Protokoll der Sitzung vom 18.11.2010

Und deswegen haben wir uns die Frage gestellt: Wie kann man an dieses Ziel kommen? Denn man muss wissen, derzeit ist es so, wir haben deutschlandweit 20.000 Plätze, aber 80.000 Bewerber. Wir haben in M-V – und wir stehen im Ländervergleich gut da – 600 Plätze, aber haben auch doppelt so viele Bewerber. Und es wäre natürlich wünschenswert – und das will ich auch noch mal sagen, bevor wir überhaupt über Pflichtdienst reden, den ich nicht unterstütze, aber bevor man überhaupt darüber redet –, wir sollten es in Deutschland eigentlich alle gemeinsam schaffen, jedem, der es freiwillig will, erst mal einen Platz anzubieten. Das muss unser Ziel sein.

(Michael Roolf, FDP: Richtig.)

Und deswegen habe ich in der Diskussion jetzt in Deutschland über die Frage: „Abschaffung Zivildienst“ – was ja konsequent ist, wenn man auch den Wehrdienst abschafft – gehofft, dass wir eine Gesamtlösung genau dafür finden.

(Michael Roolf, FDP: Ausbildung aussetzen, nicht abschaffen, muss es heißen. – Zuruf von Matthias Mantei, CDU)

Aussetzen.

Meine Position war schon immer, wir sollten den Zivildienst abschaffen, weil er mir zu sehr an diesem Tropf „Wehrpflicht – ja, nein?“ hängt. Und wir wissen von den Trägern, sie sind überhaupt nicht mehr zufrieden. Der Zivildienst jetzt mit sechs Monaten bringt große Probleme, denn bevor jemand angekommen ist, muss er schon wieder raus. Das wissen Sie.

(Michael Roolf, FDP: Ja.)

Ich glaube, da sind wir uns auch einig.

Deswegen habe ich die Abschaffung des Zivildienstes, die ja geplant ist, als große Chance gesehen, jetzt eine Lösung aus einer Hand zu bringen. Und das wurde auch, so habe ich das bisher verstanden, von der FDP unterstützt, und zwar die Lösung, dass wir einen Bundesfreiwilligendienst einrichten – deutschlandweit –,

(Michael Roolf, FDP: Kommt. Kommt.)

die Länderkompetenzen abgeben und das Geld vom Zivildienst da reinnehmen und das, was jetzt Länder schon machen.

(Michael Roolf, FDP: Kommt.)

Die Lösung jetzt, die auf dem Tisch liegt, ist die Schaffung einer Doppelstruktur. Die Bundesfamilienministerin schlägt vor, dass die Länder weiter ihre Freiwilligendienste machen

(Michael Roolf, FDP: Zwei Bereiche.)

und dass sie einen Freiwilligenzivildienst einrichtet. Und das wären zwei Freiwilligendienste auf unterschiedlicher Ebene.

(Michael Roolf, FDP: Genau.)

Es gibt noch keine Sicherheit, dass dies gleich bezahlt wird,

(Michael Roolf, FDP: Zu denselben Rahmenbedingungen.)

das hat sie heute nicht so versichert, und das ist mein Problem, wenn es uns wirklich darum geht, Freiwilligendienst in Deutschland auf sichere Füße zu stellen.

(Michael Roolf, FDP: Zu denselben Rahmenbedingungen.)

Und in Mecklenburg-Vorpommern brauchen wir eine einheitliche Lösung aus einer Hand und keine Doppelstrukturen, die Kohle verprassen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD)

Das ist mein Problem mit der Lösung, die jetzt auf dem Tisch liegt.

Wir haben hier einen gemeinsamen Antrag vom März dieses Jahres, dass sich die Landesregierung einsetzen soll, den Freiwilligendienst stark zu machen. Es gab Vorschläge der Sozialminister der SPD-Seite zu sagen, wir sind bereit, unsere Kompetenzen abzugeben, zu sagen, einen Freiwilligendienst aus einer Hand. Dieser Antrag, den dann Rheinland-Pfalz in den Bundesrat eingereicht hat, hat bedauerlicherweise keine Mehrheit gefunden, weil CDU und FDP dagegen waren. Das finde ich sehr schade, weil die Chance, eine Lösung aus einer Hand, verpasst wurde. Worauf sich die Länder dann geeinigt haben, ist, zu sagen, was wir aber brauchen, ist, dass wenn schon diese Doppelstruktur eingerichtet wird, dass es keinen freiwilligen Dienst erster oder zweiter Klasse gibt, sondern dass es gleichmäßig ausgestattet wird und die Plätze besser gefördert werden müssen.

(Michael Roolf, FDP: Das hat damit nichts zu tun.)

Ich bin froh, dass sich die Länder wenigstens mit ihrer Forderung, dass der Freiwilligendienst vor Ort, dass die besser ausgestattet werden, durchgesetzt haben, indem – Herr Grabow hat es gesagt – die Bundesfamilienministerin angekündigt hat, die Plätze besser zu fördern.

(Michael Roolf, FDP: Richtig.)

Sie hat aber noch nicht verbindlich gesagt, dass beide Freiwilligendienste, wo mir nicht einleuchtet, warum wir zweimal welche brauchen, gleich gefördert werden. Das ist derzeit noch nicht sicher. Das ist eine große Gefahr. Und noch einmal: Doppelstrukturen schaffen immer mehr Bürokratie, die Sie nicht wollen, das ist also ein Widerspruch,

(Zuruf von Hans Kreher, FDP)

und sie verprassen Geld. Deswegen ist der Plan der Bundesfamilienministerin zu kurz gesprungen.

Ich habe aufmerksam gesehen, Herr Glawe, dass auch die Bundes-FDP sich am Wochenende geäußert hat, dass es doch besser wäre, sozusagen aus einer Hand etwas zu machen. Vielleicht könnten Sie noch einmal da Einfluss nehmen auf der Bundesebene, aber auch bei den Ländern, die es bisher abgelehnt haben, doch diese Idee eines einheitlichen Bundesfreiwilligendienstes zu unterstützen, denn das Ziel, dass wir für jeden Jugendlichen wirklich einen Platz bekommen, wird mit dem Vorschlag der Bundesfamilienministerin nicht erreicht.

Ich kann es Ihnen vorrechnen: Wir haben derzeit 20.000 Plätze. Sie möchte noch Geld für 35.000 mehr dazu stellen, das sind 55.000. Wir haben aber jetzt schon

80.000 Bewerber. Und sie möchte noch, was ich sympathisch finde, andere Generationen mit reinnehmen.

(Michael Roolf, FDP: Das ist nicht sicher, ob andere Generationen kommen.)

Aber das ist letztendlich sozusagen nicht ausfinanziert.

Wir werden jetzt mit dem Modell der Bundesfamilienministerin, was sie heute vorgestellt hat, werden wir nicht jedem Jugendlichen einen Platz zur Verfügung stellen können und schon gar nicht anderen Generationen. Deswegen hat sie da heute viel Schmu in die Welt gesetzt. Das ist nicht ausreichend und ich bin sehr enttäuscht, weil ich die ganze Zeit gehofft habe, dass Sie diesen Weg, unbürokratisch aus einer Hand Platz für jeden, mit unterstützen, dass Sie sagen, das ist schon ein Erfolg. – Es ist kein Erfolg, das ist ein Minischritt, aber da muss noch viel, viel mehr passieren, meine Damen und Herren.

Eine andere Sache, die ich ansprechen will: Hilft uns jetzt der Antrag der FDP weiter? Ich bin der Meinung, nicht, denn der Landtag …

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Ja, dazu sage ich etwas.

Der Landtag hat sich ja positioniert. Die Landesregierung hat sich eingesetzt. Wie gesagt, wir haben die Bundesratsinitiative, das Freiwilligenjahr hier besser finanziell auszustatten, unterstützt mit Betrieben und da jetzt schon einen Teilerfolg erzielt.

Ich möchte zu Ihren einzelnen Punkten kommen:

Unter Punkt 1 fordern Sie den Ausbau der Stellen des Jugendfreiwilligendienstes, vor allem unter dem Gesichtspunkt einer höheren Einsatzstellenvielfalt. Der Bundesrat hat sich zum Ausbau des Jugendfreiwilligendienstes am 05.11. positioniert. Wir haben im Land große Trägervielfalt. Die Einsatzbereiche umfassen neben den traditionellen Einsatzstellen in der Gesundheitspflege auch die Bereiche Jugendhilfe, Bildungs- und Übernachtungsstätten, Büro- und Verwaltungsdienste, Kultur, Sport, Denkmalpflege und auch das Freiwillige Demokratische Jahr – also sehr vielfältig.

Zu 2. Sie wollen sich dafür einsetzen, dass die Jugendfreiwilligendienste als Bildungs- und Orientierungsjahr gezählt werden, in dem junge Menschen Schlüsselkompetenzen für ihren Lebens- und Berufsweg entwickeln können. Was da als gezählt gilt, wird nicht klar aus dem Antrag, aber Fakt ist, die Freiwilligendienste werden jetzt schon als Bildungs- und Orientierungsjahr anerkannt.

Unter 3. setzen Sie sich ein für eine Verbesserung und Weiterentwicklung der pädagogischen Begleitung der Jugendfreiwilligendienste. Dazu sind beispielsweise bürokratische Hürden, wie mögliche Zwangsabgaben, abzubauen. Das Gesetz zur Förderung von Jugendfreiwilligendiensten bestimmt auch, dass das FSJ und FÖJ pädagogisch begleitet werden. Ebenso wird das Ziel der Begleitung, die Vermittlung von sozialen, kulturellen und interkulturellen Kompetenzen und das Verantwortungsbewusstsein für das Gemeinwohl zu stärken, im Gesetz bestimmt.

Der Bundesrat hat den Bund aufgefordert, die Mittel für die Jugendfreiwilligendienste anzuheben, damit eben Mittel auch für die pädagogische Begleitung erhöht werden können, da der Bund bisher nur die Kosten der pädagogischen Begleitung fördert. Da haben wir heute gehört, da wird sich etwas tun. Da waren wir an der Stelle

schon erfolgreich. Die Jugend- und Familienministerkonferenz, also alle Bundesländer, haben auch am 17. und 18. Juni die Bundesregierung gebeten, endlich einzuführen, dass die Freiwilligendienste von der Umsatzsteuer befreit werden. Da ist leider noch nichts passiert.

Und da Sie sehr erfolgreich bei den Hoteliers waren, würde ich Sie eigentlich auffordern: Setzen Sie sich doch einmal ein dafür, dass die Freiwilligendienste befreit werden. Das wäre eine gute Aktion.

Unter TOP 4 fordern Sie, dass wir uns auf Bundesebene dafür einsetzen, dass die Hinzuverdienstgrenze beim Taschengeld für Ableisten eines Jugendfreiwilligendienstes mit der eines ALG-II-Empfängers harmonisiert wird. Taschengeld ist Aufwandsentschädigung, Aufwandsentschädigung ist zweckbestimmend und fällt unter die Freistellung des Paragrafen 11 Absatz 3 SGB II. Mit „Hinzuverdienstgrenze“ hat das nichts zu tun.

Zu TOP 5, da fordern Sie einheitliche Standards zur Durchführung und Förderung eines Jugendfreiwilligendienstes in M-V. Hier muss ich Ihnen sagen, die Jugendfreiwilligendienste werden auf Grundlage des Gesetzes, was wir haben, nach einheitlichen Standards durchgeführt. Das gilt ebenso für die Förderung. Auch bei Zulassung der Träger durch die Landesbehörde gibt es einheitliche Empfehlungen der Länder. Auch das ist schon längst erledigt.

TOP 6: Sie wollen, dass wir uns auf Bundesebene für bundeseinheitliche Grundsätze bei der Finanzierung der Jugendfreiwilligendienste einsetzen. Also wir haben uns nicht nur für bundeseinheitliche Finanzierungsangelegenheiten eingesetzt, sondern einen bundeseinheitlichen Freiwilligendienst. Noch mal: Ich stehe dafür. Ich wäre bereit, obwohl ich ein Fan dieses Freiwilligendienstes bin, diese Kompetenz abzugeben im Interesse der Sache. Bitte setzen Sie sich da ein, wo Sie die Möglichkeit haben, wenn Sie die Möglichkeit haben!