Protokoll der Sitzung vom 14.10.2010

Oder er soll mit dem ÖPNV, also mit dem Nahverkehr fahren. Aber nennen Sie mir eine Stadt, wo das funktioniert. Was ist in Ostvorpommern? Kann ich in Ostvorpommern für 22,78 Euro eine Monatskarte kaufen? Das geht gar nicht.

(Michael Roolf, FDP: Ich denke, Sie kennen die Berechnung so genau.)

Das sind Ausschnitte, die mir bekannt sind.

(Michael Roolf, FDP: Ach, Ausschnitte!)

Insgesamt ist es nicht transparent.

(Unruhe bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Zuruf von Michael Roolf, FDP)

Und was ist mit der ärztlichen Betreuung? Für die Praxisgebühr stehen 2,64 Euro im Monat zur Verfügung, das ist öffentlich geworden.

(Zuruf von Toralf Schnur, FDP)

Rechne ich das mal drei, dann kommen 7,92 Euro raus. Da fehlt noch was bis 10 Euro. Wo soll die Differenz herkommen? Sollen die Patienten im Wartezimmer singen und mit dem Klingelbeutel rumgehen? Wie stellen Sie sich das ganz konkret vor? Sie haben nicht die Chance, sich das vom Munde abzusparen, um diese 10 Euro aufzubringen.

Und mit dem Internet, 2,28 Euro, da gucken Sie mal auf Ihre Rechnung von Ihrem Anbieter, was Sie im Monat für Internetgebühren zahlen. Auch wenn es sogar eine Flatrate und eine ganz niedrige Gebühr ist, mit 2,28 Euro kommt niemand klar, um einen Internetanschluss im Monat zu haben.

(Udo Pastörs, NPD: Die wollen doch nur Stellenanzeigen suchen.)

Und wenn dann nun der Muttertag ist, der Frauentag oder Geburtstag in der Familie ist, Schnittblumen sind nun gar nicht mehr möglich und Haustiere auch nicht mehr. Und Kleidung, da muss man dann auch nur waschbare Kleidung haben, weil die chemische Reinigung inzwischen auch rausgerechnet wurde.

(Udo Pastörs, NPD: Das Beispiel mit den Unterhosen war gar nicht schlecht.)

Und was hat das nun mit Lebensqualität zu tun? Gleiches gilt für all diejenigen, wir sind hier in MecklenburgVorpommern, die einen Garten haben. Das, was der Garten braucht, ist nicht im Regelsatz enthalten.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Ich frage mich, ob das nicht tatsächlich zum Bedarf einer Hartz-IV-Familie dazugehört? Nach Herrn Schnur gehört das nicht dazu. Wir müssen ja die Hartz-IV-Empfängerinnen und Hartz-IV-Empfänger vor denen schützen, die die Leistungsträger in dieser Gesellschaft sind.

(Zuruf von Toralf Schnur, FDP)

Ich halte das für schlimm, was Sie hier gesagt haben.

Gleiches gilt bei Windeln und Gleiches gilt für Sportartikel. Ich könnte es hier tatsächlich durchdeklinieren. Und deswegen, bin ich der Überzeugung, werden wir immer wieder dieses Thema hier ansprechen. Da werden wir Sie auch nicht entlassen.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Ich weiß ganz genau, dass wir aus der rot-schwarzen Koalition zu solchen Anträgen keine Zustimmung bekommen werden, aber der Öffentlichkeit mitzuteilen, wo Sie im Einzelnen stehen, das halte ich schon mal für wichtig, auch hier im Lande Mecklenburg-Vorpommern.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Und wenn es dann um die Kinder geht, auch das ist hier gesagt worden, dann will ich noch Folgendes sagen: Sie können das Schulstarterpaket nicht zweimal berechnen. Dass wir nun ein Potemkinsches Dorf aufbauen, das geht nun wirklich nicht. Das sind Taschenspielertricks und damit müssen Sie Ihre Sonntagsreden „Kinder sind unsere Zukunft“ tatsächlich noch mal einstellen.

Ich bin der Überzeugung, dass Sie mit der Berechnung der 5 Euro, die jetzt rausgekommen sind, erstens dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes nicht gerecht werden und zweitens tatsächlich – da benutze ich Ihr Wort, Herr Mantei – soziale Ungerechtigkeit in der Gesellschaft verschärfen. Sie bauen nicht soziale Ungerechtigkeit ab, Sie verschärfen soziale Ungerechtigkeit. Sie leisten keinen Beitrag dazu, dass diejenigen, die von Hartz IV leben müssen, eines Tages nicht mehr von Hartz IV leben müssen, um wieder in Arbeit zu kommen. Im Gegenteil, Sie grenzen aus und Sie diskriminieren. Und das ist eine falsche Politik. Die lehnen wir ab und deswegen bin ich dankbar für die Debatte. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Danke, Herr Holter.

Das Wort hat jetzt noch einmal der Abgeordnete Herr Heydorn von der Fraktion der SPD.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Ich bin noch einmal nach vorne gegangen, weil ich auf ein paar Dinge noch eingehen muss.

Herr Schnur, die Aussage, dass die Festsetzung der Regelsätze nicht politisch motiviert gewesen ist, die kön

nen Sie jemandem verkaufen, der sich den Hut mit dem Hammer aufsetzt, aber nicht uns. Ich möchte in diesem Zusammenhang daran erinnern, dass Ihr Vorsitzender Guido Westerwelle schon ganz, ganz früh – da war noch gar nicht ganz klar, wie die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes aussieht – lauthals und in allen Medien in der Öffentlichkeit gewesen ist und verkündet hat, die Regelsätze dürfen nicht steigen.

(Zurufe von Rudolf Borchert, SPD, und Barbara Borchardt, DIE LINKE)

Sie dürfen nicht erhöht werden, hat Guido Westerwelle verkündet, bevor die Beschlusslage überhaupt auf dem Tisch gelegen hat.

(Toralf Schnur, FDP: Trotzdem ist es passiert.)

Und da kommen Sie hier hin und sagen, das ist alles politisch nicht motiviert?! Das ist doch einfach ein Ding, das können Sie doch nicht machen. Das ist alles politisch motiviert, von vorne bis hinten.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Ja, sehr richtig. – Zuruf von Irene Müller, DIE LINKE)

Und Herr Westerwelle hat es doch eindrucksvoll demonstriert.

(Rudolf Borchert, SPD: Der wollte den Steuerzahler schützen.)

Und der nächste Punkt, den Sie hier vorgetragen haben, dass wir als Landes-SPD treu und brav im Gleichschritt mit unserer Bundespartei gehen, dazu sage ich Ihnen, das stimmt einfach nicht. Auch da müssen Sie sich schlaumachen. Der Vorgänger von Frau von der Leyen war Herr Scholz. Und wir aus Mecklenburg-Vorpommern haben zu Zeiten, als Olaf Scholz Minister gewesen ist, schon Initiativen über die Arbeits- und Sozialministerkonferenz ergriffen, sich das Thema Kinderregelsatz anzusehen und zu erhöhen, erst Minister Sellering und dann unsere Sozialministerin Manuela Schwesig.

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Da sind Entscheidungen herbeigeführt worden von 16:0 in der Arbeits- und Sozialministerkonferenz, dass der Bund sich mit diesem Thema beschäftigen soll.

Und dann noch eins: Grundlage für die Berechnung der Regelsätze ist die sogenannte Einkommens- und Verbraucherstichprobe.

(Zuruf von Toralf Schnur, FDP)

Diese wird alle fünf Jahre erhoben

(Zuruf von Toralf Schnur, FDP)

und orientiert sich jetzt an den von uns angekündigten 15 Prozent. Man muss aber auf eins aufmerksam machen:...

(Toralf Schnur, FDP: Wer ist denn da drin? Wer ist denn da drin? Wer ist da drin?)

Sie vermengen hier alles miteinander.

Das Prinzip ist ja, ich habe auf der einen Seite Verbrauchsverhalten von Nichtleistungsbeziehern und auf der anderen Seite leite ich mir daraus ab, was Leistungsbeziehern zuzugestehen ist. Sie machen aber Folgendes: In der Berechnung, die Sie anstellen, rechnen Sie nicht alle Leistungsempfänger raus. Die sogenannten Aufstocker sind schön mit drin. Die sind schön mit drin.

(Angelika Peters, SPD: Genau.)

Und wenn man die Sache korrekt machen wollte, müsste man als Erstes die Aufstocker aus der Einkommens- und Verbraucherstichprobe rausziehen und dann muss man das miteinander vergleichen. Das ist doch keine korrekte Geschichte, die Sie hier veranstalten.