Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ich begrüße es sehr, dass der Landtag sich mit der Problematik der Sicherstellung der flächendeckenden ärztlichen Versorgung in Mecklenburg-Vorpommern beschäftigt. Wir werden ja noch mehrere TOPs zu diesem Thema in der Landtagssitzung haben. Und wir sind uns alle einig, dass bei der Frage ärztliche Versorgung – nicht nur in Mecklenburg-Vorpommern, aber eben speziell auch in unserem Land – einiges noch auf den Weg gebracht werden muss und auch schon auf dem Weg ist. Und die Debatte zeigt, die vielen Tagesordnungspunkte zu diesem Thema, dass wir hier im Landtag diese Zukunftsthemen gut beraten.
Ich will Ihnen vorweg vorstellen, was wir schon an Aktivitäten unternommen haben, die sich mittlerweile auszahlen. Wir haben zum einen dafür gesorgt, dass wir Lehrstühle für Allgemeinmedizin an den Medizinischen Hochschulen Greifswald und Rostock eingerichtet haben. Das ist deshalb notwendig, weil es bisher so war, dass an den Universitäten die Medizinstudierenden wenig motiviert worden sind, Allgemeinmediziner zu werden, und diese beiden Lehrstühle sorgen dafür, dass das Thema Allgemeinmedizin in der Priorität an den Universitäten einen guten Stellenwert bekommt. Wir sind hier mit beiden Professoren im Gespräch, aus ihren Erfahrungen jetzt auch noch einmal Praxisanregungen zu bekommen, was wir noch mehr tun müssen, um mehr Allgemeinmediziner im Land zu werben.
Wir haben als Zweites die Werbeaktion selbst zwischen Krankenkassen, Kassenärztlicher Vereinigung und Ministerium vor den Medizinstudierenden. Wir haben selber Unterstützung der Kassenärztlichen Vereinigung, zum Beispiel Cashzuschuss von 50.000 Euro bei einer Niederlassung und bessere Honorarbedingungen in unterversorgten Regionen. Wir haben die Honorarangleichung Ost/West erreicht. Die hat auch dazu geführt, dass sogar Ärzte von Schleswig-Holstein nach MecklenburgVorpommern gekommen sind. Und wir haben die Weiterbildung der Allgemeinmediziner, die in den letzten Jahren sehr umständlich war, sehr unterschiedlich vergütet worden ist, verbessert.
Wir haben außerdem einen wichtigen Antrag, der auch im Landtag hier noch beraten wird, dass wir bei den Gestaltungsmöglichkeiten der medizinischen Versorgung als Länder Mitspracherecht bekommen wollen, denn derzeit bestimmt nur die Selbstverwaltung der Ärzte, die Kassenärztliche Vereinigung, wo Bedarf ist, wo werden Ärzte sich niederlassen. Und diese Versorgungsplanung orientiert sich an einem Stand von 1990. Ich gehe davon aus, dass ich das nicht weiter ausführen muss, das ist natürlich völlig überholt.
Sie sehen also, es gibt mehrere Geschichten, die wichtig sind, die Frage von medizinischer Versorgung in unserem Land zu verbessern. Dazu werde ich noch mal intensiv bei dem TOP sprechen, wenn der Antrag der Regierungsfraktionen thematisiert wird.
Zum Thema Stipendienmodell, das ist definitiv ein weiterer Punkt in der Frage, wie man ärztliche Versorgung verbessern kann. Und an dieser Stelle, sehr geehrte Dame und Herren Abgeordnete der FDP, kommt Ihr Antrag zu spät, denn Sie bitten, dass wir prüfen, und wir sind schon lange an der Prüfung dran
und ich kann Ihnen heute hier auch schon den ersten Bericht dazu geben. Wir sind länger dabei, uns mit dem Thema zu beschäftigen, wie das auch Ministerpräsident Sellering Anfang dieser Woche betont hat.
(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Der sitzt bei seinem Generalsekretär. Auf dem Schoß vom Generalsekretär sitzt er wahrscheinlich. – Zurufe von Rudolf Borchert, SPD, und Dr. Armin Jäger, CDU)
Ich habe jetzt gar nicht den Weg mitbekommen, wo Herr Roolf Herrn Glawe und unseren MP in den Freundeskreis der FDP aufgenommen hat. Aber wenn Sie mich vielleicht gefragt hätten, dann hätte ich Ihnen schon mal erzählt, dass wir da lange dran sind und schon einiges unternommen haben. Deswegen nehme ich jetzt die Gelegenheit wahr, Ihnen über das Zwischenergebnis zu berichten.
An der Stelle möchte ich sagen, es ist so, dass das Stipendienprogramm auch schon in Sachsen erprobt wird und wir uns hier die ersten Erfahrungswerte geholt haben. Da ist es ein bisschen schwierig, weil ich bin selber ein Fan dieses Stipendienprogramms,
Herr Kreher, ich denke, Ihre Fraktion hat um Prüfung gebeten und ich will Ihnen hier live sozusagen die Ergebnisse …
(Hans Kreher, FDP: Dann werden Sie merken, dass Sie damals unseren Antrag abgelehnt haben, wenn Sie jetzt prüfen. – Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)
(Gino Leonhard, FDP: Wie immer, wie immer! Alles schick, alles schick. – Zurufe von Irene Müller, DIE LINKE, Peter Ritter, DIE LINKE, und Hans Kreher, FDP)
Bei einem Stipendienmodell besteht die Gefahr von Mitnahmeeffekten durch solche Medizinstudenten, die wegen ihrer Verbundenheit zu unserem Land oder anderen Gründen sowieso beabsichtigen, ihre spätere ärztliche Tätigkeit im Land auszuüben. Ich finde, über diesen Punkt könnte man hinweggehen, meines Erachtens.
Ich will die Punkte aufzählen, wo Kritik kommt, weil ich es wichtig finde, dass man, wenn man sich am Ende dafür entscheidet, auch um die Probleme weiß.
Dazu dürfte die Ausreichung von Stipendien für deren Empfänger Einkommen im Sinne des Bundesausbildungsförderungsgesetzes sein, mit der Folge, dass das Stipendium auf die BAföG-Zahlung anzurechnen wäre. Dieser Umstand würde BAföG-Bezieher im Verhältnis zu solchen Studenten, die wegen der Einkommensverhältnisse ihrer Eltern kein BAföG beziehen, benachteiligen. Das ist ein Thema, könnte aber vielleicht auch lösbar sein.
Sollte ein Stipendienprogramm auf spezielle Fachgebiete beschränkt werden, zum Beispiel auf Hausärzte, so ist problematisch, dass sich, wie die Erfahrungen aus Sachsen zeigen, viele Studenten mit der Inanspruchnahme des Stipendiums eher zurückhalten, weil sie sich zu Beginn ihres Studiums noch auf keine spezielle Fachrichtung festlegen wollen, zumal sich die Neigung zu bestimmten Fachrichtungen in der Regel erst im Verlauf des Studiums herausstellt.
Beschränkt man ein zu gewährendes Stipendium aber nicht auf eine Fachrichtung, so besteht die Gefahr, dass gerade auch die Mediziner gefördert werden, in deren Bereichen es auch heute schon eine Überversorgung gibt. Also die andere Variante geht auch nicht.
Bei einer Stipendiengesamtsumme, die sich wie bei aktuellen Beispielen bei circa 20.000 Euro bewegt, muss die Bindungswirkung der Rückzahlungsverpflichtung bezweifelt werden. Angesichts einer strukturell kaum vorhandenen Arbeitslosigkeit von Ärzten und der vielfältigen Möglichkeiten für Ärzte, sich günstige Darlehen zu verschaffen, dürfte die zur Rede stehende Rückzahl
summe nicht ausreichen, um Mediziner, die es wegen anderer Kriterien zur Berufsausübung in andere Länder zieht, dazu zu bewegen, tatsächlich in Mecklenburg-Vorpommern zu bleiben.
Ich finde, das sind Punkte, die könnte man überwinden, wenn man am Ende dieses Programm wirklich will. Deswegen kommt man eigentlich zum entscheidenden Punkt, die Frage der Finanzierung. Ich sehe derzeit keine Möglichkeiten aufgrund der finanziellen Situation der Kommunen, dass die dort wirklich in großem Umfang einsteigen können. Wenn da eine Kommune am Ende sagt, sie macht irgendwie mit, dann haben wir natürlich nichts dagegen, aber mein Bestreben derzeit als Sozial- und Gesundheitsministerin war immer, wenn wir Dinge auf den Weg bringen, die Kommunen an der Stelle nicht noch zusätzlich zu belasten. An der Stelle teile ich die Ausführungen von Herrn Roolf.
Deshalb ist zu fragen, warum eigentlich allein die öffentliche Hand aus Steuermitteln die Sicherstellung der ambulanten medizinischen Versorgung allein unterstützen soll,
weil der Sicherstellungsauftrag ist eindeutig Aufgabe der Kassenärztlichen Vereinigung, die in den letzten Jahren …
(Hans Kreher, FDP: Also ich weiß nur, dass sie auch eine Stiftungsprovision mitgebracht haben. – Zuruf von Harry Glawe, CDU)
Lassen Sie mich die Zahlen sagen und ich glaube, dann sind wir uns alle ganz schnell einig, gerade die, die, glaube ich, Wert darauf legen, dass die Steuermittel gezielt eingesetzt werden.
Die Kassenärztliche Vereinigung hat für die Ärzte in Mecklenburg-Vorpommern in den letzten Jahren erhebliche Honorarzuwächse zu verzeichnen gehabt. Wir haben allein 100 Millionen Euro Ärztehonorare nach M-V geholt. Und obwohl die Kassenärztliche Vereinigung den Sicherstellungsauftrag hat, gibt sie nur 0,1 Prozent ihres Honorarvolumens für Sicherstellungszwecke aus.
Und an der Stelle, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete, sage ich Ihnen, so kann es nicht bleiben. Wenn die Ärzte aus Beitragsgeldern der Bevölkerung in M-V Honorare bekommen, müssen sie bereit sein, mehr als 0,1 Prozent in den Sicherstellungsauftrag zu investieren. An der Stelle bitte ich Sie um Unterstützung.
Dass ich mit dieser Forderung nicht allein bin, das freut mich natürlich, denn der gesundheitspolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion Jens Spahn hat in seinem jüngst vorgelegten Papier, was ich unterstütze, vorgeschlagen, einen Strukturfonds mit wenigstens einem Prozent des Honorarvolumens der KV für die Sicherstellung zur Verfügung zu stellen.
Und das ist eine vernünftige Idee. Ich finde, selbst bei einem Prozent sollte man sich noch überlegen, ob das nicht doch ganz schön wenig ist, denn dass man von einem Berufszweig, egal welchem, verlangt, dass er eigentlich sogar mehr als ein Prozent in seine eigene Zukunft investiert, ich glaube, das ist nicht zu viel verlangt.
Deswegen habe ich natürlich die Kassen und die Kassenärztliche Vereinigung schon vor langer Zeit gefragt und gebeten, so ein Stipendienmodell zu unterstützen, und es wurde bisher abgelehnt. Deswegen sollten wir gemeinsam, und das schlage ich vor, noch mal im Sozialausschuss die Kassenärztliche Vereinigung und auch die Kassen, denn die müssen auch ein Interesse haben, einladen – das kann nur jetzt von mir eine Empfehlung sein an den Sozialausschussvorsitzenden –, um das noch mal gemeinsam zu thematisieren.
Da das sächsische Projekt vor rund zwei Jahren gestartet wurde, lassen sich naturgemäß Auswirkungen auf das Niederlassungsverhalten junger Ärzte noch nicht feststellen. Hier ist sicherlich Geduld angesagt.