Protokoll der Sitzung vom 17.11.2010

(Zuruf von Toralf Schnur, FDP)

Hören Sie doch mal zu!

Gegenwärtig wird nämlich in der Landesverwaltung die Entsendung in Aufsichtsratsgremien

(Toralf Schnur, FDP: Seit 20 Jahren hat sich nichts getan.)

landeseigener Unternehmen grundsätzlich an das Hauptamt gekoppelt. Da Frauen aber sowohl in der Gruppe der Staatssekretärinnen und Staatssekretäre als auch in den Abteilungsleitungen der Ressorts so gut wie gar nicht vertreten und ebenso in den Referatsleitungen unterrepräsentiert sind, greift Paragraf 10 des Gleichstellungsgesetzes in der Regel nicht.

(Zuruf von Toralf Schnur, FDP)

Dieser Grundstein der Besetzung wurde nämlich Anfang der 90er-Jahre gelegt. Anfang der 90er-Jahre wurden die meisten Stellen …

(Toralf Schnur, FDP: Das heißt also, Sie haben 10, 15 Jahre nichts gemacht.)

Hören Sie zu!

Anfang der 90er-Jahre wurden die meisten Stellen …

Wenn Sie sich kundig gemacht hätten, wären Sie selbst darauf gekommen.

Anfang der 90er-Jahre waren die meisten Stellen mit Stelleninhabern und Sprungbeförderung im Alter von Anfang 30 und 40 Jahren besetzt. Also, die waren 30 beziehungsweise 40 Jahre und selbstverständlich waren fast nur Männer im höheren Dienst. Anders, meine sehr geehrten Damen und Herren, als in der Privatwirtschaft besetzen die Stelleninhaber diese Stellen dann 30 Jahre und länger.

(Udo Pastörs, NPD: Ich dachte, es wäre in der DDR besser gewesen.)

Die personelle Fluktuation ist im öffentlichen Dienst wesentlich geringer als in der Privatwirtschaft und eine Änderung ist demzufolge auch wesentlich schwieriger. Wenn also dann die Stellen Anfang der 90er-Jahre mit Männern, CDU-FDP-Koalition,

(Toralf Schnur, FDP: Von der FDP besetzt worden.)

besetzt waren, sind diese Personen auch aufgestiegen.

(Toralf Schnur, FDP: Wie viel landes- eigene Unternehmen gab es denn da?)

Durch den einsetzenden Personalabbau wurden frei gewordene Stellen dann nicht wiederbesetzt. Das heißt, angesichts des Personalabbaus ist es jetzt sehr schwierig geworden, Frauen in Führungspositionen zu bekommen. Gerade deshalb muss jede Möglichkeit genutzt werden, frei werdende Stellen und Führungspositionen auch mit entsprechend qualifizierten Frauen zu besetzen. Das heißt, dass das Landesgleichstellungsgesetz von allen Entscheidungsträgern konsequent umzusetzen ist und in den Ressorts tatsächlich auch Frauenförderung vorgenommen wird.

Damit Paragraf 10 Gleichstellungsgesetz und der Antrag von SPD und CDU zumindest kurzfristig zu einer paritätischen Besetzung in Aufsichtsratsgremien und anderen Gremien außerhalb der Landesverwaltung führen, schlage ich vor, sollte von den Ressorts dringend geprüft werden, ob zum Beispiel die Wahrnehmung der Aufsichtsratstätigkeit zwingend an das Hauptamt gekoppelt werden muss oder ob nicht die Wahrnehmung der Aufsichtsratsfunktionen auch von einer Person erfolgen kann, die die fachliche Voraussetzung dazu erfüllt. Ich bin mir ganz sicher, dass wir dann auch mehr Frauen finden werden, die eine entsprechende Qualifizierung haben, aber leider nicht in dem entsprechenden Amt oder in der entsprechenden Funktion sind.

Lassen Sie es mich an dieser Stelle auch noch einmal ganz deutlich sagen: Ich kann, von wem auch immer, die Aussagen, wir haben ja keine geeigneten Frauen oder die Frauen wollen ja nicht, wirklich nicht mehr hören.

(Zuruf von Toralf Schnur, FDP)

Es muss sich doch endlich mal gefragt werden, warum die gut qualifizierten Frauen nicht mehr wollen und warum Frauen angeblich weniger geeignet sind.

Ein wesentlicher Schlüssel ist neben anderen strukturbedingten Nachteilen und subjektiven Einstellungen im öffentlichen Dienst auch,

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

dass die Leistungen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nicht immer danach bewertet werden, was jemand innerhalb einer bestimmten Zeit schafft, sondern ob jemand quasi rund um die Uhr verfügbar ist. Es hat sich eine sogenannte, wie es von Fachleuten auch benannt wird, Anwesenheitskultur herausgebildet nach dem Motto: Frau mit zwei Kindern, nach 18.00 Uhr nicht mehr verfügbar, also auch nicht geeignet.

Nein, meine Damen und Herren, mit dieser Einstellung werden wir niemals ausreichend Frauen in Führungspositionen bekommen.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Vor allem werden wir nicht mehr genug Kinder bekommen.)

Ich habe in meinem Bereich Frauen, die gut qualifiziert und so gut organisiert sind, dass sie in sechs Stunden Teilzeitarbeit genauso viel schaffen wie andere in acht Stunden. Sie haben es nämlich auch gelernt, sich zu organisieren, um beide Tätigkeiten unter einen Hut zu bekommen.

(Udo Pastörs, NPD: Ihnen sei Dank! – Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

Nicht der ewig präsente, sondern der entsprechend qualifizierte, eigenverantwortlich selbstständig denkende, effektiv arbeitende und gut organisierte Mitarbeiter oder eben die Mitarbeiterin müssen ausschlaggebend sein und auch Chancen auf Führungspositionen erhalten.

Ein weiteres Problem sind bestimmte Regelungen in den jeweiligen Laufbahnverordnungen. Frauen, die wegen Familienzeiten zu einer bestimmten Zeit ihre berufliche Tätigkeit unterbrechen, können dann zum Teil die Anforderungen an Beförderungen nicht mehr erfüllen. Ihnen fehlt unter anderem die sogenannte Verwendungsbreite gegenüber männlichen Mitbewerbern. Die Folge ist, dass sie keine Chance zum Aufstieg haben und sich folglich letztendlich nicht mehr auf eine Abteilungsleiterstelle bewerben können. Und deshalb, das möchte ich ausdrücklich sagen, danke ich noch einmal all denjenigen, die sich während der vor Kurzem stattgefundenen Diskussion zur Änderung der Laufbahnverordnung für unser Land dafür eingesetzt haben, dass solche Fallstricke für Personen, die familienbedingt Unterbrechungen in der Dienstzeit haben, nicht mehr bestehen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, abschließend möchte ich noch einmal ausdrücklich betonen, dass der vorliegende Antrag ein wesentlicher Schritt in die richtige Richtung ist. Er unterstützt die Umsetzung des Paragrafen 10 Gleichstellungsgesetz Mecklenburg-Vorpommern. Das allein stellt jedoch noch keine Frauenförderung beziehungsweise den Abbau von Unterrepräsentation von Frauen in Führungspositionen unserer Landesverwaltung dar. Wir haben sehr gut ausgebildete Frauen in der Landesverwaltung, sie müssen auch zum Zuge kommen.

Das Landesgleichstellungsgesetz enthält bereits alles, was dazu gebraucht wird. Der Antrag unterstützt das Anliegen.

Und, Herr Ritter, ich bitte ausdrücklich um Zustimmung zum vorliegenden Antrag und nicht zur Überweisung in den Wirtschaftsausschuss. Ich möchte, dass wir das, was wir hier vonseiten des Landes regeln können, auch wirklich machen. Wir sollten uns nicht davon abhängig machen, was auf Bundesebene passiert. Frau Leutheusser-Schnarren berger hat ja schon gesagt, es soll dieses Jahr auf Bundesebene gar nichts mehr passieren. Das würde folglich heißen, hier würde auch nichts mehr passieren. Da muss ich Ihnen ganz ehrlich sagen, das ist nicht mein Interesse. Ich möchte, dass wir mehr Frauen in Führungspositionen hier auch bei uns in der Landesverwaltung haben. – Danke.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD)

Frau Dr. Seemann, gestatten Sie noch eine Frage des Abgeordneten Herrn Schnur?

(Zuruf aus dem Plenum: Sie sind ja nur ein Mann. – Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktion der FDP)

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Dr. Jäger von der Fraktion der … Verzeihung, wir sind ja schon weiter.

Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Im Rahmen der Debatte ist beantragt worden, den Antrag der Fraktionen der SPD und CDU auf Drucksache 5/3882 zur Beratung an den Wirtschaftsausschuss zu überweisen. Wer stimmt für diesen Überweisungsvorschlag? – Danke. Die Gegenprobe. – Danke. Enthaltungen? – Damit ist der Überweisungsvorschlag bei Zustimmung der Fraktion DIE LINKE und Ablehnung der Fraktion der SPD, der CDU, der FDP und der NPD abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktionen der SPD und CDU auf Drucksache 5/3882. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Danke. Die Gegenprobe. – Danke. Enthaltungen? – Danke. Damit ist der Antrag der Fraktionen der SPD und CDU auf Drucksache 5/3882 bei Zustimmung der Fraktionen der SPD und CDU, Ablehnung der Fraktion der FDP und der NPD sowie Enthaltung der Fraktion DIE LINKE angenommen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 10: Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – Schlechterstellung für Menschen mit Behinderungen im geplanten 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrag verhindern, Drucksache 5/3891.

Antrag der Fraktion DIE LINKE: Schlechterstellung für Menschen mit Behinderungen im geplanten 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrag verhindern – Drucksache 5/3891 –

Das Wort zur Begründung hat die Abgeordnete Irene Müller von der Fraktion DIE LINKE.

Da waren jetzt Barrieren im Weg hier.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Der Weg war nicht barrierefrei.)

Nein, der Weg war jetzt wirklich nicht barrierefrei.

Werter Herr Landtagspräsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die UN-Konvention ist nun schon eine ganze Weile in aller Munde, die UN-Konvention für die Rechte der Menschen mit Behinderungen als erste Menschenrechtskonvention in diesem Jahrtausend und um Rechte für Menschen mit Behinderungen zu schützen, zu untermauern, auszubauen.

Bereits am 13.12. des Jahres 2006 hat die Generalversammlung der Vereinten Nationen diese UN-Konvention beschlossen. Bereits am 30.03.2007 ist Deutschland beigetreten, am 26.02. des Jahres 2009 wurde unterschrieben. Es müssen dann immer vier Wochen Zeit vergehen, dass es in Kraft tritt, also ab 24. März des Jahres 2009 ist diese UN-Konvention Grundlage für unser Arbeiten, für unser Handeln, für unser Bewerten dessen, was wir tun, denn eigentlich haben sich alle fast ohne Ausnahme für die Inklusion aller Menschen in unsere Gesellschaft ausgesprochen.