ist.

(Udo Pastörs, NPD: Die Demokraten votieren.)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zum Tagesabschluss nicht von Herrn Heydorn, sondern von mir noch eine der vielen Ungerechtigkeiten aus dem unerschöpflichen Hartz-IV-Arsenal: Der kleine Bürger hat einen Monat Zeit, Widerspruch gegen einen Ablehnungsbescheid oder Klage gegen einen ungünstig beschiedenen Widerspruchsbescheid zu erheben, genau einen Monat. Wehe ihm, wenn er diese Frist nicht einhält! Dann sind die Bescheide nämlich rechtskräftig. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu erreichen, ist so gut wie unmöglich, wenn man nicht gerade vortragen kann, die Widerspruchsfrist im Koma verbracht zu haben.

Der Bürger hat in der Regel keine Rechtskenntnisse, ihm steht auch kein Apparat aus Spezialisten und Fachliteratur zur Verfügung. Auch können sich die wenigsten Hartz-IV-Empfänger leisten, eine Sekretärin zu beschäftigen.

(Udo Pastörs, NPD: So ist das.)

Theoretisch können sie sich zwar mit der Bitte um Rechtsauskunft und Sachauskunft an die Sozialbehörde selbst wenden, dazu ist die sogar gesetzlich verpflichtet. Sie muss gemäß Paragraf 15 Absatz 2 SGB I in allen Sach- und Rechtsfragen, die für den Leistungsempfänger von Bedeutung sein können, Auskunft erteilen. Wie gesagt, in der Theorie. In der Praxis kommt das so gut wie nie vor, dass die Behörde den Bürger auf seine Ansprüche aufmerksam macht. Die Leute werden bewusst unwissend gehalten und häufig genug auch dreist belogen, mitunter auch eingeschüchtert. Unter diesen Umständen bleibt ihnen ein Monat, um die Textwüsten zu lesen, die ihnen die Bürokraten in den Bescheiden servieren, diese zu entschlüsseln und zu antworten.

Wie viel Zeit hat nun die Behörde, um einen Bescheid zu erstellen, nachdem der Bürger einen Antrag gestellt hat? Auch einen Monat, vielleicht weniger, weil die Behörde ja über Fachkräfte und einen ganzen Apparat verfügt im Gegensatz zum kleinen Leistungsempfänger? Nein, mehr, viel mehr. Die Behörde hat ganze sechs Monate Zeit.

In Paragraf 88 Absatz 1 Sozialgerichtsgesetz heißt es wörtlich – ich kann nichts dafür –: „Ist ein Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht beschieden worden, so ist die Klage nicht vor Ablauf von sechs Monaten seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsaktes zulässig.“ Übersetzt in normales Deutsch heißt das: Die Behörde könnte ohne Weiteres den vom Bürger begehrten Bescheid erlassen. Es gibt keinen zureichenden Grund, der sie daran hindern würde, keinen Mangel an Informationen oder Personal, nichts, was als Entschuldigung herhalten könnte, aber sie lässt den Antrag liegen, einfach so. Und sie gilt als tätig in diesen sechs Monaten im Sinne des Gesetzes. Genau wie es manche gibt, die arbeitslos sind im Sinne des Gesetzes oder Arbeit haben im Sinne des Gesetzes und trotzdem keine haben, so gilt eine Behörde, die sechs Monate nichts tut, als tätig im Sinne des Gesetzes. Und der Bürger hat sich das geschlagene sechs Monate gefallen zu lassen. Erst

dann darf er vor Gericht ziehen. Bei Widersprüchen sind es immerhin noch drei Monate Bummelzeit, die sich die Bürokraten genehmigen dürfen.

Wo ist da bitte die Gerechtigkeit? Das ist Feudalismus reinsten Wassers, das ist Obrigkeitsarroganz der schlimmsten Sorte. Zwar gibt es noch die Möglichkeit des Eilverfahrens vor den Sozialgerichten. Aber erstens kennen viele Leute diese Möglichkeit gar nicht, weil sie ihnen von den Behörden trotz Auskunftspflicht selbstverständlich verschwiegen wird, und zweitens sind die Gerichte sehr zurückhaltend, wenn es um die Bejahung der Eilbedürftigkeit geht. In der Regel wird dies zurückgewiesen, weil die Entscheidung in der Hauptsache nicht vorweggenommen werden soll. Und das heißt in aller Regel: Sechs Monate warten, bis sich der Bürokratieladen aus dem Tiefschlaf gegähnt hat, und dann noch einmal eineinhalb Jahre im Durchschnitt auf eine gerichtliche Entscheidung warten. Das ist nicht mehr rechtsstaatlich, das ist der reine Hohn.

(Dr. Margret Seemann, SPD: Der hat doch keine Ahnung vom Rechtsstaat.)

Deswegen fordern wir, dass die Frist, die die Behörde hat, um einen Antrag zu bescheiden, auf den gleichen Zeitraum gekürzt wird, den der Bürger hat, um Widerspruch zu erheben, nämlich einen Monat. Warum sollte nicht mal auch in einem Feudalstaat Waffengleichheit herrschen und Gleichberechtigung zwischen dem Bürger und der Behörde hergestellt werden?

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD)

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 90 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Dr. Jäger von der Fraktion der CDU.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich will Sie nicht auf die Folter spannen: Der Antrag ist völlig unsinnig.

(Udo Pastörs, NPD: Ja, na klar.)

Zwar hat Herr Andrejewski, das ehrt ihn, das einstweilige Rechtsschutzverfahren mal kurz gestreift, aber er erweckt den Eindruckt, als könne man damit nichts anfangen. Jetzt sage ich als jemand, der sehr lange als Anwalt gearbeitet hat: Ein Anwalt, der das nicht kann, der sollte sein Lehrgeld zurückgeben.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE – Zuruf von Angelika Peters, SPD)

Und jetzt sage ich noch etwas: Die Bestimmung ist so was von einfach, der Paragraf 86b. Ich habe in meiner Ausbildung mal gelernt, dass, wenn man ein Gesetz verstehen will, es sinnvoll ist, nicht nur eine Vorschrift zu lesen, sondern den Sachzusammenhang zu erkennen. Das tut man indessen, indem man mehrere Paragrafen, die sachlich zusammenhängen, liest. Das ist hier so. Der 86b, das sagt schon der Buchstabenparagraf, ist vor einiger Zeit – aber das ist schon eine gute Zeit her – gerade deswegen hineingekommen, um die Missstände, die Sie hier behaupten, gar nicht erst aufkommen zu lassen.

(Stefan Köster, NPD: Aber sie treffen immer noch zu.)

Es wird nämlich mit dem 86b Absatz 2 …

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Ach, Sie haben doch keine Ahnung.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Entschuldigung. Also, jetzt passen Sie auf! Ich kann auch keine Schmuckstücke begutachten, Dann lassen Sie uns über das reden, was wir können, und halten Sie sich da raus! Das ist besser.