Protokoll der Sitzung vom 14.10.2010

In Mecklenburg-Vorpommern haben wir das Problem, dass wir schon erste Hebammen haben, die insbesondere Hausgeburten gemacht und aufgegeben haben, weil hier die Haftpflichtversicherung besonders hoch ist. Ich als Gesundheitsministerin unterstütze sehr die Geburt im Krankenhaus. Aber hier sind eben auch die Beleghebammen so wichtig und auch die sind davon betroffen.

(Irene Müller, DIE LINKE: Das wissen wir alles.)

Und was ich eben mit Sorge sehe, ist, dass gerade in einem Flächenland natürlich auch viele Krankenhäuser und kleine Krankenhäuser zurzeit nur Beleghebammen nutzen, wie mir zum Beispiel die eine Hebamme aus Röbel berichtete. Dort nutzt das Krankenhaus nur Beleghebammen. Und deswegen ist es so wichtig, dass wir für sie eine Lösung finden.

(Irene Müller, DIE LINKE: Ja, deswegen ja dieser Antrag.)

Gleichzeitig, auch wenn wir über dieses Problem reden, möchte ich trotzdem noch mal dafür werben, dass wir noch eine gute Situation haben, und deswegen auch für unser Land werben. Nicht, dass jetzt der Eindruck entsteht, hier müssen sich die werdenden Mütter Sorgen machen. Zum Glück halten die Hebammen noch durch, aber wir brauchen eine Lösung. Ich habe es angesprochen.

In diesem Zusammenhang ist natürlich auch wichtig, wie das Netz von Krankenhäusern aussieht, in denen Geburtshilfen durchgeführt werden können.

17 der insgesamt 29 vollstationären Einrichtungen bieten Leistungen der Fachrichtung „Frauenheilkunde und Geburtshilfe“ an. Insgesamt sind rund 12.500 Kinder in Mecklenburg-Vorpommern 2009 geboren und die sind natürlich regional sehr unterschiedlich verteilt. Und deswegen haben wir Zentren mit vielen Geburten, aber wir haben eben auch eine Vielzahl kleiner Häuser. Uns ist es wichtig, die Geburtshilfe möglichst auch an den kleinen Häusern erhalten zu können.

Den damit verbundenen personellen und technischen Aufwand wirtschaftlich darzustellen, ist nicht einfach. Darüber hinaus ist es sehr schwer, auch die Fachärztinnen und -ärzte in ausreichender Anzahl zu gewinnen, um die Versorgung in entsprechender Qualität überall aufrechtzuerhalten. Deshalb ist es natürlich auch wichtig, dass die Krankenhäuser in dieser Frage weiter gut ausgestattet werden. Und deswegen finde ich es gut – das wird ja noch ein nächster TOP sein –, dass wir auch noch darüber sprechen, dass die Krankenhäuser zukünftig besser finanziell ausgestattet werden sollen.

Trotzdem ist mit einer guten Organisation eine flächendeckende Versorgung mit Hebammenhilfe, zum Beispiel durch Beleghebammen, gewährleistet. Damit trotzdem eine gute Qualität in der Geburtshilfe sichergestellt werden kann, fördert mein Haus auch gezielt die Einrichtung von Mutter-Kind-Zentren, zum Beispiel in den Krankenhäusern Schwerin, Hagenow und Neubrandenburg mit Einzelfördermitteln der Krankenhausfinanzierung.

Auf Landesebene wurde durch die Etablierung von Familienhebammen ein zweites Standbein für die Hebammen geschaffen. Das Land hat die Fortbildung von 60 Hebammen zu Familienhebammen gefördert und ich bin dem Landtag ausdrücklich dankbar, dass mit dem Doppelhaushalt hier auch eine Aufstockung erfolgt ist. Inzwischen sind in Mecklenburg-Vorpommern flächendeckend in allen Landkreisen Familienhebammen tätig, die ebenfalls durch mein Haus gefördert werden.

Außerdem setze ich mich dafür ein, dass durch das Arzneimittelneuordnungsgesetz das SGB V dahin gehend geändert werden soll, also auf Bundesrecht, Herr Reinhardt, dass Einrichtungen, in denen Hebammen Leistungen an den Schnittstellen zur Kinder- und Jugendhilfe erbringen, diese Leistungen mit den Krankenkassen auch abrechnen können. Das sind Beispiele, wo Hebammen an Krankenhäusern tätig sind.

Und dass wir diese Familienhebammen auch abrechnen können, das ist übrigens auch keine so neue Forderung, sondern das ist eine Forderung, die Mecklenburg-Vorpommern im Rahmen der Länderdiskussion mit eingebracht hat. Diese Forderung haben 16 Gesundheitsminister und 16 Jugend- und Familienminister gemeinsam beschlossen und diese Forderung liegt seit Monaten auf dem Tisch der Familienministerin und des Gesundheitsministers. Ich weiß, dass die Bundesfamilienministerin sich gerade im Rahmen des runden Tisches Kinderschutz hier einsetzt. Die Länder haben ihr auch die volle Unterstützung zugesagt, alle Länder. Also auch bei dem Thema geht es parteiübergreifend.

Woran es derzeit scheitert, ist, dass das Bundesgesundheitsministerium in diesen runden Tischen nicht vertreten ist und dort noch dicke, dicke Bretter zu bohren sind. Aber auch an der Stelle sind wir dran. Wir brauchen die Hebammen nicht nur für die Geburt von Kindern, sondern wir brauchen sie auch für die Unterstützung von Familien, mehr als acht Wochen nach der Geburt, son

dern viel länger. Da haben wir konkrete Gesetzesvorschläge gemacht und ich hoffe, dass endlich die Gesetzesvorschläge aller 16 Länder in der Bundesregierung ernst genommen werden. Bei Privatversicherten hat das Land die Gebühren festzulegen. Dies ist durch die Hebammenvergütungsverordnung vom 17. März 2010, und zwar mit dem zweifachen Satz der GKV-Leistung geschehen.

Ich räume ein, dass, bevor ich die Verordnung unterschrieben habe, kurz noch mit dem Kuli gezuckt habe, weil ich es grundsätzlich gar nicht gut finde, dass wir für bestimmte …

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Aber das ist Ihnen nicht aufgefallen.)

Frau Borchardt, das ist mir aufgefallen. Wissen Sie, wenn Sie den Anspruch haben – und da glaube ich Ihrer Fraktion –, dass wir dieses Thema hier gemeinsam beraten wollen, dann müssen Sie auch der Landesregierung zuhören, wo sie sich einsetzt. Dann können Sie noch sagen, was wir noch machen.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Machen wir gleich.)

Ich habe mich auch mit Ihrem Ansatz auseinandergesetzt. Aber dass Sie hier immer irgendwelche Sprüche dazwischen machen, da kommt bei mir der Eindruck an, dass Sie gar nicht interessiert sind.

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Na, na, na, na!)

Ich gebe mir jedenfalls sehr viel Mühe, Ihnen hier zu sagen, wo unsere Initiativen sind.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD – Heinz Müller, SPD: Sehr richtig. – Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Und deswegen lassen Sie mich noch mal erklären, warum ich kurz gezuckt habe, weil ich glaube, dass es mit Ihrer Auffassung gar nicht so weit auseinandergeht.

Ich finde es eigentlich gar nicht richtig, dass es bei Ärzten, auch bei Hebammen so ist, dass die einen privat versichert sind und man dadurch mehr verdient, und die anderen sind gesetzlich versichert und da verdient man weniger, weil ich sage, eigentlich muss die Geburt eines Kindes gleich vergütet werden, egal, wie die Mutter versichert ist. Aber es ist nicht so der Fall. Es ist wie bei den Ärzten. Und obwohl ich das eigentlich nicht gut finde, habe ich es dann trotzdem natürlich unterschrieben. Und ich kann Ihnen auch sagen, warum: weil ich sehe, dass die Hebammen so schon nicht klarkommen, und weil sie dann die Chance haben, wenigstens bei den Privatversicherten mit dem zweifachen Satz noch zusätzlich zu verdienen.

Ich wollte damit sagen, dass uns klar ist, dass die nicht im Geld schwimmen, sondern dass wir da die Möglichkeiten, die wir haben, auf Landesebene haben, ihre Vergütung zu verbessern, auch ausschöpfen. Auch das sollte ein Beitrag zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen für die niedergelassenen Hebammen sein.

Insofern begrüße ich es, wenn die Landesregierung in ihren Bemühungen unterstützt wird und dann den Rückhalt bekommt. Und deswegen denke ich, dass die Grundaussage, so, wie die Regierungsfraktionen sie auch vorgelegt haben, die Landesregierung in ihren Bemühungen zu unterstützen, gut und richtig ist und

dass wir gerne über Einzelheiten noch diskutieren könnten, wegen mir im Sozialausschuss, aber dass ich trotzdem die herzliche Bitte habe,

(Harry Glawe, CDU: Sehr guter Vorschlag.)

dass heute alle Fraktionen dieser Grundzustimmung doch bitte zustimmen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Und was ist an unserem Antrag falsch?)

Das würde uns auch Rückenwind in den Diskussionen geben und ich habe hier noch einmal vorgetragen, dass uns das ja oft zwischen den Ländergesundheitsministern sehr gut gelingt, und dann wäre das schön, wenn das hier auch gelingt.

Herr Ritter, Sie haben gefragt, was mit Ihrem Antrag ist.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Was daran falsch ist, will ich wissen. So ist es.)

Damit setze ich mich gerne auseinander, aber Sie müssen mich einfach ausreden lassen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Ja, bitte.)

Ich weiß nicht, warum Sie an der Stelle so nervös sind. Ich bemühe mich wirklich sehr, alle Vorschläge, die auf dem Tisch sind …

(Irene Müller, DIE LINKE: Tja, in der Beurteilung stand: Er bemühte sich. – Zuruf von Michael Roolf, FDP)

Ich habe mich jetzt erst mal mit den Vorschlägen des Hebammenverbandes auseinandergesetzt.

Jetzt würde ich bei allem Respekt gerne mal zum Antrag der FDP-Fraktion kommen, weil die FDP-Fraktion zum einen noch mal auf die Situation „Ausnahmegenehmigung für die Straßenverkehrsordnung“ hinweist, was man da machen kann. Wir haben mit dem Verkehrsministerium gesprochen. Die derzeitige Rechtslage ermöglicht den Straßenverkehrsbehörden die Erteilung von Ausnahmegenehmigungen in bestimmten Einzelfällen oder allgemein für bestimmte Antragsteller. Eine eventuell gewollte besondere Regelung für Hebammen, die sich in gesetzlichen Vorschriften widerspiegeln soll, ist durch Änderung der StVO, also eine Rechtsverordnung des Bundes mit Zustimmung des Bundesrates, theoretisch denkbar. Eine besondere Bevorzugung einzelner Berufsgruppen erscheint jedoch im Hinblick auf andere Forderungen anderer Berufsgruppen schwierig zu sein. Das will ich nur noch mal sagen.

Wir nehmen das aber gerne mit auf und würden es noch mal ansprechen, auch mit den anderen Ländern zusammen. Aber ich sage schon – weil ich es schwierig finde, wenn man Hoffnungen macht, die man vielleicht nicht so schnell oder am Ende gar nicht erfüllen kann –, es ist ein schwieriges Thema, weil man die Straßenverkehrsordnung, so habe ich das verstanden, sehr eng auslegt, wenn man sagt, dann kommen auch noch viele andere Berufsgruppen. Ich will aber sagen, dass ich Ihren Vorschlag gerne mitnehme und weiter in die Beratung einbringen möchte.

Und zu dem zweiten Vorschlag, dass die Landesregierung sich bei den Verhandlungen zwischen GKV-Spitzenverband und den Hebammen über die Wegegeldpauschalen für eine Beachtung der landesspezifischen Anforderungen an die Hebammen in M-V einsetzen soll: Einerseits, Herr Grabow, sagen Sie immer, ist es Selbst

verwaltung. Ich nehme es aber trotzdem gerne auf und habe vor, einen Brief der Ministerin an den GKV-Spitzenverband zu schreiben, um mich dazu auch noch mal speziell mit dem Hebammenverband des Landes auseinanderzusetzen, damit die mir auch noch mal Futter geben, sage ich jetzt mal so salopp, wo die landesspezifischen Anforderungen sind. Ich würde diese Dinge mitnehmen. Das möchte ich Ihnen hier zusagen.

(Harry Glawe, CDU: Das wird Herr Grabow bestimmt unterschreiben.)

Zum Antrag der Fraktion DIE LINKE: Sie fordern ja: „Die Landesregierung wird aufgefordert, sich … einzusetzen“ und zu unterstützen, Zitatende. Das ist auch der Antrag sozusagen der Regierungsfraktionen. Ich denke, das ist klar.

Dann unter Punkt II: Wir sollen leistungsrechtliche Regelungen zur Schwangerschaft und Mutterschaft aus der Reichsversicherungsordnung in das SGB V Sozialgesetzbuch überführen und im Zuge soll eine Modifizierung der Regelungen erfolgen.

Zwar sind die Regelungen zur Hebammenhilfe noch in der Reichsversicherungsordnung geregelt, aber es gibt hier keine inhaltlichen Defizite. Unklar ist auch, wohin die in dem Antrag geforderte Modifizierung gehen soll. Ich habe ja Vorschläge gemacht, wie wir am runden Tisch und auch über SGB V zu den Fragen der Haftpflicht Dinge regeln könnten.

II. 2., dass ein gemeinsamer Haftungsfonds für alle Heilberufe eingeführt wird. Diesen Punkt müssen wir ablehnen, weil natürlich so ein staatlicher Haftungsfonds der Freiberuflichkeit widerspricht, und dann würden alle freiberuflichen Gruppen, die irgendwo ein Haftungsrisiko haben, natürlich kommen mit dieser Forderung. Also das hört sich im Augenblick gut an und sicherlich sagen die Hebammen sofort „Ja, das wär’s“, aber ich muss sagen, das ist eine völlig unrealistische Forderung, die auch dieser Idee der Freiberuflichkeit widerspricht. Und da möchte ich nicht die Versprechung machen, dass so was überhaupt möglich ist.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Aber diskutieren könnte man es ja mit den Freiberufl ern.)

Ich möchte den Hebammen nicht diese Versprechung machen, wenn sie dann am Ende nicht kommen. Ich glaube, das wäre das Schlimmste für sie, wenn wir irgendetwas versprechen, was wir dann nicht halten können.

II. 3. „Die Landesregierung möge … darauf hinwirken, dass... im Rahmen von Vergütungsverhandlungen eine Abweichung von der Beitragssatzstabilität nach § 71 des SGB V ermöglicht wird.“