Protokoll der Sitzung vom 18.11.2010

(Heinz Müller, SPD: Ja, da habt ihr die Dinge gefordert, die seit fünf Jahren erfüllt sind. Pech!)

es war im letzten Monat so, als wir gesagt haben, wir sprechen uns gegen das Sparpaket der Bundesregierung aus. Und die im Alltag lebenden Menschen in Mecklenburg-Vorpommern reiben sich die Augen und stellen mit Verwunderung fest, der Kaiser ist ja nackt, ist ja doch nicht so, wie die Regierenden das sagen. Und so ist es auch in diesem Falle.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Denn warum sind die Tierheime überfordert mit der gegenwärtigen Situation? Warum sind die Tierheime voll? Warum ist das Tierheim Hagenow pleitegegangen, Herr Minister?

(Zuruf von Minister Dr. Till Backhaus)

Das haben Sie nicht erklärt.

(Zuruf von Minister Dr. Till Backhaus)

Das wird offensichtlich überhaupt nicht zur Kenntnis genommen. Aber das Aussitzen oder das Diskutieren um Verantwortlichkeiten hilft nicht.

(Zuruf von Minister Dr. Till Backhaus)

Uns verpflichtet das Staatsziel Tierschutz, dazu tätig zu werden. Es müssen einfach gesetzliche Grundlagen geschaffen werden, die im Zusammenwirken von Bund, Ländern und Kommunen die Bereitstellung von finanziellen Mitteln für den Tierschutz regeln, denn die Realität zeigt im Moment, dass es so, wie es bisher war, nicht weitergehen kann.

Bundeslandwirtschaftsministerin Aigner prüft seit März den Vorschlag für eine bundesweite Katzenschutzverordnung, sieht aber wenig Handlungsbedarf auf der Bundesebene. Dass so eine gesetzliche Lösung möglich ist, zeigt Österreich seit vielen Jahren schon. Dort haben die Halter von Freigängerkatzen die Pflicht, ihre Tiere zu kastrieren. Das geht, man kann sich dabei sogar auf das Europäische Übereinkommen zum Schutz von Heimtie

ren berufen, das diese Möglichkeit ausdrücklich in Artikel 12 befürwortet, sofern die Anzahl der streunenden Tiere ein Problem darstellt.

Und wer die Medienberichte in den letzten Wochen verfolgt hat, wer sich mal mit der Problematik beschäftigt hat, der weiß, dass es bei uns inzwischen zu einem Problem geworden ist. Und auch die Bundestagsfraktion der SPD hat am 09.11.2010 auf der Drucksache 17/3653 den Antrag gestellt:

„Der Bundestag wolle beschließen:

Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf, einen Regelungsvorschlag zur verpflichtenden Kennzeichnung, Registrierung und Kastration von Katzen mit Freilauf und freilebenden Katzen vorzulegen.“

Offensichtlich ist es ein Problem, das angegangen werden muss, meine Damen und Herren.

Und jetzt noch zwei Worte zu Ihnen, Frau Reese. Offensichtlich ist der Balken im Auge der FDP-Fraktion so groß, dass der Splitter bei uns im Auge übersehen wird. Wir haben mit unserem Antrag nicht die Forderung nach Geld gestellt. Wir haben – und ich sage es hier noch einmal – ein koordiniertes Vorgehen im Interesse des Tierschutzes von Bund, von Land und Kommunen gefordert, und nur das. Und das, denke ich, ist etwas, was wir von dieser Stelle aus auch leisten können.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Aber, meine Damen und Herren, diese Debatte heute ist viel zu kurz gesprungen, denn Tierschutz ist ein gesamtgesellschaftliches Anliegen mit Verfassungsrang, das in den letzten Jahren enormen Bedeutungszuwachs auf gesellschaftlicher und auf rechtlicher Ebene erhalten hat.

(Zuruf von Minister Dr. Till Backhaus)

Und, Herr Minister, Sie brauchen nicht im Hintergrund rumzubrubbeln. Es kann ja sein, dass Sie formal der oberste Tierschützer in diesem Land sind, aber Sie sind nicht der einzige und Sie sind auch nicht der Retter der Tierheime, als der Sie sich hier dargestellt haben, sondern dort arbeiten viele Menschen und vor allen Dingen viele Menschen bringen sich dort auch ehrenamtlich ein. Ihnen haben Sie hier gedankt und ich denke, das ist auch richtig und wichtig.

Meine Damen und Herren, mit der Verankerung des Tierschutzes als Staatsziel in unserer Verfassung ist er in der Rechtsetzung, in der Rechtsprechung und im Verwaltungshandeln im besonderen Maße zu berücksichtigen. Und genau das haben wir mit unserem Antrag hier eingefordert.

Nach dieser Debatte würde ich mich von Ihnen gerne mit einem Satz von Theodor Heuss verabschieden. Ihm wird Folgendes zugeschrieben: „Dass einmal das Wort Tierschutz geprägt werden musste, ist eine der blamabelsten Angelegenheiten der Menschheit.“ Dass wir uns heute auf diese Art und Weise damit beschäftigen mussten, finde ich, ist nicht besser.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Danke, Frau Abgeordnete.

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe damit die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 5/3885. Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um sein Handzeichen. – Danke schön. Die Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 5/3885 bei Zustimmung aus der Fraktion DIE LINKE und der NPD, Gegenstimmen, …

(Udo Pastörs, NPD: Da waren Gegenstimmen bei der LINKEN.)

Nein, da waren keine Gegenstimmen.

(Heinz Müller, SPD: Ich dachte, der Präsident stellt das Stimmergebnis fest.)

Zweifeln Sie das jetzt förmlich an? Dann stimme ich noch mal ab.

… also bei Zustimmung der Fraktion DIE LINKE und der NPD, Ablehnung durch die Fraktionen der SPD, CDU und FDP abgelehnt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 21: Beratung des Antrages der Fraktion der FDP – Stärkung und Ausbau der Jugendfreiwilligendienste, Drucksache 5/3876.

Antrag der Fraktion der FDP: Stärkung und Ausbau der Jugendfreiwilligendienste – Drucksache 5/3876 –

Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Herr Grabow. Bitte schön, Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kollegen! Mit dem Aussetzen der Wehrpflicht zum 1. Juli 2011 fällt auch der Zivilersatzdienst als Pflichtleistung weg. Das stellt die Politik vor neue Aufgaben. Die Wohlfahrtsverbände, die im Alltag auf die Unterstützung der Zivildienstleistenden angewiesen sind, stehen vor einer großen Herausforderung. Die Politik ist gefordert, rechtzeitig Alternativen zu schaffen, zum Beispiel durch den Ausbau freiwilliger Dienste. Die FDP-Fraktion hat deshalb einen Antrag zur Stärkung zum Ausbau der Freiwilligendienste im Land Mecklenburg-Vorpommern – und ich wiederhole: in unserem Bundesland – eingebracht. Ich komme auch nachher an einer Stelle noch mal auf die neuen Ergebnisse von heute von der Bundesebene.

Wir sind uns bewusst, dass eine zukunftsfähige Bürgergesellschaft mit dem Wegfall der Pflichtdienste noch mehr auf freiwilliges Engagement angewiesen ist. Der Ausbau des Freiwilligen Sozialen und Ökologischen Jahres ist eine Option, den zukünftigen gesellschaftlichen Herausforderungen zu begegnen. Dienste wie das Freiwillige Soziale Jahr oder das Freiwillige Ökologische Jahr müssen gestärkt und weiter ausgebaut werden.

Die Jugendfreiwilligen dienste sind ein Erfolgsmodell. Sie sind insbesondere ein starkes Zeichen für bürgerschaftliches Engagement. Sie sind wichtige Lernorte zwischen Schule und Ausbildung. Sie vermitteln fachliche, soziale und interkulturelle Fähigkeiten und sie stärken Selbstverständ lichkeiten und Verantwortungsbewusstsein der jungen Leute.

Mit unserem Antrag fordern wir die Weiterentwicklung der Jugendfreiwilligendienste. Sie müssen der Nachfrage gerecht werden und zukunftsfähiger sein. Dazu müssen

die Förderpauschalen für die Träger erhöht werden. Nur so können die Jugendfreiwilligendienste als hochwertige Bildungsmaßnahme weiterentwickelt werden.

(Michael Roolf, FDP: Jawohl.)

Wir wollen, dass alle interessierten jugendlichen Menschen sich in einem Freiwilligendienst in M-V engagieren können. Wir Liberalen fordern deshalb neben dem Ausbau der Stellen auch einen Ausbau der Angebotsvielfalt. Die Nachfrage, FSJ und FÖJ abzuleisten, ist heute schon höher als die Zahl der angebotenen Plätze. Das schulische Bildungsniveau sollte kein Kriterium für die Vergabe von Plätzen sein. Besonders durch den hohen Bildungsaspekt sind diese Dienste für benachteiligte Jugendliche aus pädagogischer Sicht sehr wertvoll.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP)

Es ist wichtig, Jugendliche mit einem geringen Bildungsniveau durch bürgerschaftliches Engagement zu stärken, am gemeinsamen Leben teilnehmen zu lassen. Die Träger geben auch jungen Menschen mit besonderen Förderbedürfnissen durch das FSJ eine Perspektive. Hier sind die Träger zu weiteren Anstrengungen bereit. Dies erfordert den Ausbau der pädagogischen Begleitung bei Trägern wie bei Einsatzstellen. Dies fordert eine zielgruppenspezifische Erhöhung der Förderung für benachteiligte Jugendliche.

Erste Schritte können aber auch ohne zusätzliche finanzielle Mittel eingeleitet werden. Ein wichtiger Punkt ist dabei der Bürokratieabbau. Die Träger wenden zurzeit 20 Prozent ihrer Arbeitsleistung für Verwaltung auf. Das ist zu viel.

(Michael Roolf, FDP: Ja.)

Die Träger sollten die Möglichkeit bekommen, mehr Zeit für die Vermittlung und die Betreuung der Freiwilligen aufwenden zu können. Deshalb müssen wir den bürokratischen Aufwand der Träger reduzieren. Die Liberalen schlagen dafür eine Einführung einer Festgeldförderung vor. Wir müssen weg von der Fehlbedarfsfinanzierung hin zur Pauschalförderung. Diese ermöglicht den Trägern, dass sie nicht jeden einzelnen Posten bei den Ausgaben fest halten und nachweisen müssen.

Um die solidarische Bürgergesellschaft zu stärken, müssen die Freiwilligendienste nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ verbessert werden. So können mehr Menschen für ein bürgerliches Engagement gewonnen werden. Mit dem Wachsen der Freiwilligendienste muss auch die Qualität wachsen. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen der Jugendfreiwilligendienste müssen weiterentwickelt und ausgebaut werden. So können die Jugendfreiwilligendienste zu Bildungs- und Lernorten für junge Menschen werden.

(Hans Kreher, FDP: Genau.)

Sie müssen als Zugang zu einem bürgerschaftlichen Engagement auch zukünftig attraktiv gestaltet werden. Um neben der Attraktivität dieser Dienste auch die Qualität zu steigern, sollte sich die Landesregierung bei den Freiwilligendiensten für einheitliche Standards bei den Trägern und Einsatzstellen einsetzen. Für die Träger und Einsatzstellen muss klar sein, welche Anforderungen an sie gestellt werden. Dafür müssen Durchführung und Förderung eines Freiwilligendienstes klar geregelt werden, sprich eine Verordnung.