Protokoll der Sitzung vom 27.01.2011

(Harry Glawe, CDU: Das stimmt allerdings.)

nachzulesen in der Ausschussdrucksache 5/536.

(Harry Glawe, CDU: Das stimmt allerdings.)

Für die beteiligten Selbstverwaltungen waren diese Entscheidungen wenig nachvollziehbar. Hier gab es offensichtlich ein Zuviel an staatlichem Handeln, welches Zweifel am demokratischen Prozedere des Zustandekommens gerade dieser Entscheidungen nicht nachvollziehbar ausräumen konnte.

Es gibt aber auch andere Aspekte staatlichem Handelns, die Zweifel nähren, ob die Beziehungen Selbstverwaltungen/Länder in den Paragrafen 90, 92 des SGB V verändert werden sollten.

Ich nenne einige Beispiele: Geriatrieplanung. Hier wurden Landtagsbeschlüsse und Selbstverpflichtungen aus den Jahren 2006 fortfolgende nicht umgesetzt. Wir hatten das Thema im Herbst vergangenen Jahres auf der Tagesordnung. Im Bereich der geriatrischen Versorgung haben die Selbstverwaltungen das Heft des Handelns wegen Untätigkeit der Sozialministerin schließlich selbst in die Hand genommen und ein beispielhaftes Konzept vorgelegt. Ja, die Sozialministerin müsste das eigentlich nur in ihr eigenes Handlungsprogramm aufnehmen.

Ähnliches ließe sich auch ausführen zum Psychiatriekonzept oder zum Schattendasein

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das haben Sie doch auch nicht weiterentwickelt, Frau Linke. – Zuruf von Irene Müller, DIE LINKE)

des Masterplanes der Landesregierung zur zukünftigen...

Ja, 2006, Herr Nieszery, gucken Sie rein!

Also, der Masterplan der Landesregierung, der ja heute hier noch Thema sein wird, führt ein regelrechtes Schattendasein im Sozialministerium.

(Harry Glawe, CDU: Na, na, na, na! Sie sind nicht informiert.)

Er muss einfach umgesetzt werden. Das ist das Problem.

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Die Aktivitäten der gegenwärtigen Landesregierung auf dem Gebiet der Gesundheitspolitik überzeugen nicht, um den Bund aufzufordern, die Kompetenzen der Landesregierungen in den Paragrafen 90, 92 des SGB V, also in den Landesausschüssen beziehungsweise im Gemeinsamen Bundesausschuss zu stärken oder zu verändern.

Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete, das ist ein sehr ernstes Thema und auch wir als Fraktion DIE LINKE nehmen es ernst und halten es als Demokraten bei Gesetzesänderungen für geboten, unsere Vorstellungen als Landesgesetzgeber zur Änderung der Kompetenzverteilung mit denjenigen zu erörtern, die es betrifft, mit den betroffenen Selbstverwaltungen, um eben sicher zu sein, dass die mit dem Antrag empfohlenen Änderungen auch zielführend im Interesse der Sicherstellung der flächendeckenden ärztlichen Versorgung sind. Schließlich sind die Länder über ihre Selbstverwaltungen in den Gremien vertreten. Das wurde bisher hier völlig ausgeschaltet oder ausgeblendet. Wie sie dort besser wirken können, muss beraten werden.

Sollten Sie also, verehrte Abgeordnete der Regierungsfraktionen beziehungsweise die Landesregierung, hier statt „Länder“ „Landesregierung“ oder „Gesundheitsministerien“ meinen, sollten Sie Ihre Anträge entsprech end formulieren. Meine Fraktion plädiert für Überweisung des Antrages und für Anhörung der Beteiligten, um hier eben nicht durch Schnellschüsse das gewachsene Gesundheitswesen in seinem Fortbestand zu gefährden. – Danke.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Danke.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Rühs von der Fraktion der CDU.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der heute Ihnen vorliegende Antrag der Koalition zur Stärkung der Gestaltungsmöglichkeiten der Länder bei der Sicherstellung guter medizinischer Versorgung für alle Bürgerinnen und Bürger ist das Ergebnis der Beratungen der Gesundheitsminister aller Länder und wurde auf der Basis der einstimmigen Beschlüsse sowohl der 83. Gesundheitsministerkonferenz der Länder am 01.07.2010 als auch der Sondergesundheitsministerkonferenz am 25.10. letzten Jahres erarbeitet.

Alle Länder teilen gemäß den Beschlüssen die Befürchtung, „ihren Verfassungsauftrag für eine allgemeine Daseinsvorsorge, zu dem auch die Gewährleistung einer allen Bürgern zur Verfügung stehenden umfassenden medizinischen Versorgung gehört, nicht mehr ausführen zu können. Durch den Konzentrationsprozess der Krankenkassen und die Tendenz zu Selektivverträgen zwischen Krankenkassen und Leistungserbringern wird die Wahrnehmung dieser Aufgabe durch die Länder zunehmend erschwert“, so der genaue Wortlaut des Beschlusses vom 1. Juli dieses Jahres.

Weiter heißt es: „Die Gesundheitsministerkonferenz fordert deshalb den Bundesgesetzgeber auf, bei den anstehenden Reformen im Gesundheitswesen folgende Aspekte zu berücksichtigen“

(Irene Müller, DIE LINKE: Na, dann ist doch alles in Ordnung, ist doch schon alles gemacht.)

„und die Länder in die Entwicklung entsprechender gesetzgeberischer Maßnahmen frühzeitig mit einzubeziehen:

1. Um den Problemen der aktuellen Bedarfsplanung zu begegnen, muss die Bedarfsplanung künftig:

die Demografie und Morbiditätsentwicklung berücksichtigen“

(Irene Müller, DIE LINKE: Das ist doch im neuen Plan längst drin.)

„und sich am tatsächlichen Versorgungsbedarf orientieren,

auf lokale Disparitäten angemessen reagieren, d. h. flexibel und kleinräumig“ die Gestaltung vornehmen und

(Irene Müller, DIE LINKE: Ja, das ist im neuen Plan drin.)

„– sektorenübergreifende (Rahmen-)Planung“ soll ermöglicht werden.

(Irene Müller, DIE LINKE: Auch im neuen Plan drin.)

„2. Die Länder werden an den Beratungen des“ Gemeinsamen Bundesausschusses „zu Fragen der Bedarfsplanung in der ambulanten Versorgung (§ 92 Abs. 1 Ziff. 9 SGB V) und zu sektorenübergreifenden Qualitätsindikatoren zwingend mit beteiligt. Dabei erhalten die Länder“

(Zuruf von Irene Müller, DIE LINKE)

„bei den in ihrer Zuständigkeit liegenden Punkten ein Mitberatungsrecht. Das Mitberatungsrecht beinhaltet auch das Recht zur Anwesenheit bei der Beschlussfassung.“

(Irene Müller, DIE LINKE: Patientenvertreter sind anwesend, auch bei der Beschlussfassung.)

„3. Die Länder werden ermächtigt, ihre Beteiligungsrechte im Landesausschuss nach § 90 SGB V nach Maßgabe des Landesrechts auszugestalten und wahrzunehmen.

4. Eine sektorenübergreifende Bedarfsplanung ist künftig erforderlich. Die für die Bedarfsplanung in der ambulanten und stationären Versorgung zuständigen Gremien werden durch ein sektorenübergreifendes Gremium ergänzt. Die rechtliche Ausgestaltung wird im SGB V und das Nähere durch Landesrecht geregelt.

5. Alle Verträge zwischen Kassen und Leistungserbringern mit Auswirkungen auf das landesbezogene Versorgungsgeschehen sind unabhängig von der aufsichtsrechtlichen Zuständigkeit für die Kassen dem Land vorzulegen. Der Aufsichtsbehörde des Landes ist mit Blick auf Gesichtspunkte der Bedarfsplanung ein Beanstandungsrecht einzuräumen. Darüber hinaus steht ihr ein Initiativrecht auf Landesebene zu.

6. Die Kassen werden gesetzlich verpflichtet, für jede Kassenart einen Bevollmächtigten zu bestimmen, der mit Abschlussbefugnis für gemeinsam und einheitlich zu treffende Entscheidungen und Verträge auf Landesebene verantwortlich ist. Die Bevollmächtigten bilden eine Landesarbeitsgemeinschaft, die der Länderaufsicht unterliegt. Eine verbindliche Konfliktregelung zwischen den Bevollmächtigten ist notwendig, um eine Entscheidungsfähigkeit der Landesarbeitsgemeinschaften zu gewährleisten.

7. Um zukünftig Lösungen ohne Grundgesetzänderungen zu ermöglichen wird angeregt, in das Grundgesetz eine entsprechende Ermächtigungsklausel in Art. 87 Abs. 2 GG aufzunehmen, der durch folgenden Satz 3 ergänzt werden sollte:

‚Durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, kann geregelt werden, unter welchen Voraussetzungen auch abweichend von den Sätzen 1 und 2 soziale Versicherungsträger zur Verwaltungszuständigkeit der Länder gehören.‘“

Mit dem einstimmigen Beschluss der Gesundheitsministerkonferenz zur Stärkung der Gestaltungsmöglichkeiten der Länder in der medizinischen Versorgung auf ihrer Sondersitzung am 25. Oktober 2010 nimmt die Weiterentwicklung der sektorenübergreifenden Planung nun Konturen an. Für die Länder stehen dabei zunächst Regelungen im Vordergrund, die Leitplanken für den Vertragswettbewerb setzen sollten.

Die Gesundheitsministerkonferenz schlägt daher vor, dass die für die Bedarfsplanung in der ambulanten und stationären Versorgung zuständigen Gremien durch ein sektorenübergreifendes Gremium ergänzt werden sollen. Dort soll die Selbstverwaltung des Landes vertreten sein mit der Kassenärztlichen Vereinigung, den Krankenkassen, der Krankenhausgesellschaft und schließlich auch das Land selbst.

Dieses neue Gremium soll über die in der Region bedeutsamen Fragen der sektorenübergreifenden Bedarfsplanung beraten und beschließen.

(Harry Glawe, CDU: Sehr wichtig für die Zukunft.)

Die rechtliche Ausgestaltung sollte dem Landesrecht überlassen werden. Ein ähnliches Gremium hat die Kassenärztliche Bundesvereinigung bereits in ihrem Forde

rungskatalog zur Verbesserung der intersektoralen Planung gefordert.

Im Übrigen soll den Ländern mit Blick auf Gesichtspunkte der regionalen Bedarfsplanung ein Beanstandungs- und Initiativrecht bei selektiver Vertragsgestaltung eingeräumt werden. Angesprochen sind Verträge über die Leistungsvergütung, die hausarztzentrierte Versorgung, Verträge zur ambulanten ärztlichen Versorgung und Integrationsverträge. Zugleich sollen die Länder im Gemeinsamen Bundesausschuss zu Fragen der Bedarfsplanung und sektorenübergreifenden Qualitätssicherung mit Antragsrechten beteiligt werden. Damit soll zum Beispiel mit Blick auf dünn besiedelte und unterversorgte ländliche Gebiete eine Gefährdung der allgemeinen bedarfsgerechten Versorgung verhindert werden.

Von ganz besonderer Bedeutung für die Zukunft der sektorenübergreifenden Planung ist zudem die systematische Einbeziehung von Krankenhausdaten, weil ihre Aussagefähigkeit für den ambulanten Bereich dadurch deutlich steigen würde. Wie will man sonst zuverlässig die regionalen Bedürfnisse für planbare intersektorale Behandlungspfade und Ressourcenbedarfe wie zum Beispiel Infarkt, Schlaganfall, Diabetes, Krebs oder die Behandlung von Hochbetagten, Kindern und psychiatrischen Patienten formulieren? Wie will man sonst eine indikationsbezogene ärztliche Über- und Unterversorgung in der Versorgungsregion feststellen?