Protokoll der Sitzung vom 18.11.2010

(Udo Pastörs, NPD: Um Gottes willen!)

Ich erteile Ihnen einen weiteren Ordnungsruf, und da es der zweite ist, weise ich Sie darauf hin, dass ich Ihnen bei einem weiteren Ordnungsruf das Wort entziehe.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Es mangelt in unserer Republik an Freiheit – Freiheit in der Presse, Freiheit in der Meinungskundgabe. Und ich möchte Ihnen ein Beispiel nennen. Ein Bürgermeister und langjähriges SPD-Mitglied aus einem kleinen Ort im Burgenlandkreis in Sachsen-Anhalt macht sich Gedanken zu bewegenden gesellschaftlichen und politischen Problemen und formuliert diese in einem Leserbrief an die „Mitteldeutsche Zeitung“.

(Udo Pastörs, NPD: Pressefreiheit.)

Was macht die südsachsen-anhaltinische Heimatzeitung daraus? Nichts. Warum ist das so?

(Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

Was hat der Bürgermeister denn so Schlimmes in seinem Leserbrief veröffentlichen wollen?

(Irene Müller, DIE LINKE: Tja, Leserbriefe werden nicht alle veröffentlicht.)

Zitat: „Spricht es für Demokratie, Weltoffenheit und Toleranz, wenn von allen öffentlichen Seiten auf eine unliebsame politische Gruppierung eingeschlagen wird?“, fragt er.

Da mir derartige Erscheinungen bereits vor 1990 nicht gefielen und ich mich dann automatisch mehr auf die Seite der Geschlagenen als der Schläger stelle, war es mir ein Bedürfnis,

(Unruhe bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU – Heinz Müller, SPD: Na, Sie müssen ja von Schlägern reden! Da kennen Sie sich ja aus!)

war es mir ein Bedürfnis,

(Heinz Müller, SPD: Da kennen Sie sich ja aus!)

war es mir ein Bedürfnis, der Sache auf den Grund zu gehen und mich selbst zu überzeugen,

(Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

was an dem allseits Verteufelten so dran ist. Ich habe mich also am letzten Samstag in die Höhle des Löwen, ins Bürgerhaus nach Hohenmölsen begeben.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Da es leicht regnete, konnte ich unauffällig einen Schirm mitnehmen für den Fall, etwas Stabiles in der Hand haben zu müssen.

(Zuruf von Irene Müller, DIE LINKE)

Der Eingang war nicht passierbar, mit dem Vermerk, die linken Demonstranten hätten die Eingangstür beschädigt.

(Michael Andrejewski, NPD: Das kann ja gar nicht sein.)

Über Nebeneingang und den Weg einer 5 Euro teuren Besucherkarte wurde ich eingelassen, habe an der Garderobe Mantel und Bewaffnung – „Bewaffnung“ in Anführungszeichen –

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Na ja!)

abgelegt und mich in den ziemlich vollen Saal gedrängt. Zu meinem Erstaunen war der angefüllt mit Menschen, wie man ihnen an jedem anderen Ort auch begegnen kann: viele junge Leute, Frauen, sogar Kinder. Ich war fast etwas enttäuscht, beinahe wie auf einem SPD-Parteitag. Keine Springerstiefel, keine Schlägertypen.

(Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Und in den folgenden rund eineinhalb Stunden,

(Heinz Müller, SPD: Die sind bei der NPD ja völlig unbekannt, völlig unbekannt. – Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

und in den folgenden rund eineinhalb Stunden habe ich in den allerdings manchmal zu lauten Redebeiträgen kaum einen Satz gefunden, den ich nicht selbst hätte unterschreiben können.

(Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

Diese Leute suchen offensichtlich auch nur nach Wegen, um Deutschland aus seiner kranken Situation herauszuführen.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Dass Deutschland schwer krank ist in seiner Bevölkerungsentwicklung, bestreitet wohl ernsthaft niemand mehr. Und nach der Diskussion mit Franz Müntefering letzte Woche in Weißenfels zum Thema blieb bei mir auch nur die Gewissheit, dass selbst die qualifizierte

Einwanderung nur eine Krücke fürs kranke Deutschland sein kann, aber keine Rettung vorm Rollstuhl oder Pflegebett bringt.

Diese rechten Leute sagen das allerdings sehr direkt und ungeschönt.

(Udo Pastörs, NPD: So ist es.)

Mehr Kinder braucht das Land, mehr Familienfreundlichkeit mit allen notwendigen Voraussetzungen. Da sind Leiharbeit, Niedriglohn, befristete Beschäftigung natürlich Gift.

(Udo Pastörs, NPD: Alles freiheitliche Segnungen.)

Übrigens wurde das unter einer SPD-Regierung eingeführt beziehungsweise verstärkt. Aber gesunde Familien und Kinder gibt es nur in gesunden Verhältnissen. Wer in der Reihe derer, die das bunte Band durch Hohenmölsen anführten, hat selbst schon einmal unter solchen Bedingungen gelebt? Unter Ministerpräsident Böhmer wurde in Sachsen-Anhalt eingeführt, dass Kinder von Arbeitslosen nur noch fünf Stunden in den Kitas betreut werden, gerade wohl diejenigen, die der stärksten Förderung bedürfen.

(Zuruf von Irene Müller, DIE LINKE)

Wer von Ihnen hat schon mal an eine Betteltür klopfen müssen, weil er von seiner Vollzeitarbeit nicht leben kann?

Die NPD spricht von Ehestandsdarlehen mit Teilerlass bei Kinderzuwachs.

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Dies habe ich noch von DDR-Zeiten in angenehmer Erinnerung.

Herr Köster, einen Augenblick! Bitte sprechen Sie zur Sache, zum Thema.

(Udo Pastörs, NPD: Das ist die Sache, Herr Präsident! Er spricht jetzt weiter.)

Ich spreche zur Sache. Wir reden über Pressefreiheit, wir reden darüber...

Augenblick!

… wir reden …

Augenblick!

Herr Pastörs, Sie wissen, dass Sie meine Hinweise nicht zu kommentieren haben. Sie haben schon Wortentzug.