Protokoll der Sitzung vom 13.10.2010

Entschuldigung. Also, jetzt passen Sie auf! Ich kann auch keine Schmuckstücke begutachten, Dann lassen Sie uns über das reden, was wir können, und halten Sie sich da raus! Das ist besser.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Ich weiß, dass das ein bisschen schmerzt, wenn einem von hier aus gesagt wird: Hättet ihr mal im Gesetz nachgeguckt, hättet ihr den Antrag nicht gestellt, mag ja sein. Aber das ist bei Ihnen ja immer so, das ist einfach Ihr Vorverständnis. Sie wollen ja haben, dass dieser Rechtsstaat zu seinen Bürgern ganz gemein ist, sonst könnten Sie Ihre Vorurteile nicht aufrechterhalten. Den Zahn muss ich Ihnen heute ziehen. Der Paragraf 86b ist da,

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU)

und das ist überhaupt nicht schwierig.

Und damit ich die Lehrstunde noch gleich abschließen kann, ich hätte noch einen Tipp für Sie: Es gibt nicht nur den Paragrafen 88, sondern es gibt auch den Paragrafen 89. Da steht nämlich drin, dass die Klage überhaupt an keine Frist gebunden ist, wenn es um die Vornahme eines unterlassenen Verwaltungsaktes geht.

(Michael Andrejewski, NPD: Ja, weiß ich.)

Herr Andrejewski, kleine Aufgabe zum Nachdenken! Sie haben nichts kapiert.

(Zuruf von Dr. Margret Seemann, SPD)

Der Antrag ist abzulehnen, weil er völlig unsinnig ist. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und FDP)

Danke, Herr Dr. Jäger.

Das Wort hat jetzt noch einmal der Abgeordnete Herr Andrejewski von der Fraktion der NPD.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: 36 Semester haben nicht gereicht. Das ist manchmal so.)

Der Paragraf 86b und der Paragraf 89 nützen Ihnen gar nichts, wenn Sie einen Antrag stellen, in dem Sie bei der Sozialhilfe etwas begehren, weil Sie trotzdem sechs Monate warten müssen. Der Paragraf 88 steht ja nicht umsonst im Gesetz.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Das ist völliger Unsinn.)

Sie erhalten das sogar in den Rechtsbehelfsbelehrungen der Sozialagentur, dass es heißt: Sie können erst nach sechs Monaten klagen.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Nein, nein.)

Das ist so. Das ist in der Praxis so. Und ich will hier gar nicht mal behaupten, dass die Sozialgerichte nun böse wären. Es ist in der Tat richtig, dass man sehr unter

scheiden muss zwischen der Sozialagentur beziehungsweise den Arbeitsgemeinschaften, die noch schlimmer sind, die wörtlich eine starke Tendenz zur Bürgerfeindlichkeit haben, die versuchen, Ansprüche möglichst zurückzuweisen oder gar nicht erst aufkommen zu lassen, die auch häufig Gesetze nicht kennen oder ignorieren, und den Sozialgerichten. Die Sozialgerichte bemühen sich wirklich, deswegen ermutige ich auch die Leute, zu klagen. Die Sozialgerichte sind sehr akribisch, lassen sich die ganze Akte kommen, die Richter wissen alles, schauen sich das sehr genau an und versuchen auch, das ist so. Das ist noch ein Teil Rechtsstaatlichkeit, das gebe ich zu, denn diese Erfahrung habe ich auch gemacht. Aber es ist auch eine Erfahrung, dass die Sozialgerichte, weil sie auch überlastet sind, mittlerweile mit den Eilverfahren auch zunehmend mehr Leute herausbekommen haben, auch wenn nicht so viele es wissen, die es wissen sollten.

(Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Aber es wissen schon zunehmend mehr Leute, dass es das Eilverfahren gibt. Und weil das so ist, werden die Gerichte so mit Eilverfahren verstärkt zugepflastert, dass sie jetzt auch schon Wege suchen, um die Eilbedürftigkeit zu verneinen und die Ansprüche sehr hoch stellen an die Eilbedürftigkeit. Ich habe schon häufig gelesen, ja, Hauptsache nicht vorwegnehmen und so weiter. Da werden sehr hohe Hürden aufgestellt.

Es dauert auch zunehmend länger, obwohl neue Sozialrichter eingestellt werden in nicht ausreichender, aber in größerer Zahl, kommen sie mit den Eilverfahren nicht mehr zurecht. Deswegen hat das Eilverfahren in manchen Fällen den Namen schon gar nicht mehr verdient, sondern es wird zu einer Art zweitem Hauptsacheverfahren und dauert immer länger und immer länger.

(Udo Pastörs, NPD: Aber die Praxis sieht anders aus.)

Und der 88 – auch wenn ich nichts gegen die Zahl habe, diesen Verdacht wird man mir ja wohl nicht …

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Witzig, ja, witzig.)

Ja, das musste ich jetzt bringen. Und ich darf noch darauf hinweisen, dass das der Tagesordnungspunkt 18 ist. Aber trotzdem steht er im Gesetz,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ah ja, haben Sie extra ausgesucht. Das müssen Sie sagen.)

er wird angewandt und die Leute müssen die sechs Monate abwarten. Da helfen die Nebenparagrafen auch nichts. So ist es nun mal und dafür gibt es ja das Eilverfahren, damit man das nicht abwarten muss.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Nur es wissen zu wenige Leute und es ist kein Eilverfahren mehr.

Ich sehe überhaupt nicht ein, wenn Sie schon der Meinung sind, dass der 88 sowieso eigentlich nur noch so im Gesetz stünde und von anderen Paragrafen konterkariert wird, warum soll er dann nicht so geändert werden, wie wir das sagen? Warum soll es dann nicht auf einen Monat verkürzt werden?

(Udo Pastörs, NPD: Wegstreichen!)

Das wäre dann nach Ihrer Logik überhaupt kein Problem.

(Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Warum soll das nicht gemacht werden? Was wir wollen, ist Waffengleichheit – wenigstens einen Anschein, ein Anklang von Waffengleichheit – zwischen dem Bürger und der Behörde. Und der ist leider nicht gegeben. Das spiegelt sich deutlich darin wieder, dass es nur einen Monat Widerspruchsfrist gibt, aber sechs Monate Bearbeitungszeit für die Behörde und drei Monate bei Widersprüchen. So ist es nun mal, so steht’s doch im Gesetz. Wir wollen das Gesetz geändert haben. Entweder das ist so, wie wir es sagen, dass das Gesetz noch gilt, dann wäre es effektiv, oder es ist so, wie Sie es sagen, dass der 88 in der Praxis gar keine Rolle mehr spielt, dann würde es auch nicht schaden, wenn man das klarstellt. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD)

Meine Damen und Herren, ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der NPD auf Drucksache 5/3794. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Danke. Die Gegenprobe. – Danke. Enthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktion der NPD auf Drucksache 5/3794 bei Zustimmung der Fraktion der NPD sowie Ablehnung der Fraktion der SPD, der CDU, der Fraktion DIE LINKE und der FDP abgelehnt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 19: Einspruch des Abgeordneten Raimund Frank Borrmann, Fraktion der NPD, gegen den Entzug des Rederechts in der 104. Sitzung des Landtages während der Beratung des Tagesordnungspunktes 35.

Einspruch des Abgeordneten Raimund Frank Borrmann, Fraktion der NPD, gegen den Entzug des Rederechts in der 104. Sitzung des Landtages während der Beratung des Tagesordnungspunktes 35

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, der Abgeordnete Borrmann hat mit Schreiben vom 17. September 2010 gegen den Wortentzug in der 104. Sitzung des Landtages gemäß Paragraf 100 Geschäftsordnung des Landtages Einspruch eingelegt. Dieser Einspruch und das Antwortschreiben der Präsidentin des Landtages liegen den Mitgliedern des Landtages als Tischvorlage vor.

Lassen Sie mich zu dem Einspruch Folgendes anmerken: Gemäß Paragraf 100 unserer Geschäftsordnung entscheidet der Landtag nach Beratung im Ältestenrat über den Einspruch ohne Aussprache. Die Beratung im Ältestenrat hat in der 170. Sitzung stattgefunden.

Wir kommen zur Abstimmung über den Einspruch. Wer dem Einspruch des Abgeordneten Raimund Frank Borrmann, Fraktion der NPD, gegen den Entzug des Rederechts in der 104. Sitzung des Landtages während der Beratung des Tagesordnungspunkt 35 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Danke. Die Gegenprobe. – Danke. Enthaltungen? – Damit ist der Einspruch des Abgeordneten Raimund Frank Borrmann, Fraktion der NPD, abgelehnt.

Meine Damen und Herren, wir sind am Schluss der heutigen Tagesordnung. Ich weise noch einmal darauf hin, dass jetzt im Anschluss noch eine Sitzung des Ältestenrates stattfindet.

Ich berufe die nächste Sitzung des Landtages für Donnerstag, den 14. Oktober 2010, 9.00 Uhr ein. Die Sitzung ist geschlossen.