Protokoll der Sitzung vom 16.03.2011

pflichtige Kompensationsmaßnahmen bei Haushaltssicherungskonzepten, Paragraf 31

Abrechnung und Vorlage des Haushaltssicherungskonzeptes, Paragraf 43

Vorlagepflicht für den Jahresabschluss, Paragraf 47

Anzeigepflicht für langfristige Vertragsbeziehungen, Paragraf 55a

Verschärfung der Regelung zur Gründung von Tochterunternehmen, Paragraf 77

Einräumung eines Informationsrechtes zugunsten der fachlich zuständigen obersten Landesbehörden und damit Ausweitung der Aufsichtsbefugnis im eigenen Wirkungskreis, Paragraf 80

erweiterte Spielräume der Rechtsaufsicht bei Ersatzvornahme, Paragraf 82, beziehungsweise bei der Beauftragtenvergütung, Paragraf 83

Abordnung von Landesbediensteten künftig ohne Benehmen mit dem Landrat oder

Besetzung der Leitung der Rechtsaufsicht künftig nur mit Zustimmung des Innenministeriums, Paragraf 119

Diese Aufzählung ließe sich fortsetzen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, hier hat der Innenminister ganz offensichtlich Regelungsnotwendigkeit mit Regelungsmöglichkeit verwechselt und sich einen Wunschkatalog vielleicht aus dem Hause „Kommunalaufsicht“ unterschieben lassen.

(Heinz Müller, SPD: Aaah!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, gestatten Sie mir einige abschließende Bemerkungen zum Ziel des Gesetzentwurfes, der Förderung von Strukturmaßnahmen. Hier wirft der Gesetzentwurf – und ich weiß nicht, ob den Koalitionsfraktionen das wirklich so gefallen kann – ein überaus bezeichnendes Bild auf das Verhältnis der Landesregierung zum Landtag beziehungsweise zu seinen Gremien, beispielsweise der Enquetekommission. Da wird zunächst in der Begründung zu Paragraf 125 ein Vorschlag des Städte- und Gemeindetages mit der Begründung zurückgewiesen, ich zitiere, „dass nicht einzelne Bestandteile einer möglichen künftigen Gemeindestrukturreform in der nächsten Legislaturperiode durch das jetzige Gesetzgebungsverfahren isoliert geregelt werden sollten, was dann einer späteren sinnvollen Gesamtkonzeption möglicherweise zuwiderlaufen könnte.“ Zitatende. So weit, so gut. Herr Minister, an anderen Stellen des Gesetzentwurfes sind Sie dann aber weniger konsequent.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir wissen alle, dass das Innenministerium als ständiger Gast an jeder Sitzung unserer Enquetekommission teilnimmt. Deshalb sollten dem Innenministerium auch die Inhalte dieser Beratungen bekannt sein.

(Zuruf von Toralf Schnur, FDP)

Der vorliegende Gesetzentwurf aber lässt jegliche inhaltlichen Bezüge zur Arbeit der Enquetekommission vermissen. So wurde zum Beispiel in der letzten Kommissionssitzung heftig über das kreisliche Vetorecht bei Kreisgrenzen überschreitenden Gemeindefusionen de battiert. Das stört den Innenminister nicht. Er schafft mit seinem Gesetzentwurf Fakten in Paragraf 12.

(Toralf Schnur, FDP: So ist es.)

Da schätzt die Kommission ein, dass sich das Amtsmodell bewährt hat, es aber nicht mehr als zehn Gemeinden umfassen dürfe. Auch das interessiert den Innenminister nicht. Er geht im Paragrafen 132 einen völlig anderen Weg und reduziert drastisch die Mitgliederzahlen der Amtsausschüsse.

Sehr geehrter Herr Innenminister, Respekt vor den Gremien des Landtages sieht anders aus. Und warum verweisen Sie nicht auch hier auf einen Gesamtlösungsansatz in der kommenden Wahlperiode?

Meine sehr verehrten Damen und Herren, abschließend eine kritische Bemerkung zu Paragraf 42a „Ortsteilverfassung“. Der Gesetzentwurf der Landesregierung geht davon aus, dass sich freiwillige Eingemeindungsprozesse nur dann spürbar in Gang setzten ließen, wenn eine deutliche Verbesserung der Stellung von Ortsteilen in der Kommunalverfassung verankert wird.

Sehr geehrter Herr Innenminister, dem Landtag haben Sie aber selbst etwas anderes erzählt, zum Beispiel in der Unterrichtung der Landesregierung zur Umsetzung des Gesamtrahmens der Verwaltungsmodernisierung. Dort ist dargestellt, dass eine Umfrage Ihres Hauses ergeben hat, dass bei den Widerständen gegen Eingemeindungsprozesse auch ein Ausbau der Ortsteilverfassungen wenig ändern würde – nachzulesen auf Seite 12 dieses Berichtes. So gesehen geht der Gesetzentwurf also ganz offensichtlich von falschen Voraussetzungen aus, und dem ständigen Fachminister dürfte das auch bekannt sein.

Fazit: Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Gesetzentwurf wird gründlich zu beraten sein, sofern es uns in der verbleibenden Zeit überhaupt noch möglich ist. Dies betrifft den partiellen Rückzug bei den wirtschaftlichen Betätigungen für Kommunen im Vergleich zum Referentenentwurf genauso wie die offensichtliche rechtsstaatliche Überhöhung oder einzelne Konfusionen bei der Förderung von Strukturveränderungen.

Meine Fraktion stimmt der Überweisung zu. Ich bin gespannt auf die inhaltlichen Debatten in den Ausschüssen und die maßgebenden Beiträge der Koalitionsfraktionen dazu. – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Danke schön, Herr Abgeordneter Ritter.

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Heinz Müller. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

In einem Punkt, lieber Kollege Ritter, stimmen wir ganz selbstverständlich überein. Auch ich bin gespannt auf die Debatten und Diskussionen, die wir uns im Innenausschuss und, so vermute ich, auch im Wirtschaftsausschuss dann liefern werden. Ich hoffe aber, dass sie von einem konstruktiven Geist geprägt sein werden

(Toralf Schnur, FDP: Da habe ich aber ein anderes Gefühl.)

und von dem Willen, am Ende etwas für die Gemeinden, Städte und Kreise in diesem Land zu bewegen und nicht nur sich selbst zu profilieren.

Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie mich zunächst einmal versuchen, dieses etwas umfangreiche und sehr disparate Thema heute ein wenig zu gliedern. Der Innenminister hat in seiner Einbringung ja bereits deutlich gemacht, wir novellieren ein einziges Gesetz, die Kommunalverfassung. Aber dieses Gesetz heißt ja Verfassung, weil es viele Dinge …

(Toralf Schnur, FDP: Na, die löst es ab.)

Ja, Sie haben recht, Herr Schnur, formal lösen wir es ab durch ein Ablösegesetz.

(Toralf Schnur, FDP: Ja.)

Aber inhaltlich ist es eine Novelle. Wir haben hier eine Kommunalverfassung, die ja Kommunalverfassung heißt im Gegensatz zu den Gemeindeordnungen, Kreisordnungen und ähnlichen Gesetzen anderer Länder, weil hier viele Dinge unter dem Dach eines Gesetzes zusammengefasst sind, was wir übrigens immer als gut empfunden haben. Und deswegen ist bei einer solch grundlegenden Überarbeitung – jetzt sind wir uns einig, Herr Schnur – natürlich Verschiedenes zu regeln und Verschiedenes zu verändern.

Zunächst einmal, und das ist ja der Hauptgrund, warum wir hier ein Ablösegesetz machen, dass wir das Gesetz in geschlechtergerechter Sprache abfassen, das ist ein Anspruch moderner Gesetzgebung, aber es ändert natürlich in den konkreten Arbeitsweisen, in den konkreten Handlungsmöglichkeiten unserer kommunalen Körperschaften nichts. Aber das heißt natürlich nicht, dass wir dies falsch fänden, ganz im Gegenteil.

Zum Thema „Ausbau der Bürgerbeteiligung“ hat der Innenminister in seiner Einbringung meines Erachtens alles Notwendige gesagt.

(Toralf Schnur, FDP: Aber nicht viel.)

Ich glaube, dass ein solcher Ausbau von direkten Einwirkungsmöglichkeiten, direkten Beteiligungsmöglichkeiten der Bürgerinnen und Bürger etwas sehr Sinnvolles, etwas sehr Notwendiges ist. Hier kann man sicherlich darüber reden, ob man noch weitere Möglichkeiten einbaut. Aber vom Prinzip her, denke ich, ist die Richtung die richtige.

Diese Aussage gilt auch für die vorgesehenen Regelungen zur Stärkung der Mitglieder der Gemeindevertretungen, respektive Kreistage. Auch hier vollziehen wir nach, was meines Erachtens in vielerlei Hinsicht längst überfällig ist und längst geboten ist. Lassen Sie mich das an einem Beispiel sagen: Akteneinsichtsrechte, die wir Ausschussvorsitzenden gewähren, sind angesichts des Informationsfreiheitsgesetzes und seiner Möglichkeiten ja eigentlich längst überfällig. Auch hier erwarte ich also nicht so sehr die kontroverse Debatte als vielmehr die Diskussion, ob wir nicht weitergehende Dinge hier verankern können.

Das ist vielleicht nicht ganz so einfach beim Thema Haushaltsrecht. Die Ausführungen von Kollegen Ritter haben schon darauf hingewiesen, dass wir hier sicherlich eher eine kontroverse Debatte zu erwarten haben, auch mit den kommunalen Verbänden, wie ich weiß. Ich glaube aber, dass wir hier realistisch an die Situation heran gehen müssen und wir bestimmte Handlungsnotwendigkeiten nicht einfach negieren können.

Zwei Bereiche, meine sehr verehrten Damen und Herren, interessieren mich in besonderer Weise: Das eine ist das Thema „Förderung von Strukturveränderungen“ und das andere ist das Thema „Wirtschaftliche Betätigung“.

Beim Thema „Förderung von Strukturveränderungen“ ist die Stärkung von Ortsteilvertretungen sicherlich eine Maßnahme, die als solche allseits gewollt und allseits begrüßt wird. Aber der Teufel steckt im Detail. Wie soll denn dies aussehen? Wie soll dies ausgestaltet werden? Ist beispielsweise der Verzicht auf einen Ortsbeirat, wenn ich den Ortsteilsprecher habe, notwendig oder kann man hier nicht auch Kompromissvarianten wählen? Darüber werden wir zu reden haben.

Allerdings, Herr Kollege Ritter, und da bin ich ein bisschen anderer Meinung als Sie, glaube ich, es ist nicht Aufgabe der Landesregierung, Diskussionen, die in der Enquetekommission geführt werden, von denen die Landesregierung naturgemäß Kenntnis hat, sie sitzt ja mit am Tisch, hier bereits in die Diskussion einzupflegen. Das gilt vor allen Dingen solange nicht, solange diese Enquetekommission noch keine Beschlüsse in solchen Fragen gefasst hat. Hier sozusagen die Beschlüsse vorwegzunehmen und diese Beschlüsse, die es noch nicht gibt, bereits mit in das Gesetzgebungsverfahren einzubringen,

(Toralf Schnur, FDP: Aber das haben wir doch gemacht.)

das würde uns wahrscheinlich den heftigen Vorwurf der LINKEN einbringen, dass die Landesregierung hier die Enquetekommission bevormundet. Ich denke, es ist schon unsere Aufgabe,

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

das, was wir in der Enquetekommission diskutieren, und was wir, so hoffe ich, bald auch in Beschlüsse gießen werden, hier in die Diskussion mit einzubringen und gegebenenfalls den Entwurf hier weiterzuentwickeln.

Auch in einem anderen Punkt bin ich anderer Auffassung als Sie. Und das ist ein Punkt, der in der praktischen Kommunalpolitik in diesem Land, so denke ich, erhebliche Bedeutung hat, das ist die Frage der Amtsausschüsse. Wir haben bei der letzten Novelle der Kommunalverfassung Mindestgrößen, Einwohnergrößen für die Ämter festgelegt, wir haben Ämter zusammengeführt, wir haben eine Freiwilligkeitsphase gehabt. Wir haben dann eine Phase gehabt, in der das Innenministerium, in der die Landesregierung gehandelt hat, und wir haben dadurch sehr viel größere Ämter bekommen.

Die Amtsausschüsse dieser Ämter, meine Damen und Herren, die haben in diesem Land inzwischen teilweise über 40 Mitglieder. Ein Amtsausschuss, der mehr als 40 Mitglieder hat, das ist ein kleiner Kreistag. So verspotten die Betroffenen diese Gremien selbst. Das ist als Amtsausschuss nicht mehr handelbar, denn das ist nicht mehr vernünftig im Sinne einer vernünftigen Führung des Amtes als Dienstleister für die amtsangehörigen Gemeinden.

Ich denke, dass wir hier sehr dringenden Handlungsbedarf haben. Ich bin außerordentlich dankbar, dass der Gesetzentwurf hier einen Vorschlag macht, die Zahl der Mitglieder unserer Amtsausschüsse zu reduzieren, um damit die Handlungsfähigkeit der Amtsausschüsse zu verbessern. Das hat keineswegs irgendetwas damit zu tun, dass hier die Enquetekommission übergebügelt wird, sondern das hat etwas damit zu tun, dass wir etwas zur Verbesserung der Wirklichkeit und zur Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung in diesem Land tun wollen. Und dazu ist die Verkleinerung dieser übergroßen Amtsausschüsse notwendig. Also über das Wie kann man sicherlich streiten, aber über das Ob, denke ich, nicht.