Protokoll der Sitzung vom 27.01.2011

Na ja gut, dann haben Sie es das zweite Mal betont, haben Sie das das zweite Mal gesagt. Ich sags dann noch mal: Also Sie wollen es nicht.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktion der CDU)

Gut, haben wir jetzt zweimal festgestellt: Herr Körner als der kulturpolitische Sprecher möchte in diesem kulturellen Bereich nicht die Kulturanalyse aufgreifen und die Dinge im Land wirklich voranbringen. Das stelle ich noch einmal fest.

(Jörg Vierkant, CDU: Das ist doch falsch.)

Danke schön, meine Damen und Herren. Das ist eine wichtige Feststellung, die wir hier machen, von der SPDFraktion

(Heinz Müller, SPD: Herr Kreher!)

haben wir also im kulturpolitischen Bereich keine guten Voraussetzungen. – Danke.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP)

Danke schön, Herr Kreher.

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 5/4056.

(Heinz Müller, SPD: Den Herr Kreher eben so leidenschaftlich begründet hat.)

Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Danke schön. Gegenstimmen? – Danke. Stimmenthaltungen? – Damit ist der Antrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 5/4056 bei Zustimmung der Fraktion der FDP, Gegenstimmen der Fraktion der SPD, der CDU, DIE LINKE und der NPD abgelehnt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 22: Beratung des Antrages der Fraktion der NPD – Belehrung als Voraussetzung für Sanktionen beibehalten, Drucksache 5/4063.

Antrag der Fraktion der NPD: Belehrung als Voraussetzung für Sanktionen beibehalten – Drucksache 5/4063 –

Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Herr Andrejewski von der Fraktion der NPD.

(Vizepräsident Hans Kreher übernimmt den Vorsitz.)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

Auf der informativen und in aller Regel zuverlässigen Internetseite www.gegen-hartz.de war kürzlich eine Aufstellung der von der Bundesregierung geplanten Änderungen des SGB II zu lesen. Dort fand auch das Vorhaben Erwähnung, die Belehrung über die Folgen einer Pflichtverletzung im konkreten Einzelfall als zwingende Voraussetzung für eine Sanktion gegen einen Empfänger von Arbeitslosengeld II abzuschaffen. Stattdessen soll es nun ausreichen, wenn der SGB-II-Leistungsträger dem Betroffenen lediglich unterstellt, ihm wären die Folgen einer Pflichtverletzung zum Zeitpunkt derselben ja bekannt gewesen.

Diese Information habe ich in der herkömmlichen Presse bisher nicht gefunden, das muss aber nichts heißen, die baut sowieso immer mehr ab. Glaubhaft ist die Meldung jedenfalls durchaus, weil eine solche Schweinerei, auch noch hinterrücks in aller Heimlichkeit durchgezogen, absolut dem Stil der Bundesregierung entspricht. Das würde nämlich Geld sparen und die Situation der Leistungsempfänger vor den Sozialgerichten wesentlich erschweren. Bisher kann eine Sanktion nur verhängt werden, wenn der erwerbsfähige Hilfsbedürftige sich trotz Belehrungen weigert, eine ihm angebotene Eingliederungsvereinbarung abzuschließen oder eine dieser festgelegten Pflichten zu erfüllen, eine zumutbare Arbeit aufzunehmen beziehungsweise diese abbricht, um nur einiges von dem zu nennen, was mit Sanktionen bedroht wird.

Diese Belehrung kann nicht einfach hingeschludert werden, sie muss konkret, richtig, vollständig und verständlich sein. Allgemeine formelhafte Floskeln sind unzureichend. Dem Hilfsempfänger muss in einer seinem Empfängerhorizont beziehungsweise Verständnishorizont angemessenen Form zutreffend erläutert werden, welche Auswirkungen auf seinen Anspruch auf Arbeitslosengeld II die von ihm ohne wichtigen Grund erfolgte Weigerung hat. Für jedes Beschäftigungsangebot hat eine gesonderte Belehrung zu erfolgen. Pauschal und mit Vorratswirkung für die Zukunft geht das nicht.

Erfreulicherweise liegt die Beweispflicht beim Amt. Wenn Schriftform nicht vorgeschrieben ist und die Belehrung mündlich erfolgen darf, dann muss die Behörde einen Aktenvermerk anlegen. Wenn die gesetzliche Rechtsfolgenlage unvollständig, unzutreffend oder missverständlich mitgeteilt wird in dieser Belehrung, dann ist diese rechtswidrig. Dabei werden bei Jugendlichen besonders strenge Maßstäbe angelegt. Man muss ihnen also besonders verständlich erklären und darf sich da keineswegs auf irgendein Behördenchinesisch zurückziehen.

All dies ist der Sozialbürokratie sehr lästig. Viel be quemer wäre es doch, wenn diese Verpflichtung endlich wegfallen würde, zumal die Behörden hier auch gern Fehler machen. Manchmal wird die Belehrung ganz vergessen oder man kümmert sich in keiner Weise um den Einzelfall, begnügt sich mit irgendwelchen gestanzten Standard sätzen. Vor Gericht scheitern die Leistungsträger häufig, weil sie nicht beweisen können, dass sie überhaupt und korrekt belehrt haben. Deswegen glaube ich unbesehen, dass sie sich bei der Politik ausweinen und Druck machen, um heimlich, still und leise eine entsprechende für sie günstige Gesetzesänderung herbeizuführen.

Sanktionen sind eine sehr ernste Sache. Sie können auch in einer Höhe von hundert Prozent der Leistungen stattfinden, wobei noch nicht einmal zwingend Lebensmittelkarten gewährt werden müssen. Das ist immer noch eine Kannbestimmung und das kann die Behörde auch lassen. Wenigstens auf diesem Gebiet darf das übliche unverständliche Bürokratengebrabbel nicht ausreichen. Wenigstens hier müssen die Belange der Leistungsempfänger Vorrang genießen, denn die Behörden sind ja für sie da und nicht umgekehrt, auch wenn in der Praxis oftmals ein anderer Eindruck entsteht.

Den Belehrungen wohnt eine unverzichtbare Warnfunktion inne. Das sagen auch alle Gerichte. Die Beleh rungen tragen auch der Tatsache Rechnung, dass man nicht von jedem Bürger rechtliche Kenntnisse erwarten kann. Die haben ja nicht einmal die meisten Mitarbeiter der sogenannten Arbeitsgemeinschaften. Wenn jetzt einfach unterstellt werden kann, dass dem nicht belehrten Leistungsempfänger die Folgen einer sogenannten Pflichtverletzung völlig klar zu sein haben, wäre das ein Stück Unrechtsstaat. Sollte die Bundesregierung tatsächlich so etwas versuchen, dann muss etwas dagegen unternommen werden. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD)

Meine Damen und Herren, im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 90 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Rühs von der Fraktion der CDU.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist nun schon zweifelhafte Tradition geworden, dass die NPD-Fraktion zu jeder Landtagssitzung einen Teilaspekt der rechtlichen Umsetzung des SGB II herausgreift und dazu ein Problem konstruiert. Wie auch bei den vorhergehenden Anträgen handelt es sich bei dem vorliegenden wiederum nicht um ein tatsächliches Problemfeld, vielmehr wollen Sie, meine Herren von der NPD, wieder einmal aus populistischen Gründen die Arbeitslosengeldempfänger verunsichern.

(Stefan Köster, NPD: Oh!)

Um es wiederholtermaßen an dieser Stelle zu sagen:

(Stefan Köster, NPD: Wer hat Ihnen denn so was aufgeschrieben?)

Diese Art der Instrumentalisierung ist zu missbilligen.

Inhaltlich haben Sie sich in dem heutigen Antrag die geplante Neufassung der Sanktionsvorschriften Paragrafen 31 folgende SGB II herausgesucht. Hier versuchen Sie, den Eindruck zu erwecken, dass die Belehrung über die rechtlichen Folgen einer Pflichtverletzung bei einer Aufforderung nach Paragraf 31 SGB II wegfallen soll. Bei diesen Aufforderungen handelt es sich um die Umsetzung des in Paragraf 2 SGB II verankerten Grundsatzes des Forderns von konkreten Schritten zur Behebung der Hilfebedürftigkeit von ALG-II-Empfängern. Kommt der erwerbsfähige Hilfsbedürftige diesen Obliegenheiten ohne wichtigen Grund nicht nach, so kann dies Sanktionen in Form von Minderung der Leistung zur Folge haben. Dazu ist nach Paragraf 31 SGB II eine Rechtsfolgenbelehrung notwendig.

In der geplanten Neufassung ist lediglich vorgesehen, dass zukünftig weiterhin eine Pflichtverletzung geahndet werden kann, wenn eine Rechtsfolgenbelehrung vor

genommen wurde oder die Kenntnis über die Rechtsfolgen bei dem ALG-II-Empfänger gegeben ist. Selbst für den Fall, dass die noch nicht beschlossene Neufassung umgesetzt wird, könnte es also nicht zu dem Fall kommen, dass ein ALG-II-Empfänger ohne Kenntnis der Folgen eine Sanktion zu befürchten hat. Nur die formellen Anforderungen an eine Belehrung sollen nicht mehr Vo raussetzung sein, wenn der Leistungsberechtigte positive Kenntnis von ihrem Inhalt hat.

Wie Sie sehen, meine Damen und Herren, handelt es sich hier wieder einmal um ein konstruiertes Problem und daher werden wir Ihren Antrag ablehnen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU)

Danke.

Das Wort hat jetzt noch einmal der Abgeordnete Herr Andrejewski von der Fraktion der NPD.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das ist eben kein konstruiertes Problem. Wie Sie selbst gerade dargestellt haben, werden die Anforderungen an die Arbeitsgemeinschaft hinsichtlich der formellen Voraussetzungen der Belehrung runtergesetzt. Bisher sind diese Anforderungen sehr streng. Wie ich dargestellt habe, muss die Arbeitsgemeinschaft beweisen, dass sie ordentlich belehrt, dass sie überhaupt belehrt hat, dass sie ausreichend belehrt hat. Jetzt soll es zusätzlich plötzlich auch ausreichen, dass der betreffende Hartz-IV-Empfänger positive Kenntnis davon gehabt haben soll. Das ist aber eine Schwächung der Beweislast zuungunsten dieses Empfängers von Arbeitslosengeld II.

Der Zweck, der dahinter steht, ist ganz klar: Man hat gesehen, dass die Arbeitsgemeinschaften nicht in der Lage sind, die Belehrungen vernünftig durchzuführen und zu beweisen.

(Udo Pastörs, NPD: Absolut richtig.)

Man hat gesehen, dass ein Großteil der Klagen vor dem Sozialgericht, die sich um Sanktionen drehen, daran scheitert für die Arbeitsgemeinschaften, dass die Belehrung nicht vernünftig gemacht worden ist. Und deswegen weicht man das hier auf. Deswegen ersetzt man die bisherigen ganz klaren formellen Bestimmungen durch Wischiwaschibestimmungen, damit man dann heruminterpretieren kann und mehr Prozesse gewinnen kann. Es geht nur um Einsparungen.

Letztendlich ist hier soziale Wachsamkeit angebracht. Alle sozialen und rechtlichen Besitzstände der Bürger werden von der politischen Klasse permanent an allen Fronten belagert. Es geht um die Prozesskostenhilfe, daran knabbert man schon lange, da möchte man gern die Voraussetzungen erschweren. Man traut sich aber noch nicht. Es stehen immer irgendwo Wahlen an, und das Ganze schwirrt noch rum in den Ausschüssen im Bundestag. Man würde es gern erschweren für die Bürger.

Man ärgert sich auch sehr darüber, dass Prozesse vor den Sozialgerichten noch kostenlos sind, und da hat man auch schon angeklopft und versucht, daran was zu ändern und Gebühren durchzusetzen. Man traut sich aber auch noch nicht. Und jetzt versucht man, die Belehrungspflicht der Arbeitsgemeinschaften so weit aufzuweichen, dass es den Leuten nichts mehr nützt, wenn sie sich darauf berufen, dass sie nicht richtig belehrt wur

den, weil man mit den Gummibestimmungen alles Mögliche verdrehen kann.

(Udo Pastörs, NPD: Das sind perfide Taktiken.)

Man will einfach nur Gelder sparen auf Kosten der Betroffenen. So ist das überall und wir werden diese soziale Wachsamkeit beibehalten. In der DDR gab es den Begriff „sozialistische Wachsamkeit“. Da musste man immer aufpassen auf die Machenschaften des Klassenfeindes. Die haben nicht genug aufgepasst, deswegen sind sie weg vom Fenster.

(Unruhe bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE – Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Wir werden aufpassen.