Protokoll der Sitzung vom 27.01.2011

Zu dem, was Frau Schwebs noch mal ausgeführt hat, auch hinsichtlich der Höhe der Zuweisungen, muss ich mal schlussfolgern, wenn Sie der Auffassung sind, dass jetzt Rostock mit über 660.000 Euro, glaube ich, und auch da in Rostock mit weit über 200.000 Einwohnern, wenn Sie der Auffassung sind, dass das gerechtfertigt ist, dass diese Höhe der Zuweisungen dort so bleiben muss, und wenn Sie dann weiterhin der Auffassung sind, dass für die Landkreise höhere Zuweisungen erfolgen müssen, dann müssen wir natürlich im FAG oder müssten Sie im FAG dann auch dafür sorgen, wenn wir ab April darüber diskutieren, ob dann die 18 Millionen Vorwegabzug, so, wie Herr Müller das hier dargestellt hat, gerechtfertigt sind. Ich schließe mich den Ausführungen des Ministers in dem Punkt an, dass er noch mal deutlich dargestellt hat, dass es Abschlagszahlungen sind, dass es eine Vorläufigkeit ist und dass wir dann zum 30.06. dieses Jahres hier entsprechende Korrekturberechnungen eventuell vornehmen.

(Zurufe von Michael Roolf, FDP, und Toralf Schnur, FDP)

Und insofern werden wir diesen Prozess offensiv als Fraktion begleiten. Alles andere hat Herr Müller gesagt, wie wir mit dem Antrag hier umgehen. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU)

Danke, Herr Renz.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Andrejewski von der Fraktion der NPD.

(Heinz Müller, SPD: Na, das fehlte noch!)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der hier zur Debatte stehende Auszahlungserlass scheint ein weiterer Schritt zu sein auf dem Weg zur Oaselösung, der wahren Zukunftsperspektive der Landesregierung von Mecklenburg-Vorpommern, auch „Leuchtturmkonzept“ genannt, wie auch

immer sich das rechnerisch oder rechtlich herleiten mag. Man konzentriert alle Mittel auf die wenigen städtischen und touristischen Zentren, das sind dann die Leuchttürme, die Oasen in einem Ödland, das vom ländlichen Raum dargestellt wird.

Es ist ja bezeichnend, dass laut Erlass die kreisfreien Städte nicht von den Streichungen betroffen sind, sondern sogar noch mehr Zuweisungen erhalten, und das scheint mir kein Zufall zu sein. Natürlich sagt man den Menschen im ländlichen Raum nicht offen, dass sie abgehakt sind. Da geht kein Ausrufer durch die Dörfer mit der Botschaft: Am nächsten Ersten wird die Infrastruktur abgeschaltet oder es kommt kein Bus mehr und nix. Packen Sie Ihre Koffer oder sehen Sie zu, wie Sie zurechtkommen! Stattdessen läuft das schleichend, genau wie bei dem berühmten Experiment mit dem Frosch im Topf, der gar nicht merkt, wie er gekocht wird, weil das Wasser immer ein Stückchen mehr erhitzt wird.

Im vorliegenden Fall hat das offenbar nicht so ganz geklappt. Die Landkreise haben das natürlich mitbekommen, dass sie abgehängt werden sollen, dass die Finanzmittel gestrichen werden sollen, erheben Widerspruch, es gibt eine öffentliche Diskussion. Und mag sein, dass die Große Koalition hier zurückzuckt, aber am Grundkonzept ändert sich nix. Die Propagandamaschine bejubelt weiterhin das erfolgreiche Altern

(Udo Pastörs, NPD: Blühende Landschaften!)

und das erfolgreiche Aussterben in Mecklenburg-Vorpommern. Da muss ich der LINKEN ausnahmsweise mal recht geben, das passt wunderbar zum Demografiebericht, der gerade rausgegeben wurde. Das drohende Dörfersterben wird kaschiert, indem „Dorf“ einfach umdefiniert wird, der Begriff, in dem die betroffenen Ortschaften ganz einfach in größere Gemeinden gezwungen werden. Wenn sie weniger als 500 Einwohner haben, dann ist nur noch ein Ortsteil ausgestorben.

Ich hoffe, Sie sterben nicht, sondern sind nur müde, Herr Müller.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktion der NPD – Heinz Müller, SPD: Sie ermüden mich mit Ihren Ausführungen. – Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Na gut, dann werde ich Sie weiter ermüden.

Man muss sehen, das steckt dahinter, dass es massive Wirtschaftsinteressen an möglichst menschenleeren Gebieten in Deutschland durchaus gibt. Damit kann man was anfangen, wenn man ein entsprechender Finanzgeier ist. Da gibt es nämlich keinen Widerstand gegen Drecksindustrien, die sonst keiner haben will, faktische Endlager wie Lubmin – Zwischenlager, 80 Jahre Lagerzeit ist für mich ein Endlager, 80 Jahre Knast ist für mich auch lebenslänglich, da gibt es vielleicht einen theoretischen Unterschied, aber keinen praktischen –, dreckschleudernde Kohlekraftwerke, Megaschweine- und -hühnerställe, Truppenübungsplätze, was auch immer.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Und diese Geier kreisen über Mecklenburg-Vorpommern und freuen sich darauf, dass das Land menschenleer ist, weil man ihren Kram sonst nirgendwo genehmigt, in den Niederlanden schon lange nicht mehr, sondern nur hier.

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Und Sie füttern diese Geier, während wir uns als Flak sehen, die diese Vögel vom Himmel holen will.

(Harry Glawe, CDU: Ja, ja.)

Letztendlich blasen Sie hier den Raum voll mit einem Nebel aus Wichtungsfaktoren und kompliziertesten Berechnungsmodellen und Paragrafenketten,

(Heinz Müller, SPD: Entschuldigung, wenn ich Sie überfordert habe.)

aber in der Praxis kommt es doch nur auf zwei Dinge an, in der Realität für die Menschen, die an der Bushaltestelle stehen:

(Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Erstens. Gibt es noch genug Bushaltestellen?

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Man muss also festlegen, was das Mindestmaß an notwendigen Verbindungen im ländlichen Raum ist. Das muss gebracht werden, egal, was es kostet. Das ist Daseinsvorsorge.

Und zweitens muss festgestellt und dargestellt werden: Wie hoch kann man mit den Preisen gehen? Was ist noch erschwinglich? Denn es nützt mir nichts, wenn es zwei Buslinien gibt, die ich mir nicht mehr leisten kann.

Und diese beiden Sachen müssen festgelegt werden und die müssen dann auch umgesetzt werden. Da können Sie Ihre ganzen Wichtungsfaktoren vergessen. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD – Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete und Fraktionsvorsitzende Herr Roolf von der Fraktion der FDP.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich denke, wir sollten noch mal versuchen, die Fakten zusammenzuführen. Es geht um Vorabzug. Es geht um 18 Millionen, es geht auch nicht um mehr, diese 18 Millionen bleiben im Vorwegabzug.

Herr Innenminister, es ist richtig, der Wichtungsfaktor muss in regelmäßigen Abständen überprüft werden, völlig unstrittig. Es ist richtig, dass man dazu einen Zeitverzug hat und dass man dann einen neuen Wichtungsfaktor bekommt.

Sie haben als Landesregierung ein Gutachten in Auftrag gegeben. Und auf der Seite 13 des Gutachtens unter „Zusammenfassung“ steht: „Im Auftrag des Ministeriums für Verkehr, Bau und Landesentwicklung ist dieses Gutachten“ – in Anführungsstrichen – „erstellt worden.“

Unter Punkt 35 finden wir: „Nach Vorgaben des Auftraggebers“, des Ministeriums, „wurden die Daten von 14 Unternehmen …“ – also es war eine Vorgabe des Landes, dass lediglich Daten von 14 Unternehmen für das Kalenderjahr 2008 aufgenommen werden.

(Toralf Schnur, FDP: Das ist nichts. – Gino Leonhard, FDP: So viel zur Transparenz!)

Ich wiederhole das noch mal: Diese 14 Unternehmen, die nach Vorgabe der Landesregierung untersucht worden sind, repräsentieren lediglich 30 Prozent.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Gino Leonhard, FDP: Ganz genau.)

Und es tut mir herzlich leid, da stelle ich deutlich die Frage: Ist die überhaupt richtig ausgeschrieben worden?

(Toralf Schnur, FDP: So ist es. Genau so ist es.)

Gibt es hier überhaupt eine verwertbare Grundlage?

(Toralf Schnur, FDP: Genau, richtig.)

Ich zweifle es schlichtweg an.

(Toralf Schnur, FDP: So ist es.)

Und ich denke, die gefühlte Temperatur, so, wie ich sie im Saal habe,

(Zuruf von Toralf Schnur, FDP)

wir haben im Ergebnis doch alle ein – Entschuldigung! – Scheißgefühl bei diesem Thema.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Nein, überhaupt nicht. – Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Und dann komme ich zu dem, was wir eigentlich machen müssen. Wenn Sie etwas verändern, müssen Sie ja sogenannte Kostenfolgeabschätzungen machen. Was hat das für Auswirkungen, was Sie im Prinzip an neuen Rahmenbedingungen reinbringen?